Geschrieben von Sonntag, 11 Juni 2017 18:22

Heretoir - Interview zum Album "The Circle"

Mit ihrem Zweitwerk haben sich die deutschen Black Metaller und Depressive Rocker HERETOIR ganz schön Zeit gelassen. Mehr als ein halbes Jahrzehnt ging ins Land, bis der Nachfolger von „Heretoir“ (2011) eingespielt war. Der neue Schlagzeuger Nils Groth stand uns zu „The Circle“ Rede und Antwort.

Sechs Jahre liegen zwischen eurem Debüt und dem kürzlich erschienenen und lang erwarteten Nachfolge-Album „The Circle“. Erzählt doch mal, was in der Zwischenzeit musikalisch bei euch passiert ist.

Hey! Also, dass ich dieses Interview führe, ist schon einmal eine Neuerung. Da wir uns schon seit einigen Jahren kennen und zum Teil bei ex-THRÄNENKIND (jetzt KING APATHY) zusammen spielen, war es quasi eine logische Konsequenz, dass ich nach dem Ausscheiden unseres alten Drummers Manu übernehme. Ansonsten haben die Jungs einige Konzerte und Touren absolviert und eben lange an „The Circle“ gearbeitet. Dass es sechs Jahre gedauert hat, ist wirklich nicht Faulheit oder geringer Motivation geschuldet, sondern dem Willen, die musikalische Vision so perfekt wie möglich umzusetzen.

Es ist für mich besonders spannend jetzt, Teil der Band zu sein und das Album in seiner Gänze zu hören, weil David (David „Eklatanz“ C., Sänger, Anm.d.Red.) mir über die Jahre immer wieder Demos der Tracks geschickt hat. HERETOIR hat sich innerhalb der Jahre von einem Soloprojekt zu einer vollständigen Band entwickelt. Das ist natürlich vor allem für David eine besondere Herausforderung, weil wir nun plötzlich alle was zu sagen haben. (lacht) Aber wir harmonieren da ziemlich gut und können nun zusammen an den Songs arbeiten. Ich schicke David immer mal Drumpatterns, mit denen er dann arbeiten kann. Ich bin sehr gespannt, wohin die Reise geht. Die ersten Songideen sind bereits sehr vielversprechend.

Wie erklärt ihr jemandem, der erstmals mit eurer Musik in Berührung kommt, die Stilrichtung? Immerhin vermischen sich bei euch eine handvoll unterschiedlicher Einflüsse – wofür stehen HERETOIR?

Am ehesten für die Verbindung aus Melodien, Rhythmik und einer großen Portion Melancholie. Diese Mischung macht den Sound von HERETOIR aus. Wobei man natürlich die erste Platte schwer mit der neuen vergleichen kann. Da sind schon deutlich unterschiedliche Ansätze zu hören.

War die erste Platte noch sehr depressiv und musikalisch eher dem Black Metal zuzuordnen, ist „The Circle“ viel diverser. Es wurden verschiedene Einflüsse eingebracht und so floss zum Beispiel bei „The White“ moderner Metal und Hardcore ein, während bei „Golden Dust“ schon fast poppige Momente zu finden sind. Jedoch finden sich auf dem Album auch noch Post Black Metal Elemente, die an die alten HERETOIR Songs erinnern. Wenn ich eine Referenzband nennen müsste, wären das womöglich KATATONIA zu „Great Cold Distance“- / „Night Is The New Day“- Zeiten, was nicht anmaßend klingen soll ...

Meint ihr mit „The Circle“ einen ganz bestimmten Kreislauf, oder wie ist der Albumtitel zu verstehen?

Nein, es geht vielmehr um die wiederkehrenden Kreisläufe des Lebens. Jede/r von uns ist täglich Kreisläufen ausgesetzt, die uns auf verschiedene Weise beeinflussen. Lebewesen werden geboren/schlüpfen und gehen nach dem Leben ‚zurück zur Erde’, aus der wiederum neues Leben erwachsen kann. Für uns Menschen ist es eine ganz besondere Aufgabe, zu verarbeiten, dass wir sterblich sind. Das Wissen bzw. die Angst vor dem Tod hindern uns auf der einen Seite daran, viele tolle Dinge zu erleben, auf der anderen Seite beschützt sie uns auch vor waghalsigen Risiken.

Weitere wichtige Themen sind zum Beispiel Tage/Jahre und die Jahreszeiten sowie mit diesen zusammenhängend natürlich das unterschiedliche Wetter. Die Sonne ist ein Element, das sich immer wieder auf dem Album findet.

Das Artwork wirkt ziemlich farbenfroh für Musik, die unter anderem Melancholie, Zerrissenheit und Ängste zum Ausdruck bringt – nicht zuletzt auch verglichen mit dem schwarz-weißen Cover eures ersten Albums „Heretoir“. Was ist die Idee hinter diesem neuen künstlerischen Weg?

Wir empfinden „The Circle“ als offener und positiver als das Debütalbum. Das düstere und kalte schwarz-weiße Artwork von „Heretoir“ passt sehr gut zu den depressiven Songs, die von Isolation und urbaner Tristesse handeln. Wir haben bewusst ein buntes Artwork für „The Circle“ gewählt. Obwohl deutlich weniger depressiv, ist das leitende Thema der Musik aber nach wie vor die Melancholie. Ich kann mir HERETOIR ohne tiefe Melancholie nur schwer vorstellen.

Auch wenn „The Circle“ auf musikalischer Seite farbenfroher als sein Vorgänger ist und sich viel weiter öffnet, ist es kein fröhliches Album. Wir haben ja bereits für „Heretoir“ mit Fursy Teyssier zusammengearbeitet. Er ist ein fantastischer Künstler, der eine unverkennbare eigene Handschrift hat. David hatte konkrete Vorstellungen, wie das Artwork aussehen sollte, und Fursy konnte es perfekt umsetzen. Die Sonne stellt ein wichtiges Element von „The Circle“ dar, was sich zum Beispiel auch in der Wahl der Farben widerspiegelt.

Habt ihr musikalische Vorbilder, mit denen ihr gerne mal auf Tour gehen würdet?

Also mein Musikgeschmack ist ziemlich vielfältig und viele meiner Lieblingsbands passen stilistisch nicht zu uns. Ich habe auch nicht wirklich Vorbilder, wobei es schon einige Drummer gibt, die mich sehr inspirieren. Travis Barker, Pontus Levahn (TIGER LOU) oder Daniel Liljekvist (KATATONIA) sind zum Beispiel sehr kreative Köpfe, die mich auf die ein oder andere Idee gebracht haben.

Mit TIGER LOU zu touren wäre schon ziemlich cool, weil ich sie dann jeden Abend sehen kann. Aber ich finde es eigentlich immer am wichtigsten, dass es menschlich zusammenpasst. Im Sommer touren wir mit GHOST BATH, die wir seit letztem Jahr kennen und schätzen gelernt haben. Das ist natürlich eine tolle Mischung, weil die Jungs super nett sind und deren Mucke auch sehr stark ist.

Wie geht es weiter mit HERETOIR? Nach diesem starken Album dürfte es vielen schwer fallen, wieder sechs Jahre auf eine neue Platte von euch zu warten.

Ja, da sprichst du ein heikles Thema an … Wir alle müssen unseren Jobs oder einem Studium nachgehen und die Musik ist nach wie vor ein Hobby. Daher können wir nicht so viel Zeit in die Band investieren, wie wir vielleicht gerne möchten. Ich werde kein Datum nennen, aber ich kann zumindest sagen, dass wir ganz fest vor haben, nicht wieder so lange für das Album zu brauchen. Allerdings braucht ein Album eben so lange, wie es braucht.

Als Fan warte ich lieber vier bis fünf Jahre und bekomme dann eine wirklich starke Platte, als jedes Jahr mit einem halbgaren Aufguss abgespeist zu werden. Ich habe sehr oft das Gefühl, dass sich Bands heutzutage wenig Mühe geben oder wegen Geldnöten gedrängt werden, Platten zu veröffentlichen um wieder touren zu können. Da kann ich PROPAGHANDI immer als positives Beispiel nennen. Die veröffentlichen alle paar Jahre mal eine Scheibe, die dann wirklich von vorne bis hinten der Knaller ist. Ich wünsche mir sehr, dass die nächste Platte nicht so lange auf sich warten lässt. Es gibt bereits einige Ideen, die mich dahingehend sehr positiv stimmen.

Vielen Dank, dass ihr euch Zeit für unsere Fragen genommen habt!

Sehr gern. Dir vielen Dank für das Interesse. Für alle Interessierten: Im Juni sind wir noch in Europa mit GHOST BATH auf Tour. Ein paar Dates spielen einige von uns auch noch mit KING APATHY.

Andreas

Stile: Black-, (Melodic-)Death-, Epic-, Heavy-, Power-, Thrash-Metal

Bands: Amon Amarth, Accept, Atlantean Kodex, Bolt Thrower, Power Trip, Primordial, Sulphur Aeon, Summoning