Geschrieben von Kai Donnerstag, 08 Juni 2006 18:24
Against Me! - Interview mit Bassist Andrew rund um Band und Musik
AGAINST ME! aus Gainesville, Florida spielen eine schöne Mischung aus PunkRock, alt. Country, Folk, Blues und etwas Hardcore. Angefangen hat alles 1997, als Sänger Tom mit seiner akustischen Gitarre und seiner unverwechselbaren Stimme unter dem Namen AGAINST ME! unterwegs war und sich erst nach und nach weitere Musiker für sein Projekt suchte. Erst seit dem neuen Jahrtausend stand ein LineUp mit vier Musikern fest. Seitdem haben AM! einige Singles, drei Alben und eine DVD veröffentlicht, bei der die Band kein Blatt vor den Mund genommen hat. Eine revolutionäre und manchmal leicht großmäulige Attitüde zieht sich durch ihr komplettes Schaffen. Aber Titel wie „Baby, I`m An Anarchist“ oder „You Look Like I Need A Drink“ und die Tatsache, dass diese Band auch wirklich etwas zu sagen hat, geben ihr ein Gesicht und eine eigene Identität.
Bevor ich mich in Mühlheim (am 29.05.06) positiv von ihrem Ruf als herausragende Live-Band überzeugen konnte, hat mir Bassist Andrew draußen bei schönem Wetter noch einige Fragen beantwortet. Das ganze lief dementsprechend locker ab und auch nach Ende des Interviews war noch etwas Zeit für Smalltalk. Lest hier nun, was dieser sehr angenehme Zeitgenosse zu erzählen hatte.
Hi. Wir sind ein Zine, welches über Metal, Hardcore, Punk… Ich mag Metal!
…und alles Alternative berichtet. Könntest du euch unseren Lesern erstmal vorstellen? Hi. Ich bin Andrew von AGAINST ME!, spiele Bass, mache einige „Ohohs“ und „HeyHeys“ und etwas „Cheerleading“ auf der Bühne. Wir sind aus Gainesville, aus der Mitte Floridas. Mit Alligatoren!
Wenn man sich eure Karriere ansieht, und vor allem die Zeit als euer Sänger noch alleine war, fällt einem auf, dass ihr früher noch viel stärkere Folkeinflüsse hattet. Wo liegt genau die Verbindung zwischen Folk und PunkRock? Ich denke, es geht hauptsächlich darum, dass du jeden großartigen Song – ob Punk oder Metal – irgendwie auch auf eine Akustikversion bringen kannst, und der dann aber immer noch genauso gut ist. Ich weiß zwar nicht, was die genaue Definition von „Folk“ ist – einige behaupten, es wären halt nur akustische Gitarren. Ich spiele beides gerne, also auch gerne einen Kontrabass. Und es macht auch einfach Spaß, verschiedene Sachen zu machen. Ich mag akustische Musik, ich mag Metal – es gibt einfach eine großartige Welt verschiedener Musik, die man genießen kann.
Habt ihr nicht auch mal eine Akustik-Platte gemacht? Ja, es gibt da eine EP, die Tom und Dustin, unser alter Bassist, aufgenommen haben. Und es gibt auf „Eternal Cowboy“ und der neuen Platte auch reine Akustik-Stücke.
Da ja zuerst Tom die „Band“ war, sind alle anderen Bandmitglieder erst dazugekommen, als AGAINST ME! bereits Konturen hatte. War es einfach, Leute zu finden, die a) den politischen Anspruch unterschreiben und b) sich für diese doch recht eigenständige Form des Punkrocks interessieren und ihn spielen können? Nein, eigentlich war es gar nicht schwer. Das LineUp steht jetzt seit vier Jahren, und ich bin der letzte, der dazu gekommen ist. Und ich hab mir auch einen Ast gefreut, dass ich bei AM! einsteigen konnte. Außerdem waren wir auch schon vorher gut befreundet. Eigentlich kennen sich auch alle untereinander schon recht lange. James und Tom sind auch zusammen aufgewachsen. Auf Deutsch: „Ah, der Bahnhof, der Bahn“ (Gerade fährt ein Zug in der Nähe vorbei)
Du kannst etwas Deutsch? Wie kommt`s? Meine Eltern leben hier seit sechs Jahren. Mein Dad arbeitet als Zivilist bei der Army als Lehrer. Aber sie werden ca. in einem Monat wieder zurückfliegen.
Dann hast du ja in Deutschland immer einen Platz zum Schlafen. Ja, auf fast jeder Tour waren wir bei ihnen, in der Nähe von Heidelberg. Aber ihr Deutsch ist immer noch grauenhaft, haha.
Wie läuft das eigentlich finanziell bei euch, wenn ich das fragen darf? Bezahlt euch Tom oder wird alles zu gleichen Teilen geteilt? Wie gesagt, das ist eventuell etwas zu privat gefragt. Well, we can`t really talke about that! Aber ich kann zumindest so viel sagen: Wir sind so viel auf Tour, dass wir nicht mal Jobs haben könnten, wenn wir wieder zu Hause sind. Und darum sind wir auch sehr dankbar, dass wir uns von der Band über Wasser halten können. Ich bin verheiratet und meine Frau braucht nicht meinen Teil der Miete mitzubezahlen. Wenn das jetzt etwas wäre, für das ich mich schämen sollte, würde ich es definitiv nicht tun, haha.
Wieviele Wochen/Monate seid ihr eigentlich auf Tour pro Jahr? Habt ihr Wohnungen, deren Miete ihr zahlt, auch wenn ihr nicht zu Hause seid? Also ich bin verheiratet, James (Gitarre) ist verlobt und Tom und unser Schlagzeuger Warren sind Singles. Aber jeder außer Tom hat einen Platz, wo er wohnt oder eine WG, in der sie nicht so viel bezahlen. Tom hat eher nur einen Raum mit all seinem Zeug in Gainesville angemietet – ziemlich dreckig. Aber wir touren so circa zehn Monate im Jahr; das ist ziemlich viel.
Auf eurer neuen Platte scheint ihr teilweise sehr von der „eigene Szene“ angepisst zu sein, die euch SellOut und Ähnliches vorwirft. Auf der anderen Seite werft ihr auch kein gutes Licht auf die industrielle Seite des Buisness. Resultiert diese Frustration aus Erfahrungen im Vorfeld der Platte? Eigentlich schreibt Tom die Lyrics, aber ich sag mal, die Punkszene ist manchmal in sich einfach zu kritisch. Das geht bis zu dem Punkt, wo es wirklich nervt. Da sind manchmal kindische Argumentationen. Und du kannst es einfach nicht jedem recht machen. Ich liebe Punkrock, aber manchmal beschweren sich die Leute einfach zu viel. Und ich denke, da kam eine Menge der Inspiration her.
Damit kommen wir zur nächsten Frage. Ich denke, ihr werdet von diesen Leuten eh´ demnächst darauf viel angesprochen werden, aber erscheint eure nächste Platte nicht auf einem Major- Label? Oder könnt ihr die Frage schon nicht mehr hören? Nee, das ist schon ok. Wir bringen noch eine Live- Platte auf Fat raus, und die nächste für den Major hoffentlich im nächsten Frühjahr. Und einfach, weil wir es wollten. Sagen wir es so, wir sind so viel im Jahr auf Tour, dass wir zwischendurch was verändern müssen, sonst langweilen wir uns. Fat ist eine gute Firma, keine Frage, aber es war einfach an der Zeit, weiter zu gehen. Und das haben wir getan. Wir sind nur für uns selbst verantwortlich. Wenn uns jetzt deswegen jemand anpisst, dann ist das in Ordnung und er soll es machen. Aber dann kann er mich mal.
Bei „Holy Shit“ klingt beinahe so etwas wie Resignation durch, bezüglich der Möglichkeiten von Musik, etwas zu bewegen. Wie seht ihr das genau? Ich denke, das geht auf eine Sache zurück, die wir vorhin schon mal angesprochen haben. Wir stehen auf zeitlose Musik und wollen nicht einfach nur eine „Fuck You“- Platte machen. Wir mögen Musik und nicht nur Genres. Weil es ja immer heißt „Ihr seid eine Folk-Punkband, blablabla“.
Worüber singt ihr beim Opener der neuen Platte „Miami“? Tom schreibt zwar, wie gesagt, die Lyrics, aber in „Miami“ geht es einfach um ein „Worst- Case“- Szenario. Eine Situation, in der alles schief geht. Schau dir die Lyrics an, da geht es in jeder Zeile um irgendwas Schlimmes.
Gab es denn ein bestimmtes Ereignis in Miami oder wie kamt ihr da drauf? Es symbolisiert einfach die Stadt Miami. Da wuchert Vor-Ort an Vor-Ort und es ist einfach nur schlimm.
Bei „From Her Lips To Gods Ears“ singt ihr davon, dass G.W. Bush zynischerweise die Worte eines Bürgerrechtlers zitiert. Worum genau geht es dabei? Ich glaube, er hat eine Rede über Martin Luther King gehalten. Und Martin Luther King war nicht gewalttätig. Auf der anderen Seite steht er und ist für Gewalt, die Frieden erzeugen soll. Das ist einfach ein Gegensatz.
Mit 13/14 Jahren war ich ein großer GNR-Fan. Aus dem Grunde hat mich auch immer schon interessiert, warum ihr ein Album namens „Reinventing Axl Rose“ habt. Was hat es mit dem Titel auf sich? Soweit ich weiß, war Tom immer ein großer GUNS N' ROSES-Fan.
War das also gar nicht ironisch gemeint? Ehrlich gesagt weiß ich es gar nicht. Die Frage kann ich dir nicht beantworten, aber ich würde es auch gerne wissen, haha.
Wie kam es dazu, dass auf „Surching For A Former Clarity“ sogar leichte Dancebeats zu finden sind (z.B. bei "Unprotected Sex With Multiple Partners")? Wird der Against Me! –Sound in Zukunft noch mehr erweitert? Ich hoffe doch, denn wir sind eigentlich offen für alles. Zwei der Songs haben wir sogar remixen lassen. Einen sogar von der deutschen Band MOUSE ON MARS. Ich weiß auch nicht, manche der Sachen kommen einfach. „Don´t Lose Touch“ war zum Beispiel innerhalb von drei Minuten im Proberaum fertig.
Ich hatte im ersten Augenblick schon an die britische Rockszene um FRANZ FERDINAND und so gedacht. Was, ehrlich? Da haben wir nun so gar nicht dran gedacht (lacht). Aber nimm zum Beispiel „Unprotected Sex…“, das ist wahrscheinlich der Song mit den meisten Dancebeats. Ich glaube, wir haben das kurze Riff vor ca. drei Jahren in Europa geschrieben und seitdem geistert das immer bei uns rum. Und in irgendeiner Probe ist es dann einfach zu diesem Song geworden.
Welche Platten hört ihr selber auf Tour? Ähm… Die neue THE STREETS- Platte gefällt uns allen ziemlich. Aber wir sind ja jetzt auf einem Major- Label, und dann werden wir vermutlich bald eine Rapband sein. Oder wir machen Wikinger-Metal. Oder aber wir werden eine Fantasy-Metalband. Aber so gut sind wir leider nicht (lacht).
Famous last words? Auf deutsch: „Vielen Dank!“ Wir sind wirklich dankbar dafür, dass wir das hier machen können. Wir sind einfach vier Kids, zumindest waren wir es mal, aus dem Süden, die die ganze Welt bereisen und Musik spielen dürfen. Wir sehen das nicht als selbstverständlich an.
Wenn ihr weiter gute Platten macht, kommen wir auch weiter zu euren Shows. Mir gefällt deine Einstellung.
Danke für das Interview! Ich danke dir!
http://www.againstme.net
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