Der Sommer ist endlich da! Die Sonne scheint und die Laune steigt. Möchte man sich in so einer Situation immer nur anhören, wie schlecht das Leben, die Menschheit oder die Ex ist? Nicht wirklich. Ab und zu swingt das Leben auch einfach mal. Und was gibt es da für einen schöneren Soundtrack als Oldschool-Reggae, der mit genügend Dreck und Soul gespielt ist, um nicht als Schunkelmusik abgetan werden zu müssen?
Die AGGROLITES kommen aus L.A, sind auf Tim Armstrongs Label Hellcat und spielen genau diese Version der jamaikanischen Musik, die sie selber Aggro-Reggae nennen. Und diese Band hat es auch letztes Jahr geschafft, mit ihrem selbstbetitelten Hellcat-Debüt (ihr zweiter Longplayer) wieder mein Interesse für Reggae zu wecken. Leider habe ich sie noch nicht live gesehen, aber Videos ihrer Liveperformance zeugen von jeder Menge Energie und ungewöhnlich punkigem Spirit auf der Bühne. Was lag also näher, als im Sommer und anlässlich ihres neuen Albums „Reggae Hit L.A.“ ein Mail-interview mit Sänger Jesse zu führen? Genau - nahezu nichts! Also Vorhang auf für eine der modernsten Oldschool-Reggae-Bands unserer Zeit!
Da vermutlich nicht alle unsere Leser eure Band kennen oder sich sehr viel mit Reggae beschäftigen, wäre es klasse, wenn du die AGGROLITS mal vorstellen könntest.
Mein Name ist Jesse Wagner und ich bin Sänger und Lead-Gitarrist der aus L.A. stammenden Band THE AGGROLITES. Wir spielen einen Stil, den wir selber „Aggro-Reggae“ genannt haben, welcher von Reggae aus den späten 60igern und frühen 70igern und dem amerikanischen Soul und Rn`B beeinflusst wird. Und innerhalb der letzten Jahre sind wir in der Punkrock-Scene immer beliebter geworden, was an unseren energetischen Auftritten und unseren Sing-a longs liegt.
Wundert es dich, warum ein Metal/Alternative/Hardcore-Mag wie BYE eine Band wie die AGGROLITES interviewt? Was ist eure ursprüngliche Scene und bekommt ihr viel Interesse aus der Richtung unseres Magazins?
Naja, wir sind halt bei Hellat Records unter Vertrag, die sowohl Punk, Psycho-Billy als auch Ska/Reggae-Bands unter Vertrag nehmen. Ich denke, dass das etwas damit zu tun hat. Wir kommen auch alle aus verschiedenen Hintergründen. Einige von uns spielten früher in Punkbands. Unser Bassist J, der in Punkbands Gitarre gespielt hat, oder ich selber war Schlagzeuger einer 77iger beeinflussten Band namens THE MISGUIDED. Unser Gitarrist Brian hat in den späten 80igern in vielen Hardcorebands gespielt. Ich schätze, das hat auch alles sehr viel mit unseren Live-Shows zu tun – wir können auf einer Bühne nun mal nicht still stehen bleiben. An AGGRO-show is not your typical reggae show. Und ich bin froh, dass wir nicht nur von Ska- und Reggaezines beachtet werden.
Stimmt es, dass ihr einen neuen Schlagzeuger habt? Wie kam das?
Eigentlich ist unser jetziger Drummer Korey unser erster Schlagzeuger. Er war nur eben für ein Jahr nicht mit dabei, und genau in dem Jahr haben wir den Vertrag mit Hellcat abgeschossen und mehr Aufmerksamkeit bekommen. Scott Abels war unser Drummer zu der Zeit. Er kam von HEPCAT und LARS FREDREKSON AND THE BASTARDS.
Warum ist eure Version des Reggae so rau und soulig angehaucht?
Reggae war schon immer hart! Jamaikanische Musik ist immer hart gewesen. LEE PERRY hat das mal so formuliert: "Music from the ghetto, lyrics from the
streets." Es ist halt Musik für das Volk. Es beinhaltet soziale Belange und hat sehr viel Herz und Seele. Ich denke, wir sind einfach auch sehr leidenschaftlich gegenüber unserer Musik, und das merkt man dann eben.
Stimmt es, dass ihr als Backing-Band für DERRIK MORGAN gestartet seid? Wie war es, mit so einer Legende zu spielen?
Es stimmt schon, dass wir für Derrik gespielt haben, aber es ist nicht der Grund gewesen, warum wir uns gegründet haben. Es war eines von mehreren Projekten, welche unsere Band vereint haben. Und mit Derrik zu spielen war natürlich ein Traum, der wahr wird. Für eine Reggae Band fühlt sich das vermutlich so an, wie es für eine Metalband wäre, mit OZZY zu spielen.
Wie seid ihr mit TIM ARMSTRONG (Sänger/Gitarrist von RANCID, Boss des AGGROLITES-Label Hellcat Records) in Kontakt gekommen?
Tim Armstrong ist ein Fan von Reggaemusic. Er lebt auch in L.A. und ist irgendwie über unsere Band gestolpert. Es ist ein Segen, aus Los Angeles zu kommen. Ich kann nur sagen, dass Tim Reggae liebt und ich darüber sehr glücklich bin.
Wo seht ihr die größten Entwicklungen zwischen euren beiden Hellcat-Veröffentlichungen?
Nun, du kannst eben kein Album zweimal machen. Ich schätze, unser neues Album hat mehr Soul und wir berühren damit vielfältigere Ebenen des Reggae als im Vergleich zum Selbstbetitelten. Insgesamt gesehen ist die Band erwachsener und wir auch einfach musikalischer geworden.
Ist L.A. den wirklich so ein guter Ort für Reggae, wie ihr es auf eurem Cover schreibt?
Die Scene, aus der wir kommen, ist ziemlich persönlich und sehr eng. Wir machen für uns gegenseitig Werbung und respektieren all unsere Projekte. Es ist eine große Sache, weil die Leute die Scene sehr stark machen. Wir haben gute Clubs und gute Shows, zum Beispiel den „Dub Club“ oder „The Blue Beat Lounge“, welcher von Chris Murray (http://www.myspace.com/chrismurray) geleitet wird, und der jeden Dienstag Abend eine Band in Hollywood spielen lässt, die er irgendwo auf der Welt kennen gelernt hat.
Wo fühlt ihr euch wohler, auf einer Reggae- oder einer Punkshow (sowohl als Band oder auch als Besucher)?
Ich möchte mich eigentlich niemals zu wohl auf einer Show fühlen. Wenn du dich nämlich zu relaxt fühlst, solltest du anfangen, dir über deine Band Gedanken zu machen. You need to stay on your toes at all times. Wenn du in einer kleinen Ecke stehst und dort populär wirst, könnte sich dein Ego aufblähen, weil du dich für „at the top“ hälst. You always need to be humble and ready for the next moment. Ich liebe es einfach, alle möglichen verschiedenen Shows spielen zu können. Von Punk zu Reggae oder sogar auf HipHop-Shows. Es trainiert unsere Band einfach für alles und jeden. We are entertainers, that's what we do. Wenn da Leute auf uns warten, sind wir bereit, unser Ding zu machen. Ich liebe es, ein Publikum zu überzeugen, und wenn wir das mal nicht schaffen, war es halt eine gute Lektion für unseren nächsten Auftritt.
Was den anderen Teil deiner Frage betrifft, ist es ähnlich. Ich sehe sehr gerne unterschiedliche Bands und gehe zu allen möglichen Shows. I'm always comfortable at the shows I go to see because I go for a reason. I am familiar with what I am going out to watch.
Wenn ihr für Festivals gebucht werdet, sind das eher Reggae- oder Punkfestivals?
Das hält sich die Waage. Heutzutage hast du eh alle möglichen Genres auf einem Festival vereint, oder zumindest sieht es für mich so aus. Wir haben vor ein paar Monaten ein Festival mit Tim Armstrong gespielt (die AGGROLITES sind die Backing-Band auf seiner Soloplatte), dessen Line-Up von KORN zu SOCIAL DISTORTION bis hin zu INTERPOL reichte. Der Geschmack der Leute wird immer vielfältiger. Und ich finde es ziemlich cool, dass es so auf Festivals ist. Die Menschen zahlen viel Geld für den Eintritt, können die Bands sehen, die sie lieben und eventuell noch von anderen Bands begeistert werden, die sie ansonsten gar nicht wahrgenommen hätten.
Wo habt ihr die Fähigkeiten her, ein Album zu produzieren, aufzunehmen, es zu mischen und dann noch das Artwork selber zu machen? (- Wie geschehen auf ihrer neuen Platte.)
Unsere Band arbeitet wie eine Einheit, wie eine große Maschine. Jeder hat seine Qualitäten und wir machen sie nutzbar. Einige sind eher für das Artwork oder die Produktion zu haben, während andere eher was vom Songwriting oder dem Aufnehmen verstehen. Insgesamt gesehen ist es eine AGGROLITES-Produktion, an der wir alle teilnehmen und auf die wir alle stolz sind.
Wie wird die Zukunft der AGGROLITES aussehen?
We will continue our revolution of "Dirty Reggae" till hell freezes over!
Berühmte letzte Worte?
Listen to Reggae. You might feel something new.
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