Geschrieben von Montag, 28 April 2014 12:34

DevilDriver – Interview zu "Winter Kills" mit Jeff Kendrick und Chris Towning

17.04.2014 – Hamburg darf sich heute wahrscheinlich als deutsche Hauptstadt des Metals bezeichnen, denn neben den Herren von DEVILDRIVER, die heute das Grünspan rocken werden, stehen PRONG im Knust, GAMMA RAY im Docks, EKTOMORF im Kaiserkeller und HALESTORM im Logo auf der Bühne. Während Kollege Helge im Knust mit PRONG zum Interview verabredet ist, warte ich in der Garderobe von DEVILDRIVER darauf, dass Jeff Kendrick, Gitarrist der Band, sich die Zähne geputzt hat und schaue dabei zu, wie Drummer John Boecklin seine Bauchmuskelübungen vollführt. Alles sehr entspannt.

Eigentlich hatte ich mich auf Sänger Dez als Gesprächspartner eingestellt, doch vor Ort können sich die Umstände erfahrungsgemäß schnell ändern, sodass ich mich schließlich mit Gitarrist Jeff Kendrick und Bassist Chris Towning auf dem Sofa vor einem viel zu warmen Kamin wiederfinde.

Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit nehmt, mit mir über euer aktuelles Album und eure Tour zu sprechen.

Jeff: Gern.

Aktuell seid ihr unterwegs, um „Winter Kills“ zu promoten. Wie war es bisher für euch und was sagen die Fans?

Jeff: „Winter Kills“ kommt sehr gut bei den Leuten an, wir bekommen sehr viele positive Rückmeldungen. Ich denke, dass die Scheibe insbesondere den älteren Fans richtig gut gefällt, die auch „The Last Kind Words“ und „The Fury of Our Maker’s Hand“ mochten. Ich persönlich fand unsere letzten beiden Auskopplungen aber auch sehr gelungen, insbesondere „Pray For Villains“.

Was würdet ihr sagen ist der größte Unterschied zu den letzten Auskopplungen? Was ist das Besondere?

Chris: Das Tempo ist grooviger als bisher. Und es ist technischer. Das zieht die Leute an. Wir haben versucht, uns zu verbessern und uns von unseren letzten Alben abzuheben. Und die Fans geben uns Recht: „Winter Kills“ ist auf dem Weg, das bisher beliebteste Album von DEVILDRIVER zu werden.

Jeff: So ist es im Leben, man bewegt sich nach Mustern. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man nach jahrelanger Arbeit an einem Projekt feststellt, welches Muster funktioniert und welches man verwerfen sollte. Was wir in der Vergangenheit gemacht haben, war gut. Wir wissen mittlerweile, welche Songs live wirken und welche nicht. Es ist ein fortwährender Lernprozess.  

Welches ist euer persönlicher Lieblingssong auf der aktuellen Auskopplung?

Chris: Ich mag „Ruthless“ sehr gerne. Ein sehr cooler Song. Und „Desperate Times“. Es sind einige gute Tracks dabei. Es gibt zum Glück kein Stück, bei dem ich die Hände vor dem Kopf zusammenschlage. Und sie sind alle sehr gut für die Bühne geeignet.

Wie arbeitet ihr an euren Alben? Steuert jeder Ideen hinzu oder sind die Prozesse klar aufgeteilt?

Jeff: In der Regel schreiben wir alle für uns selbst. Wir spielen die Instrumente in der Vorproduktzion ein. Dann geben wir die Aufnahmen an Dez und er kümmert sich um die Texte. Er und Boecklin (Drummer) haben viel für das Album gemacht. Auf der letzten Tour saßen sie oft hinten im Bus und haben geschrieben. Ich kümmere mich eher um meine Soli. Ich bin nicht so der Texter.
Wenn wir ins Studio zu den finalen Aufnahmen gehen, sind wir sehr gut vorbereitet. Wir haben im Vorfeld schon 80 bis 90 Prozent der Arbeit abgedeckt, so dass es dann sehr schnell geht.

Ich habe gelesen, dass viele Vocalparts auf „Winter Kills“ first takes sind ...

Jeff: Kann schon sein, ich war aber nicht dabei, als der Gesang aufgenommen wurde. Chris, weißt du etwas darüber?

Chris: Ich kann auch nichts Genaues sagen. Was ich aber von Dez und unserem Produzenten gehört habe, ist, dass die Zusammenarbeit sehr gut war und dass alles sehr schnell ging. Das ist toll. Wenn man Gitarre spielt, dann kann man das 12 Stunden lang machen und hat immer noch denselben Druck, aber deine Stimme ist nach drei oder vier Stunden am Ende. Es ist toll, dass Dez sich so schnell auf den veränderten Sound einlassen konnte.

Wo du es gerade sagst – ich denke, das ist generell etwas sehr Besonderes bei euch: Ihr verändert euch immer ein wenig. Man weiß nie genau, was man bekommt, wenn man sich eine Platte zulegt. Das ist toll.

Jeff: Danke. Es ist uns wichtig, nicht still zu stehen.

Was genau ist der Gedanke zu „Winter Kills“? Das Album kam im August letzten Jahres raus und wirkte ein wenig unpassend mit dem verschneiten Cover.

Jeff: Naja, irgendwo auf der Welt ist immer Winter. Ich bin mir da aber selbst nicht so sicher. Vielleicht war es als Warnung gedacht: „Macht euch bereit, der nächste Winter kommt bestimmt.“ Aber das ist auch eher eine Frage für Dez. Er kümmert sich um das Thema und die Gestaltung des Covers.

Chris: Ehrlich gesagt achte ich gar nicht so auf die Texte oder das Thema. Mein Gehirn funktioniert einfach nicht so. Ich achte mehr auf die Musik. Ich hab auch „Sail“ am Anfang missverstanden, bis mir jemand erklärt hat, worum es wirklich geht. Allerdings habe ich auch das wieder vergessen, haha!

Die Coverversion von "Sail" hat mich überrascht. AWOLNATION geht musikalisch ja doch in eine sehr andere Richtung als DEVILDRIVER.

Chris: Dez' Sohn hat den Song sehr oft gehört und er brachte ihn irgendwann mit. Wir hatten alle noch nicht davon gehört und waren anfangs zögerlich. Aber ich glaube, dass es sehr gut geworden ist und ich bin froh, dass wir uns dafür entschieden haben.

Mir gefällt eure Interpretation sehr. Sie zeigt, dass ihr musikalisch sehr offen seid.

Chris: Ja, ich würde auch sagen, dass wir in unserer Freizeit überwiegend keinen Metal hören.

So wie bei einem Koch, der nach der Arbeit nicht mehr am Herd stehen will?

Jeff: Ja, ein guter Vergleich. Ich höre sehr viel elektronische Musik. Insbesondere Dubstep. Das macht die Jungs im Bus immer wahnsinnig.

Chris: Ich bin mehr so der 80er-Jahre-Typ.

Wird es irgendwann ein 80er Jahre Cover von euch geben?

Chris: Wer weiß. Ausgeschlossen ist nichts. Man muss immer schauen, wie sich das Ergebnis anhört. Nur weil man einen Song covern kann, sollte man es nicht tun. Es gibt so viele schlechte Coverversionen auf dem Markt.

Was ist für euch das Beste und was das Schlimmste, wenn ihr auf Tour seid?

Chris: Der Zeitdruck ist das Schlimmste – auf der Bühne zu stehen und zu spielen, ist natürlich das Beste. Man wartet den ganzen Tag auf diesen Moment.

Jeff: In Europa zu sein ist am Anfang wegen des Jetlags immer ziemlich anstrengend. Ich bin dann immer sehr müde und fühle mich schlapp. Im Sommer unterwegs zu sein und mit dem Bus liegen zu bleiben, ist auch kein besonders großer Spaß.

Habt ihr nebenbei noch Projekte?

Jeff: Im Moment kommen wir kaum dazu, aber Dez und ich hatten ein kleines Projekt mit FEAR FACTORY für ein Videogame. Das ist jetzt ca. fünf Jahre her.

... und eure Musik war bei Scrubs zu hören.

Beide lachen

Chris: Jeff wurde damals angesprochen, ob er den Kontakt zu TRENT REZNOR herstellen kann und hat vorgeschlagen, lieber unsere Musik zu nehmen. Die Macher haben das ziemlich gut hinbekommen, weil die Musik in die Szenen eingeflochten ist. Manchmal wirken solche Einspieler sehr aufgesetzt und erzwungen, und ehrlich gesagt habe ich das auch erwartet. Vom Ergebnis war ich positiv überrascht.  



Eure Tour ist nun bald zu Ende und ihr spielt die letzten Shows. Was wünscht ihr euch hierfür?

Jeff: Wir haben einfach Lust, heute auf die Bühne zu gehen und danach zu feiern. Hier gibt es ja einige Möglichkeiten, wie ich gehört habe.

Chris: Ich will einfach nur noch ein paar gute Auftritte haben. Insbesondere in Deutschland sind die Leute völlig verrückt. In Europa ist Deutschland auf jeden Fall das Land, wo das Publikum am wildesten ist. Rüpelhaft wie die Amerikaner. Das ist fantastisch!

Vielen Dank noch mal für eure Zeit. Es hat mir großen Spaß gemacht. Habt ihr noch etwas, was ihr loswerden möchtet? Famous last words?

Jeff: Benutze niemals letzte Worte, so lange du noch etwas zu sagen hast.

Chris: Dem schließe ich mich an, haha!
Vero

Gastautorin mit Wacken-Expertise