Geschrieben von Mittwoch, 16 September 2009 23:03

Semana Santa - Interview mit Vuki (Gitarre) und Tömmi (Gesang)




SEMANA SANTA kommen aus dem Süden Deutschlands und haben mit „Wake Up, Beauty" ein Album in Eigenregie unter die Leute gebracht, welches sich gekonnt zwischen Hardcore, MetalCore und etwas Southern Rock hin und her bewegt. Und da qualitativ guter DIY immer unterstützenswert ist, haben wir den Jungs mal ein paar Fragen geschickt.


Stell doch bitte mal dich und deine Band vor.


Hallo Kai, hier schreiben Dir Vuki (Gitarre) und Tömmi (Gesang). Semana Santa entstanden 2003 aus Mitgliedern verschiedener Bands, die sich zu diesem Zeitpunkt schon aufgelöst haben oder gerade dabei waren, sich aufzulösen. Nach mehreren Line-Up-Wechseln, zwei Releases und einer längeren Phase des Songschreibens haben wir Ende letzten Jahres angefangen, "Wake Up, Beauty" aufzunehmen, welches wir diesen Sommer D.I.Y. veröffentlicht haben. Aufgenommen haben wir es teilweise selbst und im Ghostcity Studio bei Jan Kerscher, der es auch gemischt und produziert hat. Nicht nur, dass Jan hohe fachliche Kompetenzen besitzt, er ist auch noch ein super Dude und hat wahnsinnig gute Ideen.

Wie kam es dazu, dass ihr euch nach der spanischen Osterwoche benannt habt? Zumal der Name schon etwas nach schwulem Weihnachtsmann klingt.

Vuki: Soweit ich weiß hat der Weihnachtsmann keine Sexualität. Da der Weihnachtsmann eigentlich nur mit seinen Rentieren zu tun hat, kann ich mir vorstellen, dass er vielleicht der Zoophilie nicht abgeneigt ist.

Tömmi:
Ich mag sowohl den heiligen Nikolaus (den meintest du wahrscheinlich - den Weihnachtsmann gibt's nicht) als auch homosexuelle Menschen, daher verstehe ich das jetzt als Kompliment.
Wir wollten damals keinen englischen Namen, deutsche Namen sind auch schwer zu finden, ohne dass sie platt klingen, und somit haben wir uns für etwas Spanisches entschieden. In der Semana Santa sind jegliche Gefühle, die ein Mensch in sich tragen kann, vereint: Liebe, Trauer, Glück, Hass, Wut ... All diese menschlichen Emotionen haben in unserer Musik und unseren Texten einen Platz - durch diese Gefühle lebt die spanische Semana Santa, und dadurch lebt auch die Band Semana Santa.

Ihr habt mittlerweile die dritte Platte DIY herausgebracht. Habt ihr kein Interesse an Labels, oder die bisher noch nicht an euch? Und könntet ihr euch ein Re-Release vorstellen, wenn durch die neue Platte ein Label Interesse hätte?

Vuki: Ich muss dazu sagen, dass unsere ersten zwei Aufnahmen nicht die Qualität der neuen Platte besitzen - sie waren schlichte Low-Budget-Eigenproduktionen. Für das neue Album hätten wir gerne ein Label gehabt, aber, und ich spreche hier für viele kleine Bands, es ist sehr schwierig geworden, ein Label als Partner zu finden. Besonders als unbekannte Band, die noch nicht so viel herumgekommen ist wie wir. Es ist nun mal Fakt, dass es mittlerweile nur noch sehr wenige kleine Labels gibt, und hey, wer will heute schon CDs raus bringen, wenn man sich eh alles umsonst aus dem Internet besorgen kann? Ich wünsche mir, dass wir es mit unserem nächsten Release auf ein Label schaffen, wenn dem nicht so sein sollte, machen wir es wieder selbst.
Unsere Scheibe wird digital vertrieben und dank Rock Elite kann man "Wake Up, Beauty" auf allen gängigen Download-Plattformen wie iTunes, Amazon oder Musicload herunterladen.

Eure Texte sind sehr positiv. Habt ihr dafür schon mal Spott geerntet?

Tömmi: Ich habe bisher nur positives Feedback für die Lyrics der neuen Scheibe bekommen und habe das Gefühl, dass sich viele Menschen in der Szene, die sich noch mit Inhalten auseinandersetzen, überwiegend konstruktive Inhalte wünschen. Letztendlich ginge mir so etwas aber am Arsch vorbei, da ich sowieso nur für konstruktive Kritik empfänglich bin. Spott gehört da nicht dazu.

Kommen diese positiven Texte von alleine, oder ist es auch eine Reaktion auf die ganzen Hass-Menschen im Hardcore?

Tömmi: Sowohl als auch. Die letzten Jahre sind mir all die negativen Sichtweisen in unserer Szene mächtig aufgestoßen. Man ist ja nur cool, wenn man möglichst alles scheiße findet. Ich definiere mich aber nicht gerne über Scheiße, sondern habe mir angewöhnt, eine positivistische Perspektive auf Menschen und Sachverhalte einzunehmen. Natürlich finde ich auch viele Dinge schlecht, und natürlich sind es diese Dinge, die mich zum Schreiben anregen. Aber ich versuche halt nicht nur abzukotzen, sondern aus den bestehenden Verhältnissen heraus einen Weg zu sehen, der mir wieder eine Perspektive gibt, der mir Kraft gibt, mich diesen Verhältnissen zu stellen und wenigstens in den mir gegebenen Möglichkeiten Veränderungen zum Besseren herbeizuführen. Ich sehe schlichtweg keinen Sinn darin, nur zu jammern oder zu hassen, denn dann mache ich ja genau dasselbe, was die Hardcore/Punk-Szene seit eh und je am System kritisiert.

Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Raphael von THE BLACKOUT ARGUMENT? Gäbe es da nicht eine Verbindung zu Let It Burn?

Vuki: Raphael wohnt in dem gleichen Kaff wie der Großteil der Band: Wangen im Allgäu. Wir kennen uns seit Jahren und sind sehr eng befreundet. Als wir den Song schrieben und wir merkten, dass der Refrain sehr catchy wird, war sofort klar, dass Raphi einen Gastauftritt bei uns haben wird. Er singt ihn auch live immer mit, wenn er dabei ist. Zu einer Zusammenarbeit mit Let It Burn ist es dadurch nicht gekommen.

Liegt einem als Süddeutscher Southern-Rock einfach näher?

Vuki: Witzig, das habe ich mich auch schon gefragt! Da wir aus dem südlichsten Teil Deutschlands kommen und von Landwirtschaft und Rednecks umgeben sind, könnte es schon auf uns abgefärbt haben. Basi, unser Gitarrist, der die meisten der neuen Songs geschrieben hat, wohnt sogar in einem umgebauten Bauernhof in der Mitte vom Nirgendwo. Ich denke, der Southern-Rock Anteil wird sich bei den kommenden Releases noch erhöhen, einfach weil wir voll Bock drauf haben, die Bauernsau raus zu lassen!

Wie seid ihr musikalisch sozialisiert worden und was hört ihr heute am liebsten?

Vuki: In der Grund- und Realschule habe ich Metal und Rock gehört, auf dem Gymnasium Punkrock und während des Studiums Hardcore. Jetzt im Berufsleben höre ich von jedem dieser Bereiche was mir gefällt, wenn ich mal in Rente bin werde ich Jazz hören. Momentan mag ich Tonträger folgender Interpreten sehr gerne: Poison The Well, Moving Mountains, Van Halen, Every Time I Die, American Nightmare, Cancer Bats, Boy Sets Fire, Anberlin, Gallows, Jimmy Eat World, Alexisonfire, Story Of The Year, Modern Life Is War.

Tömmi:
Mit zarten neun Jahren entdeckte ich im Kassettenregal meines Bruders einige AC/DC Kassetten und war sofort auf dem Stoff. Metal, Crossover, Punkrock und Hardcore sind seither meine ständigen Wegbegleiter. In den letzten Jahren höre ich aber auch gerne gute Hip Hop-Platten und gelegentlich zeitgenössische Komponisten wie z.B. Karel Husa, alles was mich halt irgendwie touched und Power hat. Momentane Faves: The Dillinger Escape Plan, Poison The Well, Gallows, Everytime I Die, Porcupine Tree, Black Star und Dilated Peoples.

Ist man in Süddeutschland eigentlich auch automatisch etwas mit der schweizerischen und österreichischen Szene in Kontakt?

Tömmi: Automatisch funktioniert natürlich gar nichts. Ich bin gelegentlich auf Shows in Vorarlberg und habe dort schon einige wunderbare Menschen der hiesigen Szene kennen und schätzen gelernt, die man natürlich auch immer wieder auf Shows in Deutschland trifft, und mit denen man über die Jahre gute Freundschaften geschlossen hat.

Vuki:
Grundsätzlich unterscheiden sich aber die Szenen dort nicht von der deutschen Szene, außer dass Leute dort einen lustigen Dialekt sprechen, den man als Nicht-Süddeutscher wahrscheinlich gar nicht mehr verstehen kann.

Wie viel Zeit geht bei euch für die Band drauf, und was macht ihr nebenbei?

Vuki: Bei mir sehr viel Zeit. Ich habe auch außer der Musik keine andere Beschäftigung neben dem Arbeiten. Bis vor kurzem habe ich noch bei einer Band names Comecloser gesungen, aber da spielen wir Anfang Oktober unsere letzte Show. Nebenbei mache ich noch ein paar andere musikalische Projekte, mal schauen, was sich da entwickelt. Aber für Semana Santa geht mit Abstand am meisten Zeit drauf. Die anderen in der Band sind entweder auch arbeiten, studieren oder machen ihren Zivildienst.

Tömmi: Neben meiner Arbeit im Jugendhaus verwende ich meine meiste Freizeit auch auf Semana Santa und die Musik im Allgemeinen. Viel mehr Zeit ist da leider auch nicht mehr, und manchmal kollidiert sogar Band und Job, was mich immer sehr ärgert, da ich gerne mehr Zeit in die Band investieren würde.

Famous last Words?

Vuki & Tömmi: Vielen Dank für das Interview und das Review! Wir kannten das BurnYourEars bisher noch nicht und waren sehr überrascht über die Inhalte und das coole Design. Keep up the good work!
Kai