Geschrieben von Freitag, 10 Juni 2016 20:58

GOATESS im Interview zum Album "Purgatory Under New Management"

GOATESS haben mit „Purgatory Under New Management“ einen echten Kracher veröffentlicht – schon wieder. Denn auch das Debüt der schwedischen Band war und ist feinste Doom-Gourmet-Kost in allerbester Genretradition. Sänger Christian „Chritus“ Linderson erläutert im Interview die nicht immer einfachen Bedingungen, unter denen das Zweitwerk entstanden ist. Seinen Humor hat der alte Szenehase aber nicht verloren.

Glückwunsch zu einem weiteren großartigen Album! Seit dem ersten Album sind drei Jahre vergangen. Warum habt ihr so lange gebraucht – gab es zwischendurch noch andere Projekte?

Vielen Dank! Andere Projekte gab’s nicht wirklich. Es ist nur ein Desaster nach dem anderen passiert, das hat es generell sehr schwer gemacht, weiterzumachen. Das waren einerseits persönliche Dinge und andererseits Scheiße von außen, über die wir keine Kontrolle hatten. Das war echt eine Feuerprobe. Wir sind jetzt einfach froh, das Album draußen zu haben. Aber es kommt sehr verspätet. Niklas (Gitarre) hat letztens erst zu mir gesagt, dass es eigentlich ein Herbst-Album ist.

Ihr habt einen neuen Bassisten. Was ist aus dem alten geworden?

Allerdings, den haben wir: Peter Wallberg von VOID MOON und ASSASSIN’S BLADE. Unser vorheriger Bassist Findus hat uns verlassen, um mit seiner Liebsten auf einen Selbstfindungstrip um die Welt zu gehen. Er macht jetzt seine eigene Welt-Tournee, sozusagen. Das hat den ganzen Kram natürlich verzögert, zumal wir einen angemessenen Ersatz finden mussten, mit dem wir auch eine langfristige Perspektive sehen. Wir haben einige Leute ausprobiert, das hat aber aus verschiedenen Gründen nicht funktioniert.

Wie habt ihr euren neuen Mann dann gefunden?

Letztlich durch das am einfachsten zugängliche soziale Netzwerk, das es derzeit gibt: Facebook. Dinge verbreiten sich dort ziemlich schnell, das gilt sowohl für die Suche nach Verbrechern und vermissten Katzen, als auch nach neuen Bandmitgliedern. Wir haben es einfach auf unserer Seite gepostet und er war einer von denen, die Interesse hatten. Es scheint einen Mangel an Bassisten in unserer Gegend zu geben, ich habe tatsächlich auch schon viele Bands ohne Bassisten performen sehen. Wir brauchen allerdings einen, weil es nicht das Gleiche wäre ohne die Dynamik, die der Bass in die Musik bringt, die wir machen.

War Peter Wallberg am Schreibprozess für „Purgatory Under New Management“ beteiligt?

Nein. Er stieß zu uns, als das Album bereits aufgenommen war. Aber hoffentlich können wir in Zukunft mit ihm gemeinsam was erarbeiten. Es sieht so aus: Er lebt in Südschweden, während wir in Stockholm und Umgebung wohnen, Proben sind derzeit also rar. Ich denke, dass wir als Band einige Prozesse neu überdenken müssen. Wir waren immer eine Jam-Band, also mal sehen, wie es läuft. Aber wir lieben den Typen und können uns niemanden vorstellen, der enthusiastischer wäre. Alles spitze.

Wenn man euer Debüt mit dem zweiten Album vergleicht, gibt es nicht sehr große Unterschiede. Allerdings denke ich, dass „Purgatory Under New Management“ etwas komplexer ausgefallen ist. Stimmst du mir zu? Wie würdest du die Entwicklung vom ersten zum zweiten Album beschreiben?

Nun, das Debüt enthält einiges von dem sehr frühen Zeug, das wir geschrieben haben, zum Beispiel „Full Moon At Noon“, und darüber hinaus alles Mögliche aus allen Phasen bis hin zum Aufnahmetag. Es ist dadurch eher eine musikalische Allegorie, wenn du weißt, was ich meine. „Purgatory“ ist verdichteter, bezogen auf die Zeitspanne seiner Entstehung. Insgesamt ist es aber eine natürliche musikalische Entwicklung.

Liege ich richtig, dass BLACK SABBATH eine große Inspiration für euch sind? Wie würdest du die Bedeutung dieser Band beschreiben?

Ich denke, dass BLACK SABBATH heutzutage für jeden eine große Inspiration sind. Sowohl für das ganze Genre als auch für die Leute, die die Bands reviewen. Ich meine, wann hast du das letzte Mal eine Kritik einer Doom- oder Stonerband gelesen, die nicht BLACK SABBATH als Vergleich genommen hat? Das ist zum Standard geworden, und in anderen Genres ist dieses Phänomen nicht so stark ausgeprägt. In gewisser Weise verstehe ich natürlich, warum manche Bands eher als andere in die Doom/Stoner-Kategorie gepresst werden … so wie wir. Es ist schwere Musik mit diesem gewissen hohen Gesangs-Stil. Den Einfluss von BLACK SABBATH auf das Genre würde ich natürlich niemals abstreiten. Sie waren ohne Zweifel die Gründer und Väter von uns allen. Punkt. Hail the riff.

Welche weiteren Bands und Faktoren inspirieren euch? Du darfst auch gern Illegales nennen.

In der Band haben wir alle sowohl verschiedene musikalische Einflüsse, als auch gleiche. Als Niklas und ich damals anfingen, einigten wir uns, dass eine Hochzeit zwischen MONSTER MAGNETs „Superjudge“ und KYUSS‘ „Welcome To Sky Valley“, die beide Ehebruch mit „Born Again“ von BLACK SABBATH begehen, die Richtung für uns wäre. Einige von uns hören alles, was Metal ist, andere mögen mehr Death Metal als andere. Ich als Sänger bin beispielsweise großer Fan von KATE BUSH. Aber ich kann mir alles anhören, abgesehen von Rap und Mainstream-Mist. Ich denke, dass man sich selbst in eine Ecke drängt, wenn man sich auf ein bestimmtes Genre limitiert, weißt du? Damit kommt man nicht weiter. Was grundsätzliche Faktoren der Inspiration angeht, würde ich sagen: Bier und Gras versus graue Realität. Eins schließt das andere dabei nicht aus.   

Was macht Doom zum besten Genre der Welt?

Es ist eine lebhafte und gefühlvolle Art, sich auszudrücken. Musik der Denker und Philosophen, mit einer Menge Herz. Es geht nicht einfach nur um bitchslapping und das neueste Armband aus Gold, sondern eher um … Hexen verbrennen! Hahaha!

Du hast schon viel gemacht und in vielen bekannten Bands gesungen. Darüber hinaus bist du auch Mitglied von LORD VICAR. Was ist GOATESS für dich – ein Projekt, die Zukunft, ein Zuhause?

Als Gründungsmitglied würde ich am ehesten „Zuhause“ sagen. Manchmal ein bisschen unordentlich und mit viel Abwasch, der erledigt werden muss, aber ich finde eine gewisse Behaglichkeit darin. Der Schlüssel ist, sich mit seinen Mitbewohnern gut zu verstehen, denke ich. Wie in jeder Beziehung haben wir unsere Auf und Abs, aber meistens klappt es am Ende. Es ist eine Sache des Gebens und Nehmens, so sehe ich das zumindest. Die Zukunft wird zeigen, ob wir rausgeworfen werden.

In den letzten Jahren ist eine Menge guter Doom-Bands aufgetaucht. Wie siehst du die Szene – lebendiger als je zuvor, oder vielleicht sogar ein bisschen überfüllt?

Ich weiß es nicht. Um ehrlich zu sein, verfolge ich das nicht wirklich. Aber da ich selbst aktiv bin, sehe und höre ich 'ne Menge Bands. Ich denke, dass das auch ein Generations-Ding ist – es ist einfacher geworden, eine Band zu gründen, abgesehen davon, einen Bassisten zu finden. Ich glaube, dass „Fans“ ein größeres Bedürfnis haben, sich auf ähnliche Weise auszudrücken. Das finde ich gut, denn Musik ist gesünder, als sich die Zeit damit zu vertreiben, Läden auszurauben und Leute zu verprügeln. Es gibt kein schöneres Gefühl, als wenn es auf musikalischer Ebene „Klick“ macht.

Hast du Empfehlungen, welche Bands ich mir anhören sollte?

Klar, ich kann dir erzählen, was ich mir gerade so anhöre. Auf unserer „Pourgatour“ im April haben wir die Bühne mit einigen echt guten Bands geteilt. Erwähnenswert wären dabei zum Beispiel TAR LUNG, HUMULUS und ECHOLOT – sehr gute Bands, die mehr oder weniger in die gleiche Kategorie fallen wie GOATESS.

Ihr hattet auf eurer Tour nur eine begrenzte Anzahl an Terminen. Kommt da noch mehr, zum Beispiel in Deutschland?

Ich hoffe es sehr. Weißt du, eine traurige Sache mit dieser Band ist, dass wir irgendwie aus dem Rhythmus fallen. Aus verschiedenen Gründen ist es uns nun schon zweimal passiert, dass wir nach einer längeren Bühnenabstinenz am Anfang eines Jahres ein Album veröffentlicht haben. Dadurch hat man wenige Gelegenheiten, im selben Jahr noch Shows oder Festivals zu spielen, weil die Veranstalter Bands offenbar recht früh buchen, was ja auch verständlich ist. So sitzen wir gewissermaßen zwischen den Stühlen. Hinzu kommt, dass einige von uns Familie und Jobs haben. Nichts besonderes, aber dadurch ist es nicht möglich, längere Zeit auf Tour zu gehen, ohne einen Teil des Lebens aufzugeben.

Was plant ihr für die Zukunft? Denkt ihr schon an ein drittes Album?

Ich hoffe sehr, dass wir mit dieser Band ein drittes Album aufnehmen werden. Nichts würde mir besser gefallen. Wenn es passiert, wird es ein Fall von „aus einer Bratpfanne in die nächste Bratpfanne“, haha!