Geschrieben von Vero Montag, 15 November 2010 00:00
Amorphis, Orphaned Land & Ghost Brigade - Hamburg / Markthalle
07.11.2010 - Als um 19:00 Uhr die Türen der Hamburger Markthalle geöffnet werden, ist der Vorraum sofort gefüllt mit erwartungsfrohen Fans. Schon bevor GHOST BRIGADE den Abend für ORPHANED LAND und AMORPHIS eröffnen, ist klar: Alle Befürchtungen, AMORPHIS würden nicht genug Leute in die Halle ziehen, waren absolut unbegründet.
Als um 20:00 Uhr das Licht in der Markthalle ausgeht und die düsteren Finnen von GHOST BRIGADE die Bühne entern, gibt es kaum Zweifel, dass dies ein gelungener erster Gig der gemeinsamen Europatour von Ghost Brigade, Orphaned Land und Amorphis werden wird. Das Publikum geht sofort mit, als die fünfköpfige Kombo zu ihrem melancholisch-dunklen Sound zu moshen beginnt. Die musikalische Mischung aus Melodic, Sludge und Progressive-Metal mit Alternativ- und ab und an sogar Popeinflüssen kommt gut an bei den Nordlichtern. Mit tiefer und voller Stimme singt Sänger Manne Ikonen "My Heart is a Tomb" vom 2009 erschienenen Album "Isolation Songs", während die beiden Saitenvirtuosen Tommi Kiviniemi und Wille Naukkarinen wild headbangend ihre Riffs in Richtung Fans loslassen. Je nach Stimmung der Songs wird die Geisterbrigade in rotes, blaues oder türkises Licht gehüllt oder verschwindet in mystischem Nebel. Nach großartigen 40 Minuten verlassen Manne und seine Jungs unter lautem Applaus und Zugaberufen die Bühne, um der Israelischen Band Orphaned Land Platz zu machen.
Als ich nach einer kurzen Raucherpause wieder in der Markthalle ankomme, frage ich mich kurz, ob ich mich in der Tür geirrt und versehendlich auf einem Kirchentag gelandet bin. Auf der Bühne steht ein Mann in weißem Gewand mit offenen, schulterlangen Haaren. Um die Jesus-Assoziation perfekt zu machen, reckt ein Fan ein großes, silbernes Kreuz in die Höhe. Für diejenigen, die ORPHANED LAND bereits live gesehen haben, ist natürlich sofort klar, dass es sich bei dem vermeindlichen Sohn Gottes um Orphaned Land Sänger Kobi Farhi handelt. Das Markenzeichen dieser Band sind die orientalischen Folk-Klänge, die sich in die von Death- und Doom-Metal beeinflusste Musik mischen. In den Texten geht es in erster Linie um die drei arabischen Religionen: Judentum, Christentum und Islam. Obwohl ich persönlich mit dieser Kombination nicht so viel anfangen kann, kommen Orphaned Land beim Publikum gut an, und Gitarrist Yossi Sa’aron kann während der gesamten Show überhaupt nicht aufhören zu grinsen. Absolutes Highligt des ansonsten recht ruhigen Auftritts ist aber die Tanzeinlage einer schönen, leicht bekleideten Bauchtänzerin, die die Hormone der männlichen Zuschauer ordentlich in Wallung bringt. Insgesamt eine solide, gute Show mit wenig Tamtam, die durchaus zu überzeugen weiß.
Nun soll mit AMORPHIS das Highlight des Abends folgen. Und auch wenn der Headliner eine ganze Weile auf sich warten lässt, ist der Jubel groß, als Frontmann Tomi Joutsen und seine Mannen endlich die Bühne betreten. Während anfangs der Fokus klar auf aktuellen Songs der finnischen Kombo liegt, erfreuen sie die Fans später auch noch mit älteren Machwerken wie "Unborn" und "Black Winter Day". Tomis knielange Dreads fliegen quer über die Bühne, während sich die Gitarristen Tomi Koivusaari und Esa Holopainen in gebührendem Abstand zu ihm halten, um keine Verknotung mit den Instrumenten herbeizuführen.
Knapp eineinhalb Stunden lang jagen Amorphis die rappelvolle Halle durch die Show und spielen zum Schluss noch drei Zugaben, bestehend aus "Into Hiding", "House Of Sleep" und "My Kantele". Das einzige kleine Manko, was ich an dieser Show entdecken kann, ist das riesige Mikro vom Fronter, welches mich an einen Föhn erinnert und sein halbes Gesicht verdeckt. Dadurch war es leider fast unmöglich, Emotionen abzulesen.
Fazit: Für einen moderaten Eintrittspreis von ungefähr 20 Euro wird dem Zuschauer hier eine spannende musikalische Mischung geboten, die für jeden mindestens ein Highlight bietet. Es lohnt sich also, Karten für die noch folgenden Deutschland-Gigs in München (23.11.), Ludwigshafen (24.11.) oder Bochum (28.11.) zu besorgen.
Fotos © BurnYourEars / Veronika Pramor
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