Geschrieben von Donnerstag, 04 April 2019 20:16

Ketzer im Interview - Schneller, härter und stark am Glas

Die Rheinländer KETZER veröffentlichen am 12.04. mit "Cloud Collider" ihr viertes Studioalbum, das im Gegensatz zum vorangegangenen Werk "Starless" (2016) wieder deutlich metallischer und härter ausgefallen ist. Im Interview plauderte Drummer Desecratör (Sören Schilling) mit uns über die neue Platte, den Reiz physischer Tonträger und seine klare Kante gegenüber unberechtigter Kritik.

Auch wenn es abgedroschen klingen mag – "Cloud Collider" klingt für mich nach "back to the roots". Der Metal-Anteil und Härtegrad wurde verglichen mit "Starless" wieder deutlich nach oben geschraubt. Erzähl uns doch mal ein bisschen zu dieser erneuten Änderung eurer Marschroute auf dem neuen Album.

Ich gebe dir dahingehend Recht, dass wir in Sachen Geschwindigkeit und Härte wieder eine ordentliche Schippe zugelegt haben. Nachdem wir auf "Starless" weitaus mehr experimentiert haben, hatten wir einfach Bock darauf, wieder etwas "typischere" Metal-Elemente einfließen zu lassen. Als "back to the roots" würde ich "Cloud Collider" dennoch nicht bezeichnen. Vielmehr verbinden wir Altes und Neueres zu etwas ganz Neuem. Aus jeder Periode unseres Schaffens lassen sich Elemente auf der Platte wiederfinden. Aber es gibt auch Dinge, die wir so vorher noch auf keinem Album gemacht haben. Der Titeltrack ist dafür ein gutes Beispiel.

Euer Vorgängeralbum "Starless" unternahm einige Ausflüge in Prog-, Post-Punk- und Rock-Gefilde – und erhielt dafür eher gemischte Kritiken. Inwiefern hat dieses (teils auch negative) Feedback die Arbeit an eurem neuen Werk beeinflusst?

Ich denke, dass Kritik an den meisten Menschen nur selten völlig spurlos vorbeigeht – sei sie positiv oder negativ. Wenn ich von anderen Bands höre, dass ihnen die Meinung Außenstehender komplett egal ist, halte ich das für Gelaber. So wird doch jeder Musiker immer auch von anderen Musikern beeinflusst. Es gab also bestimmt Feedback von Menschen, auf deren Meinung wir großen Wert legen, das einen gewissen Einfluss auf die Arbeit an unserem neuen Album hatte.

Völlig anders sieht es bei unsachlichen Kritiken von völlig Fremden aus, die in irgendwelchen Internetforen ihren Sermon absondern. Darauf scheißen wir! Das hat absolut keine Relevanz für uns und sich so etwas zu Herzen zu nehmen, macht für mich ähnlich viel Sinn, wie Mario Barth lustig oder die Kommentare auf der AFD-Facebook-Seite geistreich zu finden. 

Einer der beiden vorab veröffentlichten Songs "The Wind Brings Them Horses" klingt für mich inhaltlich nach Auflehnung und Widerstand gegen Gewalt und veraltete, nicht mehr zeitgemäße Systeme und Ungerechtigkeit. Erzählt ihr mit den neuen Stücken einzelne Geschichten oder besteht ein inhaltlicher Zusammenhang?

Leider bin ich, was die Texte angeht, nicht der kompetenteste Ansprechpartner. Unser Bassist David schreibt alle Texte und wäre dafür besser geeignet. Ich kann aber sagen, dass die meisten Texte nicht direkt zusammenhängen, sondern einzelne Geschichten erzählen.

Im Fall von "The Wind Brings Them Horses" hängt der Text allerdings mit dem von "(The Taste of) Rust and Bone" zusammen. Grob gesagt geht es bei "Horses" darum, welchen Einfluss unsere Vergangenheit auf unsere Gegenwart hat. "Rust and Bone" beschäftigt sich dagegen mit dem Einfluss des Zufalls auf unser Leben. Irgendwie ist ja alles miteinander verbunden.

 

Als Nostalgiker und "Immer-noch-CD-Sammler" freue ich mich besonders über das künstlerische Cover-Artwork von "Cloud Collider" sowie die liebevoll gestalteten Illustrationen und Texte im Booklet. Aber ist dieser Aufwand in Zeiten, in denen Platten zu einem Großteil nur noch digital erworben werden, nicht vergebene Liebesmüh, weil sich viele Konsumenten mit der "Verpackung" und den Lyrics von Musik kaum noch befassen?

In der Rock- und Metalszene ist das ja zum Glück noch etwas anders, zumindest ist das meine Wahrnehmung. Für uns stand es nie zu Debatte, nicht genau so viel Ehrgeiz in Cover, Texte und Booklet zu stecken, wie in die Musik. Für mich geht das eine mit dem anderen Hand in Hand. Ich finde es immer sehr enttäuschend, wenn ich eine Platte kaufe, auf der die Musik zwar gut, der Rest aber merklich lieblos gestaltet wurde. Das schmälert für mich im schlimmsten Fall sogar den Hörgenuss. 

Kauft ihr selbst noch LPs oder CDs?

Ja. Wir sind alle mit einer gewissen Sammelleidenschaft für Tonträger groß geworden. Die ständig steigenden Vinylpreise machen es zwar nicht unbedingt einfacher, aber das Bedürfnis, sich möglichst viele Klassiker und gute Neuerscheinungen in den Schrank zu stellen, hat nur bedingt nachgelassen. 

Am Erscheinungstag der neuen Platte geht ihr mit den Dänen SLAEGT auf Tour – für mich einer der spannendsten und hoffnungsvollsten Nachwuchs-Acts im extremen Metal. Was beeindruckt euch an den Jungs?

SLAEGT verstehen es einfach, mit ihrer Musik eine düstere Atmosphäre zu kreieren, die einen in ihren Bann zieht und so schnell nicht mehr loslässt. Dabei sind sie unglaublich vielseitig und es gibt in ihrer Musik immer wieder Neues zu entdecken. Dass sie zudem alle verdammt gut an ihren Instrumenten sind, muss ich nicht erwähnen. 

Und was können SLAEGT von euch lernen? Ihr seid immerhin schon ein paar Jährchen im Geschäft.

Ich denke, wir sind alle ganz gut am Glas.

Habt ihr schon Pläne mit eurer Band, die über die kommende Tour hinausgehen?

Nichts Konkretes hinsichtlich einer weiteren Tour oder des nächsten Albums. Es stehen aber in nächster Zeit Veröffentlichungen an, zu denen ich an dieser Stelle noch nicht mehr sagen kann. Generell versuchen wir, wieder möglichst viel live zu spielen. Dadurch, dass wir alle in Vollzeit arbeiten und ich letztes Jahr Vater geworden bin, ist es nicht immer einfach, aber wir investieren soviel Zeit wie möglich in die Band.

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