Geschrieben von Donnerstag, 01 Februar 2007 11:01

Killswitch Engage - Interview mit Gitarrist Joel Stroetzel zu "As Daylight Dies"


Review

Pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt werden wir von Tourmanager Mike am Hintereingang des Wiesbadener Schlachthofs begrüßt und hereingebeten. Mit uns sind noch zwei Presse-Kollegen am Start, die sich Bassist Mike D’Antonio vorknöpfen dürfen. Wir werden in den Catering-Raum geführt, wo wir an einem kleinen Tresen Platz nehmen sollen. Es sind zahlreiche Biergarnituren aufgebaut, an denen unter anderem BRING ME THE HORIZON, die erste Vorband des Abends, gerade ihr Abendessen einnehmen. Mike kommt als erster, mit einer Flasche Licher Pilsner leicht in der Hand, und nimmt bei unseren Kollegen Platz. Auch Drummer Justin Foley kann ich erspähen. Kurz drauf erscheint auch schon unser Interview-Partner, Gitarrist  Joel Stroetzel.  Er ist sichtlich gut aufgelegt, freundlich und stellt sich als ein wirklich sehr angenehmer Gesprächspartner heraus.



Hallo Joel, zuerst einmal natürlich die Frage: wie geht es Adam?

Adam geht es gut, er ist nun endlich zuhause. Er musste in London operiert werden, wie ihr bestimmt schon mitbekommen habt, und war für einige Tage in einer sehr schlechten körperlichen Verfassung. Deshalb konnte er auch nicht so früh nach Hause fliegen wie er wollte. Nun ist er wieder daheim, erholt sich, läuft ein wenig herum. Aber es wird einige Zeit dauern, so sechs bis acht Wochen, bis er wieder völlig OK ist.

Was war genau mit ihm los? Er hat sich ziemlich schlimm am Rücken verletzt, konnte man auf eurer Homepage lesen ... 

Ja, wirklich richtig schlimm! Adam hat schon seit vielen Jahren Probleme mit dem Rücken. Das war jetzt schon sein dritter Bandscheibenvorfall. Er wurde vor eineinhalb bis zwei Jahren schon einmal an der Bandscheibe operiert. Nun sind es dieselben Beschwerden, nur an einer anderen Stelle an seinem Rücken. Es passierte und wir haben umgehend gehandelt. Er musste sofort operiert werden. Jetzt müssen wir eben auf ihn aufpassen.

Wir hatten ursprünglich Karten und ein Interviewtermin für das Konzert in Stuttgart, das nun abgesagt wurde. Glücklicherweise konnte Roadrunner ein Treffen mit dir hier in Wiesbaden arrangieren. Von wem kam die Entscheidung, das Stuttgart-Konzert zugunsten eines Nachholtermins des London-Konzerts ausfallen zu lassen, und was war der Grund für diese Entscheidung?

Das Konzert in London war das größte auf unserer Tour, und das war der einzige Termin, an dem wir es nachholen konnten. Die Leute meinten, dass wir das Konzert in jedem Fall spielen müssen und auf gar keinen Fall absagen können, und sie würden uns den 29.01. dafür freimachen. Also mussten wir unglücklicherweise die Show in Stuttgart absagen, aber das ganze war im Endeffekt nicht wirklich unsere Entscheidung.

Wird das Konzert in Stuttgart nachgeholt werden und wenn ja, wann?

Ich bin ziemlich sicher, dass es nachgeholt wird, vielleicht im Sommer, wenn wir auf einigen Festivals auftreten werden.

Es sind also Festivalauftritte in Europa in diesem Jahr geplant?

Wir wissen bis jetzt noch nichts Genaues, das hängt zum Großteil von Adam ab und wie es ihm geht, und natürlich auch davon, mit wem wir zusammenarbeiten. Wenn wir unseren US-Tourplan bekommen, können wir das schon genauer sagen. Mal sehen... Wir würden auf jeden Fall gerne nach Europa kommen und auf so vielen Festivals wie nur möglich spielen.

Als Ersatzmann für Adam konntet ihr nun Peter Wichers (Ex-SOILWORK) gewinnen. Wie kamt ihr auf ihn? Wie schlägt er sich bisher so?

Er schlägt sich hervorragend! Er ist ein langjähriger Freund von uns. Die allererste große US Tour, die wir gemacht haben, war mit SOILWORK und wir haben uns dort angefreundet. Er ist gerade erst in die Staaten gezogen, lebt jetzt in L.A. und hat geheiratet. Wir kennen ihn schon sehr lange, er ist ein guter Gitarrist, er ist mit unserer Musik vertraut, deswegen war er der Erste, an den wir gedacht haben. Er hat die Tour definitiv gerettet!

Mit "The End of Heartache" ist euch zum ersten Mal auch kommerziell ein Riesenerfolg gelungen. Gab es irgendwelchen Druck für euch im Vorfeld zu "As Daylight Dies", das ganze noch zu toppen?

Das Plattenlabel hat so seine Erwartungen, dass man eben Hits schreibt, aber Roadrunner hat uns als Metal-Label in allem was wir machen immer sehr unterstützt, so haben wir von dem Druck gar nicht mal so viel mitbekommen. Im Grunde genommen konnten wir machen, was wir eben wollten. Sie finden das, was wir machen, gut. Es hat also zum Glück alles gut funktioniert, und das Label ist glücklich damit.

Bist du mit den Verkaufszahlen eurer neuesten Scheibe soweit zufrieden?

Ja, absolut! Mehr als wir erwarten konnten! Das Album ist draußen, die Leute schauen sich gerne das Video zu "My Curse" an, wir sind glücklich damit, ja.

Ist dein persönlicher Lieblingssong auf eurem neuen Album?

Ich denke, das ist der letzte Song auf dem Album, wie heißt er doch gleich..."Reject Yourself". Ich finde den Aufbau gegenüber den anderen Liedern irgendwie schräg. Es gibt viele typisch thrashige Gitarrenriffs, ein cleanes Ende, es ist so eine Art epischer Song. Vermutlich deshalb gefällt er mir auch am besten.

Das ist auch einer meiner eigenen Favoriten. Gibt es vielleicht auch einen Song, der dir nicht so gut gefällt?

Um ehrlich zu sein, gefällt mir "My Curse" am wenigsten. Daher bin ich überrascht, dass er dem Plattenlabel so gut gefällt. Er hat halt einfach einen einprägsamen Refrain, also haben sie sich entschlossen, ihn als erste Single herauszubringen. Aber es funktioniert bisher gut.

"My Curse" ist ein gutes Stichwort. Im eurem neuen Video wurde das Stück erneut etwas abgewandelt und wie damals bei "The End of Heartache" singt Howard das ganze Lied über mit cleaner Stimme. Mike sagte in einem Interview mit uns im Jahre 2004, dass er niemals mehr ein Lied derart abwandeln würde, nur um in den Medien präsenter zu sein. Saß erneut die Plattenfirma am längeren Hebel?

So kann man es sagen. Aber wie ich schon zuvor erwähnt habe, unterstützt uns das Plattenlabel sehr in allem, was wir tun. Eines Tage kamen sie zu uns und meinten, dass sie den Song gerne in so vielen Radiostationen wie nur möglich spielen wollen. Dafür wäre es aber nötig, ihn ein wenig zu verändern. Wir wollten das eigentlich eher nicht, aber Roadrunner meinte, dass sie damit nur unser Bestes wollten. Also sind wir Ihnen entgegen gekommen und haben den Song ein wenig geändert, so wie wir es schon bei "The End Of Heartache" gemacht haben. Das war einer der wenigen Kompromisse, die wir eingehen mussten. Wir sind zwar nicht unbedingt glücklich damit, aber was soll man machen?

Aber denkt ihr nicht, dass ihr damit treue Fans eher vergrault als dass ihr neue hinzugewinnt?

Das alles ist immer ein Geben und Nehmen. Sicherlich wollen wir unsere Musik nicht ändern. Auf der einen Seite steht das Plattenlabel, das versucht uns bekannter und erfolgreicher zu machen, auf der anderen Seite sind da unsere Fans und die Leute, die uns unterstützen. Und dann gibt es noch diejenigen, die für den Plattenverkauf verantwortlich sind, denen wollen wir es natürlich auch recht machen. Wir stehen immer ein wenig zwischen den Fronten, und es ist jedes Mal eine schwere Entscheidung.

Bis zu "The End of Heartache" war für das Mischen eurer Alben stets Andy Sneap verantwortlich, nun hat Adam als Produzent auch diese Aufgabe übernommen. Wie ist die Arbeit mit Adam, ist sie angenehmer oder stressiger als mit einem "Außenstehenden", weil er als Bandmitglied vielleicht kritischer ist?

Um ehrlich zu sein, wir haben mit Adam ja bisher immer als Produzent gearbeitet und wir kennen Andy auch ziemlich gut, waren beim Mixen der Alben allerdings nie wirklich dabei. Das macht Adam eigentlich immer allein. Also war es für uns nicht wirklich etwas anderes. Adam ist immer noch unser Produzent, alles bleibt also beim alten. Wenn sich etwas ändert, dann ist es jetzt einfach noch stressiger für Adam, weil er noch mehr Verantwortung trägt. Und ich weiß, dass er während unserer Aufnahmen froh sein konnte, die Mischarbeit jemand anderem Überlassen zu können, der sich damit herumschlägt. Dieses Mal hat er sich jedoch dazu entschlossen, die gesamte Arbeit selbst zu machen und er hat sich wirklich hervorragend geschlagen. Aber für uns selbst war es nicht wirklich anders, einfach nur mehr Arbeit für Adam.

KsE wird oftmals die Vorreiterrolle in der Metalcore-Szene nachgesagt. Spürt ihr selbst, dass ihr einen besonderen Status in der Szene habt, und wie geht ihr mit der damit verbundenen Verantwortung um?

Wir sind eine von vielen Bands, die diese Musikrichtung schon seit Jahren spielen. Es schmeichelt uns, wenn Leute sagen, dass wir zu den Vorreitern gehören, es ist eine Ehre für uns, das zu hören. Aber wir sind nur eine Band von vielen und wir denken nicht allzu viel darüber nach. Zu hören "ihr Jungs habt uns beeinflusst" ist aber wirklich sehr schmeichelhaft.

Den Spaß, den ihr bei Konzerten habt, lebt ihr auch stets aus und macht auf der Bühne eure Faxen, besonders Adam. Viele andere Bands, wie zum Beispiel LAMB OF GOD, sehen ihre Konzerte eher als ernste Angelegenheit, weil sie vielleicht ein Image aufrechterhalten wollen oder müssen. Was hälst du von dieser Einstellung? Findest du sie nicht von einem gewissen Standpunkt aus geheuchelt?

Ich denke, dass ich da nur für KILLSWITCH sprechen kann. Wir wollen einfach eine schöne Zeit haben und kümmern uns um so etwas eigentlich überhaupt nicht. Wir hatten noch nie ein hartes Image, das hat noch nie zu uns gehört. Wir haben einfach nur unsren Spaß und jeder weiß das, that’s Rock’n’Roll! Wir wollten noch nie harte Kerle sein. Bei vielen Bands funktioniert dieses Image, das ist OK und es gibt auch nichts dagegen einzuwenden. LAMB OF GOD sind gute Freunde von uns, sie machen ihr Ding einfach unglaublich gut. Aber wir sind eine Band, die sich selbst nicht allzu ernst nimmt.

Mit welchen Musikern würdest du gerne mal ein gemeinsames Projekt starten?

Das ist schwierig zu sagen, da gibt es viele... Mein Bruder spielt auch in einer Band, zuhause in den Staaten. Er ist ein großartiger Gitarrist und wir haben schon öfters mal darüber gesprochen. Und natürlich auch mit Peter Wichers (Ex-SOILWORK- Gitarrist), der ja ein guter Freund von uns ist. Mal sehen, was sich so ergibt...

Dein Nachname "Stroetzel" hört sich sehr nach einem deutschen Namen an. Hast du deutsche Vorfahren?

Meine Ur-Großeltern sind halb deutscher, halb polnischer Abstammung, aber sie sind leider nicht mehr am Leben. Jedes mal wenn ich nach Deutschland komme, werde ich gefragt, ob ich Deutsch spreche. Ich wünschte, ich könnte es.

Hast du sonst irgendeinen besonderen Bezug zu Deutschland?

Da meine Familie deutscher Abstammung ist, bin ich früher öfters nach Deutschland gekommen; das erste Mal, als ich gerade vier Jahre alt war. Ich habe dort mit meiner Familie Urlaub gemacht. Das war auch das erste Mal, dass ich Ski gefahren bin. Wir sind lange Zeit nach Deutschland gekommen.

Wenn du heute nicht Gitarrist in einer Metalband wärest, was würdest du dann machen?

Das ist schwer zu sagen. Ich würde auf jeden Fall etwas machen, das mit Musik zu tun hat. Bevor ich in der Band gespielt habe, habe ich Gitarrenunterricht gegeben, in einem örtlichen Musikgeschäft das einem Freund gehört. Das habe ich ungefähr zehn Jahre lang gemacht. Wahrscheinlich würde ich das jetzt auch noch machen. Oder ich wäre Barkeeper geworden und würde Whiskey trinken.

Das ist doch eine tolle Alternative! OK, die letzte Frage. Wie verbringt ihr auf Tour Tage, an denen keine Konzerte angesetzt sind oder allgemein eure freie Zeit?

Eine große Leidenschaft von uns ist es, immer nach einem guten Restaurant Ausschau zu halten. Jeder von uns mag gutes Essen. Jedes mal, wenn wir einen freien Tag haben, sind wir auf der Suche nach dem nächsten guten Restaurant. Dann essen wir, trinken danach noch das eine oder andere. Wir hängen einfach nur rum, schauen uns mit dem Laptop Filme auf DVD an und lassen es uns einfach gut gehen.

Und wo habt ihr in Deutschland bisher das beste Essen bekommen?

Ein Freund von uns hat ein mexikanisches Restaurant in Berlin, das es noch gar nicht so lange gibt. Er lebt mittlerweile seit 20 Jahren in Deutschland und hat auch noch ein italienisches Restaurant. Es schmeckt einfach fantastisch, wirklich sehr sehr gut! In Europa bekommt man sonst nicht oft mexikanisches Essen, aber dort gibt es alles, Steaks, Burritos, einfach alles.

Alles klar, das war's auch schon. Vielen Dank, dass du dir Zeit für uns genommen hast.



Bedanken möchte ich mich bei Nadine und Markus dafür, dass sie mir beim Übersetzen des Interviews eine so große Hilfe waren!