Geschrieben von Montag, 22 September 2014 14:03

Talco - Interview zum neuen Livealbum "10 Years - Live In Iruna"

Vor dem Konzert in der Hamburger Fabrik mit NH3 und REDSKA haben wir Dema und Nick für ein paar Fragen um das neue Livealbum "10 Years - Live In Iruna" und allgemein um TALCO getroffen. Backstage sitzen mein Hauptgesprächspartner Dema, Nick und ein mir bisher noch Unbekannter, der scheinbar ein wenig Schlaf nachholen muss und mich mit dem Öffnen eines einzelnen Auges begrüßt.

Hallo erstmal und vielen Dank, dass Ihr Euch einen Moment Zeit nehmt. Gestern habt Ihr im Astra in Berlin gespielt, wie war es da?

Das war ein klasse Konzert, wir haben die "10 Years - Live In Iruna" mit den Berlinern gefeiert. Die Gigs in Berlin sind für uns immer etwas Besonderes, weil das die erste Stadt war, in der wir etwas bekannter wurden. Da kamen dieses Mal wieder viele Leute zu unserem Konzert, das hat uns sehr glücklich gemacht.

Auf Eurem letzten Album "Gran Gala" ist ein instrumentaler Song namens "XIII". Hat der Titel einen speziellen Hintergrund?

Das klingt spektakulärer, als es ist. "Gran Gala" ist ein Konzeptalbum, erzählt also eine Geschichte. Die XIII bedeutet normalerweise Tod. Allerdings bedeutet die XIII in diesem Zusammenhang Veränderung, das heißt die Geschichte nimmt an dieser Stelle eine Art Wendung.

Eine etwas allgemeinere Frage zu Eurer Musik: Kannst Du den Unterschied zwischen Punkchanka und Ska Punk beschreiben?

Unterschied würde ich das nicht nennen, im Grunde kann man das, was wir spielen, auch Ska Punk nennen. Allerdings mögen es alle Menschen, also auch wir, den Dingen ihren eigenen Namen zu geben. Wir haben da immer mal wieder unterschiedliche Einflüsse drin, zum Beispiel Ska Punk, Folk, Balkan, usw, also haben wir es Punkchanka genannt.

Ein Thema, mit dem Ihr auch häufig in Verbindung gebracht werdet: Wie kam es zustande, dass Ihr eine so enge Beziehung zum FC St. Pauli habt?

St. Pauli, das ging mit den Fans los, die haben wir zum ersten Mal Ende 2006 getroffen. Wir gingen mit ihnen ins Stadion und es hat uns gleich sehr gut gefallen. St. Pauli ist in bestimmten Kreisen auch in Italien recht beliebt, wegen der Stimmung im Stadion, der allgemeinen Einstellung der meisten Fans und auch wegen der Antifa. Wir haben in Italien etwas Ähnliches, nur nicht in so großem Ausmaß. Daher haben wir entschieden, hierzu auch einen Song für das Album "Mazeltov" aufzunehmen. In dieser Zeit haben wir dann auch Massimo getroffen, mit dem wir dann darüber geredet haben, "St. Pauli" als Single in Zusammenarbeit mit den Fanräumen aufzunehmen. Den Kontakt haben wir dann von beiden Seiten weiter gepflegt und er wurde immer besser.

Kennt Ihr die Rivalität zwischen dem FC St. Pauli und dem HSV?

Wir haben vor ein paar Jahren im Stadion ein Spiel St. Pauli gegen HSV gesehen, das war schon spannend, sonst bekommen wir davon aber nicht viel mit. Ich glaube, das war die Saison, in der St. Pauli in der ersten Liga war.

Richtig, keine besonders gute Saison.

Schon richtig, aber wir kennen die wirtschaftlichen Möglichkeiten, die St. Pauli hat und da ist es natürlich auch ein wenig schwierig, mit den größeren Clubs in der Bundesliga mitzuhalten.

Völlig richtig. Nun ein wenig mehr zu Eurem neuen Livealbum "10 Years - Live In Iruna" und auch zu der tollen DVD, die Ihr dazu produziert habt. Auf der DVD beschreibt Ihr, dass Ihr zuerst in Deutschland und Spanien am bekanntesten wart. Inwiefern hat sich das inzwischen geändert?

Das sind aktuell immer noch die Schwerpunkte, aber zum Glück haben wir das schon ein bisschen erweitert. Mittlerweile haben wir auch schon einige Shows in Frankreich und Russland gespielt. Wir arbeiten dran, auch dort bekannter zu werden. Wir kommen also schon ein bisschen mehr rum, nur in Italien geht es nicht voran.

Hast Du eine Ahnung, warum?

Es gibt dort kaum eine Szene für unsere Musik oder für Livemusik generell. Die Szene und die Produzenten, wenn sie denn überhaupt vorhanden sind, sind kaum erreichbar. Es ist dort anders, da auch die politischen Verhältnisse anders sind. Die sind in Deutschland zum Beispiel viel günstiger für uns. Das Verhältnis zu den Agenturen und den Promotern ist viel positiver und viel familiärer.

Ich habe davon schon gehört, dass es da mehrere Länder gibt, wo es die Bands aufgrund der politischen Verhältnisse nicht so einfach haben. Letzten Winter hatte ich ein Interview mit THE DETONATORS aus Serbien. Die haben mir ein wenig davon erzählt, wie schwer das als Punkrock Band ist, dort überhaupt erst einmal eine Möglichkeit zu finden, vor ein paar Leuten aufzutreten. Kennst Du die Band?

Der Name sagt mir was, aber getroffen habe ich sie noch nicht. Aber ich kann mir das sehr gut vorstellen, im ganzen Ex-Jugoslawien muss das noch viel schwerer sein.

Wie steht Ihr mit Eurer Band und Eurer Musik zu spanischem Ska Punk, zum Beispiel Ska-P?

Ska-P waren für uns schon so eine Art Vorbild, als wir angefangen haben, sie waren zu dem Zeitpunkt in Italien auch sehr berühmt in den entsprechenden Kreisen. Wir haben dann immer noch ein wenig von dem, was wir dann noch hinzufügen wollten und auch von dem, was wir selber gehört haben, hinein gemischt, so dass dann TALCO dabei herauskam.

Warum heißt das Live Album gerade "10 Years - Live In Iruna"?

Das Baskenland ist uns als positive Überraschung in Erinnerung geblieben. Allgemein in Spanien haben wir mit den Touren keine guten Erfahrungen gemacht, weil wir da ein wenig Ärger mit den Promotern und Agenturen hatten. Das Baskenland hat hier eine Ausnahme gemacht. Daher haben wir uns für Iruna entschieden, weil die Station dort sozusagen das Ende unserer ersten zehn Jahre markiert.

Ihr habt auf "10 Years - Live In Iruna" ein paar Pausenfüller zwischen Euren Songs, wie zum Beispiel den Stadionsupport vom Millerntor oder einen Ausschnitt aus "XIII". Hat das eine bestimmte Bedeutung?

Eigentlich nicht, und ich finde nicht, dass man sich live darüber zu viele Gedanken machen sollte. Wenn Du Dir da zu viele Gedanken machst und versuchst, zu viel auszusagen und zu viel zu erklären, dann ist es irgendwann kein Konzert mehr. Die Leute kommen nicht, um sich eine tiefgründige Aufführung anzusehen, sondern um zu tanzen und Spaß zu haben. Natürlich spielen wir bestimmte Songs, die für sich auch eine Bedeutung haben, aber hauptsächliche geht es beim Konzert um den Spaß.
Wir wollen damit natürlich auch einerseits ein wenig Zeit zum Verschnaufen geben, sowohl den Leuten vor der Bühne, als auch uns, andererseits wollen wir auch die Stimmung aufrecht erhalten.

Mir fiel auf, dass "10 Years - Live in Iruna" eine sehr gute Soundqualität hat, im Verhältnis zu anderen Live-Aufnahmen. Habt Ihr darauf besonders geachtet? Auf manch anderen Livealben klingt der Sound entweder mal zu glatt, oder man hört fast nur den Sänger und die Instrumente scheinen weit entfernt.

Vielen Dank. Ja, wir haben da jemanden speziell dafür. Das ist übrigens der Kerl, der hier eben noch geschlafen hat. Der macht wirklich einen guten Job und erzählt uns auch ein wenig, wie wir am besten spielen, damit es auch auf der Aufnahme gut klingt.

Ein gelungener Aspekt an der DVD selbst ist meiner Meinung nach, dass es einen gesunden Wechsel gibt zwischen Dokumentation und Live Sessions. Es fühlt sich gar nicht an wie "um die 70 Minuten".

Nick meldet sich zu Wort: Du meinst, es geht schneller vorbei, als man erwartet? Klingt sehr gut, danke.

Dema weiter: Das ist es, was man bei einer solchen DVD beabsichtigen sollte. Wir hatten zwar viel zu viel Material, um das alles auf der DVD unterbringen zu können, aber wir haben uns dann nachher bei der Auswahl doch noch einigen können. Ich hoffe, es ist eine gute Dokumentation geworden, wir wollten ein wenig unseren Weg beschreiben.

Das ist zweifelsohne gelungen. Natürlich noch eine besonders interessante Frage: Ein neues Album ist in Arbeit?

(grinst breit) ... genau, in Arbeit.

Eine letzte Frage noch: Wenn Ihr Eure Musik im Internet seht, zum Beispiel auf bestimmten Videoportalen, was denkt Ihr darüber? Denkt ihr, dass die da nicht sein darf?

Nein, ich finde es gut. Solange es nicht für so einen Mist wie Kinderpornographie oder Ähnliches benutzt wird, finde ich das Internet super. Es hilft uns, auf dem Weg sind wir erst nach Russland oder Japan gekommen.