Geschrieben von Donnerstag, 12 März 2020 07:40

Booze Cruise Festival - Interview mit Initiator und Booker Stefan Jonas

Booze Cruise Festival - Interview mit Initiator und Booker Stefan Jonas Charles Engelken

Wir haben Stefan Jonas, Initiator und Booker des Booze Cruise Festivals, für euch interviewt. Er erzählt uns, wie es ist, 42 Ananassen durch den Supermarkt zu karren, wie die Idee zum Festival entstand, über das Booking der Bands und warum "Punkrock der beste Club der Welt ist".

Das Booze Cruise Festival ist eins der wichtigstens Punk Festivals hierzulande und findet dieses Jahr zum fünften Mal in Hamburg statt, vom 12. bis 14. Juni. Mit voller Fahrt voraus schippern Bands wie HOTWATER MUSIC, THE MENZINGERS, SPANISH LOVESONGS und viele viele mehr auf der Elbe umher. Aber nicht nur das, es wird viele Side-Events geben und natürlich viele Shows in den einschlägigen Szene-Clubs.

Stefan, magst du uns die Entstehungsgeschichte der Booze Cruise erzählen?

Klar! Ich mach' zusammen mit ein paar Freunden ein Fanzine, das Downpour Fanzine. Zu jeder Ausgabe gab’s Releaseparties in mehreren Städten. Im Sommer 2016 waren das RESOLUTIONS und IRISH HANDCUFFS, die haben dann Shows in Frankfurt, Hannover und in Hamburg gespielt. Die Hamburger Show hat an Bord der Barkasse MS Hedi stattgefunden, während die durch den Hafen geschippert ist.

Das hat wahnsinnigen Spaß gemacht und wir haben an Bord noch beschlossen, dass wir so 'ne Bootstour häufiger machen sollten, mit Konzerten rund um den Hafen. Mittlerweile spielen 70 Bands in 11 Läden und Booten, zusätzlich gibt’s mit dem FROSTY BOOZE CRUISE eine Winter-Edition und dem BRISTOL’S BOOZE CRUISE ein Festival in England, das kurz vor dem “großen” BOOZE CRUISE in Hamburg stattfindet. Also streng genommen gibt es die drei Festivals, weil vor fünf Jahren mal zwei Bands vor 70 Leuten auf einem Boot gespielt haben.

Vielleicht erzählst du auch ein bisschen darüber, wer du bist und was du vor der Booze Cruise so gemacht hast?

Ich komm' aus Hamburg, bin gelernter Marketingkaufmann und hab lange bei Ikea gearbeitet, aktuell bin ich hauptberuflich bei Greenpeace. Aber Konzerte mache ich eigentlich schon immer. Mit 16, Ende der 90er, hab' ich die PROUD TO BE LOUD Radioshow im Offenen Kanal Lübeck moderiert. Von da an haben mich dauernd Bands und Labels gefragt, ob ich jemanden kenne, der Shows dort veranstaltet.

... kannte ich nicht, aber hab’s dann einfach selbst gemacht. Das erste Konzert war im Lübecker Bad Taste Club, eine Show mit den YACOPSAE und NOT ENOUGH, seitdem veranstaltete ich Punk- und Hardcore-Shows.

Was bedeutet Punk-Rock für dich? Was bedeutet die Punk-Szene für dich?

Punkrock ist der beste Club der Welt! Vor zwei Wochen waren mal wieder 13 CROWES hier, mit denen ich mittlerweile gut befreundet bin. Wüsste nicht, wie ich ein paar boxende, schottische Maurer hätte kennenlernen sollen, wenn nicht über eine aktive Punk-Szene.

Was bedeutet die Booze Cruise für dich?

Nach wie vor buche ich nur Bands, die ich selber sehen will – ich mache das alles also hauptsächlich für mich selbst. Dass es so viele Leute gibt, die sich mega über das Festival freuen, Leute aus Australien und Japan anreisen, ist eine super Bestätigung und macht einfach Spaß.

Kannst du ein wenig darüber erzählen, wie man überhaupt so ein Festival organisiert?

Die Planung hat immer über ein Jahr Vorlauf. Ansonsten dreht sich fast alles um Kommunikation: Ich schreibe Mails und telefoniere viel mit Bookern oder Bands; manchmal treffe ich Sponsoren und Clubbetreiber in der Stadt. Bei der Pressearbeit hilft mir eine Agentur und ein paar Freunde helfen mit der Orga, schreiben Förderanträge, kümmern sich um die Layouts von Postern, machen die Buchhaltung, teilen die Helfer beim Festival ein – ohne die wäre ich längst in Arbeit untergegangen bzw. wäre das Festival gar nicht möglich.

Und es gibt natürlich jedes Jahr neue Learnings, so dass einige Dinge jetzt auch viel schneller gehen als in den ersten Jahren. Sonst könnte ich das auch nicht nebenberuflich machen.

Wie kam es dazu, dass ihr HOT WATER MUSIC an Land bzw. aufs Boot ziehen konntest?

Die werden an Land spielen – an denen graben wir schon seit fast drei Jahren 'rum ... Letztes Jahr hat Chris Cresswell, Gitarrist von HWM, ja schon bei uns gespielt. Dem hat’s wohl gefallen, so dass HOT WATER MUSIC dieses Jahr unbedingt spielen wollten.

Wie gestaltet ihr das Booking der Bands jedes Jahr? Gibt es Auswahlkriterien oder wie läuft das ab?

Wir fragen erstmal Bands, die unbedingt spielen sollen. Wenn die Zeit haben, steht ja quasi das Datum des Festivals und wir fangen an, weitere Bands anzuschreiben. Wir haben schon eine ungefähre Vorstellung, wen wir gern dabei hätten und wen nicht. Es soll immer eine Mischung sein aus befreundeten Bands, ein paar lokalen Bands, viele Bands aus Europa und ein paar aus Amerika sowie ein paar Headliner, die möglichst nicht jedes Wochenende auf einem anderen europäischen Punkfestival zu sehen sind.

Wichtig dabei ist, dass halt nicht nur weiße Männer auf der Bühne stehen, dieses Jahr haben wir 18 Bands dabei, wo mindestens eine Frau dabei ist. Der Anteil kann gern noch viel größer werden. Ich hätte auch gern mal Bands aus Asien oder Afrika dabei, vielleicht klappt das ja nächstes Jahr.

Soll die Booze Cruise immer größer werden oder ein kleines Szene-Festival bleiben?

Es wird immer ein Szene-Festival bleiben, die Größe ist da gar nicht ausschlaggebend. Wenn wir für nächstes Jahr keine „großen“ Bands bekommen, dann ist das halt so und wir machen wieder ein kleines Festival. Was mir wichtig ist und was das Booze Cruise ausmacht, ist die familiäre Atmosphäre, die darf auf keinsten Fall verloren gehen.

Gibt es eine Band, die du unbedingt buchen wollen würdest, die der totale Jackpot in deinem Punk-Herzen wäre?

Klar, die gibt’s, von meinen Top-5-All-Time-Favourites haben AS FRIENDS RUST letztes Jahr exklusiv bei uns gespielt, HOT WATER MUSIC und LEATHERFACE spielen dieses Jahr – auch wenn von letzteren nur noch Frankie Stubbs solo auf der Bühne steht. Fehlen also nur noch LIFETIME und FARSIDE, aber die Planungen für 2021 laufen ja bereits.

Wie kam es zu der Tradition mit den Ananas-Cocktails – ist das ein Werbegag einer ansässigen Cocktailbar, die auch etwas vom großen Punk-Festival-Kuchen abhaben will?

So verrückt ist die Geschichte nicht: Ich bin jedes Jahr beim THE FEST in Gainesville und da gibt’s auch eine Ananasparty, die von Jason Guy Smiley ausgerichtet wird. Den haben wir gefragt, ob er nicht auch auf dem Booze Cruise eine Party veranstalten will und er war jetzt zwei Mal dabei. Streng genommen ist die Idee also offiziell geklaut, aber mit Jasons Segen.

Wie waren die letzten vier Booze Cruise Festivals? Was war gut und was weniger?

Einzelheiten würden jetzt den Rahmen sprengen. Aber witzig ist, dass immer wieder Bands sagen, sie können nicht, weil sie seekrank sind. Dann müssen wir erklären, das wir halt keine Kreuzfahrt sind, sondern Schiffe nur Teil des Konzepts, das Festival aber auch in Clubs stattfindet. Hätten wir geahnt, dass wir das öfter als einmal machen, hätten wir vielleicht nochmal länger über den Namen nachgedacht. Obwohl – vielleicht auch nicht, haha!

Gibt es lustige Anekdoten, die du erzählen magst?

Eine vom letzten Jahr: Wir haben für die Ananasparty 150 Ananas bestellt, die dann nicht geliefert wurden. Also mussten wir morgens alle Supermärkte auf St. Pauli abklappern und deren Ananas-Vorräte aufkaufen. Wenn du mal richtig blöde Blicke ernten willst, pack bei Aldi einfach mal 42 Ananas in deinen Einkaufswagen.

Wie ist es für dich, das nun zum fünften Mal in Folge die BC statt findet?

Ich hab letztens irgendwo gelesen „Booze Cruise – Ein halbes Jahrzehnt Punkrock in Hamburg“ – da fühlt man sich eigentlich sofort alt, haha. Aber eigentlich mach' ich mir gar nicht so viele Gedanken dazu, wie viele Jahre wir das jetzt schon machen. Ich find’s spannender, mich auf die kommenden Festivals zu konzentrieren – dieses Herausfinden, wie weit man das Festival noch treiben kann, finde ich großartig: Welche Locations entdecken wir noch? Welche Bands können wir überreden, bei uns zu spielen? Welche Side-Events können wir noch machen?

Was erwartest du von der fünften Auflage der Booze Cruise?

Endlich viele Freunde wieder zu sehen, die mit ihren Bands bei uns spielen oder als Besucher seit Jahren zum Festival kommen. Neben den Konzerten gibt’s auch dieses Jahr wieder ein paar Side-Events – die Ananasparty, Bootstouren, Punkrock – Karaoke, Kneipen-Bingo aka Boozy Bingo und auch Podcasts, die live aufgenommen werden. Bin sehr gespannt, wie die Events ankommen.

Auf welche Bands freust du dich besonders?

Besonders auf HOT WATER MUSIC, MENZINGERS und Frankie Stubbs von LEATERFACE – alles drei Bands, von denen ich selbst riesiger Fan bin. Ansonsten freu' ich mich sehr auf RAMONA und THE CAROLYN, zwei Bands, die erstmals in Europa unterwegs sind und ihre Touren um unser Festival herum geplant haben. Außerdem will ich unbedingt SECONDHAND UNDERPANTS sehen, eine Riot-Grrls-Punkband aus Istanbul.

RAMONA Video "Not Your Token":

 

THE CAROLYN Video 

SECONDHAND UNDERPANTS Video "Autopleasures"

Wer noch ohne Ticket ist, kann hier ein Ticket für die kommende Booze Cruise erwerben. Karten für die Pineapple Party gehen ab Samstag, den 14. März in den Vorverkauf. 

Bereits bestätigte Bands für 2020: Hot Water Music, Lagwagon, The Menzingers, Good Riddance, Spanish Love Songs, Press Club, Frankie Stubbs, Worriers, Hysterese, The Run Up, Überyou, Pity Party, Ramona, Dikembe, Second Youth, Craig Shay / Cold Wrecks, Distants, Primetime Failure, The Jukebox Romantics, Good Friend, Billy Liar, The Sewer Rats, Resolutions, Joe McMahon, Bike Age, Hot Knife, Little Teeth, Irish Handcuffs, Arterials, Hell & Back, Lone Wolf, Captain Asshole, Eaten By Snakes, Fights And Fires, No Sugar, Movin In Stereo, Yawners, Norbert Buchmacher, Worst Advice, Alright, Guilhem, Superplex, Late Bloomers, Bucky Harris, The Carolyn, Custody, Shellycoat, Circles, Ana Drinks Dogpiss, Cory & Kirsty Call, Henri Parker & The Lowered Lids, The Muttnicks, Entropy, Jason S. ThompsonJason S. Thompson, Speed Girls, White Crane, Casually Dressed ...