Hi Anton, wie geht‘s dir?
Gut, danke!
Ihr seid ja gerade auf eurer ersten Headlinertour. Wie läuft es bis jetzt?
Großartig. Wir haben nicht erwartet, dass sie so erfolgreich wird.
Ich habe gehört, whasp Euer Sänger Yannis hat sich die Grippe eingefangen.
Ja, er ist eigentlich seit den Shows in Finnland krank. Mir geht es genauso schlecht. Seit acht Tagen die Grippe, seit heute auch etwas fiebrig, aber so ist das auf Tour. Ich war noch nie auf einer Tour, bei der das gesamte Team gesund geblieben ist. Irgendjemand wird immer krank und dann macht es die Runde.
BEAST IN BLACK hat sich 2015 gegründet, ihr habt 2017 euer erstes Album herausgebracht und dann folgten all die großen Tourneen mit W.A.S.P., RHAPSODY und NIGHTWISH. Jetzt schon das zweite Album und eine Headlinertour. Fühlt sich das nicht irgendwie unwirklich an?
Nein ... Ich meine, klar haben wir jetzt das zweite Album draußen und eine erste Headlinertour, aber ich versuche das aus einer persönlichen Perspektive zu betrachten. Für mich ist es schon das fünfte Album meiner Karriere. Daher fühlt es sich nicht so an, als wäre das alles sehr schnell gegangen. Seitdem ich ein Teenager war, habe ich davon geträumt, eine eigene Band zu haben und auf Tour zu gehen. Und jetzt ist es Realität, mit 31. Es fühlt sich also mehr so an, als würde sich die harte Arbeit endlich auszahlen.
Aber nichtsdestotrotz, wir haben nicht erwartet, dass es so laufen würde. Und wir müssen einfach schauen, was daraus wird. Jahr für Jahr, du weißt nie, was passieren wird. Es wird davon abhängig sein, wie schnell wir das dritte und das vierte Album fertig bekommen, wie wir unsere Live-Shows gestalten. Es gibt viele Variablen. Auch was für ein Team wir hinter uns haben.
Ist es für euch als Band eigentlich eine große Umstellung, eine Headlinertour zu planen? Im Vergleich zu den vorherigen Supporttouren.
Bis zu einem gewissen Maße, ja. Einfach, weil du eine längere Setlist hast, die wir vom Intro bis zum Outro gut durchplanen wollen.
Ihr spielt mit 19 bzw. 18 Songs ja auch ein sehr langes Set. "Zodd The Immortal“ habt ihr allerdings nach wenigen Shows aus dem Set gekickt.
Genau, aufgrund Yannis' Krankheit.
Kommen wir zu eurem neuen Album. "From Hell With Love“ ist gerade einmal 1½ Jahre nach "Berserker“ auf den Markt gekommen. Wo hast du während all diesen Tourneen überhaupt die Zeit gefunden, diese Songs zu schreiben?
Das Songwriting ist tatsächlich nicht die Sache, die Zeit braucht. Für mich persönlich ist eigentlich das Schreiben der Texte ein Zeitfresser. Das Problem dabei ist, dass ich fast immer die Melodie zuerst schreibe und es gibt nur eine bestimmte Anzahl an Silben, die du dann benutzen kannst. Manchmal willst du also etwas Bestimmtes sagen, aber es passt nicht in die Melodie. Und dann versuchst du Worte zu ändern und irgendwie das Gleiche mit anderen Worten zu sagen. Die richtigen Worte zu finden, braucht Zeit.
Ich lege zu dem viel Wert auf die richtige Betonung. Wo muss ich welches Wort wie betonen? Auf Englisch versuchst du immer irgendwie … einheimisch zu klingen. In der finnischen Sprache ist das anders, die Betonung liegt immer auf dem ersten Vokal. Englische und finnische Texte erfordern also jeweils eine andere Herangehensweise. Es hilft dir dementsprechend auch nicht bei den Texten, wenn du die Anzahl an Silben hast, aber die Worte von der Betonung her nicht passen. Da bin ich Perfektionist. Ich weigere mich dann auch, die Melodie nochmal zu ändern.
Hast du dir dann auch schon mal überlegt, einen Song auf Finnisch zu schreiben?
Ich hab schon ein bisschen was über die Jahre geschrieben. Ein paar Texte, einen Haufen Songs. Das wurde bloß nie aufgenommen und veröffentlicht. Für das zweite Album waren die meisten Songs auch schon fertig, als wir begonnen haben, daran zu arbeiten. Nicht komplett, aber zu einem gewissen Maße. „True Believer“ zum Beispiel wurde 2015 geschrieben und es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit „Crazy, Mad, Insane“, welcher der Songs auf dem ersten Album landet.
Viele eurer Texte drehen sich um den Manga und Anime "Berserk“ oder, wie "Cry Out For A Hero“, "Fist Of The Northstar“. Woher kommt dein Enthusiasmus dafür?
Ich habe schon in meiner Kindheit ein paar Animes geschaut, damals war das aber nicht so ernst. Als Kind habe ich eigentlich alles mögliche an Cartoons geschaut – genau wie jetzt. Ich liebe diese alten Cartoons aus den 80ern und 90ern.
Aber 2006 hat ein alter Kindheitsfreund mir von "Berserk“ erzählt. Und gleich nach der ersten Episode war ich sehr interessiert und habe dann einfach alle Episoden quasi in einem Durchgang angeschaut. In der letzten Episode gab es diesen unglaublichen Cliffhanger und ich wollte wissen, wie es weiter geht. Aber es gab nur diese 25 Episoden, also hab ich den Manga gelesen. So ging es los.
2008 habe ich dann "Fist Of The Northstar“ entdeckt. Ich bin an einem Second-Hand-Shop in Helsinki vorbei gelaufen und die hatten alte Cartoon-Kasetten für 50 Cent das Stück. Ich hab’ alle gekauft. (lacht) Und darunter war auch "Fist Of The Northstar“. Den ersten Song darüber habe ich dann 2010 geschrieben, aber nicht „Cry Out For A Hero“, der ist neuer. Aber der erste, der es auf ein Album geschafft hat.
Manga und Anime haben in Deutschland nicht zwingend den besten Ruf und es gibt generell sehr wenige Leute in der Metal-Szene, die sich damit befassen. Wie ist das in Finnland?
Ich glaube, es gab einmal eine Periode, da war es sehr populär in Finnland. Jetzt aber nicht mehr, das war vor zehn Jahren. Damals gab es sogar ein Manga-Cafe in Helsinki, aber ich glaube nicht, dass es noch existiert. Aber diese ganze Kultur ist in Finnland durchaus bekannt. Ich glaube, alle Leute in meinem Alter sind mit "Silver Fang“ aufgewachsen, wo kleine Hunde in einem Wald leben.
Zurück zu "From Hell With Love“: Für mich klingt das Album wie die natürliche Fortsetzung von "Berserker“ samt einigen frischen Elementen. Wie bist du oder wie seid ihr an das Songwriting herangegangen?
Es war ein sehr natürlicher Prozess, ich hab’ da nicht viel kalkuliert. Wie gesagt, es waren ja auch viele Songs, die ich schon geschrieben hatte. Es war also mehr ein Auswahlprozess und nicht so, dass ich mich hingesetzt und beschlossen hätte, das zweite Album zu schreiben. Es ist immer ein Auswahlprozess, seit dem ersten BATTLE-BEAST-Album. Und auch bei BEAST IN BLACK gehe ich jedes Album genau so an.
Der einzige Unterschied bei der Produktion dieses Albums war, dass mir zum ersten Mal ein Freund mit den Lyrics geholfen hat. Der Grund dafür ist, dass ich Alben schneller produzieren, insgesamt produktiver sein will. Und er ist außerdem ebenfalls ein Fan der "Berserk“- und "Fist Of The Northstar“-Mangas, dementsprechend war es sehr gut, mit ihm zusammen daran zu arbeiten. Der Rest der Band steht nicht so auf Anime oder Manga, da bin ich der Einzige … im Moment. (lacht)
Als ich das Album zum ersten Mal gehört habe, ist mir besonders der Refrain von "Heart Of Steel“ aufgefallen, welcher mich stark an SABATONs "The Last Stand“ erinnert hat. Zufall oder Absicht?
Das ist total lustig, weil ich habe auch schon unglaublich viele Kommentare zu dem Thema gesehen. Und was noch lustiger ist, ist, dass ja viele der Songs schon vor Jahren geschrieben wurden und dieser Refrain war geschrieben, bevor "The Last Stand“ überhaupt veröffentlicht worden war.
Aber es gibt einen Grund, warum die Songs sich so ähnlich sind. Es liegt an der Melodie, weil es einfach nicht normal ist, eine, na ja, "galoppierende“ Gesangslinie zu schreiben. Zahllose Songs haben diesen Rhythmus mit Gitarren oder Drums, aber wenn du diesen "Galopp“ mit den Vocals machst, gibt es nur noch wenige. SABATON machen das, ein paar andere auch, aber alles im gleichen Genre.
Das Gleiche ist schon mal 2013 passiert, als das zweite BATTLE-BEAST-Album erschienen ist. Da war der Song "Out Of Control“ drauf und ich wurde in Interviews gefragt, ob der Song von SABATON beeinflusst sei. Und ich wusste nicht mal, von was die reden, ich hatte damals noch keinen einzigen SABATON-Song gehört. Ich kannte den Namen, aber gehört hatte ich nichts. Und da hab’ ich langsam verstanden, wie Menschen diese Verbindung herstellen.
Lass nochmal ein bisschen allgemeiner werden. Was wollt ihr mit eurer Musik erreichen?
Was Live-Shows anbelangt, wollen wir als Band eigentlich erreichen, dass unsere Fans die Gigs mit einem fetten Lächeln im Gesicht genießen können. Das wollen wir mit jeder Show erreichen. Und größere Shows spielen, natürlich. Aber als Songwriter würde ich gerne auch weiterhin so viel wie möglich schreiben.
Mein Lieblingskomponist ist James Horner, der hat in seiner Karriere über 100 Soundtracks geschrieben. Er hat in den 70ern begonnen und nie auch nur ein Jahr frei genommen. Und es war 91 oder 92, glaube ich, da hat er allein elf Soundtracks und 100 Songs geschrieben. In einem Jahr! Ich liebe diese Herangehensweise, wenn jemand sehr produktiv ist, solange man die Leidenschaft dafür hat. Und das ist grundlegend das, was ich tun will. Musik ist etwas, das unendliche Welten kreiert. Es ist eine Spielwiese und ich genieße es, einfach dort zu sein und mehr und mehr zu schreiben.
Heavy Metal ist nur ein Genre, aber für mich ist es das reichhaltigste. Es ist das einzige Genre, welches so … extrem ist. Du kannst so leise und langsam, aber auch so schnell und laut wie nur möglich sein. Wie von einem Flüstern zu einem ohrenbetäubenden Schrei. Und Metalfans akzeptieren das normalerweise. Insbesondere heutzutage, weil es so viele Subgenres gibt. Die Leute sind gewöhnt, nicht-traditionelle Instrumente, Stimmen, etc. zu hören. Und ich glaube, das ist der Grund, warum ich mich – vielleicht auch unterbewusst – für Heavy Metal entschieden habe. Es bietet dir künstlerisch einfach die größte Freiheit.
Nimm zum Beispiel "Crazy, Mad, Insane“ vom Debütalbum, das ist pure Italodisco. Aber ich habe einige Metalelemente hinzugefügt – die verzerrten Gitarren, der Gesangsstil. Yannis ist fantastisch darin, in verschiedenen Stilen zu performen. Selbst in dem Song gibt es am Ende dieses typisch metallische Solo mit viel Shredding und die hohen Schreie. Bei normalen Italodisco-Songs hast du das nicht. Und so kann man durch kleine Veränderungen zwei verschiedene Welten kombinieren.
Wir haben ja schon über euren immensen Erfolg in den letzten Jahren geredet und ihr habt ja momentan tatsächlich eine stetig wachsende Fangemeinde. Wenn ich mir allerdings Online-Kommentare anschaue oder mit anderen Leuten auf Konzerten rede, entsteht zumindest bei mir der Eindruck, dass es immer mehr Leute gibt, die euch hassen, gerade weil ihr solch einen rasanten Aufstieg hinter euch habt und gleich bei Nuclear Blast unter Vertrag genommen wurdet. Erreicht oder verletzt dich das irgendwie?
Nein, ich denke, es ist vielmehr eine gute Sache, wenn Leute auch nur ein paar Sekunden darauf verschwenden, über uns zu reden und einen Kommentar zu verlieren. Das zeigt uns, dass wir etwas richtig machen. Solange Leute darauf reagieren, ist es ein gutes Zeichen. Aber das Beste wäre es natürlich, wenn sie es genießen würden. Und wenn du Kunst veröffentlichst, dann musst du auch bereit für dieses Spiel sein. So läuft es halt. Du kannst nicht von jedem geliebt oder gehasst werden. Du hast immer beides.
Letztes Jahr bei eurer Supportshow für NIGHTWISH gab es nicht wenige Leute im Publikum, die davon überzeugt waren, dass zumindest Yannis Stimme Playback gewesen wäre. Was mich persönlich überrascht hat, weil ich nicht das Gefühl hatte, dass die Behauptung auf Tatsachen basiert, sondern auf einer gewissen Voreingenommenheit.
Puh, ich meine, heute ist es ziemlich normal, Backing Tracks zu benutzen. Wir haben davon ziemlich viele. Zum Beispiel kommt das gesamte Keyboard vom Band und wir haben auch zusätzliche Vocals. Weil, in der Studioversion haben wir für viele Refrains oder Shouts 40 bis 60 Stimmen. Und diese Schicht fügen wir hinzu. Wir singen alles live, aber wir versuchen, auch die richtigen Stellen so überwältigend wie möglich klingen zu lassen.
Und wenn du diese Backing Tracks abschaltest, hast du nur noch Yannis, Mate und mich. Und drei Jungs können nicht wie 60 klingen. Egal, wie gut sie singen können. Natürlich gibt es Menschen, die das nicht kümmert und die auch mit drei Stimmen zufrieden wären und das ist auch schön für sie. Aber wir wollen so klingen, wie wir auch auf dem Album klingen.
Und Menschen finden immer irgendwas, worüber sie sich beschweren können, wenn sie etwas nicht mögen. Ich nehme es eher als Kompliment, wenn Leute denken, dass wir komplett Playback spielen. Weil wir jede Menge Fehler hören, wenn wir live spielen. Das hören sicher auch die Zuschauer, aber wenn es einige nicht hören … ist das wohl etwas Gutes. (lacht)
Letzte Frage: Schon irgendwelche Pläne für das restliche oder das nächste Jahr?
Es ist ziemlich simpel, eigentlich wollen wir einfach so viele Gigs spielen, wie möglich. Neue Länder besuchen und zwischen den Gigs am nächsten Album arbeiten. Die Songs auswählen, über die Thematiken nachdenken und generell sich Gedanken über die Produktion des nächsten Albums, Tourpläne und das Stage-Set-Up machen. Wir denken schon an die nächsten ein, zwei, drei Jahre.
Ich fände es toll, einfach nur an den nächsten Alben zu arbeiten. Wenn eins fertig ist, würde ich einfach gerne ein paar Wochen frei nehmen und dann schon mit dem nächsten anfangen, wenn es keine Tourneen gäbe. Aber so läuft es halt, du musst touren. Jedenfalls wenn du damit deinen Lebensunterhalt verdienst. So ist es nämlich und du machst das Beste daraus. Und zum Glück haben wir ein tolles Team, das es uns ermöglicht, das auch zu genießen.
Du kannst das nur machen, wenn die Chemie in der Band und mit der Crew stimmt. Sonst wird es zu schwierig, dann willst du nur noch heim. Diese Tage gibt es immer, aber solange du die Unterstützung deiner "Brüder“ hast, um es mal so auszudrücken, geht das schon.