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BLOODSTAIN und ich haben eines gemeinsam – den Tom. Etwas durchgeknallt der Gute, aber absolut liebenswert. Tom hat dieses Interview erst möglich gemacht und lud uns in die Lounge seiner Sureterrain Wohnung ein. Obendrein umsorgte er seine Gäste mit reichhaltig Kaltgetränken und Chips. An dieser Stelle noch mal herzlichen Dank, Tom!
Meine Frau und ich enterten um 17.00 Uhr die Lounge. Janina, Bryan und Micha von BLOODSTAIN waren bereits vor Ort und schon guter Dinge. Als wir das Interview beginnen wollten, waren alle schlagartig nüchtern und haben sehr ernsthaft und überaus ausführlich auf meine Fragen geantwortet. Leider musste ich einiges von dem Gesagten streichen, da es sonst den Rahmen hier gesprengt hätte. Inhaltlich ist aber alles da:
Im Juli 2005 wurden BLOODSTAIN gegründet. Wie kam es überhaupt zu der Zusammenarbeit, wie habt ihr euch gefunden?
Micha: Bryan und ich kannten uns schon vorher durch verschiedene Bands, in denen wir gespielt haben, und Bryan fragte mich, ob wir nicht ein Projekt zusammen machen wollen. So haben wir dann nach einem Schlagzeuger, einem zweiten Gitarristen und dem Bass gesucht. Unser Schlagzeuger (Tobi) war schnell gefunden und dann lernten wir Janina kennen, die auch gleich bei der ersten Probe die Songs einwandfrei mitspielen konnte. Somit war sie dabei und hat aus ihrer alten Band dann im Dezember zusätzlich den Gitarristen (Daniel) gleich auch noch beigesteuert. Bevor Daniel aber noch bei uns eingestiegen ist, haben wir uns zu viert ans Song schreiben gemacht und im Oktober die EP „Riding Shotgun“ aufgenommen.
Was macht ihr beruflich?
Bryan: Kaufmännischer Angestellter.
Micha: Ja, und Janina hängt dem Staat auf der Tasche….
Janina: Ach Alter, ich bin Student! Und Daniel (Gitarre) studiert ebenfalls.
Micha: Ja, und ich bin gelernter Bankkaufmann. Tobi ist auch Student und schreibt gerade an seiner Diplom-Arbeit in Biologie/Chemie und zählt Plastikpflanzen, hehehe.
Wie entstehen bei euch die Songs, habt ihr einen Hauptsongwriter oder macht ihr das alle zusammen?
Janina: Hauptsächlich haben sich unsere Songs beim Jammen ergeben. Wir setzen uns halt zusammen und spielen irgendwas und entwickeln dann daraus unsere Songs. Früher waren es meistens Bryans Ideen, die wir dann weiter ausgearbeitet haben, aber mit der Zeit wird es immer mehr ein Gruppenprojekt.
Und wie entstehen bei euch die Texte und welcher inhaltlicher Natur sind die geartet?
Micha: Wir spielen die neuen Songs, und währenddessen kann Janina die Texte dann mitschreiben. Ich habe dazu momentan nicht die Zeit, da ich nebenbei auch noch studiere und sie im Text einfach flüssig ist.
Janina: Ich studiere Amerikanistik und von daher ist es mit dem Englischen nicht das Problem. Da ich auch noch in einer anderen Band brülle/singe, kenne ich das vom Songwriting her, und dann besprechen wir zusammen, welches Thema wir haben wollen oder zu dem Song am besten passen könnte. Die Texte handeln zu meist von persönlichen Erfahrungen, vom persönlichen Umgang mit anderen Menschen oder der Natur. Auch einen politischen Text haben wir mittlerweile.
Micha: Wir haben jetzt auch einen positiven Song am Start, der nicht nur das Klischee des Musikstils bedient. Viele Leute denken bei Hardcore immer nur an Mord- und Totschlag-Texte und wir wollen halt auch mal deutlich machen, dass es auch was Positives in dieser ver**** Welt gibt.
Auf eurer Homepage kommt ihr etwas militant rüber. Die Bandmitglieder stehen unter „Fighters“, die Instrumente werden unter „Weapons“ vorgestellt. Wie kommt das, habt ihre ein gewissen Affinität dazu?
-allgemeines Gelächter-
Janina: Das haben wir extra so gemacht, weil wir nämlich gar nicht so sind.
Bryan: Wir wollten eben von dem typischen Kram abkommen.
Janina: Das ist eben mal was anderes, auch so die Fotos mit dem Blut drauf usw. Das passt eben gut zu Bloodstain. Das mit den Waffen soll auch mehr Provokation sein, denn wir sind alles andere als brutal. Entweder man mag uns so wie wir sind: Total abgedreht und durchgeknallt, oder man mag uns halt nicht. Und wir haben keinen Bock auf dieses typische Ding – das ist eben nicht unser Style.
Micha: Es ist eben das zweideutige. So passen die Blutflecken auf der Page auch zu der EP „Riding Shotgun“. Zu dem neuen Album werden wir die Page aber wieder umgestalten und auf das neue Album abstimmen.
Janina: „Riding Shotgun“ hat nichts mit Knarren und so zu tun, es heißt übersetzt so viel wie „als Beifahrer mitfahren“. Das meinen wir mit dem Zweideutigen.
Die EP „Riding Shotgun“ wurde im Januar in Deutschland und den BeNeLux-Ländern über Swell Creek Records veröffentlicht. Gibt es schon Zahlen, wie der Verkauf so lief?
Bryan: Nee, die gibt’s leider noch nicht.
Micha: Aber was die Reviews angeht, ist die Resonanz sehr positiv. Bei der Rock Hard (online) z.B. 8 von 10 Punkten und auch die Legacy hat uns durchaus positiv bewertet.
Wie seid ihr an den Deal mit Swellcreek Records gekommen?
Bryan: Ich kenn' Bauke schon seit Ewigkeiten und über das Label hab' ich auch vorher schon zwei Sachen rausgebracht.
Janina: Es war sowieso eine kuriose Geschichte, denn „Riding Shotgun“ war ursprünglich als Demo geplant und ist erst später zu einer EP mutiert.
Bryan: Als ich Bauke ansprach sagte er, dass er uns erst live sehen muss, sonst passiert da gar nichts. Da hab ich ihm aber erstmal unser Zeugs geschickt und zwei Tage später kam ´ne E-Mail zurück „ey ich mach’s!“ Danach ging’s wie von selbst.
Ihr habt jetzt schon vier Live-Shows gespielt. Wie waren die Reaktionen des Publikums auf eure Songs und eure Show?
Janina: Gespalten. Die Scheitelträger mit den einstudierten Tanzchoriogravien sind natürlich nicht so begeistert. Aber es gibt viele, die zu uns auf die Bühne jumpen und voll abgehen.
Micha: Das hängt auch viel vom Veranstalter ab, wenn der natürlich zwei Emocore-Bands bucht, da fallen wir als Hardcore-Band natürlich komplett aus dem Rahmen und haben es dann schwer, das Publikum zu motivieren. Aber bisher ist uns auch das sehr gut gelungen, dass die Leute trotzdem Party machen konnten.
Bryan: Stimmt, wir sind auch mal mit zwei Punkbands aufgetreten.
Janina: Ja genau, die in die Richtung schlimm und schlimmer gingen, haha.
Micha: Aber wir haben es trotzdem geschafft, dass die Leute ihren Spaß hatten.
Janina: Wir haben eben auch Bock zu spielen. Wir machen privat auch viel zusammen, sind sehr gut befreundet und wenn ein Konzert ansteht, dann sind wir auch heiß auf die Show und können es kaum erwarten, die Bühne zu stürmen und loszulegen. Das merkt das Publikum natürlich auch.
Bryan: Ich sag' nur Finsterwalde.
Was war in Finsterwalde?
Bryan: Finsterwalde war großartig. Da haben wir in einer Turnhalle gespielt mit unser Freunden von TIME HAS COME und die Leute sind so abgegangen, die standen auf der Bühne und haben mitgemosht und vor der Bühne war ein riesen Circle-Pit. Der absolute Wahnsinn.
Janina: Ich hab' mir den Finger blutig gespielt und ein Basskabel gefetzt. So wie das sein muss.
Hört sich nach einem gelungenen Abend an. Wie wird das neue Album eigentlich heißen?
Janina: „Baptism of Fire“
Und das soll auch das Video zu Revenge enthalten?
Janina: Richtig. Und der Name „Baptism of Fire“ weil es eben unsere Feuerprobe ist. Die Messlatte liegt hoch, aber die neuen Songs sind viel variabler und wir haben viele neue Sachen drin, die sehr rhythmisch sind …
Bryan: ... und auch einige Death-Metal Parts.
Janina: Es ist alles halt etwas grooviger und die neuen Stücke sind noch mehr Hardcore als wir jetzt schon gemacht haben.
Micha: Und auch mit dem Gesang haben wir noch etwas experimentiert.
Ihr seid jetzt auch auf dem Hörsturz-Sampler Vol. 6 zu hören und steht da neben Bands wie AS I LAY DYING, EKTOMORF, AGNOSTIC FRONT, IN FLAMES usw. Wie seid ihr daran gekommen?
Bryan: Das war auch mehr eine zufällige Sache. Bauke, der bei Soulfood im Vertrieb arbeitet, kam auf mich zu und sagte was von dem Hörsturz-Sampler. Die Leute waren gerade da im Haus und dann hat er denen unser Video vorgespielt und die waren total begeistert. So kamen wir dann auch auf die neue Hörsturz und das - wenn ich mal so sagen darf - als erste Band mit ´ner Single, das gab´s noch nie bisher!
Darauf kann man Stolz sein. Ihr geht das Ganze recht professionell an. Ihr habt Merchandise, das ihr über die Homepage verkauft, die EP für € 5,- dort vertickt, wie finanziert ihr das?
-wieder mal ein großes Gelächter-
Janina: Wir schlafen alle unter drei verschiedenen Brücken in Hannover, hehehe.
Bryan: Das weiß keiner so genau.
Micha: Ja leider müssen wir uns alles selber vom Mund absparen, das ist eben so. Aber als wir das Projekt ins Leben gerufen haben, war ganz klar, dass wir das nicht nur just for fun machen, sondern dass wir auch was damit erreichen wollen. Natürlich steht der Spaß ganz vorn, aber wir wollten das ganze Ding eben so aufziehen, dass wir auch was damit erreichen können, und dafür müssen wir eben investieren. Dazu haben wir uns eine Basis mit der EP, dem Video, den Merchandise-Krams geschaffen und sind dann an die breite Masse herangetreten. Wir haben sehr viel an Veranstalter, Mags usw. verschickt und das kostet natürlich Geld. Da können wir halt nicht jedes Wochenende los und müssen uns einschränken.
Bryan: Machen wir ja trotzdem nicht, hahaha. Ich hab zu Micha damals gesagt: „Hast Du Bock auf so ein Projekt? Dann packen wir das richtig an, geben 110% und entweder es klappt oder wir gehen in' Arsch“. Dafür, dass es uns erst seit Juli gibt, sind wir schon weit.
Micha: Darum haben wir auch länger für die Zusammenstellung der Besetzung gebraucht, weil wir gesagt haben, wir erwarten 110% und das war einigen eben zuviel.
Könntet ihr euch vorstellen, das Ganze hauptberuflich zu machen und auf die „normalen“ Jobs zu verzichten?
Micha: Nun ja wir haben alle unsere Verpflichtungen, denen wir nachkommen müssen, ne Wohnung zu finanzieren, ein Auto usw. Erstmal ist es sicher auch so, dass kein Label sagen wird „o.k. wir finanzieren euch“, sondern die wollen erstmal sehen, wie sich unsere Sachen verkaufen und dann vielleicht sagen „wir sehen Potential in euch und wir machen das“. Das muss dann auch schon ein namenhaftes Label sein, so dass es mir Wert wäre, meinen Job dafür aufzugeben. Das Musikbusiness ist ein schnelllebiges Geschäft und wir sind nicht Robbie Williams oder so, die die Kohle sprichwörtlich in den Arsch geblasen kriegen. Gerade in unserem Genre müssen wir wirklich hart dafür arbeiten.
Habt ihr noch ein abschließendes Statement abzugeben?
Janina plus der Rest aus einem Mund: Ja: Steht nicht dumm rum, sondern tötet etwas!
BLOODSTAIN hatten noch das Video zu „Revenge“ auf Tasche, welches wir uns wippenderweise und mehrfach ansahen. Nur soviel: ein starkes Stück! Nachdem wir den „offiziellen“ Teil damit hinter uns gebracht hatten, stürzten wir uns alle wieder auf den roten Kasten mit der Aufschrift: "Astra, was dagegen?" Ein lustiges Interview und ein noch lustigerer Abend war das!
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