Geschrieben von Kai Samstag, 06 Februar 2010 15:18
Orphaned Land - Interview mit Gitarrist Mattti zu 'The Never Ending Way Of Orwarrior'
Musik zu hören, die zwar aus offensichtlichen Gründen gefällt aber einfach mal anders ist, ist teilweise ziemlich schwierig. Wenn man jetzt noch Maßstäbe wie „es muss nicht schon wieder aus den USA kommen", „es sollte Musik mit einer Message sein" und „das ganze sollte auch noch abwechslungsreich sein" ansetzt, wird es wirklich schwierig. ORPHANED LAND aus Israel legen mit "The Never Ending Way Of Orwarrior" dieser Tage ein Album vor, welches in all diesen Aspekten punkten kann. Wir baten Gitarrist Matti zum Gespräch.
Bitte stell dich und deine Band kurz unseren Lesern vor.
Hi, Ich bin Matti und der Gitarrist von Orphaned Land. Desweiteren sind in der Band noch Kobi / vocals, Yossi / Gitarre und Uri / Bass. Wir haben zur Zeit keinen regulären Drummer, aber jetzt grade und auf den Shows spielt Matan Schlagzeug.
Könntest du für uns die Geschichte von Orphaned Land zusammenfassen?
Klar! Wir haben 1991 unter dem Namen RESSURECTION angefangen, zusammen zu spielen. Zu Beginn war das konventioneller Deathmetal, bis wir uns dann entschieden haben, dass wir etwas anderes, Einzigartigeres machen wollten, also haben wir angefangen, Elemente aus unserer Heimat, also Israel, einzubeziehen. Israel ist ein Land aus dem mittleren Osten, und die Mentalität dieser Region herrscht auch auf dem Album bis zu einem gewissen Grad vor. Sie zeigt sich in der Musik des Landes, auch wenn es sich dabei nicht unbedingt um den Großteil dessen handelt, was im Radio gespielt wird.
Ihr habt einen sehr eigenen Zugang zum Metal. Welche Bands haben euch beeinflusst?
Es gab eine Menge, und ich bin sicher, dass du von jedem Bandmitglied andere Antworten bekommen würdest. Natürlich waren wir von den klassischen Metalbands wie Iron Maiden, Metallica, Slayer, aber auch von Death-Metal und Doom-Metal-Bands wie Sepultura, Deicide, Morbid Angel, Tiamat, Paradise Lost, At The Gates, Tiamat, Opeth und so weiter beeinflusst. Wir haben uns auch inspirieren lassen von der progressiven Szene, vor allem von Dream Theater. Aber es gab auch Einflüsse außerhalb des Metals, wie einige klassische Rock-Bands oder sogar klassische Musik.
Eure Texte beschäftigen sich mit der sozialen und religiösen Situation eurer Umgebung - ich halte das für brilliant. Befürchtet ihr, dass sie Feindseligkeit gegen euch heraufbeschwören könnten?
Ich weiß nicht, ob das möglich ist. Wir versuchen das Menschliche und Gegenseitige aus allen Standpunkten zu finden und nicht nur eine Seite gut darzustellen. Unsere arabischen Fans sehen unsere guten Absichten und schätzen uns dafür. Menschen, die uns hassen, weil wir "auf der anderen Seite" stehen, würden uns auch hassen, wenn wir über Obst und Gemüse singen würden.
Euer gesamtes Konzept scheint sehr stark dem Frieden und der Verständigung gewidmet zu sein. Seht ihr eine reelle Chance dafür?
Natürlich tun wir das, wir würden nicht darüber singen oder uns mit dem Thema befassen, wenn wir es für hoffnungslos hielten. Viele Menschen sehen es als einen naiven Traum ohne Basis in der Realität, aber ich denke, Hoffnung ist eine sehr wichtige Sache, und es gibt noch Hoffnung für die Region. Ich weiß, dass eine echte Lösung über Hoffnungen und Träumen steht und dass gewichtige Maßnahmen auf beiden Seiten ergriffen werden müssen, um Stabilität zu erreichen. Aber einer der wichtigsten Schlüssel ist, zu verstehen, dass die andere Seite auch aus Menschen mit Hoffnungen, Träumen und Bedürfnissen besteht.
Seid ihr auch bei anderen Friedens-Aktionen beteiligt?
Leider haben die meisten von uns keine Zeit, an solchen Aktionen mitzumachen. Wir müssen hart arbeiten, um unseren Lebensunterhalt zu verdienen, und einige von uns haben Familien, um die sie sich kümmern müssen. Ich denke, dass die Zusammenführung von Arabern und Israelis mit unserer Musik schon eine Leistung ist, die einer Organisation oder sogar eine Regierung nicht immer gelingt.
Kriegt ihr manchmal zu hören, dass ihr euch als Musiker aus der Politik raushalten sollt?
Wir versuchen, möglichst weit weg von der Politik zu bleiben. Wir sehen unsere Botschaft nicht als eine politische. Wenn Michael Jackson singt "heal the world, make it a better place" oder "it doesn't matter if you're black or white", kommt niemand auf die Idee, diese Nachrichten mit Politik in Verbindung zu bringen. Es ist lustig, aber unsere Botschaften sind die gleichen. Wir sehen die vielen Kulturen, aus denen die Welt gemacht ist, und denken, dass es in jeder von ihnen Schönheit gibt. Wir denken, dass es falsch ist, darüber zu streiten. Es gibt unterschiedliche Meinungen, das war's! Da ist nichts Politisches dran.
Ich habe gelesen, dass ihr über 600 Stunden im Studio wart. Wie habt ihr das geschafft, künstlerisch und finanziell?
Ja, gut, die Arbeit im Studio war wirklich hart. Nicht zu erwähnen, dass uns die ganze Vorproduktion fast eine Ewigkeit gekostet hat. Unser Label Century Media hat uns finanziell viel geholfen. Künstlerisch gesehen waren die Stunden im Studio harte Arbeit, aber eben auch viel Spaß. Wir haben mit vielen Gastmusikern wie dem Nazareth Orchester, in denen einige arabisch-israelische Musiker spielen, gearbeitet, und es war eine dieser seltenen Gelegenheiten für eine Atmosphäre des Miteinander. Es hat lange gedauert, aber es hat sich auch gelohnt.
In manchen Ländern könnt Ihr aus politischen Gründen nicht spielen, aber welche möchtet ihr in Zukunft noch als Band besuchen, und seht ihr eine Chance dazu?
Zunächst einmal möchten wir überall spielen können. Diese Welt ist schön, und es gibt viele interessante Orte zu sehen und überall gute Menschen. Das Problem sind natürlich die arabischen Länder, mit denen Israel nicht in guten Beziehungen steht. Es gibt einige weitere moderate Länder, wie zum Beispiel Ägypten oder Jordanien, mit denen wir friedliche Beziehungen haben (nach vielen Jahren der blutigen Kriege), in denen das Spielen leichter wäre, wenn auch ein bisschen gefährlich. Es gibt Orte wie Tunesien und Marokko, wo wir viele Fans haben, aber es ist ebenfalls ein bisschen gefährlich für die Israelis. Natürlich, an Orten wie dem Libanon, Syrien und Iran ist das Spielen absolut unmöglich, auch wenn wir Fans dort haben. Wir möchten all diese Orte besuchen und hoffen, dass es möglich sein wird, wenn die Zeit reif ist und die Luft rein ist.
Wie arbeitet ihr an euren Songs? Sie scheinen recht kompliziert und technisch zu sein.
Wir haben immer gern ein wenig Komplexität in unsere Songs gesteckt, denn auf diese Weise bleibt es interessant für uns. Einige betrachten uns als eine progressive Band, aber ich denke, dass „komplex" unseren Stil besser beschreibt, auch wenn wir eigentlich versuchen, unsere Songs einfach zu halten.
Was wird euch der Rest des Jahres 2010 bringen?
Wir hoffen, so viele Shows wie möglich spielen zu können. Es sind bereits viele Shows bestätigt, einschließlich dem Wacken Open Air. Wir werden auch auf Tour durch die USA und Kanada gehen. Davon abgesehen planen wir, eine unserer Shows für eine DVD aufzunehmen. Es wird spannend.
Was macht ihr neben der Band?
Neben Orphaned Land studiere ich und mache dieses Jahr meinen Abschluss in Software Engineering. Yossi, unser anderer Gitarrist, ist ein High-Tech-Typ und hat zwei akademische Grade. Uri, unser Bassist, führt einen Metal-CD-Shop, und Kobi, unser Sänger, macht die Verwaltung für die Band in Vollzeit und besitzt einen CD-Vertrieb.
Famous Last Words?
They may take our lives, but they'll never take our freedom! Ne, war nur Spaß! Ich wünsche allen ein gutes Jahr mit viel Erfolg. Checkt unser neues Album, es ist wirklich gut geworden. See you out there in one of our Shows! Forever orphaned ...
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