Geschrieben von Freitag, 19 Oktober 2018 15:57

Der Dunkle Parabelritter im Interview: "YouTube kann auch jederzeit vorbei sein"

Umstritten – so könnte man den Dunklen Parabelritter bezeichnen. Denn am Wirken des 24-Jährigen, der eigentlich Alexander Prinz heißt, scheiden sich regelmäßig die Geister der deutschen Metalcommunity. Seit mittlerweile sechs Jahren produziert der Lehramtsstudent auf YouTube-Videos zu allem, was mit dem Themenfeld Heavy Metal zu tun hat und kann sich mittlerweile auf eine große Zuschauerschaft verlassen. Grund genug also, sich mal mit ihm über die Zukunft, über Fairtrade Metalshirts und die Formel zum Erfolg als YouTuber zu unterhalten.

Moin Alex, du hast ja inzwischen innerhalb der Metalszene einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht. Kannst du dich eigentlich noch frei auf einem Festival bewegen oder kommen dann selfiewütige Fans aus allen Ecken?

Das klingt jetzt blöd, ist aber tatsächlich so. Das führt dann auch dazu, dass ich mich auf Festivals wie dem Summer Breeze oder dem Wacken immer mal wieder zurückziehen muss, weil es mir irgendwann zu viel wird. Ich hätte nicht gedacht, dass es sich mal dahin entwickelt, aber ich will mich nicht beklagen.

Du wurdest 2014 mal gefragt, wie man sich als YouTuber mit 3.500 Abonnenten fühlt. Seitdem hat sich bei dir einiges getan, und auch deine Abozahlen sind auf 150.000 angestiegen. Von daher mal die Follow-up-Frage: Wie fühlt man sich mit so viel Reichweite?

Krass, waren das damals wirklich 3.500? Das überrascht mich tatsächlich ein wenig. Im Endeffekt reflektiert man gar nicht wirklich, wo man steht. Ich glaube, wenn man es von außen betrachtet, dann wirkt das viel mehr und viel größer und viel beeindruckender. Ich sehe es ja sozusagen nur von innen, und da hat sich vom Feeling nicht viel verändert.

Ich hab in der Zeit viele Leute kennengelernt, viel erlebt und habe viele coole Events besucht und begleitet. Ich bin auf jeden Fall sehr dankbar dafür, was in den letzten vier Jahren passiert ist. Da hat sich viel von meiner Zukunftsperspektive verändert. Ich habe für mich rausgefunden, dass es für mich eben nicht reicht, mein Studium zu machen, den Beamtenweg zu gehen und da für den Rest meines Lebens festzuhängen.

Ich fühle mich durch diese YouTube-Geschichte und die Reichweite besser gewappnet im Leben. Aber bei YouTube orientiert man sich immer an den Großen im Geschäft. Und wenn ich dann einen Julien Bam mit fünf Millionen Abonnenten sehe, dann bin ich immer noch ein kleines Licht und dementsprechend auch bescheiden und genügsam. (lacht)

Welche Gründe siehst du für das sprunghafte Wachstum deines Kanals?

Das ist weniger sprunghaft und eher ein konstantes Auf und Ab. Da gibt‘s Monate wo es richtig gut läuft und Monate, wo es nicht so gut läuft. Den Hauptgrund für das Wachstum sehe ich aber in kontinuierlicher, harter Arbeit. (lacht) Es ist wirklich nicht so, dass ich mich hinsetze und die Videoproduktion dann einfach funktioniert. Ich wünschte, es wäre so, das würde mir viele schlaflose Nächte ersparen.

Aber es ist wirklich dieses "Dahinter-Sein", immer wieder nach Dingen zu suchen, die meine Zuschauer interessieren. Das ist im Endeffekt das wirklich Schwierige, etwas zu finden, was für den Großteil meiner Zuschauer interessant ist. Und mittlerweile sind da viele in ihren Interessen sehr unterschiedlich. Manche mögen es, wenn ich frei von der Leber weg über irgendwas berichte, andere mögen meine Festivalreportagen und wieder andere mögen das gar nicht und wollen nur Bandempfehlungen haben. Und irgendwie möchte man ja allen auch was Gutes tun. Im Endeffekt ist das immer ein Ringen um den richtigen Mittelweg.

Unter anderem findet man auch politischen Content bei dir, wie deine Analyse über die Ausschreitungen in Chemnitz. Wird es sowas in Zukunft öfter geben oder war das ein Einzelwerk, das sozusagen aus der Sicht des Ostdeutschen entstanden ist?

Also was Politik angeht, habe ich in der Vergangenheit schon kleine Exkurse gewagt, zum Beispiel zum Thema Rechtsradikalismus im Metal. Wenn es mich tangiert, spreche ich darüber, allerdings möchte ich das nicht als vordergründiges Thema verwenden. Ich möchte mich da ungern aus dem Fenster lehnen.

Bei Chemnitz war es einfach so, dass ich mich fit gefühlt habe, was die Umstände da anging und dass es mal notgetan hat, als ostdeutscher YouTuber zu dem Thema auch was zu sagen. Von daher hat es gut gepasst. Vielleicht war das auch ein Fehler, aber das ist halt immer die Herausforderung – den Weg zu finden, den die Zuschauer dann immer auch mitgehen möchten und wo sie das Eigeninteresse sehen.

Welche anderen Faktoren beeinflussen die Themenwahl bei einem Video? Gibt es da viele Dinge, die dich persönlich interessieren, oder orientierst du dich auch an Trends?

Im Endeffekt ist das eine Mischung aus ganz vielen Faktoren. Ich habe so ein paar Feedreader, wo ich mich mit allen Metal-Medien informiere, die bei uns oder in den Staaten relevant sind. In den letzten Monaten kommt es mir so vor, als ob da nicht so viele interessante Themen laufen. Deswegen fällt es mir ein bisschen schwerer, im Metalbereich gute Themen zu entdecken.

Ich orientiere mich auch an Trends, aber nur, wenn ich das entsprechende Thema auch wirklich reflektieren will. Ich bin ja nun auch eine Person, die viele Medien konsumiert und wenn ich ein starkes Gefühl zu irgendeinem Thema habe, dann kann da auch mal ein Trendvideo daraus werden. Da gehen dann die Musik, der Trendfaktor und das Eigeninteresse Hand in Hand und das ist eigentlich optimal. Die Reaktion der Zuschauer ist dann ja auch immer recht positiv.

Was die Mainstream-Themen angeht, mache ich mir mehr Gedanken, als meine Zuschauer, glaube ich. Da hat man dann immer ein bisschen moralische Bedenken, wenn man ein Video macht, das rein gar nichts mit Metal zu tun hat.

Bleiben wir mal beim Metal. Du hast ja vor zwei Jahren das Silence Musik Magazin gegründet. Was war der Grund dafür? Brauchtest du Verstärkung, weil du dir zu viel vorgenommen hattest und zu viele verschiedene Festivals abgedeckt hast oder war das schon lang geplant?

Ich hatte mehrere Gründe, die da so ein bisschen zusammengespielt haben. Auf der einen Seite wollte ich einfach mal was in die Richtung machen. Ich habe mir die Frage gestellt: "Kann man das denn auch hinbekommen, wofür sich die anderen Magazine für so besonders halten? Kann man so ein Format herausbringen in einem moderneren Stil?“

Das war meine Motivation und auf der anderen Seite war ich alleine gar nicht in der Lage, alles abzubilden, was ich gerne abbilden wollte. Mein Tag ist irgendwann auch mal rum und ich kann auf YouTube auch nicht so viele Themen behandeln, wie ich möchte. Im Endeffekt geht es auch darum, dass das Themenfeld zu groß ist, um es alleine zu bearbeiten. Außerdem gibt es viele Konsumenten, die nicht so videoaffin sind, sondern doch eher das geschriebene Wort mögen.

Neben deinen anderen Projekten bist du letztes Jahr unter die Unternehmer gegangen und hast das Label Von Tiling gegründet. Wie ist das zustande gekommen?

Das hängt alles mit dem Partner zusammen, mit dem ich das betreibe. Wir haben uns mal in studentischen Kreisen kennengelernt und er hat die Internetpräsenz von Silence aufgebaut. Und im Zuge von der Gründung haben wir dann gemerkt, dass das zwischen uns passt und dass man da noch viel mehr machen könnte.

Beide von uns sind riesige T-Shirt-Fans und wir haben dann überlegt, wie man sich mit dem Thema austoben könnte. Wir sind beide auch sehr an Nachhaltigkeit interessiert. Bei mir kommt das allein schon daher, dass ich das die letzten fünf Jahre im Geologiestudium gelernt habe. Und so sind wir schließlich auf die Idee gekommen, Fairtrade Metalshirts herzustellen.

Das haben wir dann ein Jahr lang vorbereitet und haben die entsprechenden Künstler gesucht, Motive in Auftrag gegeben, haben uns in langen Testphasen auf unsere Produkte festgelegt und sind dann 2017 an den Start gegangen. Und das Ganze macht immer mehr Spaß. Es ist einfach so ein Ding, was uns beiden von Anfang an Freude bereitet hat.

Kommen wir nochmal zu YouTube zurück. Von verschiedenen Kanälen hört man ja immer mal wieder Kritik wegen des undurchsichtigen Algorithmuses, der letztendlich bestimmt, welche Inhalte erfolgreich sind und welche nicht. Was muss man denn machen, damit ein Video richtig trendet?

Manchmal ist das einfach Glück. Dann kriegt das Video viele Views, weil irgendwas passiert ist, aber nachvollziehen, wie das zustande gekommen ist, kann man nicht. Das passiert öfter mal. Alles, was über 100.000 Aufrufe erreicht, ist Glück oder eine gezielte Platzierung.

Es gibt so ein paar Eckpunkte, mit denen man arbeiten kann, aber die werden immer unzuverlässiger. Wenn man sich jetzt mal ein bisschen im YouTube-Kosmos auskennt, dann sieht man auch, dass die View-Zahlen der richtig großen YouTuber mittlerweile entweder stark eingebrochen sind oder wahnsinnig schwanken, weil der Algorithmus nicht mehr wirklich berechenbar ist. Was auf jeden Fall helfen kann, ist, sich an populäre Themen dranzuhängen und dann von dem Schwung zu profitieren.

Trotz der Kritik kommen immer wieder neue YouTube-Creator dazu. Was muss ich mitbringen, um in der oberen YouTube-Liga mitzuspielen?

Ich weiß nicht, ob das noch möglich ist. Die Durchlässigkeit von ganz unten bis ganz oben ist da ähnlich wie in unserer Gesellschaft. Mit einer sehr guten Idee, sehr viel Arbeit, Glück, super Networking-Fähigkeiten und einer Portion Sturheit kann man es eventuell nach oben schaffen, aber wenn ein Faktor davon fehlt, wird‘s kritisch.

Und wo siehst du deine Zukunft? Eher als Lehrer, als YouTuber oder als Unternehmer?

YouTube und Social Media wird da sicherlich ein Faktor bleiben. Außerdem bin ich ja schon die letzten zwei Jahre als Speaker auf Kongressen und Tagungen unterwegs gewesen und habe zu den Themen Social-Media-Marketing, strategisches Marketing und E-Learning gesprochen. Das möchte ich gerne in den nächsten Jahren auch in die Richtung einer Beratung weiter ausbauen.

Es hat sich nämlich gezeigt, dass die Musikindustrie wahnsinnige Probleme damit hat, moderne Marketingstrategien zu entwickeln. Ich erlebe das am eigenen Leib, wofür Gelder rausgeworfen werden, die ineffektiv versanden. Weil ich mich die letzten Jahre intensiv mit Musik, Social Media und dem Drumherum auseinandergesetzt habe, habe ich ein bisschen Erfahrung angesammelt. Ich denke, das könnte durchaus ganz interessant sein. Aber ich bin auch nicht so blauäugig zu sagen, dass YouTube nicht auch jederzeit vorbei sein kann.

Ist das eine konkrete Angst?

Diese ständige Veränderung des YouTube-Algorithmus macht die Plattform jetzt schon seit zwei Jahren ziemlich unberechenbar. Das macht natürlich für viele Creator das Arbeiten und das langfristige Leben damit sehr schwer. Es kann jederzeit mal eine Änderung kommen, die deinen Channel zerstört. Dessen muss man sich mittlerweile einfach bewusst sein und möglichst schnell nach Zukunftsperspektiven suchen. Ich habe da schon Channels mit Millionen von Abonnenten erlebt, die im Laufe des letzten Jahres deswegen völlig untergegangen sind.

Tim