Geschrieben von Rene Donnerstag, 24 August 2006 00:15
Cadaverous Condition - Interview mit Sänger Wolfgang Weiss
Link: http://www.cadaverouscondition.com/
http://www.myspace.com/cadaverouscondition
Kürzlich hielt ich eine super gestaltete CD in Händen. Bei den Fotos im Artwork formte sich für mich schon ein Bild von der Musik. Tja, mein Bild zerbrach bei mehrmaligen Hördurchgängen. Dennoch finde ich, dass die Band CADAVEROUS CONDITON selbst Stellung zu ihrer Musik und ihrem Album "To The Night Sky" beziehen sollte. Vielleicht bringt dies Licht in meine Gehörgänge und euch ihre Musik näher. Sänger Wolfgang Weiss stellte sich meinen Fragen...
Hallo Wolfgang, stell dich mal kurz für unsere Leser vor. Wie kamst du zur Band?
Indem ich sie 1990 mit René Kramer gegründet habe.
Ende September (29.09.2006) erscheint euer neues Album „To The Night Sky“. Hattet ihr ein Konzept im Sinn als ihr die Songs geschrieben habt? Wovon handeln die Texte?
Kein Konzept, unsere Songs/Alben sind für mich eine Art Tagebuch, festgehaltene Momente der Zeit, eine konsequente Entwicklung oder Stagnation.
Aber um noch mal auf die erste Frage zurückzukommen, wenn ich bedenke, dass mich die Band bereits die Hälfte meines Lebens begleitet, dann gibt mir das in der Tat zu Denken. Hätte ich mich nicht der Musik und vor allem den Aspekten drumherum gewidmet, hätte ich viel mehr Zeit für andere, eventuell sinnvollere Dinge gehabt. Vielleicht habe ich mein Leben versäumt, auf der anderen Seite durch CADAVEROUS CONDITION wieder Erfahrungen gemacht, die man sonst auch nicht erlebt, aber was ist besser? Manchmal glaube ich, es ist ein Fehler, sich in seiner Freizeit etc. fast ausschließlich einer Sache zu widmen. Ich glaube, die Frage nach dem Sinn dieser ganzen Sache wird mich noch länger beschäftigen…
Die Fotografien von Cyril Helnwein in eurem Booklet und auf dem CD-Cover finde ich wirklich spitze. Wie kam es zur Zusammenarbeit?
Wir kamen in Kontakt, weil mir seine Arbeit gefiel, dann lief alles sehr unkompliziert ab. Ich bin Cyril sehr dankbar, die Artworks treffen genau meinen Geschmack bzw. ergänzen sie meine Vorstellung von unserem Album wirklich ideal. Ich möchte auch anmerken, dass Stephan Pockrandt einen wirklich exzellenten Job beim Layout des Booklets gemacht hat, so schön war unser komplettes Paket (Booklet, Artwork etc.) noch nie.
Haben die Fotos eine Verbindung zu eurer Musik?
Musik und Fotos entstanden getrennt voneinander.
Ihr habt ja wieder drei „Apocalyptic Death Folk“-Songs auf dem neuem Album, so jedenfalls bezeichnet ihr selbst den Musikstil. Stellt dies nicht einen Stilbruch zu eurem sonstigen Material auf „To The Night Sky“ da?
Warum soll das einen Stilbruch darstellen? Es ist eher ein Kennzeichen unserer Musik und unseres Stils. Wir haben seit unserem ersten Album, ja schon auf den noch älteren Demos, Akustikgitarren verwendet, und ich habe schon immer Musik in der Singer/Songwriter Kategorie sowie auch eben Neofolk gemocht. Keine Ahnung, wie man solche Songs dann nennt, wir nennen es halt Apocalyptic Death Folk, weil eben Growl-Gesang dabei ist und weil wir es irgendwie benennen wollten, damit sich die Leute irgendwas darunter vorstellen können. Der Growl/Death Metal-Gesang dabei ist auch die Essenz und wohl das Außergewöhnliche daran, denn nichts mag ich weniger, als wenn Death Metal Sänger plötzlich clean oder normal singen (versuchen) und dann noch vielleicht gerade bei ruhigeren Stücken oder Passagen. Wir haben auch länger überlegt, ob wir überhaupt cleane Vocals beim Song „Sleep On The Wind“ haben wollen, aber da ich die Stimme von Patrick Leagas so sehr mag, wollte ich sie unbedingt drauf haben, somit gibt es seine Gaststimme auf dem Track. Mich wirst Du auf jeden Fall nie clean oder normal singen hören, zum einen weil es nicht gut klingen würde, und zum anderen, weil so eine normale Art von Gesang überhaupt nicht zu unserer Musik gehört.
Warum der Coversong „Black“ von Will Oldham alias Bonnie Prince Billy? (Anmerkung: Will Oldham ist ein US-Amerikanischer Songwriter und Musiker, der sich dem „Alternative Country“ verschrieben hat)
Warum aber eigentlich auch nicht? Ich bin seit Jahren ein großer Fan von Will Oldham/Palace Brothers/Bonnie Prince Billy etc. Ich liebe die frühen Sachen und mit dem „I See A Darkness“-Album ist ihm dann später auch noch ein Meilenstein gelungen, der Song „Black“ ist einer meiner Favoriten. Ich bin vor allem froh, dass Will Oldham unsere Version auch gefällt. Coverversionen von untypischeren Stücken finde ich wesentlich interessanter, als wenn eine Band aus unserem Genre eine andere Death Metal oder Metal Band covert. Was soll das bringen? Klingt außerdem eh immer schlechter als das Original. Wer braucht auch z.B. eine SLAYER-Coverversion, die ganz gleich wie das Original gespielt ist, nur eben schlechter, da der Sound in jedem Fall schon schlechter ist. Apropos Will Oldham, genial war, als er beim Konzert hier in Wien mal „Skulls“, meinen Lieblingssong von den MISFITS gecovert hat, kaum erkenntlich aber spitze. Das war gut.
Ich habe auf eurer Homepage gesehen, dass ihr zwei CD-Releasekonzerte mit freiem Eintritt spielt. Wie macht ihr das?
Im Großen und Ganzen indem wir Geld verlieren. Es ist mir aber eigentlich lieber, ich zahle ein paar Euro drauf, und dafür kommen ein paar Leute mehr, die sich auch freuen, dass es gratis ist, und die sich dann evtl. eine unserer CDs oder Merchandise zulegen. Das mit den Konzertpreisen heutzutage ist eh ein Wahnsinn, ich bin auch nicht mehr bereit, für große Acts 50 bis 100 Euro zu zahlen, wo soll das noch hinführen? Die Leute jammern immer, wie teuer CDs etc. sind, aber die Riesenkonzerte von den „großen“ Bands sind immer gut besucht und dann kaufen sie sich auch noch ein T Shirt um 35 Euro aufwärts. Das ist einfach eine Frechheit. Aber die dumme Herde wird eben gemolken bis zum Abwinken, anscheinend haben es die Leute nicht anders verdient. Da versuche ich mich lieber mit dem Auftrittslokal zu arrangieren und mache einen billigen oder kostenlosen Event. Mehr als 5-8 Euro kann eine Band unserer kommerziellen Größe sowieso nicht verlangen, da scheiß ich gleich komplett drauf und mach es gratis, wenn möglich. Dass es preislich auch anders geht, beweisen Bands wie BOLT THROWER oder auch DIE TOTEN HOSEN u.a., wo faire Preise regieren. Natürlich sind Umsonst-Konzerte für uns in Deutschland etc. wieder viel schwieriger durchzusetzen, da wir allein durch Anfahrt und Übernachtungen höhere Fixkosten haben als bei Gigs in unserem Heimatland (Österreich). Wir sind aber auf jeden Fall offen für Vorschläge bezüglich Gratisgigs in Deutschland, vielleicht gibt es ja Veranstalter bzw. Clubs, mit denen man was machen könnte? Meldet Euch. Noch was zu Gigs und Festivals etc.: Das dümmste, was es gibt ist wohl, wenn „Demobands“ Tickets vom Veranstalter kaufen müssen, damit sie als Support spielen dürfen. Und es gibt genug, die dies machen; dafür kann man nachher daheim erzählen, man habe mit SLAYER, HYPOCRISY oder was weiß ich mit wem gespielt. Nur waren die halt auf der Hauptbühne, während die ganzen kleinen Zahler-Bands auf der zweiten Bühne zu Mittag den Kasperle geben dürfen. Grober Unfug, aber wenn die Bands da mitmachen, dann wird es wohl Bestand haben.
Ihr gebt euch auch sonst recht unkommerziell. Was für einen Anspruch habt ihr an eure Musik?
Keine Gitarrensoli, keine Gothic Metal Keyboardmelodien, keine cleanen Vocals, kein Metalcore, keine vertrottelten Texte über Mörder oder Leichen (wir sind nicht mehr 16), keine Kompromisse, kein Metalcore und kein Metalcore.
Die Kritiken, die ich über eure Releases gelesen habe, waren nicht unbedingt erstklassig. Wie geht ihr mit der Kritik um?
Vor allem sind die Kritiken nicht erstklassig geschrieben, haha. Ich würde jetzt gerne sagen, dass mir Kritiken/Reviews egal wären, aber natürlich trifft einen und besonders mich Kritik schon, aber man kann eh gar nichts dagegen machen, auch wenn man sich ärgert, ungerecht behandelt und missverstanden fühlt. Auf der anderen Seite haben wir es als kleine Band, noch dazu aus Österreich, nicht leicht, man wird da innerhalb weniger Minuten/Zeilen von Leuten beurteilt, die zu wenig Einsicht und Einblick in die Musik und Hintergründe haben, aber so geht es auch allen (außer den bereits bekannten Bands), und es ist müßig, weiter darüber zu reden. Ich glaube auch, dass viele „Kritiker“ selber gerne in einer Band wären, die Platten veröffentlicht, es selber aber nie geschafft haben…
Ihr habt ja schon an ungewöhnlichen Orten Konzerte gegeben. Zum einen auf Island (2003) und in der Türkei (2004). Wie kam es dazu?
In dem wir uns darum gekümmert haben und es möglich machten. Uns fliegen die tollen Angebote nicht zu, aber mit Durchhaltevermögen und irren Ideen erreicht man manchmal eben auch Dinge, die Dir Kraft geben, weiterzumachen.
Ist so eine Aktion bei euch wieder in Planung?
Derzeit nicht, Vorschläge, Anregungen und Angebote herzlich willkommen. Ich würde z.B. gerne mal bei irgendwelchen Typen im Wohnzimmer oder so spielen. Ernsthaft: meldet Euch! Wir sind für alles offen.
Noch ein paar abschließende Worte, die du uns mit auf den Weg geben willst?
Was gefällt Dir eigentlich nicht am Song „North Isles Motel“? (siehe Review). Vielleicht würdest Du Song und Intention dahinter besser verstehen, wenn Du auch dort gewesen wärest, dabei gewesen wärest… Ansonsten danke ich Dir für die Fragen, obwohl Du ja unsere Musik nicht sehr zu mögen scheinst. Ich wünsche allen, die bis hierher gelesen haben, alles Gute.
Den Song "North Isle Motel" finde ich deshalb nicht so gelungen, da sich die gleichen Gesangsparts zu oft wiederholen und dazu nur geradeaus geholzt wird. Gerade aus dem atmosphärischen Einschub bei ca. 1:30 hätte man eine Wendung herbeiführen können. Die Stimmung, die ihr transportieren wolltet, kam bei mir einfach nicht an. Tja, leider kann ich mich noch nicht an jeden Ort, von dem ein Text handelt, hinbeamen - aber irgendwer wird schon daran arbeiten...
Danke für deine ausführlichen Antworten. Den Lesern bleibt dann nur noch übrig, den Songs, welche sich online befinden, zu lauschen und sich eine eigene Meinung zu bilden.
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