Da das euer erstes Interview für BurnYourEars ist, bitte ich euch um eine kurze Vorstellung. Wer ist dabei, wer macht was und woher kennt ihr euch?
Phili: Ich spiele Bass und singe manchmal. Fabi, der heute nicht dabei sein kann, singt und spielt Gitarre. Ich habe ihn vor 15 Jahren in einem Magdeburger Proberaumhaus kennen gelernt. Er spielte damals Schlagzeug in einer Hardcore Band und probte gegenüber von meinem damaligen Proberaum. Ich hab ihn kurze Zeit später in meine Band geholt und wir fingen dann an, gemeinsam Musik zu machen.
Chris: Ich spiele Schlagzeug und habe die Jungs im Sommer 2012 in Berlin kennengelernt. Ich komme ursprünglich aus Brüssel.
Welche Beweggründe hattet ihr dafür, euer zweites Album „s/t“ zu nennen? „Self-titled“ nennt man ja meistens das Debüt, oder wenn man als Band zurück zum Ursprungssound möchte.
Phili: Da das neue Album unser erstes mit Chris am Schlagzeug ist, war klar, dass es selbstbetitelt sein musste. "Minimal Play" habe ich damals mit Fabi im Alleingang aufgenommen. Fabi hatte Schlagzeug und Gitarre gespielt und ich Bass. Auf unserem neuen Album sind wir zu einer festen Einheit gewachsen und das hört man.
Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Rookie Records?
Phili: Man muss sagen, dass ich Jürgen von Rookie Records schon seit 2011 auf den Sack gegangen bin. Ich hatte Jürgen damals schon unser erstes Album "Minimal Play" geschickt, aber er wollte uns unbedingt erst live sehen. Generell guckt er sich die Bands erst live an und entscheidet dann, ob er sie auf sein Label holt. Leider hatte er es bis dato nie geschafft, zu kommen, aber ich bin hartnäckig geblieben.
Als wir dann im Februar 2018 in Hamburg gespielt haben, die Show war schon lange vorbei, stand er plötzlich da: "Hallo, ich bin Jürgen, bist du Fabi ..." Ich so: "Ne, ich bin Phili aber geil, dass du da bist." Jürgen war von uns begeistert und hat uns dann noch am selben Abend für einen Plattendeal zugesagt. Parallel hatten wir auch Kidnap Music angeschrieben, die wir sehr schätzen und da sich beide Parteien gut kennen, gab es dann sogar eine Co-op-Veröffentlichung von Rookie und Kidnap zusammen. Ja und was soll man sagen, wir sind mega glücklich und zufrieden mit den beiden.
Sechs Jahre sind seit „Minimal Play“ vergangen, das ist eine verhältnismäßig lange Zeit. Was ist in der Zwischenzeit passiert bei BARETTA LOVE?
Phili: Wir haben viele Konzerte gespielt, Chris war länger in Los Angeles und anschließend ein Jahr in London, um seinen Master zu beenden. Es stand bis vor kurzem noch nicht mal fest, ob er in Berlin bleiben würde, aber das hat sich jetzt geklärt. Chris bleibt in Berlin und ich bin echt froh, auch wenn die Konzerte mit David Walton (NITRO INJEKZIA) als Aushilfsdrummer super waren.
Fabi war sehr viel mit seinem Soloprojekt THE TRUTH unterwegs und hat auch ein tolles Album aufgenommen. Es heißt "Riverbank Sessions" und wurde auch bei unserem Produzenten Mischkah aufgenommen. 2014 fingen wir dann an, unser aktuelles Album aufzunehmen und ja, der Aufnahmeprozess und das Mixen haben länger gedauert als erwartet. Nicht weil wir unzufrieden waren, einfach weil wir die Studiotermine über einen sehr langen Zeitraum verteilt haben.
Wie haltet ihr es während ihr an einem Album arbeitet – eher viel andere Bands hören, um inspiriert zu sein, oder eher weniger Musik hören, um wenig Einflüsse zu haben?
Phili: Wir haben nie wirklich auf ein neues Album hingearbeitet. Der Songwriting-Prozess und auch die Musikeinflüsse sind allgegenwärtig. Ich höre wirklich viel Musik und beschäftige mich mit alten und auch neuen Bands. Diese Einflüsse passieren ganz unterbewusst.
Gab es diesen einen Moment, in dem euch klar war, dass das jetzt euer BARETTA-LOVE-Sound sein könnte?
Phili: Ich habe da lange nicht drüber nachgedacht, bis vor ein paar Jahren mal ein befreundeter Musiker (Seb, Bassist von PIEFKE!, Ex-MÖPED) sagte, dass sie jetzt einen neuen Song haben, der ein bisschen nach uns klingt. Ich konnte mir dann denken, was er meint und diesen – unseren "Sound" – haben wir jetzt mit unserem neuen Album natürlich verfeinert. Lässige Aggressivität, Dur-Moll-Wechsel und gute Melodien sind das Geheimrezept. Shit ... jetzt hab ich's verraten.
Ne, aber mal im Ernst, "Outstanding Call" war einer der ersten Songs vom neuen Album, der stilistisch weit über den Tellerrand hinaus blickte und es sich für uns, obwohl es anders klang, sehr gut anfühlte. Alle bisherigen Reviews, in denen man versucht hat, uns mit anderen Bands zu vergleichen, gingen in verschiedene Richtungen. Von den LIBERTINES über HÜSKER DÜ, THE CLASH, THE JAM bis zu dem Soulsänger HOZIER. Ich bin froh, dass wir nicht in die typische Schublade passen und einen eigenen Sound haben.
Ihr spielt zu dritt, was ist der Grund dafür, dass ihr von der typischen Rockband-Besetzung mit vier Personen abweicht?
Phili: Ganz einfach. Ich will mir die Jungs ungern mit weiteren Personen teilen.
Chris: Ich finde eine Trio-Besetzung einfach geil und einfacher, wenn es ums Touren geht.
Auf eurem Album blickt ihr musikalisch gleichermaßen nach hinten und nach vorne. Was sind eure Einflüsse und ist das eventuell auch das Geheimnis für eine richtig gute Platte?
Phili: Ich habe in meinem Plattenschrank wirklich alles von Synthwave, Soul über 80er-Klassiker bis hin zu AOR – adult fuckin' oriented rock. (lacht) Ich liebe alle diese Platten, aber meine große Leidenschaft ist Indie Rock von 1980 bis heute. Diese Mischung aus Rock, Punk und Pop hat sicherlich den größten Einfluss auf mich. Auf Fabi hatten mit Sicherheit die ROLLING STONES den größten Einfluss.
Chris: Bei mir kommen die Schlagzeugeinflüsse hauptsächlich von Derek Grant (ALKALINE TRIO, THE VANDALS), Atom Willard (AGAINST ME!) und von Brett Reed (ex-RANCID). Es sind Schlagzeuger, die ich super gerne spielen sehe und die mich sehr inspirieren.
In meiner Review sage ich, dass ihr einfach gute Songs schreibt. Aber was sind für euch die ganz eigenen Kriterien, damit es ein Song auf das BARETTA LOVE Album schafft?
Phili: Im Endeffekt muss der Song uns dreien gefallen und auch einen gewissen Vibe haben. Bei "Hope & Defiance" war das bei mir und Chris anfangs nicht so. Der Song war schon gut, aber ihn zu spielen irgendwie komisch. Aber Fabi hat an den Song geglaubt und wir haben ihn so lange geprobt, bis er auch mich und Chris abgeholt hat. Zudem bestärken wir uns auch gegenseitig. Wenn Fabi irgendein neues Riff auspackt, das mir gefällt, sage ich ihm direkt, dass das geil ist und wir das fertig machen sollten, auch wenn das in diesem Moment nicht seine Intention war.
Baretta Love – Bild © Katja Horschig
Welcher Song ist euer Sorgenkind auf „s/t“, an welchem hattet ihr am längsten zu knabbern und habt am meisten gefeilt?
Phili: Musikalisch war "Hope & Defiance" ein Nackenbrecher vorm Herrn. Da wir wie immer alles zu dritt live einspielen, waren die 5 Minuten 30, besonders mit der Steigerung am Ende, ein harter Brocken, der uns echt die Nerven und mich meine Hornhaut gekostet hat. Gesanglich hatte ich mit "Drowning" zu hadern, da wir den mehrere Male aufgenommen und immer wieder verworfen haben. Das ist halt ein schneller Song mit viel Text und vielen Gesangsmelodien. Nach dem vierten Studiotermin hatte ich echt keinen Bock mehr, bin mit dem Endergebnis aber zum Glück zufrieden.
In erster Linie wird BARETTA LOVE dazu dienen, euch glücklich und zufrieden zu machen. Was ist das nächste Ziel, das ihr mit eurer Musik und den Texten verfolgt?
Phili: Das hast du schön gesagt, denn so fühlt es sich auch an. Wir machen die Musik, die wir lieben und versuchen natürlich, neue Hörer dazu zu gewinnen. Ein wirkliches Ziel gibt es nicht, aber wenn die Konzerte, die wir spielen, größer werden, mehr Leute kommen und wir bald ein neues Album aufnehmen können, wär das schon geil.
Was steht in nächster Zeit live an?
Phili: Wir spielen im Oktober unsere Deutschland-Tour zum neuen Album und am 23. November unsere große Record Release Party im Cassiopeia, Berlin. Bis zum Jahresende gibt's noch weitere Konzerte. Alles natürlich absolute Pflichttermine, die auch auf unserer Facebook Seite stehen. Wir freuen uns riesig auf die Tour!
Gibt es eine Band, auf die ihr euch alle drei in Bezug auf Musik und Attitüde einigen könnt?
Phili: THE CLASH!
Chris: Last gang in town! Einfach nur geil. (lacht)
Nennt mir bitte die erste und die letzte Platte, die ihr gekauft habt und jeweils einen kurzen Satz dazu.
Phili: Erste selbstgekaufte Platte, "MISFITS - Walk Among Us". Als ich mit 12 Jahren anfing, zu skaten, waren für mich die MISFITS die Band der Stunde. Letzte Platte: "ROYAL HEADACHE - High". Punk, Mod und viel Soul im Oldschool Sound, für mich die Neuentdeckung des Jahres!
Chris: Mit acht Jahren habe ich die Single von der Boyband FIVE gekauft. (lacht) Ansonsten habe ich die letzte SWINGIN' UTTERS Platte "Peace and Love" vor kurzem gekauft.
Abschließende Frage, wie würdet ihr euer neues Album in einem Satz zusammenfassen?
Chris: Leidenschaftliche Mischung aus Punkrock und Indie.