Geschrieben von Samstag, 19 November 2005 21:06

Extol - Interview mit Sänger Peter Espevoll


Review

 

 
www.extolweb.com

Extol existieren seit nunmehr einer Dekade, doch für manch einen sind sie die Entdeckung des Jahres. „Blueprint", das vierte Album der vier jungen Norweger, ist die Wunderdroge schlechthin für all diejenigen, die sich eine Synthese aus Voivod, Pink Floyd, The Dillinger Escape Plan und Death vorstellen können. Der Trip wirkt umso berauschender, wenn man diese begnadete Band als Support der nicht minder innovativen Opeth sehen darf. Zwischen den beiden Shows kam BurnYourEars mit einem extrem höflichen Peter Espevoll wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Hinter der extremsten Musik, stecken meistens die nettesten Menschen...


Die Show gerade war fantastisch, aber leider auch viel zu kurz. Ihr habt nur fünf Songs gespielt. Warum die Eile, von der Bühne zu gehen?

Das lag nicht an uns. Heute ist noch normaler Disco-Betrieb und deshalb wird sehr streng auf die Zeiteinhaltung geachtet. Wir durften nur 20 Minuten spielen. Ich glaube, wir haben sogar überzogen.

Schade, denn Anfang des Jahres, als ihr im Vorprogramm von Mastodon gespielt habt, kannte ich euch noch gar nicht und hab euch wissentlich verpasst. Diesmal brannte ich darauf, euch zu sehen. Das war ein kurzes Vergnügen.


Das tut mir echt leid. Aber wir sind bestimmt nicht zum letzten Mal in Deutschland. Auch heute Abend hat es uns Spaß gemacht.

Euer Album ist seit Februar dieses Jahres auf dem Markt. Kannst du resümieren, was in dieser Zeit so passiert ist?


Direkt nach der Veröffentlichung sind wir für drei Wochen im Vorprogramm von Mastodon auf Tour gegangen. Danach hatten wir ein paar Headliner-Shows in Skandinavien. In England sind wir dann zusammen mit unseren Labelkollegen God Forbid auf Tour gegangen. Daraufhin flogen wir für eine mehrwöchige Tour mit einer Hardcore-Band namens Hate The Day in die USA. Dort waren wir auch mal Headliner. Im Sommer gönnten wir uns dann einen langen Urlaub, und jetzt sind wir unterwegs mit Opeth.

Wir lief denn die Tour mit God Forbid? Ich kann mir vorstellen, dass viele Metalcore-Fans Probleme mit eurem sperrigen und unkonventionellen Sound hatten.


In der Tat. Die meisten warteten ständig, dass ein Breakdown kommt, haha. Wir haben sehr viele Breaks, aber keine Breakdowns, haha. Natürlich hatten wir auf der Tour nicht die besten Karten, aber es war OK.

Ihr seid in eurer Kariere nun zum zweiten Mal mit Opeth auf Tour, was auch vorzüglich passt, wie ich finde. Waren eure Kollegen ein Einfluss auf eure Musik?


Ja und nein. Natürlich sind wir über die Jahre mit ihrer Musik ein Stück weit aufgewachsen, aber ich würde nicht behaupten, dass sie ein direkter Einfluss waren. Ich kann es verstehen, wenn Leute uns mit ihnen vergleichen. Sie sind eine melodische Progressive-Band und das sind wir auch.

Euer Sound ist so gut wie nicht zu kategorisieren, da er Versatzstücke aus vielen verschiedenen Genres beinhaltet. Von wem oder was lasst ihr euch dazu inspirieren, so freizügig mit Musik umzugehen?


Nicht unbedingt von anderen Bands. Und wenn dann sind das alte 70ies-Prog-Bands. Auch Popmusik spielt für uns eine Rolle. Nicht dieser Mist aus dem Radio, sondern gute Popmusik mit originellen Melodien. Momentan höre ich gerne das neue Album von The Mars Volta, King's X sind ein Dauerbrenner bei mir, Mastodon, Yes und Cardigans gehören auch zu meinen derzeitigen Faves.

Als was siehst du euer Neues Album „Blueprint" an - ist es euer Meisterwerk, das ihr schon immer aufnehmen wolltet oder nur der nächste Schritt in Richtung musikalisches Wunder?


Es ist definitiv unser spannendstes Album geworden. Es war auch eine große Herausforderung für uns, denn es unterscheidet sich doch sehr von unserem alten Material. Es war schwierig aber auch sehr cool für mich, so viele Melodien zu singen. Ich bin mehr als zufrieden mit „Blueprint".

Wie sehen die Reaktionen der Kritiker und Journalisten aus? Glaubst du, ihr bekommt die Aufmerksamkeit, die ihr verdient habt?


Ich denke, es ist schon besser geworden mittlerweile. Ich hoffe dennoch, dass wir noch mehr Aufmerksamkeit bekommen. Aber speziell in Europa habe ich viele gute Reviews in den großen Metalmagazinen über uns gelesen.

Was für Leute sieht man auf Extol-Konzerten?

Unsere Klientel ist sehr unterschiedlich, da gerade das neue Album extrem vielseitig ist und jeder etwas für sich entdecken kann. Auch als wir Death Metal orientierter waren, hatten wir unterschiedliche Fans, wahrscheinlich wegen den feinen Melodien zwischendurch. Unsere Fans lassen sich nicht nur auf die Metalszene beschränken, was uns natürlich sehr freut.

Euer Stil ist sehr technisch, aber wartet auch mit düsteren bis wunderschönen Melodien, abgefahrenen Breaks und Emotionswechseln auf. Wie kann man sich den Prozess des Songschreibens bei Extol vorstellen?


Auf „Blueprint" haben wir zwei neue Gitaristen an Bord. Zunächst saßen wir zusammen und einigten uns darauf, dass alles erlaubt ist - anything goes. Alles was gut klingt, ist erlaubt. Manches hat funktioniert, manches nicht. Einer von uns kommt mit einem Riff oder einer Melodie an, die anderen binden sich ein und fügen neue Parts hinzu. Es fast wie eine Jam-Session, aber normalerweise fängt alles mit einer Idee an.

Meine Lieblingslieder auf „Blueprint" sind „In Reversal", „The Things I Found", „Void" und „The Death Sedative". Welche magst du am meisten?

„The Things I Found" ist großartig, die Lyrics und das langsame Tempo - richtig beängstigend. „From The Everyday Mountain Top" mag ich wegen des starken 70ies Einflusses. "In Reversal" - der Schlussteil ist sehr cool.

Gibt es eine Botschaft, die ihr dem Hörer näher bringen wollt?


Definitiv. Wir sind Christen und das beeinflusst unser Leben, egal, ob wir Musik machen oder irgend etwas anderes. Wir wollen unsere Erfahrungen mit Gott und unsere Ansichten mit den anderen Menschen Teilen. Wir wollen den Leute einfach etwas Positives vermitteln. Es gibt so viele destruktive Haltungen in der Metalszene und in der Welt, wir dagegen stehen für Glaube, Hoffnung und Liebe, und daran, dass Gott uns seine Liebe schenkt. Aber wir gehen nicht auf die Bühne mit der Bibel in der Hand und erklären den Leuten, dass dies die ultimative Antwort ist. Die Leute sollten sich einfach unsere Texte genau angucken. Wenn sie sich in ihren Herzen widerspiegeln, wäre das toll.

Ich halte nicht viel von Religion und glaube nicht an Gott. Trotzdem weiß ich eure Texte sehr zu schätzen, denn sie sind in gewisser Hinsicht universell gehalten, sodass auch ein Atheist wie ich daraus etwas ziehen kann.


Das ist cool. Ja, die Texte sind bodenständig und drehen sich um das alltägliche Leben. Es geht um Leben. Und leben will doch jeder.

Zum Abschluss „Blueprint" in drei Worten, bitte.

Innovativ (wenn ich das sagen darf), emotional, motivierend.