Geschrieben von Mittwoch, 01 Juli 2009 13:45

Glyder - Interview mit Gitarrist Bat Kinane zur EP "Weather The Storm"


glyder_interview_2009

Zwischen einem Album, einer EP und vielen Gigs als Support Act von Bands wie DIO, MSG oder auch Y&T, sowie einer kleinen Headliner Tour durch Spanien, haben sich die vier jungen Iren von GLYDER die Zeit genommen, ihren dritten Longplayer „Yesterday, Today & Tomorrow" einzuspielen. Seit dem letzten Interview mit Gitarrist Bat Kinane (Foto rechts) ist also viel passiert und einige Zeit vergangen. Grund genug für mich, da mal wieder genauer nachzuhaken.

Hallo Bat. Wie geht's dir gerade?

Hi Dirk, mit geht es sehr gut, danke. Ich sitze ein bisschen auf heißen Kohlen, weil ich gerne wieder loslegen möchte. Aber es ist ja wie bei vielen Dingen, man muss sich auch manchmal in Geduld üben. In Sachen Kreativität hatten wir ein sehr ergiebiges Jahr, aber in Sachen Gigs haben wir es etwas ruhiger angehen lassen und lieber die Energie in unser neues Album gesteckt.

Es ist ja wirklich viel passiert bei euch, seit dem Releaseeurer letzten Langrille „Playground For Life" im Januar 2008. Ihr ward mit Größen wie DIO, MSG und FISH auf Tour und habt etliche Festivals gerockt. Wie würdest du das Jahr 2008 aus der Sicht des GLYDER Gitarristen beschreiben, und was waren für dich die Highlights?

Oh man, da waren wirklich viele Highlights dabei. Für DIO zu eröffnen und zum ersten mal in Indien zu spielen, war schon genial. Aber auch unser Auftritt beim Sweden Rock war toll, weil wir uns da so vielen Leuten präsentieren konnten. Die Tour mit FISH und Y&T haben uns ebenfalls wieder ein Stück weiter nach vorne gebracht, genauso wie unsere erste, wenn auch kleine Headliner Tour durch Spanien. Es ist toll, so viel zu erleben, aber wenn es dann vorbei ist, denkst du auch gar nicht mehr so viel darüber nach.

Mit „Weather The Storm" habt ihr Ende des Jahres dann auch noch eine EP veröffentlicht. Was war der Grund, mit den Songs nicht bis zum nächsten regulären Album zu warten?

Das Material passte einfach nicht zu den ersten beiden Alben. Wir haben ja einen Sound, den man schnell wieder erkennt, und haben nebenbei auch sehr viele Einflüsse, die unsere Musik prägen. Die EP war eine Möglichkeit, uns mal ein bisschen anders zu zeigen. Gleichzeitig wollten wir aber natürlich auch die Flamme am Lodern halten und den Leuten zeigen, dass wir immer noch da sind.

Warum habt ihr die EP eigentlich nicht über euer damaliges Label vertrieben, sondern über eure Homepage (http://www.glydermusic.com) selbst vertrieben? Schließlich bedeutet das ja auch eine Menge zusätzlicher Arbeit.

Wir haben es ganz einfach deshalb gemacht, weil wir eben eine Independent Band sind! Wir haben die EP über unseren Online Shop vertrieben, weil dadurch natürlich auch wieder extra Geld in die Bandkasse floss. Wenn du, wie wir im Moment, kein Label hast, dann ist so eine Geldquelle unerlässlich, um zu überleben. Natürlich mussten wir zuerst in Vorkasse treten, aber auch so sind die laufenden Kosten für eine Band wie uns ziemlich hoch.
Glücklicherweise haben wir mittlerweile eine ziemlich große Database an Fans, die uns unterstützen und unsere Produkte kaufen. Und da ich den Shop selber bearbeite, können wir dadurch natürlich auch besser kalkulieren. Über ein Label vertrieben, wären die Einnahmen durch die EP Verkäufe für uns wahrscheinlich bei Null gelandet, und wir hätten nie mitbekommen, wer jetzt wirklich unsere EP gekauft hat. Für ein komplettes Album macht es dann aber natürlich mehr Sinn, es über ein Label zu veröffentlichen und es über einen Vertrieb zu verkaufen.
Trotzdem ist es schön zu wissen, woher die Leute kommen. Dadurch wächst man als Musiker und Band mit seiner Fanbase auch viel, viel näher zusammen.

Habt ihr die EP selber produziert, oder hat euch Chris Tsangaridis wieder unter die Arme gegriffen?

Nein, diesmal war Chris nicht mit involviert. Wir haben die EP selber produziert. Gemischt wurde sie von Peter Brander in Kopenhagen, der wirklich Ahnung davon hat, ein Album mit einem fetten Mix zu versehen.

Das Coverartwork von "Weather The Storm" sieht wieder verdammt nach der genialen Arbeit von Mark Wilkinson aus, der euch ja auch schon das Cover der "Playground For Life" CD entworfen hat. Lieg ich mit der Vermutung richtig?

Ja, richtig (lacht). Mark hat sich mal wieder selber übertroffen. Ich glaube, er wird Ende dieses Jahres ein Buch mit seinen Arbeiten herausbringen, in dem dann auch alle seine Arbeiten für GLYDER enthalten sind.

Die Songs von "Weather The Storm" finde ich alle klasse, aber "Lover Never Dies" hat mich besonders beeindruckt. In den Liner Notes hast du bemerkt, dass er bisher nicht veröffentlicht wurde, weil er deiner Meinung nach nicht zu den bisherigen Alben passen würde. Gerade bei diesem Song muss ich dir aber widersprechen, denn er hätte für mein Empfinden perfekt zu den Songs von „PGL" gepasst.

Auf dem Debüt hatte Chris Tsangaridis das Gefühl, er würde nicht richtig passen, bei "Playground For Life" war ich der Meinung, dass er von den Lyrics her nicht zum Rest der Songs passte. Diese Meinung hatte ich auch, als wir die neue Scheibe eingespielt haben. Daher denke ich, hat der Song auf „Weather The Storm" seinen richtigen Platz gefunden. Ich habe den Song 1999 mit einem Freund zu Hause geschrieben, und bei den ersten Aufnahmen habe ich sogar die Lead Vocals eingesungen. In dem Song geht es um Bram Stokers Dracula, und wir hatten damals vor, ein Konzeptalbum zu diesem Thema zu schreiben, aber irgendwie ist es nie dazu gekommen.
Versteh mich nicht falsch, ich finde die EP auch klasse, und es soll nicht der Eindruck entstehen, dass hier nur minderwertige Reste verwendet wurden. Die Songs sind genauso stark wie die, die wir für die regulären Alben geschrieben haben, passten aber eben von den Vibes nicht zu den Longplayern.

Was mich wirklich enorm beeindruckt hat, waren die Soli von dir und Pete beim Titeltrack und „Fill Your Head With Rock". Ihr beide habt euch vom Debüt an bis zur letzten Veröffentlichung enorm gesteigert und perfekt aufeinander eingespielt. In dem Zusammenhang: „Fill Your Head With Rock" ist ja auch der Slogan vom Sweden Rock Festival. Gibt es zwischen dem Song und dem Event einen Zusammenhang?

Vielen Dank erst einmal für das Kompliment. Ich denke auch, dass vor allem Pete ein paar wirklich geile Soli für die EP eingespielt hat. Meinen Part habe ich erst fertig gehabt, als wir ins Studio gingen. Auf dem neuen Album habe ich nur vier Soli beigesteuert, mit denen ich aber auch sehr glücklich bin. Allerdings denke ich, dass ein Rock-Solo sehr langweilig werden kann, wenn man es nicht variiert und immer nach demselben Schema aufbaut. Pete ist da absolut genial, wenn es darum geht, Harmonie-Linien und solche Dinge in Soli einzubauen. "Fill Your Head With Rock" haben wir tatsächlich für das Sweden Rock aufgenommen, und er wurde auf eine CD gepackt, die gratis an alle Fans verteilt wurde, die Festival Tickets für das komplette Wochenende erworben hatten. Wir haben den Song auch nur zweimal live gespielt, einmal auf dem Festival, und einmal auf der Tour mit GOTTHARD. Beide Male hat er live aber nicht richtig gezündet, und so haben wir ihn erst einmal wieder von der Setlist genommen.

Wer von euch hatte denn die Idee, den Song „Brewing Up A Storm" von euren Landsleuten THE STUNNING zu covern? Ich bin ehrlich, ich hab von der Band noch nie vorher etwas gehört.

Wir saßen im Studio und ich sagte, wir brauchen irgendwie noch einen Song. Lasst uns ein Cover einspielen. Die Wahl fiel schnell auf „Brewing", weil diesen Song außerhalb von Irland wirklich kaum jemand kennt. Bei uns ist er allerdings ein Rock Klassiker.
THE STUNNING gibt es übrigens noch, nur nennen sie sich heute THE WALL und spielen keinen Metal oder Heavy Rock mehr. „Brewing Up A Storm" ist aber trotzdem in Irland immer noch ein sehr bekannter Heavy Rocker.

Schade, dass ihr nicht "Shadow Play" von Rory Gallagher auf die EP gepackt habt. Ich hab euch ja in Dublin den Song schon spielen hören, und ich war schwer beeindruckt von eurer Version.

Irgendwann möchte ich gerne eine ganze CD mit Rory Gallagher Songs aufnehmen. Und wenn das passiert, wird „Shadow Play" auf alle Fälle mit dabei sein.

Als ihr den Launch Gig für die EP in Dublin gespielt habt, wurde das komplette Konzert gebootlegt, und ihr bietet die Version komplett als Gratis Download über euer Forum (http://www.oneforthelost.coman. War das geplant, oder entstand die Idee erst, nachdem ihr die gute Soundqualität erkannt habt?

Eigentlich hatten wir ein Aufnahmegerät vor Ort, aber die Aufnahmen waren extrem verzerrt und irgendwie zerhackt. Das Bootleg wurde von einem Fan im Publikum aufgenommen, und weil es sich so klasse anhörte, haben wir uns entschieden, es den Leuten als freien Download zur Verfügung zu stellen.

Bat, lass uns jetzt mal über das nächste Album reden. Den Mix für „Yesterday, Today & Tomorrow" habt ihr abgeschlossen. Bist du zufrieden mit dem Resultat?

Ja, wir sind mehr als zufrieden. Wir haben das Album wie die EP selbst produziert, und erneut war Peter Brander in Kopenhagen für den Mix verantwortlich. Ich verspreche dir, es wird dich umhauen. Eigentlich hasse ich es, mich selber zu loben, aber diesmal haben wir wirklich vom Sound her das Beste herausgeholt, was man meiner Meinung nach heute für ein Hard Rock / Heavy Rock Album erreichen kann. Peter Brander hat mal wieder seine ganze Kreativität in den Mix eingebracht und den Songs damit sozusagen das Sahnehäubchen verpasst.


Ich weiß, dass du niemals einen Albumtitel auswählen würdest, nur weil er einfach gut klingt. Also Bat, was ist die Story hinter „Yesterday, Today & Tomorrow"?

Es ist der Titeltrack des Albums, in dem es ums Leben, ums Sterben und um den Alltag dazwischen geht. Ich denke, das ganze Album geht in die Richtung und jeder Song hat etwas damit zu tun. Wir lieben es, durchgängige Themen zu verarbeiten, ohne das Album als Konzeptscheibe zu konzipieren. Auf der anderen Seite spiegelt der Songtitel auch uns als Band sehr gut wider. Wir leben im Hier und Jetzt, sind aber von Bands der Vergangenheit maßgeblich beeinflusst. Und natürlich hoffen wir, dass unsere Musik auch einmal in vielen Jahren so gesehen wird und wir sie in die Zukunft transportieren können.
Du wirst auf dem neuen Album einen sehr weiterentwickelten Glyder-Sound hören, der sich über die Jahre auf dieses Level entwickelt hat. Auch dafür steht der Albumtitel. Ein Journalist hat in dem Review unseres Debüt einmal geschrieben, wir würden die Lücke füllen, die zwischen den Classic Rock Bands der 70er und 80er und den Rockern des 21sten Jahrhundert entstanden ist, und damit eine Brücke zwischen gestern, heute und morgen schlagen. Ich finde, auf das Debüt traf das noch nicht so genau zu, aber das kommende Album könnte nicht besser beschrieben sein.

Auch wenn ich das neue Album noch nicht gehört habe, muss ich dem Schreiber von damals aber schon Recht geben, weil ich das beim Debüt auch schon so ähnlich empfunden habe. Wie viele Songs haben es denn auf die Scheibe geschafft, und wie viele habt ihr für sie geschrieben?

Insgesamt haben wir 15 Tracks geschrieben. 10 werden wir aufs Album packen. Die restlichen fünf würden wir gerne als Bonus CD nutzen, aber da müssen wir erst einmal abwarten, schließlich ist das ja auch eine finanzielle Sache.

Du und Sänger Tony seid die Hauptsongwriter von GLYDER, und das hat in der Vergangenheit auch schon verdammt gut geklappt. Habt ihr an dieser Konstellation irgendetwas geändert?

Auf dem kommenden Album hat Davy, unser Drummer seine ersten Lyrics für GLYDER geschrieben. Auch die Musik hat er für diesen Song komponiert, nur leider hat er sich sehr ähnlich wie ein zur Zeit sehr aktueller Song eines anderen Künstlers angehört, und so mussten wir ihn ein bisschen abändern. Pete hat auch einen Song geschrieben, der aber zu den fünf gehört, die es nicht aufs Album geschafft haben. Den meisten Beitrag zu „Yesterday, Today & Tomorrow" habe ich dieses mal geschrieben, was aber daran lag, dass wir alle ja noch Jobs nebenbei haben, ich aber einen Monat arbeitslos war und in diesem Zeitraum alleine sechs Songs geschrieben habe. Der Rest ist von Tony, oder Tony und mir zusammen.

Ich habe gehört, dass Dave Meniketti von Y&T das Solo für den Titeltrack eingespielt hat. Wie kam es zu der Zusammenarbeit? Und sind noch mehr Gast-Musiker auf der Scheibe vertreten?

Ja, Dave hat tatsächlich das Solo für den Titeltrack eingespielt, und es hört sich einfach fantastisch an. Wir haben uns auf der Tour mit Y&T angefreundet, und ich hab ihn einfach gefragt, ob er Lust hätte, etwas zu unserem nächsten Album beizutragen. Und da wir den Song während der Tour mit ihm geschrieben hatten, lag es ja nahe, ihn auch für diesen Song einzuspannen. Übrigens ist er in meinen Augen einer der unterbewertetsten Gitarristen überhaupt, der schon ziemlich nah an Leute wie Gary Moore oder Michael Schenker herankommt. Wir sind sehr glücklich, dass es dazu kam, und ich denke, den Song werden die Leute lieben. Und wenn er uns damit ein paar Supporter mehr einbringt, und auf der anderen Seite auch Leute auf Y&T aufmerksam macht, hat er seinen Zweck doch schon zu 100% erfüllt.

Im letzten Jahr habt ihr einen Gig in Indien gespielt. Wie ist das abgelaufen und wie waren deine Eindrücke von dem Land, das ja nicht gerade als Hard Rock- und Metal-Hochburg gilt?

Indien war eine tolle Erfahrung, weil das Land so grundlegend anders ist als Europa. Die Fans dort waren sehr frenetisch und enthusiastisch und haben uns toll aufgenommen und unterstützt. Und sie haben auch selber eine kleine Metalszene mit eigenen Bands. Es war wirklich beeindruckend, einheimische Bands zu hören, die SLAYER Songs gecovert haben. Ich glaube, es werden bestimmt bald ein paar Bands aus Indien auf den weltweiten Rockbühnen aufschlagen. Die Reise nach Indien hat mich nachträglich gesehen mehr inspiriert, als ich es zunächst selber gedacht habe.

Dann hoffe ich mal, das diese Inspiration noch eine lange Zeit anhält. Bat, ich wünsche dir und natürlich auch Tony, Davy und Pete alles Gute für 2009, und das ihr endlich ein Label findet, das euch in dem Maße unterstützt, wie ihr es meiner Meinung nach auch verdient habt. Und natürlich hoffe ich auch, dass wir dieses Jahr, allerspätestens aber bei den „Vibes For Philo" wieder mal ein paar Pints killen werden. Hast du noch ein paar abschließende Worte parat?

Cheers Dirk, wir werden uns bestimmt bald mal wieder treffen. Und für die Leser: Haltet Rock'n Roll am Leben, und wenn euch eine Band gefällt, geht und kauft das Album legal. Helft gerade den kleinen Bands durch den Kauf, dass sie überleben können. Genießt euer Leben, lebt euer Leben und bleibt immer ein Teil der großen Rock Familie. Und vielen Dank für euren Support.

 
Dirk

Musik: Hard Rock, Heavy Metal, Power Metal, Blues

Bands: Thin Lizzy, Gary Moore, Dio, Savatage, Bloodbound, Y&T, Edguy, Iron Maiden, Judas Priest, W.A.S.P.

Aktueller Dauerrotierer: Herman Frank - The Devil Rides Out