Bis vor einigen Jahren gab es noch ein unbeflecktes Stück auf der Landkarte, in dessen Umgebung kein Festival stanttfand – OWL. Doch eines Jahres wurde in Schloss-Holte Stukenbrock, das liegt direkt neben dem „Hollywood-Safari-Park, das Serengeti-Festival aus dem Boden gestampft. Von Jahr zu Jahr kamen bekanntere Bands und mehr Zuschauer, und dieses Mal feierte das Festival sein fünfjähriges Bestehen. Aufgrund der mittlerweile extrem gestiegenen Besucheranzahl (man munkelt, dass dieses Jahr die 10.000er Marke geknackt worden ist) musste auch ein größerer Campingplatz her, weshalb auch der nahgelegene Schulhof heimgesucht wurde.
Da das Gelände nicht so weitläufig ist, versprüht das Festival eine sehr entspannte Atmosphäre. Das Ganze hat eher was von einem Nachmittagsausflug zu einem Konzert, inklusive entspanntem Chillen auf einer mitgebrachten Decke, als von einem... ich nenn es mal "Bier-getränkten" Festival. Das liegt aber auch daran, dass die Veranstaltung nur zwei Tage dauert, anstatt der oftmals obligatorischen drei Tage. Sehr mutig ist ebenfalls das sehr breit gefächerte Line-Up des Festivals. Von melodisch trendigem Metalcore über Oldschool Hardcore bis hin zu Rockabilly, Mittelalter Metal und Irish Rock ist hier einiges vertreten.
Freitag, 16.7.2010:
Den Auftakt des Festivals machten die aus Australien kommenden BUGGIRL, mittags bei gefühlten 50° in der Sonne. Die servierten den wenigen Leutchen, die schon da waren, knackigen Rock'n'Roll, der teilweise an eine Mischung aus AC/DC und MOTÖRHEAD erinnerte, nur mit weiblichem Gesang. Ein interessanter Opener. Leider war der Sound schlecht, da des Öfteren die Raumbeschallung ausfiel. Das Problem war auch bei MISCONDUCT noch nicht behoben, die sich alle Mühe gaben, dem Publikum einzuheizen. Leider sprang der Funke nicht ganz über, trotz ihres melodischen Punk-Hardcores. Dennoch schaffte es die Band, den ersten kleinen CirclePit des Festivals auf die Beine zu stellen.
Und dann kam um 14:30 schon mein persönlicher erster Höhepunkt des Festivals: die Kalifornier DEVILDRIVER. Schon nach den ersten Takten hatten Dez und seine Mannen das Publikum fest im Griff und riefen schnell zur ersten und auch definitiv fettesten Wall of Death des Festivals auf. Mit diesem Auftritt hat die Band bewiesen, dass sie es verdient hat - sollte sie nächstes Jahr wieder dabei sein - später und länger zu zocken. Im übrigen waren ab diesem Zeitpunkt jegliche tontechnischen Probleme behoben, wovon das Quintett natürlich zusätzlich profitierte.
Danach wirkte das Gelände ziemlich leer. Zu unbekannt scheinen THE SEWER RATS aus Köln noch zu sein, und anscheinend interessierte sich keiner so wirklich für die Mischung aus Ska und Rockabilly, die einem hier präsentiert wurde. Kaum war allerdings die letzte Note verklungen, füllte sich das Gelände mehr als schnell, denn es folgten SONIC SYNDICATE. Und auch wenn ich persönlich nicht ganz mit der Interpretation aus Melodic Death und Metalcore klar komme, ging das eher junge Publikum mehr als steil. Es wurde eng, staubig und einige Crowdsurfer waren zu sehen. Die Band mit ihrem neuen Zweitsänger gab alles. Die Posen stimmten, und es wurde gebangt und zum Abschluss inklusive Gruppenverbeugung dem Publikum gedankt.
Danach zog es das jüngere Publikum vor, wieder einige kalte Bierchen zu zischen, denn das Durchschnittsalter stieg vor der Bühne deutlich an. BOPPIN'B luden zu einem wahren Rockabilly-Fest ein. Großartiger Auftritt! Die Jungs versprühten reine Spielfreude, und so entstand eine CirclePit-Pogo-Polonaise. So etwas habe ich noch nicht gesehen. Das Quartett, inklusive stehendem Drummer, verbreitete eine großartige Stimmung. Nach dieser Lehrstunde in Sachen Bühnenausstrahlung wurde es old-schoolig auf dem Serengeti. H2O gaben sich die Ehre. Und auch wenn der MADBALL Gitarrist als Ersatz einspringen musste, weil der eigentliche Bassist im Stau stecken geblieben war, bewiesen die NewYorker, dass sie es immer noch drauf haben. Das war ganz großes Kino, auch wenn die Band leider ein wenig fehlplatziert wirkte, was aber eher an dem Durchschnittsalter des Publikums lag. Das ältere Semester konnte sich an einem gelungenen Auftritt erfreuen und sang auch teilweise mit.
Dass auf Sonnenschein auch manchmal Regen folgt, bewiesen die folgenden drei Bands. Erst wurde es ein wenig infantil, denn SONDASCHULE enterten die Bühne und erinnerten nicht nur aufgrund ihrer Texte der Marke „Dumm aber glücklich" an eine Kreuzung aus DIE ÄRZTE und WIZO, sondern auch musikalisch. Wenn ich sowas hören möchte, dann lieber von den Originalen. Aber es war definitiv ein von dem jüngeren Publikum geliebter Auftritt. Tja, und dann spielten MR. IRISH BASTARD, der Ersatz für die abgesagten CROWBAR. Für meinen Geschmack kein gelungener Ersatz, was aber auch eher daran liegen mag, dass ich mit irischem Folk-Gedudel-Metal leider gar nichts anfangen kann. Leider muss ich zugeben, dass ich genau so wenig mit Mittelaltermetal anfangen kann, der darauf folgte - in Form der Barden von SUBWAY TO SALLY. Ich will aber auch gestehen, dass es dennoch ein großartiger Auftritt war, inklusive Pyroshow, und ich stehe auf Feuer auf der Bühne.
Ich für meinen Teil wurde erst danach für die Warterei belohnt, als endlich die Briten PARADISE LOST auf die Bühne kamen. Und was soll ich sagen, wenn eine Band sowohl das Metal- als auch das Gothic-Genre beeinflusst, dann können die auch live einiges hergeben. Warum diese Band immer noch Headliner-Positionen einnehmen darf, haben die Briten an diesem Abend wieder eindeutig bewiesen. Ein mehr als gelungener Auftritt und Abschluss des ersten Festivalabends.
Samstag, 17.7.2010:
Der zweite Festivaltag begann für mich leider nicht ansatzweise so gut wie der vorherige. Noch vor dem Aufstehen - in meinem heimischen Bett - erfuhr ich, dass ich den ganzen Tag über arbeiten muss. Leider verpasste ich so die Auftritte der ersten drei Bands MONSTERS OF LIEDERMACHING, ESCHENBACH und CIVET. Ich hatte aber den Auftritt von DOG EAT DOG rausschlagen können, als eine Art Arbeitspause. Also Arbeitsklotten angelassen, ins Auto geschwungen, eine halbe Stunde nach Stukenbrock geflitzt, DOG EAT DOG genossen und wieder zurück geheizt, um noch schnell den Rest abzuarbeiten und abends wieder möglichst schnell auf dem Serengeti auflaufen zu können. Doch kurz zurück zu DOG EAT DOG:
DOG EAT DOG können es immer noch, auch nach 20 Jahren Bandbestehen. Crossover mag tot sein, aber in dieser Band mit dem markanten Saxophon wird dieses Genre für immer weiterleben. Hier wurde gefeiert, mitgesungen, sich verausgabt, teilweise gerappt und Musiker ausgetauscht. Es war eine wahre Wonne - zu schade, dass nach einer knappen Stunde schon alles vorbei war. Da ich danach leider wieder zurück musste, verpasste ich VALIENT THORR, ITCHY POOPZKID und DIE APOKALYPTISCHEN REITER. Ich hab mir sagen lassen, dass sich der Gitarrist von ITCHY POOPZKID auf einem Gitarrenkoffer übers Publikum hat tragen lassen.
Ich erreichte das Gelände erst wieder zum Ende des Sets von SKINDRED. Das, was ich da noch mitbekommen habe, hat mir Lust auf mehr gemacht. Die Band, die eine verrückte Mischung aus Raggae, Alternative, Punk und Metal spielt, ist auf einem Festival ein Garant für gute Stimmung.
Nun wurde es wieder voll vor der Bühne. Insgesamt beschlich mich das Gefühl, dass am Samstag mehr Zuschauer den Weg zum Serengeti gefunden hatten, als am Freitag. Und es wurde nicht nur voll vor der Bühne, sondern auch wieder irisch auf der Bühne. FLOGGING MOLLY fungierten an diesem Abend als Co-Headliner. Und wie schon am Vortag kam irischer Folk-Rock gut an, die Stimmung jedenfalls kochte. Da stellte sich einem sofort die Frage, ob PAPA ROACH das noch toppen können. Und ja, sie konnten. Das war nicht nur daran zu erkennen, dass sie vermutlich die Spitzenreiter am Merchstand waren (man wurde das Gefühl nicht los, dass sich jeder dritte Besucher ein Shirt besagter Band zugelegt hatte), denn Jakoby beherrschte vom ersten Ton an das Publikum. Die Menge fraß ihm zu jeder Sekunde aus der Hand und ging jeder Aufforderung zum Nachsingen mit, auch wenn es das eh schon die ganze Zeit getan hatte. auch wenn PAPA ROACH eventuell ihren Zenit in Sachen Albumverkäufe überschritten haben mögen, so merkt man den Jungs dennoch an, dass sie ihre Musik lieben: live kann man der Band einfach nichts Negatives ankreiden. Man kann zu ihrer Art Newmetal stehen wie man will, aber der Wechsel weg vom Rappen, hin zum Cleangesang hat dem Quartett mehr als gut getan.
Abschließend wussten einige Zuschauer nicht, worauf sie sich einlassen würden, als sie sich zum Midnight Special in Form der Außerirdischen GWAR vorne an die Bühne quetschten: Einen Thrashmetal Ableger, eine skurril kostümierte Band und Blut, literweise Blut. Eine Bühnenshow dieser Jungs kann man fast schon mit einem Musical vergleichen, denn auch bei GWAR wird eine Art Geschichte musikalisch erzählt. Naja, und es werden einige Körperteile abgehackt, viel ejakuliert und sowohl Hitlerjesus, der Teufel sowie ein armer Polizist einen Kopf kürzer gemacht. Als wenn das alles nicht schon gereicht hätte, wurde zum letzten Song noch eine Blutkanone aufgefahren. Nur die wenigsten der Zuschauer hielten diese Obskurität bis zum Schluss aus. Einige flüchteten schon nach den ersten Litern Blut aus den ersten Reihen, den anderen war generell die Übertriebenheit zu viel. Musikalisch war der Auftritt trotz der Kostüme und der ganzen Show drumherum jedoch irgendwie beeindruckend. Und auch wenn ich mit einem Lächeln und Kopfschütteln nach GWAR das Gelände verließ, muss ich doch sagen, diese Verrücktheit sollte man mal live erlebt haben.
Fazit
Alles in allem war es ein sehr angenehmes Festival. Es gab wenig Stress, wenig Verletzte, wenig von der Sonne Vernebelte, alles lief sehr friedlich ab. Ein Grund dafür war definitiv der reibungslose Ablauf des Billings. Der Zeitplan wurde fast hundertprozentig eingehalten. Sehr angenehm waren auch die Securities an den Seiten der Bühne, die am Freitag bei ca. 35° konstant das Publikum mit kaltem Wasser aus Schläuchen abkühlte. Lediglich der übermotivierte Kollege auf der rechten Seite, dem es Spaß bereitete, auch fotografierende Besucher komplett abzuduschen, war fehl am Platz. Danke für meine durchnässte und nun kaputte Cam. Daher auch leider keine Fotos...
Sehe ich davon einmal ab, habe ich nur einen Kritikpunkt, der unbedingt geändert werden sollte im nächsten Jahr: Legt das Festival bitte nicht wieder an den Anfang der Sommerferien, denn es waren für meinen Geschmack zu viele Kiddies da, die entweder zum ersten Mal alleine auf einem Festival waren (entsprechend alleine Campen, das erste Mal Alkohol zu sich nehmen oder böse Substanzen rauchen) oder einfach nur zum ersten Mal geküsst haben oder aber es gerne wollten und sich noch zu schüchtern anstellten. Bis zu einem gewissen Punkt war auch das noch amüsant anzusehen, aber nach dem hundertsten Kreischen eines Mädels wegen einer Umarmung geht's einem ein wenig auf den Keks.
Die Preise waren mehr als angenehm, sowohl für das Essen als auch für die Getränke. Und beim Thema Getränke bewies das Serengeti sogar großen Mut, denn es wurden auf dem Gelände Wasserflaschen verkauft (natürlich mit Pfand). Ich kann mich nicht an ein Festival erinnern, auf dem ich nicht auch für Wasser einen Becher bekommen habe, der dann nur zu zwei Dritteln voll gewesen ist. Und mal ganz ehrlich, einen großen Unterschied zwischen einem Becher und einer Flasche als Geschoss gibt es in meinen Augen nicht wirklich...
Ich kann jetzt schon sagen, dass ich nächstes Jahr auf jeden Fall wieder dabei sein werde, dann aber definitiv ohne einen Arbeitstag dazwischen. In diesem Sinne, bis nächstes Jahr!
Arne
Stile: Postcore, Deathmetal, Sludge, Hardcore
Bands: Machine Head, Kylesa, Ryker's, Lionheart, Johnny Cash, Cult of Luna, The Ocean, Deserted Fear, TLUF