Ziemlich durchgeschwitzt humpelt der Fear Factory Gitarrist an mir vorbei, bis er schnallt, dass ich der Schreiberling bin. Christian Olde Wolbers sieht extrem fertig aus, ist ziemlich unmotiviert und hat zudem erheblich Schmerzen, wie es aussieht. Hinzu kommt, dass wir keinen Raum bekommen konnten, in dem nicht ständig Leute durchmarschieren. Um das Ganze perfekt zu machen, streckt mein Diktiergerät während des Interviews alle Viere von sich. Hervorragende Sache.
Christian, wie geht’s dir? Was hast du mit Deinem Fuß gemacht?
(Winkt ab) Ach ich bin umgeknickt, als ich gegen eine Box getreten habe.
O.k., kommt vor. Wie läuft die Tour, bist du zufrieden mit den bereits gespielten Gigs?
Ja sehr! Wir haben bisher sieben Shows gespielt und die waren wirklich gut. Gerade die deutschen Shows sind immer sehr gut. Zum Beispiel Berlin und Köln waren sehr, sehr geil und nahezu ausverkauft.
Ich würde gerne eine Frage zu dem neuen Album stellen, „Transgression“. Viele Leute sind nicht sehr angetan von dem Werk. Wie ist Deine Meinung zu dem Album, bist du zufrieden damit?
Nicht unbedingt, es ist mir auch etwas zu ruhig geraten. Das nächste Album wird wesentlich besser werden.
Wie sind die Reaktionen des Publikums auf die neuen Songs?
Da habe ich nicht so genau drauf geachtet. Wenn ich auf der Bühne stehe bin ich hochkonzentriert. Höchstens hinter der Bühne, wenn ich mit den Fans spreche. Mir ist es nicht egal, aber ich schaue nicht in die Vergangenheit, sondern konzentriere mich lieber auf das neue Album, das wir machen wollen.
Douglas kommt mit einem großen Eisbeutel vorbei und wir setzen uns in die Astra-Lounge. Der Fuß sieht in der Tat ziemlich übel aus. Kein Wunder, dass er nicht so sehr gesprächig ist und ihm offensichtlich andere Dinge im Kopf herumschwirren. Christian erzählt mir zwischenzeitlich, dass er bei „Transgression“ im Produktionsprozess nicht involviert war, aber dass er beim nächsten Album auf jeden Fall die Produktion übernehmen möchte. Ein weiterer Gedanke ist, sich noch einen zweiten Produzenten dazu zu holen, vielleicht Tue Madsen. Christian selbst arbeitet ebenfalls nebenbei als Produzent.
Wieso ist „Transgression“ nicht so aggressive? Warum stehen die cleanen Vocals so sehr im Vordergrund?
Wir hatten noch 7-8 Songs mehr, aber wir standen unter erheblichen Zeitdruck und mussten fertig werden. Wir hatten nicht genug Zeit, die Songs fertig zu stellen. Das, was wir fertig hatten, war mehr der leichte Stoff.
Weiter versichert mir Christian, dass auch die Songs auf „Transgression“ gute Stücke sind und die sieben bis acht Tracks, die FEAR FACTORY noch im Petto haben, wahrscheinlich auf dem neuen Album veröffentlicht werden.
Fear Factory haben Zuwachs bekommen, wie ich hörte. Ein Gerücht, oder ist Burton tatsächlich Vater geworden?
Doch doch, das stimmt. Er hat eine kleine Tochter, die im Februar auf die Welt kam.
Ist es nicht sehr hart für ihn, dann über sieben Wochen lang auf Tour zu gehen?
Ja klar, aber was soll er machen, das ist sein Job. Da hat er keine andere Wahl.
Wir unterhalten uns noch etwas über die anstehenden Konzerte. Mitte des Jahres, kommen Fear Factory wieder und spielen auf einigen Festivals in Deutschland. Besonders lustig findet mein Gegenüber den Ort Wacken. Das Wort scheint ihm zu gefallen.
Wenn du so zurück blickst, gibt es etwas, was du im nachhinein gern geändert hättest, bzw. anders machen würdest?
Nein, es ist eben so im Leben. Man macht Fehler und man muss aus der Vergangenheit lernen. Ich würde alles so wieder machen.
Könntest du dir vorstellen, etwas anderes als Musik zu machen?
Absolut no way. Musik ist mein Leben. Ich liebe es, Musik zu machen und will nichts anderes in meinem Leben tun. Ich schreibe ständig neue Riffs, so wie eben beim Soundcheck.
Nahezu 16 Jahre Fear Factory. Wie sieht die Zukunft aus, wohin wird die Reise gehen?
Das ist schon eine lange Zeit. Aber wir werden auch weiterhin Alben machen, touren und Alben machen und touren.
Wir unterhalten uns etwas über MINISTRY, eine Band, die Christian sehr schätzt. Auf meine Frage, ob die Art der Kritik, wie sie Al Jourgensen an der Politik von George W. äußert, für ihn nachvollziehbar und denkbar wäre, reagiert Christian sehr zurückhaltend. Ich bohre nach und frage nach seiner Meinung zu Georg W., gerade, weil er neben der belgischen auch die amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt. Mein Gegenüber blockt komplett ab und will seine politische Meinung lieber für sich behalten. O.k., kein Problem.
Ich bedanke mich für das Gespräch und ziehe mich, etwas gefrustet, zurück. Christian wird die Jacke gebracht und auch er verlässt die Markthalle, vermutlich zum Doc. Auf dem Weg zum Auto denkt sich Petrus wohl, dass er da auch noch einen draufsetzen kann und lässt es ordentlich pladdern. Spitze!
Geschrieben von Harm Mittwoch, 19 April 2006 05:15
Fear Factory - Interview zu "Transgression" mit Gitarrist Christian O. Wolbers
Um fünf Uhr nachmittags war ich noch nie in der Markthalle. Die Türen sind offen, ein paar People rennen um den Merchandise-Stand rum und ein Fan von Fear Factory hofft auf Unterschriften der Band. Im Büro treffe ich auf Douglas, der sich sehr entspannt und relaxed gibt. „Warte man noch ´n bisschen, wenn die da drin mit dem Lärm fertig sind kommt Christian zu dir“. Mit dem Lärm hat er wohl den Soundcheck gemeint oder das neue Riff, das Christian gerade kreiert hat - wie er mir später mitteilt.
Alle Artikel zu