Geschrieben von Deniz Freitag, 04 November 2005 21:04
Twelve Tribes - Interview mit Sänger Adam Jackson
Link: www.twelvetribesmusic.com
In Zeiten, in denen die meisten jungen Bands auf den Metalcore-Zug aufspringen, heben sich Twelve Tribes wohltuend von der Masse ab. Individuell, progressive und mit einem fetten Sound versehen, meistern die fünf Jungs aus Dayton, Ohio den Spagat zwischen Anspruch und Hitträchtigkeit. Beim Stop der Ferret-Tour (zusammen mit den Label-Kollegen A Life Once Lost und Every Time I Die) in Köln, schnappten wir uns Sänger Adam Jackson, der gerade von einem Spaziergang zum Kölner Dom wiederkam, zu einem gemütlichen Plausch. Was der Mann mit den meterlangen Dreadlocks zu erzählen hatte, lest ihr hier.
Adam, ihr seid dieses Jahr bereits zum dritten Mal in Deutschland auf Tour - erst mit Killswitch Engage, dann mit 36 Carzyfists, jetzt auf der Ferret-Tour. An welche Highlights kannst du dich erinnern?
Die Shows in Köln waren bei beiden Touren die besten Konzerte, die wir hier hatten. Bei der Tour mit 36 Crazyfists war es zugleich das Abschlusskonzert, deshalb haben wir uns auf der Bühne gegenseitig verarscht, das Publikum hatte viel Spaß und ich freue mich deshalb jedes Mal aufs Neue auf Köln.
Gibt es irgendetwas, was du an der deutschen oder generell an der europäischen Kultur zu schätzen weißt?
Klar, gerade die Architektur ist in den meisten deutschen Städten fabelhaft. All die Geschichten, die sich dahinter verbergen, das ist schon sehr interessant. Heute haben wir uns den Dom angeschaut - eines der coolsten Bauwerke, die ich je gesehen hab. Sowas fehlt in Amerika. Das Land ist sehr jung und kann deshalb keine langen Geschichten erzählen.
Zumindest in Deutschland sind Twelve Tribes noch ein Geheimtipp. Soll dieser Underground-Status so bleiben, oder würdest du dir doch vielleicht wünschen, in einer Liga mit Killswitch Engage und den anderen so genannten Metalcore-Bands zu spielen?
Ich bin zufrieden, mit dem, wie weit wir gekommen sind. Ich denke, mit dem nächsten Album werden wir den Schritt in Richtung Mainstream machen, nicht musikalisch, aber hoffentlich vom Erfolg her. Bisher bin ich mit den Reaktionen zufrieden.
Euer letztes Album „The Rebirth Of Tragedy" ist nun auch schon mehr als ein Jahr alt. Was denkst du rückblickend über dieses Stück Musik?
Puh, dazu gäbe es eine Menge zu sagen. Wir schreiben gerade an unserem nächsten Album und merken, was wir hätten besser machen können. Aber letztendlich war es das Album, das wir in dieser Zeit so machen wollten und wir haben extrem viel Arbeit und Zeit hineingesteckt. Deshalb bin ich immer noch glücklich mit der Musik.
Was hat sich in der Zeit seit der Veröffentlichung für euch verändert?
Oh Mann, uns sind so viele coole Dinge passiert. Wir haben ein Video gedreht, waren dreimal in Europa, sind zigmal durch die USA getourt, all die Sachen, von denen du träumst, wenn du eine Band gründest. Aber auf persönlicher Ebene musste ich auch viel opfern. Ich musste all meine Freunde und Familie zu Hause lassen. Man macht Schluss mit seiner Freundin, um mit seiner Band weiter machen zu können. Das ist nicht einfach, sag ich dir.
Eure Musik ist sehr individuell und komplex. Es ist sowohl schwer, eure Songs nachzuspielen, als auch euch in eine Schublade zu stecken. Gibt es trotzdem Einflüsse, die ihr während des Songwritings aufgreift?
Das ändert sich von Tag zu Tag. Aber was wir privat hören und was wir selber machen, sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Wir machen nichts direkt wie andere. Es gibt Bands, die mich sehr beeindrucken, aber ich versuche, dass keine anderen Metalbands Einfluss auf mich üben. Und schon gar nicht aktuelle Bands, haha. Eher sind es persönliche Erfahrungen, Bücher, Filme und so weiter.
Trotzdem die Frage: Was hörst du momentan so?
Ich höre viel Björk, Black Party, Mobb Deep, auch Mastodon mag ich. Heute habe ich mir die neue Every-Time-I-Die-CD angehört. Viel Hip Hop und älterer Rock.
Deine All Time Top 5?
Beatles - White AlbumLed Zeppiline - Physical GraffitiMethod Man - TicalNine Inch Nails - The Downward SpiralBjörk - Homegenic
Eure Musik ist einerseits ziemlich progressiv, andererseits hat sie einen starken Vibe, rockt wie Hölle und geht direkt ins Blut. Wie schreibt ihr eigentlich eure Songs? Gibt es eine Formel oder Vorgabe?
Oh, ich wünschte, es gäbe eine Formel. Normalerweise kommen Kevin und ich zusammen und überlegen uns Songstrukturen. Dabei haben wir einen Drumcomputer und ein Acht-Spur-Aufnahmegerät. Wir arbeiten an den Parts solange bis sie zu Songs verschmelzen. Manchmal klappt das aber auch nicht. Wir schreiben nun mal keine Standardsongs nach dem Prinzip Strophe-Strophe-Refrain-Strophe. Es geht mehr um das Feeling und den Vibe. Die Reaktionen auf den Konzerten sind da ein guter Indikator für. Es gibt aber definitiv kein Rezept. Falls doch, würde ich es in einem Buch schreiben und anderen Bands verkaufen, haha.
Es gibt nicht viele Alben, zu denen ich sowohl wild durchs Zimmer springen kann, als auch völlig relaxen, ein Glas Wein dabei oder vielleicht auch etwas Nettes rauchen kann... Wie erklärst du dir diesen Effekt?
Vielleicht liegt das an den verschiedenen Persönlichkeiten in unserer Band. Die einen sind etwas ruhiger, die anderen wollen viel abgehen und Party machen. Es ist diese Kombination aus Aggressivität und Nachdenklichkeit. Ich habe das gleiche Verhältnis wie du zu unserer Musik, deshalb find ich es cool, dass du das so siehst. Ich höre unsere Musik manchmal wenn ich wütend bin und manchmal, wenn ich einfach nur chillen will. Wir sind eben eine progressive Hardcore-Band.
Könntest du dir vorstellen, mal völlig andere Musik zu machen?
Ja, definitiv. Nicht mit dieser Band, aber wenn ich irgendwann die Möglichkeit hätte, dann schon. Es würde sich wesentlich melodischer und entspannter anhören, ohne Schreie.
Du hattest vorhin schon erwähnt, dass ihr an neuem Material arbeitet. Wie wird denn das nächste Album klingen? Kannst du uns schon paar Informationen geben?
Wir haben uns viele Gedanken über unsere neuen Songs gemacht und auch die vielen Live-Auftritte haben uns viel erkennen lassen. Das nächste Album wird härter, schneller und dynamischer. Die melodischen Parts werden aggressiver klingen. Die Dynamik wird auf jeden Fall viel ausmachen. Wir wollen uns möglichst vom Sound der Metalcore-Bands distanzieren. Die kopieren sich doch alle nur. Wir bleiben progressiv. Wahrscheinlich kommt das Album nächstes Jahr im Frühjahr heraus. Um diese Zeit herum werden wir wieder viel Touren, also auch in Europa.
In Anbetracht eures Bandnamens, der Songtitel und deiner sozialkritischen Texte, gibt es eine Philosophie, die hinter Twelve Tribes steckt?
Ja, nicht unbedingt in Bezug auf den Bandnamen, aber in meinen Texten geht es oft um Individualität, quasi die Rolle des einzelnen Menschen in der Gesellschaft.
Du hast schon ein paar Andeutungen gemacht, aber noch mal konkret: Was magst du an der heutigen Hardcore-Szene und was nicht?
Ich mag es, wenn Bands, das machen, was sie am besten können. Mastodon ist hierfür ein gutes Beispiel. Die scheren sich einen Dreck um Trends und klingen sehr cool, aber auch eigenständig. Killswitch Engage sind großartig. Sie sind Originale, viele versuchen sie zu kopieren. Ich mag Converge, Cave In, auch wenn die nicht unbedingt zur Hardcore-Szene zu zählen sind. Ich mag einfach Hardcore, aber ich höre auch viel Metal. Es kommt einfach darauf an, dass die Bands ihren eigenen Sound gefunden haben. Ich behaupte noch nicht mal, dass wir das schon erreicht haben. Ich denke, das kommt mit dem nächsten Album. Ab da werden die Leute sehr zu schätzen wissen, was wir tun.
Gibt es noch etwas, was die Leute über Twelve Tribes wissen sollten?
Sie sollen wissen, dass wir ganz wir selbst sind und unser eigenes Ding durchziehen. Wir stecken viel Herzblut in unsere Musik. Das merkt man am besten live. Also kommt vorbei und checkt und aus!
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