Geschrieben von Mittwoch, 07 April 2010 18:11

Fehlfarben & Herpes - Freiburg / E-Werk

fehlfarben_band

03.04.2010 - Ein Grauschleier lag über der Stadt, als ich am Abend des Karsamstags den Weg ins nahe gelegene E-Werk hinter mich brachte. Wenige Stunden später, auf dem Rückweg, prasselten dann viele tausend Tränen vom Himmel herab. Ob der meteorologische Rahmen wohl Teil der Inszenierung der dort aufspielenden Kapelle aus dem Rheinland sein sollte?


Zu Beginn der Veranstaltung fiel vor allem der spärliche Besucherandrang auf. So hatten zunächst HERPES aus Berlin ihr Set vor fast leerem Saal zu bewältigen. Es dauerte einige Stücke, bis ich mit ihrem zappeligen Rock, der vor allem gesanglich deutlich unter dem Einfluss der Hauptband des Abends zu stehen schien, etwas warm werden konnte. Sicher nicht schlecht, die Darbietung, doch hätte sich der Funke in einer deutlich kleineren Lokalität bestimmt wesentlich leichter getan, überzuspringen.

Zum Glück füllte sich der Raum noch ein wenig, bis Peter Hein - in weißem Anzug mit großen, bunten Pfeilen drauf - und seine FEHLFARBEN ihren Auftritt mit dem Titelsong der aktuellen Platte "Glücksmaschinen" begannen. Zwischenzeitlich dürften etwa 250 Menschen vor Ort gewesen sein, die als zweiten Song "Ernstfall" vom Klassiker-Album "Monarchie und Alltag" um die Ohren kriegten. Aha, dachte ich, eine Zeitreise durch das Schaffen der Band dürfte bevorstehen. Und so sollte es denn auch geschehen.

Den Schwerpunkt auf die letzten drei Alben legend, spielten sich die Musiker um den Sprechsänger mit der markanten Stimme munter durch ihr (inklusive dreier Zugabenblöcke) etwa 100-minütiges Set. Die punktgenaue Schlagzeugerin konnte dabei besonders bestechen, bestens unterstützt vom hervorragend groovenden Bass. Herr Jahnke an der Gitarre spielte mal funky, mal noisy, gerne punky und immer schön catchy, untermalt von gleich zwei Keyboards, so dass des öfteren ein angenehm waviger Sound - an einer winzigen Stelle fast an der Schwelle zum Technoiden scharrend - dem vorherrschend post-punkigen Rock die Hand reichte. Überhaupt kam das Klanggewand als interessante Mischung aus modern und achtzigerlastig daher, nur leider hatten sowohl Stimme als auch Gitarre nicht immer die Präsenz, die ihnen meines Empfindens gerne hätte gebühren dürfen. Als kleine Entschädigung dafür gab's eine schöne Lightshow mit vielen bunten Strahlen, die z. B. den "Club der schönen Mütter", "Es geht voran", "Stadt der 1000 Tränen" und - zum Abschluss des regulären Sets - die aktuelle Single "Wir warten" optisch versüßte.

In den folgenden Zugaben befanden sich unter anderem eine ausgezeichnet und mit viel Hall auf der Stimme vorgetragene Version von "Paul ist tot", das "Handbuch für die Welt", sowie recht wütend das bislang unveröffentlichte "www". Zu guter Letzt und als gebührenden Schlusspunkt setzten die zwar nicht mehr ganz jungen, dennoch voll und ganz überzeugenden Düsseldorfer noch den "Grauschleier" drauf, bevor sie endgültig die Bühne verwaisen ließen. So hatte das Publikum bekommen, was es haben wollte - und was es kriegen konnte, gefiel ihm sogar!