Geschrieben von Donnerstag, 27 August 2009 19:17

Arcona Comes - Interview mit Gitarrist Christian




ARCONA COMES könnten einige Leser noch unter dem Namen END OF THE LINE kennen und mit Emo/Screamo und Punk verbinden. Nachdem sie ca. drei Jahre an dem neuen und grandiosen Werk „All The Clocks Slow Down" gearbeitet und dabei einen ziemlichen Wandel in ihrem Sound vollzogen haben, machten die Bielefelder reinen Tisch und legten sich einen neuen Namen und somit auch eine neue Identität zu. Lest selber, was sie dazu gebracht hat. Wir sprachen mit Gitarrist Christian.

Stell doch mal bitte dich und deine Band unseren Lesern vor.

Wir sind ARCONA COMES aus Bielefeld, fünf Jungs, alle 27 oder 28 Jahre und machen seit mehr als zehn Jahren zusammen Musik. Und zusätzlich sind wir untereinander sehr eng befreundet, verbringen auch große Teile unserer Freizeit miteinander.

Ihr habt ja früher unter dem Namen END OF THE LINE Musik gemacht. Wie kam es zu der Umbenennung und dem Stilwechsel?

Schon als End Of The Line haben wir uns krass gewandelt - von fröhlichem Melodic-Punk hin zu deutlich melancholischeren Tönen. Nach dem letzten End Of The Line Album haben wir uns zusammengesetzt und diskutiert, wie wir musikalisch weitermachen wollen. Und da war für uns klar: Wir wollen weniger Punk/Hardcore-Elemente in unserer Musik haben. Das können andere Bands einfach besser als wir. Unsere Stärken waren immer schöne Melodien und abwechslungsreiches Songwriting. Während der Aufnahmen zu unserem Album hat sich dann immer mehr ein neuer Stil herauskristallisiert. Und irgendwann haben wir dann entschieden: Das ist nicht mehr End Of The Line, das ist was Neues.

Welche Möglichkeiten seht ihr in dem Namenswechsel? Was habt ihr außer der Musik noch verändert?

Der Namenswechsel war für uns natürlich auch ein Neuanfang. So nach dem Motto: Hier haben wir jetzt ein leeres, weißes Blatt und Farbe und können was Neues schaffen. Wir haben uns zum Beispiel intensiv an unsere Bühnenshow gesetzt und versucht, die zu optimieren. So haben wir beispielsweise früher ein paar Songs gespielt, die wir nie so richtig hingekriegt haben, weil sie zu schnell oder zu kompliziert waren. Also haben wir versucht, diese Elemente aus unseren Songs rauszukriegen. Ich glaube, dass wir deshalb auf der Bühne jetzt viel besser und viel druckvoller klingen als früher.

Ihr seid auf Volt-Records und habt mit eurem Album das erste Release des Labels. Wie kam es zu der Zusammenarbeit und wie sind eure Erwartungen?

Tja, erstmal muss man sagen, dass wir in den letzten drei/vier Jahren viel über das Musikgeschäft in Deutschland gelernt haben. Nach unserem letzten End Of The Line Album gab es ein paar Anfragen von größeren Labels. Da wird dir dann manchmal sonst was versprochen und man träumt schon von der großen Rockkarriere mit Villa, Yacht und Welttournee. Stellt sich dann aber meistens als totaler Schwachsinn heraus.
Es scheint in diesem Geschäft unglaublich viele Leute zu geben, die sich einfach nur wichtig tun müssen. Bei den Jungs von Volt war das anders, die kannten wir zum Teil auch schon lange. Inzwischen ist es aber so, dass Volt auch nicht mehr so richtig weiterexistiert, weil der Gründer viel zu viel zu tun hat, um sich darum zu kümmern. Wir haben jetzt entschieden, dass wir das Album erstmal selber rausbringen. Am Schluss wollten wir das Teil nur noch in den Händen halten, das war für uns das Wichtigste. Wir haben das auch ein paar anderen Labels angeboten - da gab es auch gute Resonanz, aber auch wieder viele Dinge, über die man nur den Kopf schütteln kann. So nach dem Motto "Das Album ist ganz gut, aber die eine Gitarre ist uns im Stereobild zu weit rechts. Das wollen wir nicht." Und dann wundern sich die Leute, warum es der Musikindustrie so schlecht geht ... Aber eigentlich sind wir auf der Suche nach Partnern, die uns unterstützen, weil uns die Arbeit einfach zu viel wird.

Warum benennt ihr euch eigentlich nach einem Schiff aus der Serie „Traumschiff"?

Wir haben intensiv über einen neuen Namen diskutiert und überlegt, was zu unserem neuen musikalischen Stil passt. Wir empfanden den als sehr glamourös und chic. Und da sind dann so Assoziationen gekommen: Polo, Golf, Kreuzfahrtschiff etc. So hat sich das dann irgendwie entwickelt. Aber gleichzeitig ist das auch nicht so 100 Prozent ernst gemeint - ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass unsere Musik beim Kapitänsdinner auf dem Traumschiff läuft. Und die Serie hat, glaub ich, keiner von uns jemals geschaut.

Was hat es mit eurem Albumtitel auf sich?

Eigentlich sollte das Album erst „Like Magellan" heißen, so wie der Titeltrack. Da fanden wir einfach das Bild schön: Ein Mann segelt als erster Mensch einmal ganz um die Welt, aber er verirrt sich dann auf dem Rückweg und stirbt, ohne jemals zu erfahren, was er da erreicht hat. Aber irgendwie wurde uns das dann zu speziell, wer kennt schon Magellan?
Auf die Idee mit „All the clocks slow down" sind wir dann später gekommen. Wir waren so total überzeugt von dem Album, und dann haben wir gedacht: Genau so geht es hoffentlich den Leuten - die hören das Album und haben in dem Moment das Gefühl, dass die Zeit stehen bleibt, dass das was ganz Besonderes ist. Klingt vielleicht bescheuert, aber für uns beschreibt es genau das Gefühl, das wir hatten, als das Ding fertig war.

Was denkt ihr, an welches Publikum sich euer Album richtet?

Ich glaube, dass es auf Anhieb erstmal vielen Leuten gefällt. Ich hoffe aber eigentlich, dass es auch Leute anspricht, die so richtig fanatisch sind, die sich intensiv mit den Texten beschäftigen und auf viele kleine Details achten. Wir wollten ein Album machen, das Tiefe hat, und ich hoffe, dass das geklappt hat.

Habt ihr Bedenken, dass alte Fans diesen Schritt nicht mitgehen werden?

Naja, wir sind jetzt nicht NOFX oder Metallica. Die haben ne Fanbase von ein paar Millionen Menschen, und die darf man dann ja auch nicht enttäuschen. Wir machen Musik in erster Linie für uns und hoffen dann, dass es den Leuten gefällt. Ich glaube aber, dass für viele was mit dabei ist, ist ja jetzt kein reines Pop-Album oder so. Klar gibt's da immer Leute, die sagen: "Warum sind da keine Scream-Parts mehr auf dem Album?", aber das ist uns ehrlich gesagt Latte.

Wie kam es, dass ihr im Kanal 24 Studio aufgenommen habt? Ich könnte mir vorstellen, dass Vergleiche zu Bands wie JULI oder POLARKREIS 18 nicht unbedingt der Brüller sind, in der Szene aus der ihr stammt.

Der Produzent und Gründer von Volt Records ist bei einem Konzert auf uns aufmerksam geworden und hat uns angeboten, bei ihm aufzunehmen. Und weil ständig diese großen Bands vorbeigeschaut und da ihre Alben abgemischt haben, ging es für uns auch nur so schleppend voran. Wir wurden des Öfteren mal im Aufnahmeprozess unterbrochen. Aber letztlich sind wir froh, weil wir das Ergebnis einfach bombastisch finden. Und ich glaube, jeder der unser Album hört, merkt, dass das nicht nach Juli klingt.

Ihr habt drei Jahre für das Album gebraucht. Wie habt ihr das finanziell auf die Reihe bekommen?

Indem wir massig von unserer eigenen Kohle reingesteckt haben. Das ist Geld, bei dem weiß man: Das kriegt man nie wieder rein. Irgendwie bekloppt, aber ich glaube, so geht das vielen Bands. Wir sind jetzt im Moment echt ziemlich pleite, aber wenn man Musik wegen Geld macht, dann kann man es gleich lassen.

Wie viel Zeit geht bei euch für die Band drauf und was macht ihr noch nebenbei?

Wir wollen versuchen, pro Wochenende mindestens ein Konzert zu spielen, und dann proben wir noch ein bis zweimal die Woche mehr oder weniger intensiv. Das ist auch die absolute Schmerzgrenze, mehr ist nicht drin. Unser Schlagzeuger Michael studiert, unsere Bassist Suus macht gerade seinen Abschluss in Wirtschaftsinformatik, unser Sänger Simon studiert und arbeitet als Gitarrenlehrer, Sänger Eike wird Lehrer, und ich (Christian) arbeite beim Fernsehen. Wir haben also alle viel zu tun und versuchen, unsere große Liebe zur Musik damit irgendwie unter einen Hut zu bringen.

Was habt ihr in diesem Jahr noch alles geplant?

Wir wollen, dass möglichst viele Leute unser Album hören, weil wir extrem stolz darauf sind. Ansonsten: Nette Konzerte und ein paar Leute die uns helfen, den ganzen Kram zu organisieren. Das wäre super.

Famous last words...

Ihr Jungs von BurnYourEars solltet vielleicht weniger Hot Water Music hören.
OK, äußerst dürftiger Wortwitz...

Vielen Dank für eure Zeit und die Antworten.

http://arconacomes.com/
Kai