Black Stone Cherry - Interview zum Album "Kentucky" und zur aktuellen Tour
Hi Jon, wie läuft die Tour?
Großartig, es geht auf das Ende zu, das ist die letzte Show in Deutschland. Die "Carnival of Madness Tour" Anfang des Monats mit HALESTORM und SHINEDOWN war fantastisch. Die Shows auf dem europäischen Festland laufen ebenfalls großartig, wir können uns nicht beschweren.
Und die Shows in Deutschland sind alle ausverkauft.
Ja, das ist echt verrückt. Wir sind eigentlich ohne neues Material unterwegs, das Album kommt erst im April und trotzdem ist das Interesse an den Shows so groß.
Im zweiten Anlauf ist nun auch das Grünspan ausverkauft, ihr begeistert immer mehr Leute, aber im Vergleich zu euren Shows in England ist da noch reichlich Wachstumspotenzial.
Ja, da drüben gehen die Leute viel eher zu einem Konzert. Das ist natürlich unterschiedlich, aber in Wales waren etwa 6.000 Leute, verglichen mit 800 Leuten hier in Hamburg ist das eine große Spanne. Die wird jedoch langsam aber stetig kleiner.
Könnt ihr von eurer Musik eigentlich schon leben oder macht ihr alle nebenher noch diverse Dinge?
Ich mache generell viel Kram, aber das liegt daran, dass ich das gerne mache. Greift sich mein “Kentucky” Album und deutet auf das Cover: Das ist mein Foto und meine Bearbeitung. In die Richtung mache ich sehr viel, für unsere Band und auch für andere Bands. Aber ja, wir können von unserer Musik leben und das ist wundervoll.
Unterscheidet sich die Planung für eine EU Tour eigentlich von der einer US Tour?
Mittlerweile ist es sehr ähnlich, da wir unser Zeug für Europa hier in Deutschland gelagert haben. Also müssen wir nur unsere Koffer packen und herkommen. Bei unseren ersten Konzerten hier sah das ganz anders aus. Man versucht natürlich, möglichst viel hier zu organisieren und muss herausfinden, was man bekommen kann und könnte, die ganze Backline mussten wir damals mieten.
2007 auf unserer ersten Tour haben wir die Band HINDER auf ihrer ersten Tour supportet und wir kamen danach zwei bis drei Mal im Jahr wieder hier her und haben das Equipment von jemandem aus England bekommen. Einmal waren wir unterwegs und merkten, dass für eine Trommel nur zwei Beine da waren – wir mussten ein einfaches, gerades Stück Metall organisieren und irgendwie mit viel Panzertape befestigen. Das klappte am Ende sogar einigermaßen.
Ich habt auf der Tour auch in Paris und Brüssel gespielt, auf Facebook habt ihr ein Foto mit schwer bewaffneten Polizisten gepostet. Wie war die Lage vor Ort?
Eigentlich wie immer, wir kennen solche angespannten Situationen ja auch schon aus Amerika. Als wir von dem Anschlag hörten, ging es uns auch sehr nah ... der Club, in dem das passiert ist, ist ähnlich groß wie die Shows, die wir auch spielen. Wir haben überlegt und abgewogen, was wir tun. Aber waren dann auch der Meinung, wir sind Amerikaner und diese ganze Geschichte ist nicht neu für uns, man ist teilweise schon sensibilisiert … außerdem, die Show muss weitergehen.
15 Jahre BLACK STONE CHERRY im selben Lineup! Das schaffen nicht viele Bands, wie macht ihr das?
Wir haben damit angefangen, da waren wir alle noch in der Schule und haben damals schon entschieden, dass die Band wichtig sein wird und alles andere zweitranig ist. Das war Voraussetzung, um miteinander eine Band am Laufen zu halten.
Wir touren sehr viel und leben überwiegend im Tourbus, hocken aufeinander. Wir duschen im Club, es ist wie es ist, da muss man einfach miteinander auskommen. Wir sind einander sehr nah, reden viel miteinander. Wenn wir uns mal einen Tag nicht sehen, telefonieren wir miteinander, das ist wichtig.
Ist irgendwas geplant, außer für Chris eine Geburtstagsparty zu schmeißen?
Nee, bisher nicht. Wir haben überlegt, etwas zum zehnährigen Jubiläum unseres Debuts zu machen, aber keine Ahnung.
Erstmal gibt’s es ja das neue Album “Kentucky”. Was macht den Staat Kentucky denn so besonders?
Es ist ein stolzer Staat mit viel Geschichte. Die Landschaft ist ähnlich wie hier, viel Grün, kleine Hügel und sehr schön. In unserer kleinen Stadt wohnen 1.500 Leute, die passen hier knapp in den Club. Es ist eine kleine Stadt, also wirklich klein. Manche bezeichnen Glasgow als kleine Stadt mit 20.000 Einwohnern, aber wenn wir über eine kleine Stadt sprechen, meinen wir eine Stadt mit einer Straße und einer Ampel und nichts weiter.
Zum Album wird es auch eine Doku geben, in der wir viel über Kentucky reden und unsere Gedanken zu unserer Heimat, ich erzähle ein wenig über meinen Umzug nach Kentucky. Ich komme ursprünglich aus Florida. Mit 15 sind wir nach Kentucky zu meinen Großeltern gezogen. Die wohnten aber im Osten von Kentucky, welcher sich etwas unterscheidet von der Gegend, in der wir jetzt wohnen.
Wir gehen alle darauf ein, warum Kentucky so ein wichtiger Pfeiler für uns alle ist. Für mich ist es natürlich die Familie, es sind meine Großeltern, Kinder und Eltern, Brüder, Schwestern, Cousins. Was glaubst du, was an Thanksgiving los ist? Alle sind da, also wirklich alle. Brüder und Schwestern und ihre Familien, Kinder. Da sind dann locker 100 Leute unter einem Dach und das ist es, was es bedeutet, aus dem Süden zu sein.
War der Albumprozesss anders, mit einem kleineren Label im Rücken?
Es war eigentlich wie immer. Hin und wieder haben wir früher mit anderen Leuten geschrieben, großen Songwritern und so. Dieses Album nun haben wir komplett … naja, zu 99 Prozent selbst produziert. Es ist “selbstgemacht” aber professionell, weil wir die Erfahrung haben, so etwas in Eigenregie zu machen. Die Musik, das Cover, die Dokumentation. Die Videobearbeitung haben ich und John vom Label gemacht. Wir haben die Songs geschrieben ohne irgendeinen großen Typen hinter uns, der Sound Engineer ist derselbe wie vom ersten Album.
Das Cover wirkt auf den ersten Blick sehr beruhigend, was hat es damit auf sich? Ihr tobt ja sonst wie wild über die Bühne und strotzt vor Energie.
Das Haus, das ist das “Practice House” – dort schreiben wir schon immer unsere Songs. Unser erster Song entstand dort, dort waren wir das erste Mal eine Band. Dort spielten wir die ersten Töne und haben entschieden, eine Band zu gründen. 80 Prozent unserer Demos haben wir dort aufgenommen. Vorne links der schwarze Kasten, das ist unser Kühlschrank mit kaltem Bier drin. Hinter dem Gestrüpp stellen wir uns an den Rand der Veranda und pinkeln in den Garten. Im Haus gibt es kein Bad. Im Garten ist mittlerweile ein Fleck, auf dem nichts mehr wächst.
Das Bild ist BLACK STONE CHERRY.
Hast du einen Lieblingssong auf dem Album?
Nein nicht direkt, aber Highlights. Unsere Single “In Our Dreams” haben wir eigentlich für das dritte Album geschrieben, doch das Label war der Meinung, die Nummer sei zu heavy für die Scheibe. Die hatten wohl noch nie eine Liveshow von uns gesehen, haha!
“Soul Machine” ist der erste Song, bei dem wir mal das getan haben, was wir machen wollten. Naja, wir konnten auf dem Album sowieso tun und lassen, was wir wollten. Bei “Soul Machine” haben wir mit Backgroundgesängen gearbeitet und eine richtige 70er-Jahre-Version mit viel Soul und Funk im BSC Gewand abgeliefert.
“Long Ride” ist eine sehr kräftige Ballade. “War” fällt ein wenig aus der Reihe und wäre auch Kandidat für einen Bonus-Song gewesen. Aber es ist ein Song, der uns sehr gut gefällt. Er fühlt, verhält, riecht und hört sich wie ein BLACK STONE CHERRY Song an. Also macht es Sinn, ihn auf dem Album zu haben ... auch die Lyrics machen Sinn, mit einer guten Message.
“Cheeper To Drink Alone” ist unsere Redneck-Version von “Pour Some Sugar On Me”, hehe ... “Rescue Me” ist sehr heavy und ein wenig wie “Heavy Metal Queen”, mit einer Menge Salz und Pfeffer von uns. “Feeling Fuzzy” ist ebenfalls ein Killertrack, den ich nicht überspringen würde. Auf dem Album ist kein Song, hinter den wir nicht zu 100 Prozent stehen.
“Darkest Secret” ist von den härteren Songs sicher mein Lieblingslied. Das ist auch der Lieblingssong meiner jüngsten Tochter Amber – scheiß auf Teletubbies oder anderen Kram, sie will “Darkest Secret” hören!
“The Rambler” fällt ein wenig aus der Reihe und ist ein einzigartiger Song. Jasin Todd, ehemaliger Gitarrist von SHINEDOWN, war bei uns mit im Tourbus im Mai letztes Jahr – er spielte Gitarre für die erste Band und im Bus spielte er einen Song vor sich hin. Wir haben zugehört und waren sehr angetan davon. Gemeinsam mit ihm haben wir den Song zu Ende geschrieben. So entwickelte sich ein fantastisch emotionaler Track, der das Album abschließt. Er vereint uns, unsere Heimat, unsere Familie zu Hause, das Tourleben und unsere Community.
Ich habe gelesen, dass ihr etwa 30 bis 40 Songs für ein Album schreibt. Also verschwinden die meisten Songs nach dem Schreiben wieder?
Nein, wir graben sie wieder aus, wenn die Zeit gekommen ist. Bestes Beispiel ist “In Our Dreams”, welches ja "zu heavy" war, so eine dämliche Entscheidung, aber wir kramten ihn dann wieder hervor. Für manche Songs ist die Zeit einfach noch nicht gekommen. Ein Album ist wie ein Buch und wir möchten, dass die Leute auf Play drücken und dann die ganze Scheibe durchhören.
Es würde zum Beispiel keinen Sinn machen, “Soulcreek” in die Mitte des Albums zu packen, weil es nicht ins Album passt. Ebenso “Peace Is Free”, “White Thrash Millionare”, “In My Blood” ... all diese Songs würden auf “Kentucky” nicht funktionieren, aber sie passen prima auf die Alben, auf denen sie sind. Wir haben mit der Band als Teenager angefangen, sind älter geworden, haben Familie und Kinder und entwickeln uns immer weiter. Wir sind alle Mitte 30, es ist eine andere Band jetzt. Das größte Ding ist, sicherzugehen, dass in jedem Album der Spirit von BSC steckt.
Du gehst mit Ben auf der Bühne tüchtig ab – ärgert es Chris ein wenig, ans Mikrofon gebunden zu sein?
Nein er mag es, denke ich, weil er dann nicht so viel zu tun hat, haha ... und mich und Mike einfach Rampensau spielen lässt. Aber Chris wollte nie singen, er ist Gitarrist durch und durch und wir mussten ihn ein wenig dazu zwingen, weil er einfach anders klingt, und das ist großartig. Sobald du seine Stimme im Radio hörst, weißt du: Ah, das ist Chris von BLACK STONE CHERRY.
Was ist das Schlimmste und Beste auf Tour?
Das Beste sind die Shows. Das Schlimmste ist die schlechte Laune, die manchmal aufkommt, weil man nicht zu Hause bei seiner Familie sein kann. Wir sind fünf Wochen auf Tour und meine Kinder und Frau sitzen zu Hause.
Was machst du als erstes, wenn du nächste Woche nach Hause kommst?
Egal wie spät es ist, ich werde meine Kinder in die Arme schließen und anschließend meine Frau, und danach werde ich in meinem eigenen Bett schlafen, haha! Das ist das Beste, wenn man sich im eigenen Bett ausstrecken kann und nicht in einer engen Box liegen muss, ich bin ja nun auch ein Stückchen größer.
Was ist für die nächste Zeit geplant?
Lass mich überlegen. Wir gehen mit VOLBEAT auf Tour in den USA im April. Danach folgen noch ein paar weitere Dates. Es geht nach Australien. Danach geht’s wieder zurück und wir starten den “Carnival Of Madness” in Amerika, wieder mit HALESTORM und SHINEDOWN. Ein paar Tage danach geht’s weiter nach England.
Wir sind Headliner beim “Ramblin’ Man Fair” Festival zusammen mit WHITESNAKE, was echt Wahnsinn ist ... das ist das erste Mal, dass wir die Hauptbühne auf einem Festival headlinen. Danach fliegen wir kreuz und quer durch die Gegend, versuchen, währenddessen zu schlafen, um dem Jetlag entgegenzuwirken, während der Sommerfestivals.
Ende des Jahres geht’s wieder nach England, für Weihnachten dann wieder nach Hause und in so ziemlich genau einem Jahr sind wir dann wieder in Europa unterwegs.
Die letzten Worte gehören dir.
Ehm … Unser Album kommt am 1. April in unterschiedlichen Editionen und Packs raus. Die Scheibe ist super, mit einem wunderschönen Artwork. Es gab eine Live-DVD letztes Jahr. Checkt das aus! Wir sehen uns dann bald wieder.
Cengiz
Seit 2012 bin ich mit Kamera und offenem Ohr für BurnYourEars unterwegs.
Mein musikalischer Horizont kennt keine Grenzen: Von synthlastigem Metal über Rap bis hin zu Screamo – Hauptsache, es groovt und hat Tiefgang.
Live-Konzerte sind meine Passion. Zahllose Gigs und Festivals später bin ich immer noch süchtig nach der Energie, die nur Live-Performances entfachen können. Denn egal wie brillant eine Platte klingt, erst auf der Bühne zeigt sich die wahre Magie einer Band.
Meine All-Time-Favourites? Machine Head, Heaven Shall Burn und Parkway Drive (bis "Reverence"). Aber meine Playlist ist so vielfältig wie ein Festivalprogramm – von Crossfaith bis Lamb of God ist alles dabei.
Wer einen Blick auf meine fotografische Reise durch die Musikwelt werfen möchte: Mein Portfolio mit Konzertbildern seit 2012 findet ihr auf fotocengiz.de.