Hi Nikolas! MOB RULES feiert dieses Jahr sein 25jähriges Bestehen – du bist allerdings erst seit 2008 dabei. Juckt dich das Jubiläum überhaupt?
Ob mich das juckt? Ne. (lacht) Ich arbeite ja selbst im Musikgeschäft und es ist natürlich toll zu sehen, dass es heutzutage immer noch Bands gibt, die so lange überleben und Jubiläen feiern können. Da gibt es jetzt ja auch ein paar in Deutschland, die mir untergekommen sind – u.a. RAGE oder AXEL RUDI PELL. Das ist nicht vielen vergönnt und schon eine tolle Leistung.
Obwohl das natürlich auch den bitteren Beigeschmack hat, als altes Eisen abgestempelt zu werden. Aber da kommt natürlich ins Spiel, dass nur noch Klaus (Dirks; Sänger von MOB RULES) als Gründungsmitglied übrig geblieben ist, während ich auch jetzt schon fast elf Jahre in der Band bin. Und ich hab so viel mit der Band erlebt und getan, wie die meisten der alten Mitglieder zusammen – wenn man das so sagen kann.
Das war damals eine völlig andere Band. Aber ich bin jetzt schon so lange dabei und Sven, unser Lead-Gitarrist, jetzt auch schon 15 Jahre … Wir wachsen halt. Es fühlt sich halt wie die eigene Band an, weil man auch so agiert. Wir haben so viele Alben herausgebracht, das waren vermutlich sogar mehr als vorher.
Letztes Jahr ist ja auch das aktuelle Album "Beast Reborn“ erschienen. Wie bewertest du das Album jetzt im Rückblick?
Ich finde, es ist ein grandioses Album. Wir haben das in sehr, sehr kurzer Zeit gemacht. Man darf halt nicht vergessen, dass wir alle nebenher auch noch arbeiten. Und man muss Alben auch sehr früh abliefern, bevor sie überhaupt gepresst werden und im Laden stehen können. Das war eine tolle Erfahrungen und zeitweilig natürlich auch stressig, aber wir haben sehr kreativ und fokussiert zusammen gearbeitet. So richtig aus dem Bauch heraus, nach dem Gefühl. Wir haben einen roten Faden verfolgt, worauf wir alle Bock hatten, und das ist uns geglückt. Wir sind bzw. ich bin sehr zufrieden damit.
Mir hat die Platte tatsächlich auch gefallen und das, obwohl mir Power Metal sehr oft einfach zu kitschig ist.
Um da mal kurz reinzugrätschen: Mir geht das genauso! Und ich glaube, den anderen Jungs geht das auch so. Wenn man Power Metal hört, verzieht man immer gleich das Gesicht. Wir waren gerade in England und dort hat der Power Metal ja irgendwie auch eine andere Konnotation. Der deutsche Power Metal und der englische Power Metal – was auch immer man darunter versteht – sind halt unterschiedlich.
Und generell sind da Schubladen auch immer ein bisschen hinderlich. Aber Menschen brauchen sie und wir bezeichnen uns auch … puh, ich würde jetzt Melodischer Heavy Metal dazu sagen. Es ist natürlich „powerful“, es hat Kraft und wenn das die Konnotation ist – dann gerne. (lacht)
Aber wie ist das für euch: Ihr schreibt tolle Songs, seid eine gute Live-Band und trotzdem fristet MOB RULES ein Schattendasein in der Szene. Ist das frustrierend?
Ja klar, man muss da schon einen langen Atem haben und manchmal nervt das halt auch. Es gab eine Zeit, da wurde das irgendwie in jedem Review gleich im zweiten Satz erwähnt: „Ach, die sind immer noch da. Warum sind die noch nicht weiter?“ Und irgendwann denkst du dir halt auch: Wenn du uns helfen möchtest, dann schreib so etwas vielleicht nicht. (lacht) Schreib doch einfach, dass es geil ist, aber nicht, warum wir die Ewigen in der zweiten Reihe sind.
Man hat da aber einfach ein dickes Fell und warum jetzt der eine mehr Erfolg hat, als der andere – das lässt sich auch wieder alles unterschiedlich bemessen. Natürlich würden wir gerne größere Sachen spielen oder öfters selbst Headliner-Touren machen, aber in erster Linie machen wir die Musik, weil wir sie lieben. Weil wir gerne machen, was wir machen und da auch sehr viel Zeit und Herzblut rein stecken. Und das ist eigentlich unser Hauptfokus.
Niemand würde das auf einem höheren Level machen, wenn er es nicht lieben würde. Dafür ist das zu viel Arbeit. (lacht) Weil wir – wie gesagt – alle voll arbeiten, keiner von uns kann davon leben. Wir refinanzieren die Sachen damit, um weitere Alben aufnehmen zu können. Damit wir uns Backdrops kaufen oder auch Konzerte im Ausland spielen können. Solche Sachen halt. Und warum uns manche Leute nicht auf dem Schirm haben … Das kann ich dir gar nicht sagen. Ich weiß nicht, ob es anderen Bands auch so geht.
Durch das Internet als Promotionsplattform ist es natürlich deutlich mehr Bands möglich, sich zu vermarkten, sodass am Ende evtl. weniger für alle Beteiligten bleibt.
Aber das ist ja der Zeitgeist gerade. Man muss ja auch mal sehen, dass damals längst nicht jeder in der Lage war, ein Album herauszubringen. Früher musstest du halt einen Plattenvertrag haben, bevor du das Album veröffentlichen konntest. Und um den zu bekommen, musstest du erst einmal richtig gut spielen können.
Und heute kann eigentlich jeder einfach mit Programmen und Software selbst aufgenommene Sachen herstellen. Das ist halt auch der technische Fortschritt, der natürlich – Gott sei Dank! – vielen auch hilft. Das macht ja auch Spaß und gibt vielen Künstlern, die auch phänomenale Musik machen, überhaupt erst die Möglichkeit, so etwas zu machen. Aber es gibt halt auch viel Mist. (lacht)
Legitime Aussage.
Ohne jetzt bestimmte Geschmäcker zu haben. Also jeder hat ja einen eigenen Geschmack, aber ich denke, was qualitativ gut ist und eine gewisse Wertigkeit hat, das bleibt ja auch wertig. Das ist ja auch vom Genre unabhängig, egal, ob jemand Rock oder Pop macht – ich denke, Qualität wird jeder erkennen.
Gab es in der Karriere von MOB RULES einmal eine Entscheidung, die ihr heute bereut – oder etwas, das ihr anders machen würdet?
Man macht natürlich Fehler, ob das jetzt im Live-Sektor oder im Songwriting ist. Da gibt es immer Rückschläge. Diese „Wenn-ich-das-gewusst-hätte“-Situation. Aber das ist ja normal. Aber jetzt so grundlegende Sachen sehe ich da gar nicht. Man hätte vielleicht früher bestimmte Sachen anders gemacht, vielleicht fahrplanmäßiger gearbeitet oder sich besser abgesprochen – aber keine grundlegenden Sachen.
Was ich noch dazu sagen muss: Vor meiner Zeit hatte sich die Band entschlossen, ob sie jetzt den Run mitmacht – alles auf die Musik setzt, um richtig groß zu werden –, oder ob sie das nebenher macht, sodass alle noch richtige Jobs haben. Als hochqualitatives Hobby sozusagen. Das war lange vor meiner Zeit, dass das beschlossen wurde. Weil sie sich gedacht haben – und das kann ich sehr gut nachvollziehen: Wenn die Musik dein Einkommen ist, dann musst du halt spielen. Auch wenn es dann an Familie geht, du musst spielen. Weil du einfach das Geld brauchst.
Und dann geht es halt irgendwann los: Du musst Alben herausbringen, du musst am Wochenende spielen, du musst Touren spielen. Dann kommt Zeitnot dazu, Stress dazu – da ist die Musik irgendwann vielleicht auch nur noch ein Job. Wer weiß, ob das dann weiter gut gegangen wäre. Ob das dann noch Spaß machen würde, weiß ich nicht.
Mir geht es jetzt ja selbst so und natürlich fragst du dich, was gewesen wäre, wenn du alles auf die Musik gesetzt hättest. Andererseits gibt uns das jetzt die Freiheit, das zu tun, was wir lieben, ohne den Druck zu haben, davon leben zu müssen. Dafür müssen wir Abstriche im Live-Sektor machen. Wir können halt nicht so viel spielen wie andere Bands, das ist klar. Man kann nicht alles spielen, weil man an den Job gebunden ist. Aber das ist halt eine Waagschale.
Aber dafür bist du in der luxuriösen Lage, aufhören zu können, wenn du keinen Spaß mehr daran hast.
Ja! Aber die Möglichkeit hat ja jeder. Wenn dir die Band oder die Musikrichtung nicht mehr passt, kann ja jeder etwas anderes machen. Aber ja, stimmt schon.
Was ist MOB RULES eigentlich für dich?
Ich glaube, jeder in der Band sieht seinen Anteil daran, wie auch ich. Das ist mein Baby. Ich verbringe viel Zeit damit, darüber nachzudenken, was ich damit mache, wo das hingehen soll, wo die Vergangenheit war. Auch wenn ich jetzt schon seit zehn Jahren dabei bin: Ich liebe es, mit den Jungs Musik zu machen, Songs zu schreiben, Konzerte zu spielen, auf Tour zu fahren, Quatsch zu machen – also das ist schon so wie eine zweite Familie.
Wir gehen uns zwar schon mal auf die Nerven, aber bei einer richtigen Familie ist das ja genauso. (lacht) Wir reiben uns, finden aber immer wieder auf einen gemeinsamen Nenner und vertrauen uns da auch. Ich würde sagen: Das ist 'ne geile melodische Metalband!
Ihr habt mit "Beast Reborn“ Platz 37 der deutschen Albumcharts erreicht. Wie viel bedeutet so etwas in Zeiten von sinkenden Plattenverkäufen noch?
Für uns bzw. für Klaus und mich ist das eher so eine Prestigesache. Die Verkäufe hängen davon ab, was in dem oder jenem Monat so herausgekommen ist und verkauft wurde. Und daraus setzt sich das dann zusammen. Klaus wollte es seit etlichen Jahren endlich einmal in die Charts schaffen und das konnten wir jetzt dieses Mal abarbeiten. (lacht) Nein, das ist für uns toll zu sehen, weil es eine ganz andere Art von Aufmerksamkeit gibt.
Dass uns die Leute jetzt die Bude einrennen, kann man nicht wirklich sagen, aber es war einfach toll für uns. Als Ziel hatten wir uns das vorgenommen und nur durch die Fans konnten wir das machen. Und es ist total schön zu sehen, dass die Fans da mitgezogen haben. In der Schweiz haben wir es ja auch geschafft. Das ist einfach toll, du bekommst dann sogar von den Deutschen Charts irgendwelche Glückwünsche und dort seine eigenen Sachen zu sehen, ist super. Ähnlich, wie das erste eigene Album mal im Laden gekauft zu haben.
Und du gewinnst natürlich die Aufmerksamkeit von Leuten, die dich nicht so auf dem Schirm hatten. Aber es ist leider nicht so, dass man jetzt wie beim Nobelpreis noch eine Gelddotierung oder so bekommt. (lacht) Wir werden es beim nächsten Mal auf jeden Fall wieder versuchen. Es ist eine tolle Erfahrung, die man macht und man kann seine Musik einem breiteren Publikum vorstellen.
Wie steht ihr dann eigentlich zu neuen Vertriebsmöglichkeiten wie Spotify? Ihr müsst euch ja nicht mit dem Geld finanzieren.
Also das ist ja ein genereller Trend, dass die Musikindustrie eigentlich verschlafen hat – wie die Autoindustrie –, auf neue Sachen zu setzen und diese zu monetarisieren. Oder irgendwelche Ideen zu haben. Daher hat sie das natürlich total überrumpelt. Und den Verlauf kennt man dann ja. Sobald es natürlich um Spotify etc. geht, ist es lächerlich, was für den Künstler und die Plattenfirmen oder alle Beteiligten 'rumkommt. Natürlich, wenn du ein ED SHEERAN bist und Milliarden Klicks hast, ist das natürlich etwas anderes.
Für die normalen Künstler ist das schon hart. Wir mussten uns damit auch beschäftigen und wir haben, Gott sei Dank, ein sehr breites Publikum von sehr jungen bis zu älteren Leuten. Und wir wollen die natürlich alle erreichen, sei es mit physischen oder digitalen Produkten. Und wir alle nutzen diese digitalen Plattformen, um neue Sachen zu entdecken oder einfach einmal reinzuhören. Für uns ist es einfach ein erweitertes Promo-Tool, würde ich sagen. Weil von den Einnahmen her ist das lächerlich.
Und es ist ein Stück weit auch frustrierend, dass die Arbeit, die man da ja reinsteckt, nur noch konsumiert wird. Zumindest bei den jüngeren Leuten. Wir beide kennen das ja noch, dass man sich eine Platte kauft und die monatelang zu Hause hört. Man setzt sich hin, erforscht das Artwork, liest die Lyrics durch, hat Kopfhörer auf und sinkt da so richtig rein. Und heutzutage …
Ich glaube, bei den jüngeren Leuten passiert das gar nicht mehr. Das wird einfach nur noch so wegkonsumiert. Kann man natürlich nicht alle über einen Kamm scheren, auf keinen Fall. Gibt sicher auch jüngere, die das lieben. Aber wenn ich auf die breitere Masse gucke, denke ich schon, dass es sich verschoben hat.
Also hat da auch ein bisschen eine Entwertung von Musik stattgefunden?
Ja, aber vielleicht liegt das auch an der Sache an sich. Wenn etwas überall verfügbar ist – auf einen Klick hin –, dann steht man ja vor der immensen Entscheidung, was will ich jetzt hören. Bzw. das will ich ja auch noch alles hören. Bloß nichts verpassen, sich durch alles durchhören. Wir sind schnelllebiger geworden. Das war technisch damals gar nicht möglich, da musstest du ja die CD kaufen oder bei einer LP nach der Hälfte die Seite umdrehen. Das macht ja auch etwas mit einem, denke ich.
Also für uns ist das nur ein neues Promo-Tool, aber vielmehr kann man damit nicht machen.
Jetzt seid ihr mit BRAINSTORM auf Tour und zwei Wochen lang mit 20 Leuten auf engstem Raum gewesen. Wie arrangiert man sich da?
Der Bus ist schon unterteilt und natürlich muss man dann auch Rücksicht nehmen. Und zur Not muss halt mal jemand die Keule auspacken und sagen: Jetzt ist Schluss und ihr seid leise! Das funktioniert schon. Aber diese Tour war auch für uns sehr besonders. Wir haben uns durchweg alle verstanden, es war wirklich ein großes Boot mit tollen Leuten drauf. Es gab kein einziges Mal eine große Auseinandersetzung oder so.
Wir hatten alle zusammen Spaß und haben uns auch durchmischt. Nicht nur jede Band für sich, sondern jeder hat mit jedem gequatscht und das war schon extrem geil. Natürlich, der Platz ist begrenzt, es mufft da auch mal, aber die Leute dort sind auch schon lange genug dabei. Die wissen, wie man sich verhält und zur Not muss man halt Sachen ansprechen.
Man hat unglaublich viel Spaß, aber natürlich auch kaum Privatssphäre. Eigentlich nur, wenn du in der Koje liegst, den Vorhang zuziehst und Stöpsel in den Ohren hast. Das muss man halt auch mögen.
80 Prozent der Zeit verbringst du eh damit, dein Zeug zusammenzuhalten und dich zu fragen, wo deine Sachen gerade liegen. (lacht) Es passieren so viele lustige Dinge, die sich dann auch zu Running Gags entwickeln. Der eine verliert seine Mütze, kauft sich eine neue und findet dann seine alte wieder – sowas halt. Ist schon eine geile Sache und sollte man im Leben mal erlebt haben.
Was steht denn so als nächstes für MOB RULES an?
Also wir sind ja jetzt gerade aus England zurück, sind also noch alle etwas müde. Aber wir planen schon neue Sachen. Es stehen ein paar Konzerte an und wir beginnen, an neuem Material zu arbeiten. Und wir haben schon eine Idee, was wir nach dem Sommer noch gerne veröffentlichen würden und da wird jetzt unter Hochdruck dran gearbeitet. Wir hoffen, dass wir nächstes Jahr wieder ein neues Album präsentieren können.