Geschrieben von Samstag, 27 Oktober 2007 05:53

R:I:P - Interview mit Gitarrist Björn Daigger






Aus deutschen Landen frisch ins Gesicht. R:I:P, der planvoll zusammengewürfelte Haufen aus Majesty-, Midnattsol- und anderen Mitgliedern schickt sich an, mit einer erfrischenden Mischung aus Death-, Thrash- und Powermetal eine neue Nische in Deutschland zu besetzen: technisch hochqualifizierten Abgehmetal. Ein paar Fragen an Leadgitarrist, Leadsongschreiber, Leadeverything Björn Daigger:


Tach, Björn. Wie muss man sich den Beginn dieser auf den ersten Blick vielleicht überraschenden Kooperation vorstellen: True-Metal Gitarrist trifft Gothic-Rhythmusfraktion zufällig an einer Heidelberger Ampel … und spontan stellen alle fest, dass sie doch schon immer mal in einer richtig guten Band spielen und richtig guten Metal machen wollten und verhaften gleich mal den fähigsten Sänger der Gegend?

Hallo erstmal! Nette Vorstellung, aber ganz so war es nicht ;-) Ich kenne den Chris schon seit Jahren, wir haben lange vor MAJESTY bzw. MIDNATTSOL mal zusammen in einer Death Metal-Band gespielt, und als es bei R:I:P ans Eingemachte ging, war er meine erste Wahl, da er einfach ein wahninnig talentierter Drummer ist. Anfangs hatten wir noch einen anderen Bassisten, aber da das nicht so harmoniert hat, brachte er seine MIDNATTSOL-Kollegin Birgit ins Gespräch, so kam dann eines zum anderen. Den Fabz kannte ich auch schon länger und wir wollten sowieso immer mal was zusammen machen, und das für die Keyboards mein Bruder Sven der erste Kandidat war, dürfte nahe liegend sein.

Anders gefragt: Abgesehen von Fabians RESPAWN INC., fehlt den anderen „Ursprungsbands“ jeglicher Thrash-Impuls, die richtige Grundhärte. Und das lässt sich nicht nur am Gesang festmachen. War das die bis dahin ungestillte Sehnsucht allerBeteiligten?

Ich kann da jetzt hauptsächlich für mich sprechen, auch wenn ich glaube, dass die anderen ähnlich empfinden, aber ich bin einfach zu vielseitig interessiert, um mich nur auf eine musikalische Stilistik zu beschränken. Wenn wir jetzt eine True Metal oder Gothic-Platte gemacht hätten, wäre das in meinen Augen ziemlich sinnlos gewesen, wer das hören will, kann sich ja schließlich die Platten von MIDNATTSOL bzw. MAJESTY kaufen. Und um ehrlich zu sein: Natürlich hatten wir alle Bock, es mal richtig derb krachen zu lassen!

R:I:P steht von alters her für Raw Intense Power. Power? Yep! Intense? Und wie! Aber Raw? - Ihr seid doch alles andere als roh. Fein geschliffen eher. Oder ging’s nur darum, einen Namen für das Baby zu finden?

Da hast du wohl recht ;-) . Aber es ging da mehr um das Wortspiel, was ich ganz witzig finde. Fabz kam damit irgendwann an und mir war sofort klar „that’s it“. Aber vielleicht nehmen wir ja für die nächste Platte ein VENOM-Cover auf, dann passt das besser ;-)

Au ja; wie wär’s mit „At War With Satan“?

Toller Vorschlag! Vielleicht dürfen wir auch mit Scooter touren, seitdem da ja jetzt der Mantas spielt ;-)

Gerade das geniale Mischungsverhältnis von rotzigen Abgehnummern bzw. -parts und technischer Finesse hält zumindest mein Stimmungsbarometer fast die ganze Scheibe über gleichbleibend hoch. A) Inwieweit ist diese Mischung im Voraus geplant, inwieweit aus dem Bauch? B) Und wie sehen überhaupt die Entstehungsprozesse der Songs bei euch aus? C) Welche Unterschiede lassen sich zu den Arbeiten in euren anderen Bands festmachen?

Die komplette Platte ist total auf dem Bauch heraus entstanden! Es war nie, dass wir planten wir wollen jetzt wie Band X oder Y klingen. Deswegen klingt die Platte wohl auch so abwechslungsreich, wir haben alle unsere gemeinsamen Einflüsse in einen großen Topf geschmissen und das, was du jetzt hören konntest, ist dann dabei herausgekommen. Natürlich spielt auch der persönliche Stil eine große Rolle, z.B klingt Fabz’ Stimme natürlich völlig anders als die von bspw. Geoff Tate oder Grindcore-Riffs liegen mir als Gitarrist auch eher fern.

Ich hatte weniger eine Kritik wegen gezielten Imitierens oder des geplanten Wo-finden-wir-noch-ne-Marktnische im Sinn als die Tatsache, dass trotz der Komplexität der Stücke diese immer auf den Punkt kommen. Das sieht nicht danach aus, als ob du mit einem Riff in den Übungsraum geschlendert kommst, und jeder auf seinem Instrument mal das dazu tut, was ihm gerade einfällt: try and error bis alle nicken. - Eher stell’ ich mir einen Mastermind (Maestro Daigger z.B.) vor, wie er Partituren schreibt oder wenigstens so was Ähnliches im Kopf hat, wenn er den anderen neue Ideen vorstellt. Und eben danach klingen eure anderen Bands nicht.

Da liegst du durchaus richtig! Im Allgemeinen sind die Songs schon komplett fertig wenn wir damit in den Proberaum gehen. Ich hab hier daheim mein kleines Pro Tools-System und arrangiere die Songs komplett durch, so wie ich sie mir in etwa vorstelle. Im Proberaum geht es dann nur noch an den letzten Feinschliff.

…Out to… besticht u.a. durch die knackfette Produktion, für die du und Fabian verantwortlich sind. Woher die Erfahrung? Tut sich da ein neues Betätigungsfeld auf?

Wir haben schon seit einiger Zeit zusammen ein eigenes Studio, in dem wir – wenn es die Zeit erlaubt – auch diverse Fremdproduktionen fahren. Das ermöglicht einem natürlich ein super entspanntes Arbeiten.

Wußte ich natürlich mal wieder nicht. Asche auf mein Haupt: wen habt ihr bisher produziert?

Das sind eigentlich nur lokale Demobands, was wirklich Bekanntes war da bisher nicht dabei. Man muss sich das mehr so vorstellen nach dem Prinzip „mal ein paar guten Kumpels unter die Arme greifen“. Die letzte RESPAWN INC. ist übrigens auch komplett von uns beiden gemacht worden!

Mehr oder weniger unterschwellig feiern die Fragen Euch ja die ganze Zeit ab; nun mal wat Kritisches: bei der prinzipiell geilen Produktion ist mir das Manko des unangenehm überproduzierten Drumsounds aufgefallen. Und ich war nicht der Einzige. Vom „Triggern bis zur Schmerzgrenze“ habe ich irgendwo gelesen. Könnt Ihr das nachvollziehen?


Nachvollziehen kann ich das durchaus, allerdings bin ich der Meinung, dass diese Art von Musik genau diesen Drumsound benötigt. Da Bands wie ARCH ENEMY oder SOILWORK ja ständig auch mit solchen Vorwürfen konfrontiert werden, kann ich damit so oder so ganz gut leben ;-) . Es ist halt auch ein wenig ein Teufelskreis: Benutze ich komplett echte Drums, jammern die Leute über die undifferenzierte Produktion, so wie es ja IRON MAIDEN in den letzten Jahren oft erging. Trigger ich alles, dann ist es plötzlich zu klinisch. Aber mal schauen, vielleicht sollten wir bei der nächsten Platte anstreben, ein wenig mehr einen guten Mittelweg zu finden.

Jo. Und ihr seid ja auch weder Maiden noch Soilwork. Kompliment übrigens, so auf die Kritik zu reagieren. … Power-Thrash-Death: Zwischen allen Stühlen oder voll auf den Punkt… Das werden letztlich ja die Verkaufszahlen entscheiden. Aber wo seht Ihr die Schwerpunkte: Müssen sich MIDNATTSOL demnächst eine neue Rhythmusabteilung und MAJESTY einen neuen Sechs-Saiter suchen? Oder wird es in Zukunft parallel laufen können…?

Das wird parallel laufen. Erstens ist es bei R:I:P ja noch nicht besonders zeitaufwendig und zweitens stehen sowohl bei MAJESTY als auch bei MIDNATTSOL die Termine ja meistens schon ein halbes Jahr vorher fest, so dass sich das immer ganz gut koordinieren lässt. Und solange wir von „...Out To R:I:P All Nations!!!“ nicht plötzlich eine halbe Million Einheiten verkaufen, glaube ich kaum, dass es irgendwelche Probleme geben wird.

Okay, stelle ich die Frage direkter, ohne echte Hoffnung auf eine undiplomatische Antwort: was ist dir musikalisch wichtiger: R:I:Ps höchsten Ansprüchen genügender Thrash-Death oder das banale Tri-True-Trallala von MAJESTY?

Das widerspricht sich ja beides in keiner Weise! MAJESTY ist vor allem fette Live-Mucke, da geht es darum, den Fans eine gute Show zu bieten. Da steht einfach der Song im Vordergrund, während bei R:I:P durchaus auch mal der eine oder andere Part auf der Platte landet, wo es mehr darum geht das eigene (instrumentale) Ego zu befriedigen. Ich hab auch noch nie verstanden, warum ein Großteil der Muckerfraktion da immer so engstirnig ist. Da wird dann auf KISS gewettert oder es heißt, Drummer XY kann die Platte doch gar nicht selbst eingetrommelt haben, der ist doch viel zu schlecht. Ist ja alles schön und gut, but who cares?!! Es gibt gute Musik und es gibt schlechte Musik, that’s it, aber ein Qualitätskriterium an der Häufigkeit der Akkordchanges oder der Geschwindigkeit der Double Bass fest zu machen, halte ich für den totalen Bullshit. --- Um aber noch mal auf deine Frage zurückzukommen: Darauf kann ich dir keine Antwort geben, ich liebe einfach beides!


Was die nächsten Fragen nahelegt: Könnt Ihr von „der Musik“ bereits leben? Ist R:I:P eine Passion / ein Projekt oder aber das berühmte zweite Standbein, um von der Musik endlich leben zu können, ohne sich auf’m Musikdampfer prostituieren zu müssen? Und steht eine Tour für R:I:P ins Haus?

Wer von der Musik leben will, sollte keinen Metal machen ;-). Aber im Ernst, mein Bruder und ich studieren ja noch (beide Musik), Fabz lebt im Wesentlichen von dem, was das Studio abwirft und Birgit und Chris haben ganz normale Jobs. Soweit sind R:I:P also schon Passion. Natürlich wäre ich froh, dass die Band nächstes Jahr, wenn ich mein Diplom in der Hand halte, ein bisschen was abwirft, aber so oder so gehe ich davon aus, meine Miete eher durch Gitarrenstunden zu bezahlen.
Eine geeignete Tour suchen wir übrigens immer noch, falls das hier also ein Booker lesen sollte, bitte eine Mail an info@rawintensepower.com schicken!

Was – außer solchen Frage-und Antwort-Spielchen – nervt noch am „Biz“?

Och, ich bin soweit eigentlich ganz froh mich überhaupt im „Biz“ bewegen zu dürfen und nicht mehr in irgendeinem verranzten Keller 4-Spur-Demos aufnehmen zu müssen ;-). Klar, manchmal ist es hart und das Privatleben muss oft weit hinten anstehen, aber schließlich hat man es sich ja selber so ausgesucht, also sollte man sich nicht beschweren.

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