Geschrieben von Sonntag, 24 November 2019 20:49

Revel In Flesh im Interview zu "The Hour Of The Avenger" über Schwedensägen und Todesformeln

Revel In Flesh im Interview zu "The Hour Of The Avenger" über Schwedensägen und Todesformeln Foto: Eva Nagler Photography

Die Diener des Deathkults REVEL IN FLESH kommen erneut über uns und packen ihre Schwedensäge aus. Haubersson, Grunzer vom Dienst, stand dem BurnYourEars mal wieder Rede und Antwort und sinniert über Oldschool-Todesformeln im modernen Sound-Gewand.

Haubersson, euer letztes Album „Emissary of all Plagues” ist insgesamt sehr positiv aufgenommen worden. Inwiefern stellt eure neue Scheibe „The Hour Of The Avenger“ nun eine logische Fortsetzung dar?

Erstmal danke für euer Interesse und den fortlaufenden Support bei BurnYourEars. Im Prinzip führt Album Nummer 5 die mit “Emissary Of All Plagues” eingeschlagene Entwicklung hin zu mehr Atmosphäre, Melodie und Intensität weiter fort. Unsere “Formula of Death” wurde logisch erweitert, ohne mit den Wurzeln zu brechen. Wenn wir die Schwedensäge auspacken, wird das Fleisch nach wie vor blutig serviert.

Unsere Supporter wissen, dass bei REVEL IN FLESH eingefleischte Death-Metal-Freaks am Werk sind. Unsere Roots liegen im 90er-Jahre-Death-Metal, aber wir haben uns vom Style her mittlerweile soweit freigeschwommen, dass wir unser eigenes Süppchen kochen. “The Hour Of The Avenger” unterstreicht das nochmal.

Auf dem letzten Werk bekamen wir es mit dem Abgesandten aller Plagen zu tun. Drei Jahre später schlägt nun die Stunde des Rächers. Wer ist der neue Bösewicht und wen will er rächen?

Der Albumtitel hat einen engen Bezug zum Cover-Artwork, das als zentrale Figur unseren Deathkult-Master zeigt. Er herrscht in diesem Unterwelt-Imperium und steuert das Chaos, das die Welt letztendlich verschlingt. Wir haben mit dieser “Deathkult”-Thematik unsere eigene Story geschaffen, die sich auch gut für unsere Form von Death Metal eignet.

Es geht ganz klar um eine Faszination für das Dunkle, aber im übertragenen Sinne steht der Titel auch für die Bandgeschichte: Lass dich nicht klein kriegen, stecke Rückschläge weg und greife dann wieder an, wenn es keiner von Dir erwartet. The hour of the avenger draws near!

Wenn ich richtig informiert bin, habt ihr beim letzten Mal dem Künstler Juanjo Castellano nicht nur eine seiner bereits bestehenden Arbeiten für euer Cover abschwatzen können, sondern mit „Emissary Of All Plagues“ auch gleich dessen Titel für das Album verwendet. Wie sind Artwork und Titel zu eurem neuesten Werk entstanden?

Diesmal waren der Titelsong und Text bereits vorhanden, bevor sich Juanjo Castellano an die Arbeit machte. Wir wollten auch die Deathkult-Master-Figur wieder ins Spiel bringen, die z.B. auch auf “Manifested Darkness”, “Death Kult Legions”, in einer Priester-Form auf “Emissary Of All Plagues” und auch auf der “Relics Of The Deathkult”-Compilation zu sehen war. Das Cover setzt also den roten Faden fort.

Die Farbe Rot trifft es hierbei jetzt ganz gut, denn wir wollten mit dem neuen Album eine Farbenkonstellation, die klar aus den bisherigen hervorsticht. Juanjo Castellano hat also das Basic-Konzept bekommen und hat dann seiner Fantasie freien Laufen gelassen. Wir arbeiten mittlerweile seit 2011 zusammen. Er hat in gewisser Weise die visuelle Seite der Band geprägt und weiß, was REVEL IN FLESH optisch in Sachen Artworks ausmacht. Wir arbeiten hier auf einem großen Trust- Level zusammen.

An euren Drums sitzt mittlerweile Henriksson, der den Posten von Vogtsson im Jahr 2017 übernommen hat. Inwiefern hat der Line-Up-Wechsel die Arbeit an „The Hour Of The Avenger“ beeinflusst?

Henriksson ist für REVEL IN FLESH ein absoluter Glücksgriff. Mit seiner entspannten und umgänglichen Art tut er unserem Gefüge sehr gut und hat mit seinem Drumming unsere Performance unheimlich gesteigert. Henriksson hängt sich ehrgeizig rein und wir haben zum neuen Album eine wesentlich aufwändigere Drum-Produktion gefahren, als es in der Vergangenheit der Fall war.

Wichtig war uns insbesondere der Aspekt “Gemeinschaftswerk”, vor allem auch mit dem neuen Drummer im Rücken. Unsere beiden Gitarristen haben beim Songwriting ebenfalls enger zusammengearbeitet als zuvor. Maggesson (Gitarre) ist zwar noch immer der Hauptsongwriter, aber für uns ist es wichtiger als früher, dass jeder sich als Teil des Albums sehen kann. Gemeinschaftlich geschriebene Stücke wie “My Trial” oder “The Nihilistic Nothingness” belegen das auch.

Als Produzenten setzt ihr einmal mehr auf euren langjährigen Weggefährten Dan Swanö. Was schätzt ihr an seiner Arbeit besonders?

Er weiß um die qualitativen Stärken und Schwächen des Materials, das wir ihm abliefern und er hat es bisher immer geschafft, uns in Sachen Produktion einen Schritt weiterzubringen. Dan Swanö ist ein Nerd, wenn es um Technik geht und auch seine Arbeitsweise entwickelt sich weiter. “The Hour Of The Avenger” hat Ecken und Kanten, ist aber dennoch transparenter als der Vorgänger.

Die Melodien sind klarer und das Drumsetting ist für uns ein großer Schritt nach vorne. Man muss aber ganz klar sagen: Es ist keine Vintage- / Retro-Produktion. Wir haben den alten Death-Metal-Geist, aber sind mittlerweile im Jahr 2020 angelangt und es wäre somit auch nicht echt, einen auf 1990 zu machen.

Habt ihr trotzdem schonmal über einen Wechsel an den Reglern nachgedacht?

Ich weiß, dass wir eine Band sind, die sehr verbissen mit konstanten Säulen (Juanjo Castellano oder Dan Swanö) arbeitet. Wir haben in Diskussionen zu dem Thema auch schon das Argument gehört, dass wir unsere Entwicklung mit dieser Vorgehensweise selbst ausbremsen. Ich sehe es so: Unsere Formen der Zusammenarbeit, die eben auch Geschäftsbeziehungen sind, haben sich im Laufe der Jahre sehr gut entwickelt.

Es geht hier mehr um Weggefährten, die dem Namen REVEL IN FLESH auch gutgetan haben. Da steckt von allen Seiten Herzblut drin, was dem Endprodukt unheimlich guttut. Man soll ja grundsätzlich nie “nein” sagen, aber in der heutigen Zeit ist es so unheimlich wichtig, dass eine Band eine eigene Hausmarke entwickelt bzw. hat. Konstanz ist eben ein Teil der unseren.



Dennoch wolltet ihr auf der neuen Scheibe aber offenbar eine soundtechnische Veränderung. Denn im Gegensatz zu Gitarren und Bass wurden die Vocals und Drums diesmal nicht in Maggessons Vault M. Studios aufgenommen. Welche Idee steckte hinter dem Teil-Tapetenwechsel?

Sehr wichtig war uns das Voranbringen einer neuen Schlagzeug-Produktion und wir haben deswegen auch sechs Tage lang ein externes Studio angemietet, wo Henriksson unter den wachen Ohren von Stefan Krämer (u.a. PARASITE INC. / SKELETON PIT) die Drums eingespielt hat. Wir wollten also einerseits frische Personen mit neuen Arbeitsweisen ins Boot holen und andererseits mit Dan Swanö für den Mix- und Mastering-Prozess unsere Konstante dabei behalten.

Mit dem Gesang war es ein ähnlicher Gedanke. Ich habe mit Martin Schmidt (Ex-ATROCITY) auch schon an meinen Beiträgen für HEADS FOR THE DEAD und anderen Projekten gearbeitet. Es ist ein Tapetenwechsel, eine andere Arbeitsweise und – noch wichtiger – eine Arbeit mit jemandem, der außerhalb des Bandzirkels steht. Also auch eine frische und neutrale Meinung, die dem Endergebnis zusätzliche Impulse gibt.

Das neue Album wirkt auf mich noch eine Spur abwechslungsreicher als der Vorgänger. Neben Tempo und Brutalität, die tief im skandinavischen Death Metal verwurzelt sind, verfeinert ihr meines Erachtens vor allem den melodischen Part eurer Musik von Platte zu Platte. Hier möchte ich vor allem „The Nihilistic Nothingness“ und „Sky Burial“ hervorheben. Gibt es aktuelle Bands und Alben, die den epischen Aspekt eures Songwritings besonders beeinflussen?

Sehr cool, dass dir genau diese beiden Tracks auffallen. “The Nihilistic Nothingness” basiert mehr auf einer Rocksong-Struktur mit viel Groove und Melodie. Eigentlich ist das fast schon ein Puristen-Schreck. Mich erinnert der Track unheimlich an die “Purgatory Afterglow”-Phase von EDGE OF SANITY oder die grandiose “Bitterness” Scheibe von DESULTORY.

“Sky Burial” ist eine Idee, die eigentlich noch aus der Songwriting-Phase des letzten Albums stammt. Der Track ist unheimlich auf den Epic-Faktor getrimmt. Textlich basiert das Ganze auf einem “tibetanischen Totenritual” – also auch ein “Outsider” in dieser Hinsicht. Für uns war es schon immer wichtig, dass unsere Alben gewisse Spannungsbögen und Abwechslung bieten und diese Tracks sind das Salz in der Suppe.

Geändert hat sich auch euer Label, „The Hour Of The Avenger“ erscheint nicht mehr bei Cyclone Empire, sondern bei War Anthem Records. Warum der Wechsel?

Ohne große Umschweife: Der Vertrag mit Cyclone Empire war nach der letzten Platte erfüllt. Wir haben mit War Anthem bereits im Rahmen der “Relics Of The Deathkult”-Compilation zusammengearbeitet und Anfang 2019 haben sie auch die CD Re-releases von “Deathevokation” und “Manifested Darkness” herausgebracht. Es war also naheliegend, die Zusammenarbeit auf ein neues Album zu erweitern.

Das Label ist mit Cudgel als Mailorder und dem Background des Party.San-Festivals sehr gut vernetzt. Wir passen da gut rein und bei der Labelwahl wollte die Mehrzahl der Bandmitglieder mit einem deutschen Label weiterarbeiten, weil eben die heimische Szene unser stärkster Markt ist.

Traditionell schließen REVEL-IN-FLESH-Alben mit einem Coversong. Diesmal fiel die Wahl auf MOTÖRHEADS „Rock Out“. Wie sehr fehlen Lemmy und seine Jungs der Musik-Szene?

Lemmy und MOTÖRHEAD haben sich in gewisser Weise unsterblich gemacht. Ihre Referenzwerke, Sound und Image sind “unverwüstlich”. Wir reden hier von Ikonen, die trotz Ihres Ablebens durch ihre Werke nichts an Unterhaltungswert verlieren werden. Wie das aktuell ausgeschlachtet wird, ist wieder eine andere Sache.

Für uns war im Vorfeld klar, dass man MOTÖRHEAD eigentlich nicht besser spielen kann als das Original. Aber es geht einfach darum, dem Song einen eigenen Charme zu verleihen. Ich denke, das haben wir geschafft. Also hört euch das Cover an und entscheidet selbst!