Moin und Danke Christian, dass diesmal Du Dir die Zeit für uns nimmst. Seit meinem letzten „Gespräch“ mit Flo ist neues Material von WOBURN HOUSE, GRUENEWALD und ISLAND erschienen. Fangen wir mit Letzteren und grundsätzlich an… Wie sprecht ihr den Namen aus: deutsch wie die Insel oder englisch wie eine Insel?
Moin! Es ist 8:00 Uhr und die Sonne scheint. Wir sprechen den Namen englisch aus, wie eine Insel.
Wie kam’s zu dem kolossalen Stilwandel? Es lag doch nicht wirklich nur an dem zwischenzeitlichen Ausstieg von Patrick (Schroeder, dr/voc/synth)…?
Die Band hatte sich damals quasi ja aufgelöst. Als Florian und ich dann wieder angefangen haben neue Songs zu schreiben, saßen wir da in unserer damalig gemeinsamen Wohnung und haben auf den Gitarren rumgeklimpert. Die Situation war ganz anders. Eben nicht mehr im Proberaum mit viel Verzerrung und einem Death Metal Drummer. Es war keine große Sache für uns, dass wir uns verändern wollten. Zur damaligen Zeit hatte wir die Nase etwas voll vom eigentlichen ISLAND-Stil. Vieles hat sich dann auch durch die Produktion ergeben, da wir gesagt haben, wir nehmen jetzt mal keinen Metal-Sound. Dann kam noch Rafael hinzu, der eben auch nicht metallisch spiel,t und so hat sich das alles ergeben. "Origin" wurde noch zur Hälfte mit Patrick geschrieben und da auch im eigentlichen ISLAND-Death-Metal-Stil gezockt. Aber wie man sieht, man kann so ein Lied auch in ein ganz anderes Gewand stülpen.
Zwischendurch: Für April habt ihr Neues meiner Zeitgeister Lieblinge VALBORG angekündigt… Muss man sich da auch auf einen Kulturschock gefasst machen? Florian hatte ja was von WHITESNAKE erzählt…
Keine Bange. Das neue Album "Crown Of Sorrow" wird ein transzendentales Gewitter der Gewalt.
Bleiben wir bei ISLAND…
Der Einsatz der Bläser in Gestalt von Florians Bruder (vermute ich) ist sparsam gehalten. Und die Songs kämen auch ohne aus. Aber die Wirkung ist dennoch enorm. Warum nicht üppiger eingesetzt? Wenn man „Harbour“ hört, fragt man sich, was z.B. aus „Jukai“ hätte werden können…
Richtig. Clemens ist Florians Bruder. Wir haben das erste Mal mit ihm zusammengearbeitet und generell das erste Mal mit Bläsern. Da muss man auch erstmal Erfahrungen sammeln. Wir wollten es nicht übertreiben. Weniger ist mehr. Beim nächsten Mal würden wir gerne den Bläsern etwas mehr Platz einräumen.
Aäh, was ist mit „Korsai“, der X-mas Single von 2006, da war er doch auch schon dabei?
„Korsai“ wurde für das aktuelle ISLAND Album geschrieben und auch in der gleichen Recording Session aufgenommen.
Ich weiß, Du sprichst nicht (gern) über Deine Texte, aaaber, vielleicht ja über den Schaffensprozess… Eher ein zähes Ringen und akribisches Feilen oder lässt Du einfach laufen?
Es gibt so viele unterschiedliche Herangehensformen, Texte zu schreiben. Manche Texte dienen mehr zum Zweck des Singens. Manchmal schreibt man Texte, die einem viel bedeuten aber schwer zu singen sind. Manchmal feilt man dran rum, manche passieren einfach. Die Texte für das ISLAND Album wurden unabhängig von der Musik geschrieben und sind auch einfach so aus einem Gefühl entstanden.
Woher „weißt“ Du, wann Du besser in Deutsch oder in Englisch textest, oder soll man sagen: dichtest? Und weil ich Deine Texte / Gedichte so gut finde: liest Du Lyrik? Und wenn ja, welche?
Danke. Deutsch ist persönlicher, härter und auf gewisse Art, je nach dem wie und zu welcher Musik man singt, schwieriger als Englisch. Das, was ich mit den ISLAND Texten sagen möchte, hätte für mich nicht auf Deutsch funktioniert. Für GRUENEWALD sah es wieder anders aus. Da wusste ich schon vorher, ich werde zum größten Teil auf Deutsch singen, weil es eben nackt, ehrlich und frontal sein sollte. Ich lese keine Lyrik. Hin und wieder fällt mir was in die Hände, aber ich bin da nicht so hinterher. Meine Freizeit gilt der Musik.
Gibt’s eine Art Regel: erst die Mucke und dann wird assoziiert? Oder steht erst der Text, für den dann die Musik geschrieben wird?
Zuerst steht meistens immer die Musik. Für das neue ISLAND Album, an dem wir gerade arbeiten, habe ich es mal andersherum gemacht. Bei VALBORG ist es wieder eine ganz andere Geschichte. Da stehen zwar keine Texte vor der Musik, aber die Themen, der Inhalt und der Titel einer Platte entwickeln sich immer vorher. Dadurch entsteht eine Stimmung, die einen großen Einfluss auf die gesamte Musik hat.
Ihr lasst euren Stücken ja oft viel Zeit, sich zu entfalten… Egal ob ISLAND oder WOBURN HOUSE, GRUENEWALD… Mit Hang zum Rezitativ. Fast möchte man sagen: Mantra. Wie meditativ empfindest Du selbst Deine Musik?
Was GRUENEWALD betrifft, schon sehr meditativ. ISLAND und WOBURN HOUSE weniger. Die beiden Band spielen einfach progressive Rock-Musik. WOBURN HOUSE haben lange Lieder, weil sich das damals so ergeben hat. Weil wir zu dritt im Proberaum standen und gezockt haben. Wir haben nie drüber gesprochen oder etwas ausgemacht, dass das jetzt so sein muss.
Das Cover stammt von Zeng Mi, einem zeitgenössischen chinesischen Tuschemaler… Ich nehme mal an, Frau Dr. Toyka-Fuong hat das ermöglicht?
Richtig.
In einem Interview sagte Zeng Mi, chinesische Malerei sei eine Art Philosophie… In wieweit trifft das auch auf Deine Musik zu, ist sie Ton-Philosophie?
Natürlich. Musik ist Sinn und Inhalt. Gut für Geist und Körper.
Stichwort: Kommerzkram. Flo hat beim letzten Interview die Trägheit Eurer verbündeten Plattenfirmen beklagt. Nun ist aber nur GRUENEWALDs „II“ direkt bei Zeitgeister erschienen. „Island“ kam über Vendlus und die neue WOBURN HOUSE über Paradigms raus. Wieso?
Lange Geschichte. Paradigms war das erste Label, mit dem wir zusammengearbeitet haben, neben Heavy Horses. Dann kam Vendlus. Haben uns Honig um den Mund geschmiert, und wir, blauäugig und naiv, haben zugegriffen. Mit dem Resultat. dass die ganze Kommunikation und Zusammenarbeit der reinste Horror ist. WOBURN HOUSE sollte eigentlich auch auf Vendlus erscheinen, aber sie haben einen Rückzieher gemacht und wir konnten es an Paradigms abgeben. "Orakel", die erste ISLAND Scheibe, ist nun ausverkauft. Eigentlich sollten da noch einige hundert in Amerika rumliegen, aber irgendwie kommen wir nicht dran. Wirklich ein Jammer. Wir müssen jetzt warten, bis wir wieder genügend Geld drin haben und dann die Scheibe selbst nachpressen.
Das sind ja recht kleine Firmen. Habt ihr Euch eigentlich mal woanders, z.B. bei Candlelight beworben? Immerhin haben die ja nicht nur Schmonz, sondern auch so leckere Sachen wie BLUT AUS NORD im Katalog. Oder seid ihr doch zu abgedreht für so ein Mainstream-Label?
Keine Ahnung. Wir haben schon so viel Energie und Geld in die Sache gesteckt, und man wird immer älter. Ich hab einfach keine Lust, mit 30 irgendeinem Label hinterher zu rennen. Entweder kommt eins auf uns zu oder eben nicht. Weitermachen werden wir sowieso. Von Candlelight haben wir nichts Gutes gehört. Da gehen direkt die Alarmglocken an. Außerdem haben wir noch so viele komische Ideen, die wir verwirklichen wollen, da ist einfach kein Platz für ein großes Label, das mitreden möchte. Musik bedeutet Freiheit.
Ich bin ja nicht der einzige Rezensent, der von Eurer Arbeit schwer angetan ist, aber auch einer von den vielen, die immer wieder daran scheitern, die Musik zu „fassen“. Versuch mal bitte das Geheimnis zu enttarnen, wie ihr es schafft, so komplex und zugleich so leichtgängig zu sein, warum von Euch eingesetzte Disharmonien nicht nerven, wieso ein und dasselbe Stück als bequemer Klangteppich zur Lektüre taugt und dennoch beim konzentrierten Zuhören alles abverlangt?
Das Geheimnis ist der Zufall und das Glück, dass unsere Kräfte gut zusammen wirken. Dank unseres Geschmacks. Wir schreiben nur Songs, die wir selbst gut finden. Gehe deinen eigenen Weg, ohne Ruhm, versuche dein inneres Lied zu finden.
Die Komplexität ist sicher auch den vielfältigen Einflüssen geschuldet, denen ihr Euch aussetzt. Welche hältst Du für die wichtigsten, musikalisch und nicht-musikalisch?
Ich habe zwei Jahre lang zusammen mit Rafael in einer instrumentalen Band namens ORBO gezockt. Fabian von WOBURN HOUSE war auch dabei. Hört euch mal "Dejavus sind recycelte Zeit" an: myspace.com/operationbrainoverkill. Diese Band hat mich am meisten musikalisch geprägt, was Komplexität betrifft. Nicht-musikalische Einflüsse sind meine Jugend, die Natur, in der ich aufgewachsen bin, und vor allen Dingen die Menschen. Höre darauf, was der einfache Mann zu sagen hat und lerne. Ich ziehe Inspiration aus der Vergangenheit. Altes inspiriert zu Neuem.
Als ich Flo nach einem Plattentipp gefragt habe, kamen Toby Drivers skurrile MAUDLIN OF THE WELL dabei heraus. Nun frag ich Dich… und vermute ähnlich Skurriles?
PORTAL - Swarth …
Sach ich doch! (Hammerhartes NoizeDeath-Gewichse: klanglich in etwa zwischen Großbaustelle und umkippendem Küchenschrank ...)
… und THE BREEDERS - Last Splash
Und wann hast Du das letzte Mal zu so Trivialem wie MOTÖRHEAD oder AC/DC richtig abgeschädelt?
Das sind bitte keinen trivialen Bands, sondern Götter. MOTÖRHEAD, AC/DC, BLACK SABBATH. Sie haben ganze Generationen beeinflusst.
War ironisch gemeint… und wann hast Du nun zu unseren Göttern das letzte Mal abgeschädelt?
Bin gerade dabei.
Queerbeet durch Eure Bands und Veröffentlichungen: Welche Nummern müssten unbedingt auf ein Best-Of-Zeitgeister?
Kann ich nichts zu sagen. Ich liebe alle unsere Veröffentlichungen.
Und auch kein Worst-Of?
Gibt es nicht. Schließlich steckt in jedem Song eine Erinnerung. Alles andere ist eine Geschmacksfrage. Das kann ich eh nicht beeinflussen.
Wenn man mal grob unterscheidet: Kopf- und Bauchmucke… Was meinst Du, bei welcher Band seid Ihr am kopflastigsten? ISLAND, WOBURN HOUSE? Gerade bei deren letzten beiden Alben werde ich das Gefühl nicht los, die Erzeuger hätten auch ein bisschen Zeit mit Musiktheorie und Kompositionslehre zugebracht?
Ich mache nur Musik die aus dem Bauch heraus kommt. Selbst komplexere Sachen werden nach einem Bauchgefühl geschrieben, ich kann gar nicht anders entscheiden. Es gibt keine Logik, die mich leitet, sondern ein Gefühl, das mir sagt, so muss es sein. "Orbo" war definitiv Kopfmucke. Von Musiktheorie habe ich nicht so viel Ahnung. Wir improvisieren zwar viel, aber da geht es mehr darum, die Töne zu beschwören und nicht auszurechnen, was da jetzt reinpasst und was nicht.
Ein letztes Mal zu ISLAND: Clemens Toyka unterstützt mit ein paar Messinginstrumenten. Ein echter Gewinn wie ich finde… Nächstes Mal macht’s wieder Ramm-Bamm. Also kein Tuten und Blasen mehr? Achja, das noch… was hat das mit den Weihnachtssingles auf sich? Die werden nicht mal auf der Homepage erwähnt…
Kann sein, dass die nächste Platte hart wird oder vielleicht doch nicht. Wir haben zwar mal gesagt, wir werden wieder härter, aber wer weiß, wie es dann letztendlich am Ende klingt. Die Weihnachtssingles sind zu einer Tradition bei uns geworden - ein Weihnachtsgeschenk an unsere Hörerschaft.
Nicht nur ISLAND, auch WOBURN HOUSE agieren mittlerweile kontrollierter als auf ihrem Debüt… zumindest wenn man den Reviews trauen darf; WH’s Debüt kenne ich leider nicht. Werdet ihr erwachsen? Wimpen die Zeitgeister auf breiter Front aus? Oder kaum mehr als eine Momentaufnahme?
In der Musik hört man den Menschen. Du spielst, was Du bist. Das Alter klingt durch. Mit 22 war ich noch viel stürmischer und die Musik war nicht so konkret wie heute. Aber erwachsen werden wir hoffentlich nie.
Woburn House ist ein Konferenzzentrum zwischen Regent Park und Kings Cross. Wieso benennt man sich danach?
Falsch, Woburn House ist ein Haus aus dem Buch "Im Land der letzten Dinge" von Paul Auster.
Ahso, kenn ich nicht… Und was hat dieses Woburn House, dass es zur Namensgebung taugt?
Da möchte ich Fabian, Woburn House Bassist und Namensgeber, aus einem alten Interview zitieren: "Das Woburn House ist so eine Art "Shelter". Dort darf man für ein paar Wochen leben wie in einem Hotel, quasi aus der Gosse zu weißen Laken und dicken Fleischplatten. Aber man weiß, dass man wieder raus muss, in die unwirtliche Wirklichkeit. Und das beschreibt ziemlich gut, wie sich das Musikmachen für uns anfühlt."
Anders als VALBORG nimmt man ISLAND und WOBURN HOUSE nicht live im Studio auf?
Wir schwimmen ja nicht im Geld. Eine Live-Aufnahme im Studio ist einfach das VALBORG Ding. VALBORG und das Stonehenge Studio mit Oliver Weiskopf gehören zusammen. Den Rest machen wir auf eigene Faust. Wenn die Umstände stimmen würden, würde ich auch mit allen anderen Bands live einspielen. Das bringt es einfach total.
Achtung, Fangfrage: Die „Monströsen Manöver“ sind überall gut angekommen..?
Ja, überall supergut. Besonders im Rock Hard.
Ist so eine „Arschbombe des Monats“ in einem der beiden auflagenstärksten deutschen Mags eher tödlich oder allemal besser als ein Achtungserfolg im Mittelfeld? Oder einfach nur egal?
Das ist egal. Ich finde dieses ganze Bewerten sowieso so affig. Muss denn alles bewertet werden und für alles Noten vergeben werden? Die Schule ist aus. Jeder sollte selbst mal ein Instrument in die Hand nehmen, bevor man seine Zeit damit vergeudet, über andere herzuziehen. Aber so ist die Welt eben. Überall Leistung und Ratschläge. Alles Ego, alles Kotze. Tu dies, mach das. Sollte Kunst nicht frei von so etwas sein? Und - gute Kritik sollte geübt sein, das bekommen nur die wenigsten hin.
Ich stimm Dir zu: oft sind die Kritiken nicht halb so originell wie die Musik, der darin fehlende Originalität vorgeworfen wird. Aber als Hörer kann ich sie dennoch manchmal als Vorfilter gebrauchen. Ich habe nämlich keinen Bock und keine Zeit, stundenlang auf MySpace friendship-hopping zu betreiben. Und, übrigens… es schreibt auch nicht jeder, um seine Profilneurosen zu pflegen… Ein Großteil der für mich interessanten Bands, die ich in den letzen Jahren kennengelernt habe, kamen mir zuerst als Promos zu Ohren. VALBORG und GRUENEWALD zum Beispiel…
Aber zurück zum Thema: Sogar im Rock Hard sind Vergleiche mit OPETH, ANATHEMA oder ISIS ja schon beinah für all Eure Bands bemüht worden – was zwar für die Phantasielosigkeit von uns Rezensenten aber auch für Euch spricht. Wie nah seht Ihr selbst Euch bei denen - musikalisch, meine ich? Und warum liegen Welten zwischen denen und Euch in Sachen Bekanntheit? Und würdet ihr überhaupt gegen diesen Unterschied anarbeiten wollen?
Alte ANATHEMA sind definitv ein Einfluss von mir. "Pentecost III" is the shit. -- Es geht nicht immer darum, bekannt zu werden. Es gibt viele Menschen, die gute Musik machen und trotzdem nicht alle bekannt sind. Das geht einfach nicht. Schau mal, wie lange die genannten Bands schon dabei sind. Wir existieren gerade mal seit ein paar Jahren und machen fast alles selbst. Um nach oben zu kommen, braucht man in den meisten Fällen Geld und Glück. Willst Du mit einer bekannten Band auf Tour gehen, dann musst du dafür zahlen. Wir machen nun mal auch nicht so die massenkompatible Musik. Selbst im Underground ist es schwierig, an Konzerte zu kommen. Bekanntheit hat einen faulen Beigeschmack. Irgendwann wird die Sache verbissen. Wir wollen uns lieber finden lassen. Da draußen gibt es Menschen, die ähnlich ticken. Die noch wissen was es heißt, eine Band wirklich zu entdecken. Wir machen was wir wollen, und wer kommen will, kann kommen.
Etwas rätselhaft ist das kleine Hörspiel aus dem Godesberger Stadtpark, das die 23min Hymne „Transformer“ erst auf das richtige Maß bringt. Mit Verlaub: Sinn und Zweck des Gezwitschers nebst Motorengeräusch?
Schau Dir das Cover an, dann weißt Du warum.
Nee, diese Verbindung war schon klar… Ich formuliere neu: Es ging doch sicher nicht darum, irgendeinen ornithologischen Bezug zum Cover auf den Teller zu bringen?
Die Vögel singen weiter ihr Lied, egal was draußen für ein Krach von den Menschen produziert wird. Sie singen weiter gegen die Maschinen an. Das Cover wurde von Toby Driver ganz unabhängig vom Titel gemalt. Das Gezwitscher ganz unabhängig von Fabian aus unserem alten Proberaum heraus aufgenommen. Später haben sich die Teile einfach zusammengefügt.
Die Scheibe war bis hin zum Mix bereits 2007 fertig… warum hat’s noch mal ein Jahr bis zum Mastering gebraucht und ein weiteres bis zur Veröffentlichung?
Ich sag nur: Vendlus
Müsst ihr da noch mehr veröffentlichen?
Zum Glück nicht. Nie wieder.
Es steht zu vermuten, auch im Hause WOBURN ist das nächste Album so gut wie fertig?
Es gibt drei bis vier Lieder und einige Ideen. Florian und ich wollen die neue Scheibe voraussichtlich im Sommer angehen.
Das Mastering hat Tom Kvålsvoll (Ex-DØDHEIMSGARD) gemacht. Wie schon KLABAUTAMANNs „Merkur“ und danach „Island“. Das ist ja kein „Kleiner“, der auch schon für 1349, EMPEROR und zahllose andere gearbeitet hat. Wie könnt Ihr Euch den leisten?
Gute Beziehungen.
Ohne großes Label (nicht im Rücken und nicht im Nacken) könnt ihr exakt die Musik machen, die ihr wollt. Und Ihr habt einen enormen Ausstoß: Ich glaube, 13 Alben in sieben Jahren. Hast Du noch Zeit für etwas anderes? Job oder so?
Ja klar, ich muss ja von irgendetwas leben. Ich nutze die Zeit nur immer richtig und versuche, mich nicht zu verzetteln. Es geht darum, in einem Fluss zu bleiben und den Kopf zu befreien. Je mehr das Musizieren zu einem Spiel wird, desto einfacher wird es für mich, Material zu schreiben. Ich setze mich fast nie hin und übe. Wenn ich zur Gitarre greife, entsteht immer etwas Neues.
Unter anderem hast Du Bock auf ein Solo-Projekt: Wie allen Zeitgeistern haftet auch GRUENEWALD der Nimbus des Besonderen und Ungewöhnlichen an. Wie würdest Du das einem Metaller beschreiben, was Du da musikalisch treibst? Vielleicht ohne die Namen ULVER und ANATHEMA zu benutzen…
Das erste Album ist wie der Tau, der von den Blättern tropft, der späte Sommer auf dem Land. Das zweite Album ist wie der Wind in der Nacht.
Ja, da ist man gleich im Bilde. Mal eine etwas merkwürdige, persönlich motivierte Frage dazu: Wenn ich „II“ höre, „muss“ ich danach oft Trakl lesen. Oder Heidegger. Und wenn ich Trakl oder Heidegger lese, anschließend GRUENEWALD hören. Oder gleich als Soundtrack. Bloß (m)eine subjektive Präferenz, oder kannst auch Du Deine Musik in der Lyrik / Philosophie der beiden wiederentdecken?
Mich beeinflusst so etwas gar nicht. Ich schreibe nur aus dem Herzen. Und gerade bei GRUENEWALD war es mir von Anfang an wichtig, das zu machen, was im ersten Moment geschieht. Die Musik, die du auf den Platten hörst, wurde dann aufgenommen, als sie entstanden ist. Der Schmerz, die Dunkelheit, das kam aus mir heraus und wurde so aufgezeichnet. Das ist die Philosophie hinter GRUENEWALD - pur zu sein, nicht irgendwas darstellen wollen. Sie erzählen für mich ganz persönliche Geschichten. Ich suche keine Wörter, die cool klingen, damit GRUENEWALD cool ist.
Wie fast alles bei Euch fallen auch die Cover oft aus dem Rahmen. Auch für GRUENEWALD hast Du was Spezielles aufgefahren… von dem katholischen Pfarrer Herbert Falken. Warum hast Du ihn um Erlaubnis gebeten, was sagt es Dir? Und warum drückt es – bei aller Romantik des Albums – die Musik besser aus, als z.B. dieses traumschöne Artwork, das Du für NEBELUNG gemacht hast?
Der Name GRUENEWALD existiert schon seit 15 Jahren. Ich habe immer drauf gewartet, die passende Musik dafür zu finden. So war das erste Album schon die Erfüllung eines Traumes. Das Bild von Herbert Falken habe ich in den 90ern aus einem katholischen Religionsbuch herausgerissen. Ich hab schon damals davon geträumt, es mal als Cover zu verwenden. Der zweite Kreis wurde nun geschlossen.
Abschließend: Was steht dieses Jahr außer der dritten VALBORG noch an? Liveaktivitäten? Und falls Du sonst noch etwas auf dem Herzen hast…
Ja, Liveaktivitäten mit VALBORG. Konzerte in der Schweiz, Leipzig, Northeim und auf dem Roadburn Festival. Wenn jemand uns live sehen möchte und irgendwelche Beziehungen zu Veranstaltungsorten hat oder was auch immer. Einfach melden. Wir spielen überall.
Weitere Alben?
Wir waren im Januar mit VALBORG im Studio und haben den Nachfolger zu "Crown of Sorrow" aufgenommen. Titel "Barbarian". Mehr möchte ich noch nicht verraten.
Das war’s … Vielen Dank für Deine Zeit.
Vielen Dank für Deine Zeit und Dein Interesse.
www.zeitgeistermusic.com
Geschrieben von dirk-bengt Dienstag, 09 März 2010 17:14
Interview mit Christian Kolf, dem zweiten Paten der Zeitgeister-"Bandmafia"
Drei spannende Veröffentlichungen um den Jahreswechsel herum sind Anlass genug, sich mal wieder die Zeitgeister vorzunehmen. Diesmal plaudert "Pate", Gitarrist, Texter und Sänger Christian Kolf mit uns – unter anderem über die kulinarischen Verlockungen der Lüneburger Heide („Herr Ober, ich nehm’ dann noch ein' Pilz“) sowie Alarm bei Kerzenlicht – und kündigt uns ein transzendentales Gewitter an.
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