Geschrieben von Donnerstag, 18 März 2004 14:40

Chimaira - Interview mit "Metal Moses"




 

Chimaira gehören zu den Bands, die ich anfangs etwas übergangen, ja sogar unterschätzt habe. Aber seit ich die Cleveland-Metaller im Oktober live gesehen habe, bin ich begeistert vom markanten Sound der Band. Bei meinem zweiten Konzert-Besuch ein paar Monate später im Bochumer Matrix schnappte ich mir Sänger Mark "Metal Moses" Hunter. Im Interview mit burnyourears.de verrät der sympathische Frontmann (der auf Platte alles andere als nett klingt...), warum Chimaira live eine Macht sind, und warum er viel lieber in Florida wohnen würde...


Nach der erfolgreichen "Roadrage-Tour" seid ihr das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit in Deutschland. Was ist das für ein Gefühl?

Wir alle in der Band fühlen uns sehr geehrt. Unsere ersten Gigs in Deutschland waren wirklich fantastisch und wir hatten eine super Zeit. Die Fans haben uns toll unterstütz, deswegen wollten wir unbedingt wieder kommen.


Vorher musstet ihr ja ziemlich lange warten, bis ihr überhaupt hier spielen durftet...

Stimmt, wir haben ja schon unsere dritte Scheibe raus. Aber im Sommer werden wir wohl noch ein drittes Mal hierher kommen, insofern läuft's momentan richtig gut hier.


Viele Leute, die euch auf der Roadrage-Tour gesehen haben, sagten, dass ihr die beste Band am Abend wart, trotz Spineshank und Ill Nino.

Haha, der Meinung bin ich übrigens auch! Klar haben uns die Reaktionen gefreut und da sind wir auch stolz drauf.


Worin siehst du den größten Unterschied zwischen den deutschen und den amerikanischen Fans?

Die deutschen Fans zeigen mehr Leidenschaft, wenn es um Musik geht. Und sie zeigen auch mehr Enthusiasmus und Freude, weil sie wissen, dass wir nur wegen ihnen überhaupt hierher kommen. In Amerika wissen die Leute es oft gar nicht zu schätzen, wenn wir in ihre Stadt kommen, da sie denken, dass sie uns sowieso noch oft genug sehen können. Aber ich muss sagen, dass es in Ost-Deutschland ein wenig komisch war. Dort haben die Leute etwas Zeit gebraucht, bis sie überhaupt eine Reaktion gezeigt haben. Die ersten paar Songs haben sie nur da gestanden und auf uns gestarrt. Das war hart. Aber natürlich haben wir sie dann überzeugen können und gegen Ende des Gigs lief es dann besser.


Siehst du Chimaira also mehr als Live-Band?

Ja, das würde ich sagen. Denn live können wir unsere wahren Stärken zeigen. Klar ist die Zeit im Studio schön, aber die Songs wirken live einfach mehr und das wissen wir auch.


Achtet ihr da beim Songwriting auch drauf, dass die Stücke live gut ankommen?

Manchmal. Bei "Pure Hatred" war es z.B. so. Als wir den Track die ersten Male live spielten, konnten die Fans auf Anhieb mitgröhlen, obwohl er zu dem Zeitpunkt noch gar nicht im Studio aufgenommen wurde. Da haben wir gemerkt, dass der Song live einfach gut passt. Bei unserer Setlist achten wir da natürlich dann drauf, dass wir Stücke, die live einfach nicht zünden, lieber weglassen.


Metalcore-Bands wie Killswitch Engage, God Forbid oder Shadows Fall sind im Moment sehr erfolgreich und auch ihr schwimmt ja mit dieser Welle. Was hältst du vom "New Wave Of American Metal"?

Es ist schön, ein Teil dieser Bewegung zu sein. Denn wir arbeiten alle hart dafür und das wird uns auch hoch angerechnet. Wir sind mit den genannten Bands auch gut befreundet.


Ihr habt ja mit Richard Evensand einen neuen Drummer an Bord. Wie war eure Reaktion, als euch sein Vorgänger Andy Herrick mitteilte, dass er die Band verlassen würde?

Einerseits war es für uns ein Schock, aber wir hatten es auch kommen sehen, insofern waren wir gar nicht so überrascht. Irgendwie war es aber auch gut für uns, denn wir hatten gemerkt, dass Andy sich nicht mehr so wohl fühlte. Er wollte einfach nicht so lange weg von zuhause auf Tour sein. Er hat eine Freundin, bei der er sein möchte und sich auch vorgenommen, wieder auf die Uni zu gehen.


Und was gibt es zu eurem neuen Drummer zu sagen? Musste er als Schwede in Cleveland erst mit dem Kulturschock fertig werden?

Ach, es ist gar nicht so schlimm wie manche befürchten. Er ist ja wegen der Musik zu uns gekommen. Wir achten auch immer darauf, dass er uns gut versteht, wenn wir reden. Und wenn es mal etwas länger dauert, ist das auch kein Problem für uns. Wir sind sehr zufrieden mit ihm, er ist einfach "out of this world".


Er war ja kurz vorher bei Soilwork. Gab's da irgendwelche Probleme?

Nein, überhaupt nicht. Er war ja dort nur als Aushilfs-Drummer. Wir waren mit Soilwork auf Tour und da haben wir ihn kennengelernt, aber nicht abgeworben. So etwas würden wir nicht tun, es gab in der Hinsicht also keine Probleme. Richard wollte unbedingt bei uns spielen, auch weil er in die Staaten wollte. Es hat also alles gepasst.


"Pass Out Of Existence" klang ein wenig nach New Metal, vor allem wegen dem modernen Sound. Mit eurem aktuellen Album "The Impossibility Of Reason" seid ihr etwas back to the roots gegangen. Woran lag's?

Musikalisch waren wir eigentlich schon immer von Bands wie Slayer, Metallica oder Pantera beeinflusst. Und tiefergestimmte Gitarren gibts ja auch bei Bands wie Cannibal Corpse oder Meshuggah, die wir sehr mögen. Doch irgendwie wurden eigenartigerweise bei "Pass Out...." mit Bands wie Korn verglichen. Das muss wohl an den Low-Tunings der Gitarren gelegen haben.


Daraufhin habt ihr die Gitarren wieder etwas hochgestimmt?

Wir hatten die Gitarren ursprünglich auf C gestimmt, dann bei "Pass Out...." runter auf A, jetzt wieder auf C. Beim Songwriting zum neuen Album haben wir gemerkt, dass die tiefer gestimmten Gitarren die Riffs nicht so gut rüber bringen. Man konnte kaum heraus hören, was wir da überhaupt spielen.


Was hältst du eigentlich von der schwedischen Szene? Bands wie Soilwork oder In Flames scheinen gut zu euch zu passen.

Oh, ich steh da total drauf! Wir sind mit beiden Bands gut befreundet und spielen auch gerne zusammen mit ihnen.


Du hast eben Slayer, Metallica und Pantera als Einflüsse genannt. Gibt es auch europäische Bands, die euch geprägt haben?

Ich bin als Jugendlicher mit Venom aufgewachsen, auch wenn man es bei Chimaira nicht hört. Auch At The Gates finde ich toll, aber wie gesagt, diese Bands haben unseren Sound nicht direkt beeinflusst.


Chimaira gibt es bereits seit 1999. Jetzt, 2004, schreiben aber viele über euch, dass ihr Newcomer seit. Was sagst du dazu?

Wir waren halt früher hier nicht live präsent, insofern ist das schon okay.


Von "The Impossibility Of Reason" ist kürzlich eine Extended Version mit einer zusätzlichen CD und neuer Aufmachung erschienen. Glaubst Du, dass die Fans genug Kohle über haben, um sich diese Version auch noch zuzulegen?

Eigentlich bin ich bei so Sachen wie Digipacks immer ein wenig kritisch. Aber ich bin ein Sammler und möchte gerne alle Songs von meiner Lieblingsband haben. Bei unserer Version wollte ich sicher gehen, dass dann auch wirklich eine Menge an neuem Material drauf ist und das ist ja auch der Fall. Demo-Versionen, Live-Songs, unveröffentlichtes Material und die Videos. Die Leute, die uns erst jetzt kennen, haben die Möglichkeit, die neue Version zu kaufen. Insofern kann ich gut damit leben, denn es sind ja nicht einfach zwei weitere Songs lieblos dran geklatscht worden.


Habt ihr eigentlich schon neue Songs geschrieben?

Nur ein paar Grundgerüste und Riffs. Wir probieren manchmal ein paar Ideen aus, wenn wir Backstage sind.


Und wie klingen die neuen Sachen?

Heavy! Aber ich möchte noch nicht zu viel verraten.


Wie sehen eure Pläne für die nächste Zeit aus?

Wir werden wohl bis Oktober Konzerte spielen und dann etwa ein, zwei Monate Pause machen, bevor wir uns zusammensetzen, um neues Material zu schreiben. Danach geht's ins Studio, das heißt so im Frühjahr 2005 könnte theoretisch schon das neue Album fertig sein.


Wie gefällt euch eigentlich Cleveland?

Hmm, ich genieße es, dort zu leben. Aber wenn du es mit New York oder Los Angeles vergleichst, fällt es ein wenig ab, da man in Cleveland halt nicht ganz so viel machen kann.


Also hast du kein Heimweh?

Irgendwie doch, da ich ja nicht in den Staaten bin, sondern in Europa. das ist dann schon wieder etwas anderes. Es fehlen einem Sachen, an die man sich zuhause gewöhnt hat. Z.B. Highspeed-Wireless-Internet!


Und wo würdest du gerne leben?
In Florida! Wegen der Sonne, dem Strand und den Leckereien fürs Auge, wenn du verstehst, was ich meine ;-)

In Cleveland gibt es ja einen neuen Heilsbringer: LeBron James (Basketball-Wunderknabe, der direkt von der High School in die Profiliga wechselte und u.a. von Nike 100 Million Dollar kassiert. Anm. d. Verf.). Was hältst du von dem Hype?

Ich finde, er hat es verdient, denn er spielt unglaublich gut! Und die Sache mit der Kohle: damit hab ich ja nichts zu tun, insofern ist das echt okay.