Geschrieben von Montag, 11 Februar 2008 22:06

The Vision Bleak - Interview mit Gitarrist Ulf Theodor Schwadorf


Review

 
Mit „The Wolves Go Hunt Their Prey“ haben THE VISION BLEAK ihr mittlerweile drittes Album veröffentlicht und sind nun nach einigen Festival-Auftritten im Sommer und einer Tour als Support für THERION auch endlich als Headliner in deutschen Landen unterwegs, um den Fans das aktuelle Werk auch live zu präsentieren. Grund genug, die dunkelhaarige Hälfte der Band, Markus Stock alias Ulf Theodor Schwadorf (Gitarre / Bass / Keyboard), zum Interview zu bitten...


Zuallererst: Neben THE VISION BLEAK betreibt ihr beide noch andere Projekte. Worauf gründete sich die Entscheidung, gerade ein neues Album für diese Band einzuspielen?

Ganz einfach, weil THE VISION BLEAK unsere Top-Priorität ist, sprich unsere Hauptband und eben das, was uns am Wichtigsten ist. Die anderen Projekte dienen einfach dazu, dass man musikalisch vielfältiger bleibt und es, wenn man lange an einem Album für THE VISION BLEAK gearbeitet hat, auch Spaß macht, mal etwas Anderes zu machen. THE VISION BLEAK ist aber einfach unsere Hauptband.

Wie kaum zu überhören ist, ist „The Wolves Go Hunt Their Prey“ eindeutig gitarrenlastiger ausgefallen als die beiden Vorgänger. Kannst du zu dieser Tatsache etwas mehr erzählen?


Der erste Song, den wir für die Platte komponiert haben, war „The Vault Of Nephren-Ka“ und dieser Song hat einfach die Marschrichtung für das Album vorgegeben. Auf der einen Seite ist er gitarrenlastiger, auf der anderen Seite hat er diese Atmoshpäre, die gerade auch der Mittelpart auf den Punkt bringt. Nachdem wir den Song geschrieben haben, haben wir gemerkt, dass das genau das ist, wo wir mit der Platte hinwollen.

Einmal mehr beschäftigt ihr euch textlich mit Howard Phillips Lovecraft und habt ihm diesmal gleich eine Trilogie gewidmet. Kannst du beschreiben, warum seine Werke für euch immer noch nichts an Faszination verloren haben?


Gerade was Phonetik angeht, finde ich Lovecraft unglaublich faszinierend. Nephren-Ka taucht ja bei Lovecraft eher nur am Rande auf und ist keine Mittelpunktfigur, die er richtig ausgearbeitet hat. Einzig die Phonetik von diesem Wort „Nephren-Ka“ hat in meinem Kopf Bilder entstehen lassen, über die ich sofort schreiben konnte – einfach nur durch den reinen Klang des Wortes, und das finde ich an Lovecraft so wahnsinnig faszinierend. Außerdem ist er auch einfach der meist gelesene Autor bei uns in der Band.

Ansonsten kann man das Konzept des Albums im Großen und Ganzen natürlich wieder mit „Horror“ umschreiben, was mir aber etwas zu plump erscheint. Wie würdest du es nennen?


Was THE VISION BLEAK ausmacht und was auch das Konzept ist, mit welchem wir uns bei dieser Band ausschließlich beschäftigen, ist das Übernatürliche. Das Übernatürliche, das Phantastische und das Okkulte.

Wie genau kann man den Albumtitel „The Wolves Go Hunt Their Prey“ denn interpretieren? Denke ich da zu tiefgründig, wenn ich sage, es ist nicht rein auf den Wolf als Tier bezogen? Und wieso habt ihr gerade dieses als Titel für das Album gewählt?


Diesmal haben wir ja kein Konzeptalbum geschrieben, welches eine durchgehende Geschichte erzählt. Der Titelsong ist losgelöst von jedem Song zu betrachten, und ich interpretiere ihn einfach so, dass wir „the wolves“ sind und „the prey“ unser Publikum ist. Der Titel hat mir gefallen, weil er sehr stark nach vorne geht und quasi wie eine Kampfansage ist.

„The Demon Of The Mire“ befasst sich thematisch mit der Natur, und bei diesem Fakt muss ich automatisch an EMPYRIUM zurückdenken. Ist das gewollt gewesen oder ist es Zufall, dass diese Assoziation entsteht?


Die Natur ist, wie ich finde, nach wie vor ein sehr schönes Motiv, und dieses ist auch immer noch stark in mir verwurzelt. Obwohl aber lustigerweise gerade zu „The Demon Of The Mire“ die Vorlage zum Text von Konstanz stammt und ich ihn nur noch ausgearbeitet habe.

Hast du Songs, die dir besonders am Herzen liegen und zu denen du Genaueres sagen kannst?

„The Vault Of Nephren-Ka“ und „By Our Brotherhood With Seth“ sind eigentlich die zwei Songs, die mir auf der Platte das Meiste bedeuten. Die Black Pharao-Trilogie liegt mir wahnsinnig am Herzen, weil sie, wie ich finde, atmosphärisch sehr gelungen ist. Wenn ich die Songs höre, entstehen bei mir wirklich Bilder im Kopf und das ist ja das, was wir mit unserer Musik auch erreichen wollen. 
Auf der einen Seite funktioniert unsere Musik im Auto ganz gut; genau so soll es aber auch sein, wenn man sie sich Daheim in Ruhe anhört und sich mit den Texten beschäftigt. Und da entstehen, so denke ich, gerade bei der Black Pharao-Trilogie viele Bilder im Kopf.
Bei der Trilogie gibt es ein typisch Faust’sches Motiv: Es geht um diesen Trapezoeder, einen Kristall, der dem Protagonisten endlose Weisheit verschafft. Der Preis aber, den er dafür bezahlen muss, ist der, dass er zum Schwarzen Pharao wird, also eben mehr oder weniger zu einem Dämonen oder Ghul oder wie man es nennen mag.
In „By Our Brotherhood With Seth“ gibt es ja eigentlich schon fast ein satanisches Motiv, nur, dass „By Our Brotherhood With Satan“ ziemlich dumm geklungen hätte und wir deswegen eben „Seth“ gewählt haben. Außerdem sind die Attribute der ägyptischen Gottheit Seth auch gut auf uns projizierbar, also auf das, was wir denken und was wir fühlen.

Wie kann man sich bei euch denn einen typischen Song-Entstehungsprozess vorstellen? Entstehen alle Songs neu oder existieren hier und da schon Textschnipsel und früher geschriebene Melodien?

Bei uns ist es meistens sehr unterschiedlich, wann Text und wann Musik entsteht. Manchmal ist es so, dass ein Song schon fertig ist und nur der Text noch fehlt und man sich dann einfach von der Musik inspirieren lässt, was dazu passen könnte. Anders herum war es zum Beispiel bei der Black Pharao-Trilogie so, dass erst die Idee da war und dann die Musik dazu kam. Man kann also nicht wirklich immer sagen, was zuerst da ist.
Der Prozess des Songwritings ist bei uns aber mittlerweile auch sehr eingespielt. Auf meinem Laptop existiert inzwischen eine riesige Ideensammlung, denn wann immer ich Gitarre spiele, nehme ich die Sachen auf, die ich gut finde und mache daraus kleine Arrangements. Irgendwann treffen wir uns dann, diskutieren, ob wir das gut finden und arbeiten es zusammen aus.

Der aktuellen Scheibe liegt auch eine Live-DVD bei. War es eure Entscheidung, gerade das Konzert der Prophecy Konzertnacht auf DVD zu verewigen...? Mir fehlt hierbei nämlich eindeutig das ansprechende Optische, sprich die Bühnendeko usw. Die weiße Bürodecke tut zu dem ziemlich sterilen Eindruck auch ihr Übriges...

Hmm, gut, es war jetzt nicht wirklich eine Vorgabe seitens des Labels, es war aber auch nicht so, dass wir das unbedingt haben wollten... Es ist aber einfach ein schöne Sache für die Leute, die uns vielleicht noch nicht Live gesehen haben und auch die anderen Platten von uns nicht kennen, da ja ausschließlich Songs der ersten beiden Alben auf der DVD enthalten sind.
Das Bild des Konzerts hätte aber sicherlich besser sein können, da stimme ich dir zu. Es ist aber gerade bei den Prophecy-Festivals, wo ja viele Bands spielen, immer schwierig, die Ideen der einzelnen durchzusetzen. Heute im Marx können wir leider auch nicht alles zeigen, was wir auf der Tour an Dekoration dabei haben, weil die Bühne einfach zu klein ist.
Man muss sich eben dem Auftrittsort anpassen, und für die DVD war dieser Auftrittsort gewählt und da dort mit vielen Kameras recht aufwendig mitgefilmt wurde, kann man ja dann nicht sagen, dass man das nicht haben möchte. Ich finde auch trotzdem, dass das Konzert sehr gut ist – bis auf einige Schönheitsfehler eben.

Kommen wir zum heutigen Abend: Ihr spielt zusammen mit NEGURA BUNGET und FARSOT, die beide zwar beide sehr atmosphärisch, aber trotzdem noch am ehesten dem Black Metal zuzuordnen sind. Wie ist es, mit den beiden Bands zu spielen, wo ja diese Stilrichtung bei THE VISION BLEAK eher keine Rolle spielt?

Die Tour war eigentlich erst mit anderen Bands geplant, aber leider sind noch viele abgesprungen. Ich bin aber sehr froh, dass NEGURA BUNGET dabei sind, weil ich die Band sehr gut finde. Und sie kommen natürlich aus dem Black Metal-Bereich, aber ich finde, was sie heute machen, hat ja mit Black Metal nicht mehr wirklich viel zu tun.

Sind nach den Gigs mit FARSOT und NEGURA BUNGET weitere Touren geplant?

Nein, danach ist erst einmal eine Pause angesagt. Im Sommer spielen wir dann einige Festivals, wie zum Beispiel das Mera Luna, das Summer Breeze und noch ein paar andere. Eventuell ist noch eine kleinere Tour nach Italien geplant, weil wir dort wirklich viele Fans haben. Dort spielen wir dann vielleicht noch mal drei, vier Gigs und in den Benelux-Staaten dann auch noch mal drei oder vier.

Da stehen dann wahrscheinlich auch noch keine Bands fest, die euch begleiten...?

Nein, das ist jetzt erst einmal so lose das, was wir noch planen. Gegen Ende des Jahres werden wir dann auch schon die nächste Platte in Angriff nehmen.

Ihr habt gerade erst die Tour mit THERION beendet – wie war’s denn?

Sehr gut! Wirklich sehr gut. Uns war gerade an dieser Tour sehr wichtig, dass wir in vielen Ländern spielen konnten, in denen wir noch nie zuvor gespielt haben. Zudem kam uns zugute, dass THERION gut Fans ziehen und gerade auch im Ostblock ist uns ein wahnsinnig enthusiastisches und begeisterungsfähiges Publikum begegnet. Wir haben fast jeden Abend vor 800 bis 1.000 Leuten gespielt, und es waren sogar auch viele Leute mit THE VISION BLEAK-Shirts da. Das war auch für uns sehr interessant zu sehen, dass, wenn wir beispielsweise nach Belgrad gehen, es dort auch viele Leute gibt, die unsere Musik kennen und gerne anhören. Man hat ja auch nicht jeden Tag die Möglichkeit, nach Belgrad oder nach Sagreb zu fahren, und daher war die Tour schon wirklich sehr interessant. 

Wo du eben einige Festivals angesprochen hast: Auf dem Wacken hab ich euch leider verpasst...

Echt!? Das war wirklich sehr gut, haha! Das war eines unserer besten Konzerte, glaube ich sogar. Auch wenn es nur 30 Minuten waren, es war wirklich sehr intensiv. Das Zelt war brechend voll, die Leute sind prima mitgegangen und es war wirklich super. Wir haben es auch mitgefilmt, vielleicht wird das dann ja mal auf der nächsten DVD zu sehen sein.

Konstanz hat 2004 das letzte Album mit EWIGHEIM, du selbst im selben jahr die letzte SUN OF THE SLEEPLESS herausgebracht. Wird es von einer dieser Bands wieder etwas zu hören geben?


Zu EWIGHEIM kann ich jetzt gar nicht so viel sagen, ich weiß nur, dass sie irgendwann ein neues Album machen wollen, aber sie wollen sich da auch nicht unter Zeitdruck setzen und das Ganze ziemlich locker angehen lassen.
Zu SUN OF THE SLEEPLESS habe ich immer mal wieder vage Ideen, aber ich weiß nicht, wann ich da mal die Zeit und auch Inspiration finde, diese weiter zu verfolgen. Zudem ist es so, dass THE VISION BLEAK und das Studio schon viel Zeit kosten und man will ja, dass die Platte, die man macht, auch gut wird und man richtig inspiriert dabei ist. Dazu bräuchte ich aber einfach mal ein paar Monate Ruhe – und da weiß ich nicht, wann das passieren wird... Es ist aber auf jeden Fall nicht so, dass ich sage, es gibt nie wieder eine SUN OF THE SLEEPLESS-Platte.

Die letzte Scheibe von SUN OF THE SLEEPLESS war ja ein Split mit NACHTMAHR Wird es hier noch einmal etwas geben?

Da hat Thomas (Helm – der Verf.) glaube ich sogar Pläne! Ich bin noch nicht hundertprozentig informiert über alles, aber als wir uns das letzte Mal gesprochen haben, hat er gesagt, dass er viele Ideen und Songs hat und wir doch da mal eine Platte in Angriff nehmen sollten.

Wo du gerade Thomas schon angesprochen hast: Im Februar steht mit „The Minstel's Curse“ ein weiteres Album von NOEKK ins Haus, was ja nach EMPYRIUM und neben NACHTMAHR eine weitere Zusammenarbeit mit ihm ist. Gibt es hier dann auch eine Tour oder Ähnliches?

Nein, NOEKK ist ein ganz striktes Studioprojekt, von dem wir von Vornherein gesagt haben, dass wir da nur Platten aufnehmen. Mit NOEKK können wir unseren, sagen wir mal, obskureren Songschreib-Gelüsten huldigen, haben im Studio einfach Spaß zusammen und sind außerhalb von dem kreativ, was wir mit EMPYRIUM gemacht haben.

Wieso trittst du bei dieser Band unter einem weiteren Pseudonym, Yuggoth, auf? Das auch, weil es einfach so gut klang?


Hehe, ja, das auch eigentlich nur, weil es einfach so abgefahren und bescheuert klang! Aber NOEKK hat ja gerade bei den ersten beiden Platten ab und zu mal so leicht psychedelische Klänge und dazu passt ja dieses Pseudonym auch ganz gut.

Ich habe mir von NOEKK einen Stream im Netz angehört und muss sagen, dass dieser Song sehr progressiv klingt; vor allem hat er mich rifflastig aber auch ziemlich an IRON MAIDEN erinnert. Wie kommt denn das?

Ich glaube, ich weiß, welchen Song du meinst. Thomas ist ein riesen MAIDEN-Fan - ich liebe sie natürlich auch - aber er ist ein riesiger Bruce Dickinson-Fan und und daher kommt das wahrscheinlich. Auch der Gesang auf dem kompletten Album geht schon sehr in dieser Richtung.

Wann hast du denn zu NOEKK eigentlich noch die Zeit gefunden, wenn man bedenkt, dass du neben der Arbeit an der neuen THE VISION BLEAK und den jetzt gerade stattfindenden Touren auch noch deine Arbeit im Tonstudio (Klangschmiede Studio E) hast?

NOEKK zum Beispiel ist eine Sache, die mich im Jahr höchstens drei Wochen beansprucht. Thomas kommt zu mir ins Studio, hat seine Ideen, die wir noch ausarbeiten und dann auch direkt aufnehmen. Da gibt es für mich also keine Vorbereitungsphase.
Das Studio selbst ist meine Hauptarbeit, weil es eben auch meine Haupteinnahmequelle zum Überleben ist. Wann immer ich dann aber da nichts zu tun habe, ist THE VISION BLEAK an der Reihe. Dort sind wir ja aber auch zu zweit und Tobias (Schönemann, alias Allen B. Konstanz – der Verf.) kümmert sich viel um dem ganzen geschäftlichen Krempel und daher passt das dann. Es ist schon manchmal zeitlich ein wenig eng, und vor allem kommt auch immer alles auf einmal - aber das geht schon irgendwie!

Gute abschließende Worte; damit sind wir nämlich auch schon am Ende. Ich danke ganz herzlich für das Gespräch und wünsche viel Spaß bei eurem Auftritt!

www.the-vision-bleak.de
www.myspace.com/thevisionbleak
www.prophecyproductions.de – mit Informationen zu NEGURA BUNGET, FARSOT und den Nebenprojekten von Markus Stock und Tobias Schönemann