Geschrieben von Dienstag, 02 Juni 2009 20:39

Distance In Embrace - Interview zu "To Hell With Honesty"




Wenn man DISTANCE IN EMBRACE eines nicht vorwerfen kann, dann Untätigkeit. Denn in den letzten Jahren haben die vier Mindener so ziemlich alles abgegrast, was sich bespielen ließ. Mit dem mittlerweile dritten Album unter dem Namen DISTANCE IN EMBRACE haben sie dieses Mal („To Hell With Honesty") wieder ein Schüppe drauf gelegt und noch eine DVD dazugepackt. Wer sich für Screamo und MetalCore aus Deutschland interessiert und dabei laufenden Schminkkoffern aus dem Weg gehen möchte, wird um diese Jungs nicht herum kommen.

Erstmal Glückwunsch zum neuen Album. Könnt ihr euch kurz unseren Lesern vorstellen?

Adrian: Moin, ich bin Adrian, Gitarre und Gesang bei Distance In Embrace. Die Band gibt es seit 2004 und ist in Minden/ Westfalen beheimatet.

Niko:
Hallo ich bin Niko, Shouter und Gitarrist der Band...

Was sticht für dich bei eurem neuen Album am meisten heraus im Gegensatz zu euren alten Releases?

Niko: Das neue Album entfaltet meiner Meinung nach viel mehr Power und ist eine wesentliche bessere Mischung aus Moshparts und Melodieparts, als es bisher auf unseren Alben der Fall war.

Adrian:
Aus meiner Sicht sind die Gesänge um ein vielfaches ausgereifter und auch das Gitarrenspiel ist melodischer geworden. Trotz eines höheren Melodie-Anteils ist das Album insgesamt härter geworden als der Vorgänger „Utopia Versus Archetype".

Wie war die Arbeit im Rape Of Harmonies Studio?

Adrian: Also wir haben ja schon unsere letzte Platte dort aufgenommen und haben da sehr gute Erfahrungen gemacht. Deshalb haben wir uns auch wieder für das Rape Of Harmonies entschieden. Die Jungs hängen sich alle zu 100% rein, damit das Ergebnis das Bestmögliche wird. Dieses Mal haben wir die Drums im Rape Of Harmonies 53 eingespielt, was sozusagen das zweite Studio der Rape Of Harmonies ist. Gitarren, Bass und Gesänge haben wir dann wie gewohnt in Triptis aufgenommen.

Niko:
Also für mich persönlich war es eine anstrengende Zeit, jedoch hatte ich viel Spaß an der Sache, was man denke ich auch gut auf der Platte hören kann, vor allem, was die Shouts angeht.

Adrian:
Wir haben dieses Mal viel genauer und präziser gearbeitet als beim Vorgänger. Trotzdem klingt „To Hell With Honesty!" rauer und kantiger als "Utopia Versus Archetype". Es war uns wichtig, trotz aller Präzision keine Platte mit glattgebügeltem Sound aufzunehmen.

Wie geht es eigentlich mit DISTANCE weiter, wenn ihr mal alle zuende studiert habt?

Niko: Darüber machen wir uns erst mal keine Gedanken. Es geht auf jeden Fall weiter. Unser Drummer Robin hat letztes Jahr schon sein Diplom gemacht und ist jetzt in der Arbeitswelt angekommen. Trotzdem läuft das Band-Ding irgendwie, ich denke das wird bei uns anderen nicht anders sein.

Ihr seid seit jeher ziemlich viel unterwegs. Schon mal versucht, die gefahrenen Kilometer abzuschätzen oder daran gedacht, das von der Steuer abzusetzen?m

Niko: Das einzige, woran man selber merkt, dass wir viel unterwegs waren, ist die Deutschlandkarte, die in unserem Proberaum hängt. Da wird auf jeden Ort, in dem wir schon gespielt haben, ein Punkt geklebt, und über die Jahre sind da schon so einige Punkte zusammen gekommen.

Adrian:
Aber so Kilometermäßig lässt sich das schwer sagen... also da wir so im Jahr ca. 30.000 km fahren, könnten das in den letzten 5 Jahren schon so ca. 150.000 km gewesen sein...

Niko:
...aber das ist natürlich eine Milchmädchenrechnung, haha!

Wie haben die Jungs von LONGING FOR TOMORROW es hinbekommen, euch so zu natzen? Haben die euch alle direkt nacheinander angerufen und seid ihr zwischendurch auch mal skeptisch geworden? (Das spielt auf vier „Telefonstreiche" an, die auf der DVD zu bewundern sind, bei denen LFT die Jungs von DIE herrlichst verarschen.)


Adrian: Das Fiese bei der Sache war, dass ihr Bassist Samuel die meisten Anrufe gemacht hat. Den kannten wir damals noch nicht, weil er neu in der Band war. Die Jungs haben ihren Schabernack jeweils kurz danach aufgelöst mit der Bitte, den anderen aus unserer Band nichts zu verraten... den Spaß wollten wir ihnen dann natürlich nicht verderben. Der einzige, der ihnen nicht so ganz auf den Leim gegangen ist, war Niko.

Niko:
Ich habe David am Anfang eigentlich überhaupt nicht erkannt, obwohl ich ihn gut kenne. Trotzdem habe ich nicht gemerkt, dass er am Telefon war. Im Nachhinein war das natürlich völlig klar. Allerdings klang das, was er mir da erzählt hat, so unglaublich, dass ich mir schon gedacht habe, dass es sich um eine Verarsche handelt. Die ganze Aktion hat bei uns allen jedenfalls für viel Gelächter gesorgt.

Eure Texte handeln ja eher gerne von Beziehungsdingen. Müsst ihr mittlerweile alle Beziehungen mehrfach ausschlachten oder gibt es da immer noch genügend Zündstoff?

Niko: Beziehungen liefern doch immer genug Zündstoff, haha. Aber man muss auch erwähnen, dass unsere Texte dieses Mal auch eher andere Themen behandeln. Da geht es um zwischenmenschliche Beziehungen wie z.B, Freundschaften im Allgemeinen, aber es gibt auch Texte, die durchaus selbstkritisch sind und sich mit der eigenen Persönlichkeit auseinandersetzen. Zudem sind einige Texte da auch abstrakter gehalten, was Raum für eigene Interpretationen lässt.

Ihr klingt zwar mit jeder Veröffentlichung moderner, seid aber nie einem Trend nachgelaufen. Eure Entwicklung hat euch ziemlich ins klangtechnische Herz der modernen Hardcoreszene geführt - ihr habt euch aber äußerlich nie groß verändert. Ihr kommt ja auch aus der Skatepunkszene und seht euch jetzt umringt von zig Szene-Lookalikes. Wie seht ihr die Szene?

Adrian: Ich denke, das spiegelt der Titel unseres neuen Albums „To Hell With Honesty!" ein Stück weit wider: Dir wird vielleicht auch aufgefallen sein, dass man schon eine ganze Weile beobachten kann, dass es in der Szene immer weniger um Musik als um Style geht. Auf der einen Seite die Bollos mit ihrer „Tough-Guy"-Attitüde, und auf der anderen Seite die Mädels, die sich bis zur Unkenntlichkeit schminken. Ein Konzert wird dann zur bloßen Plattform, um sich selbst zu präsentieren. Da haben wir einfach keinen Bock drauf mitzumachen und wollen es auf diese Weise ein bisschen augenzwinkernd kommentieren, wobei wir natürlich keine Verallgemeinerungen machen wollen.

Niko: In anderen Ländern ist es sogar noch krasser. Als wir in England waren, sind uns teilweise die Augen aus dem Kopf gefallen, weil alle so aussehen wollen wie Oli Sykes von Bring Me The Horizon. Da waren wir erst recht die totalen Normalos.

Gibt es irgendwas in eurer Karriere, das ihr bereut?

Adrian: Ich denke, wir haben schon ziemlich viel Scheiß mitgemacht.

Niko:
Wir sind zum Beispiel auch mal zu so einer komischen Plattenfirma gefahren, die uns eigentlich nur in ihr Studio buchen wollten, wo wir dann schön bezahlt hätten.

Adrian:
Veranstalter, die uns um die Gage geprellt haben, oder irgendwelche Booker, die uns einen vom Pferd erzählt haben. Aber auf der anderen Seite haben wir auf diese Weise sehr viele Erfahrungen gesammelt, die man als Band einfach sammeln muss. Im Endeffekt haben uns diese schlechten Erfahrungen genauso weitergebracht wie die guten.

Wie viel Arbeit war es, die DVD auf die Reihe zu bekommen?

Niko: Das Filmen war eigentlich eher weniger das Problem, das haben wir bei den Liveauftritten eher so nebenbei gemacht. Die wirkliche Arbeit haben wir unserem fünften Mann, unserem Mercher Fabian, zu verdanken. Der hat das ganze Material gesammelt und zusammengeschnitten.

Adrian:
Das hat natürlich schon eine gewisse Zeit gedauert, was auch ein Grund dafür ist, das die Platte nicht früher erschienen ist.

Ihr habt schon mit einigen recht „großen" Bands gespielt. Habt ihr da auch schon schlechte Erfahrungen sammeln müssen?

Niko: Wir müssen sagen, dass bisher die Erfahrungen mit bekannteren Bands eigentlich alle recht positiv waren. Da hört man zwar auch oft etwas anderes, aber die Bands, mit denen wir bis jetzt gespielt haben, waren alle sehr nett.

Adrian:
Bisher war da wirklich niemand dabei, der irgendwie einen auf Rockstar gemacht hat. Mit Ignite, Death By Stereo oder Heaven Shall Burn haben wir im Backstage gesessen und uns ganz normal unterhalten. Das ist schon toll, wenn man mit den Idolen seiner Jugend so zusammensitzen und ein ganz lockeres Gespräch von Musiker zu Musiker führen kann.

Niko:
Da gibt es eher unerfahrenere kleine Bands, die sich manchmal blöd benehmen. Das sind absolute Einzelfälle, aber ab und zu kommt das schon vor. Meist liegt das aber auch einfach daran, dass die Leute noch sehr jung und unerfahren sind.

Ihr seid in England auf Lockjaw Records. Was geht da so für euch auf der Insel? Habt ihr sonst irgendwo auf der Welt noch eine Ansammlung von Fans, von denen ihr wisst?

Niko: Also die Englandtour war eine sehr wichtige Erfahrung für uns, die wir mit Sicherheit noch lange in Erinnerung behalten werden. Ich denke, da haben wir auch einige neue Fans erreichen können. Trotzdem sollte man sich da keine Illusionen machen: als deutsche Band mit unserem Status kannst du in England nicht viel reißen. Wir haben teilweise in Clubs gespielt, wo sieben Tage die Woche 5 Bands pro Abend spielen. In England gibt es allgemein viel mehr Konzerte und Bands, vor allen Dingen sehr gute junge Bands. Wirklich brauchen tut Dich auf der Insel da niemand.

Adrian:
Trotzdem war die Zeit schön dort und die meisten Konzerte auch gut. Und es war ein tolles Gefühl, in London in den Plattenladen zu gehen und dort deine CD im Regal stehen zu sehen.

Was war eure bisher denkwürdigste Show?

Adrian: Ich glaube, das war eine Show in Zielona Gora in Polen. Dort gab es keine Bühne, keine Gesangsanlage und keine Mikroständer. Gesang kam einfach über einen kleinen Gitarrenverstärker in der Ecke des Raumes, Mikroständer wurden aus Besenstielen und kaputten Schlagzeugbeckenständern zusammengeschustert. Der Sound war erstaunlicherweise super, und die Leute gingen tierisch ab. Das war einfach eine riesige Party, jeder sang unsere Texte mit, ohne sie zu kennen. Mitten in der Show musste ich kurz abbrechen und unseren Wagen aus dem Weg fahren, weil ein LKW durch die Einfahrt musste. Danach bin ich zurück in den Konzertraum, und es ging einfach weiter.

Was wird euch 2009 noch alles bringen?

Niko: Im Juni steht erstmal ein Video zu unserem Song „The Devil And The Sea" an, der auch auf unserer MySpace-Seite zu hören ist. Im September geht es dann auf Tour zusammen mit Longing For Tomorrow und Presence Of Mind.

Famous last Words?

Adrian: Vielen Dank für das Interview! Ansonsten bleibt noch zu sagen: Kauft unsere Platte und kommt zu unseren Shows, sonst gibt's Saueres, haha!

http://www.distanceinembrace.com/