Geschrieben von Sonntag, 19 Dezember 2010 00:00

Finntroll, Samael & Rotting Christ - Berlin, K17


finntroll-k17-20101202

Die Trolle kommen aus ihren Höhlen gekrochen und feiern im zutiefst verschneiten Berlin eine heidnische Messe. Das Feuerholz holen SAMAEL und ROTTING CHRIST.

Eigentlich standen auf dem Billing auch noch METSATÖLL und die maledivischen Exoten NOTHNEGAL. Aufgrund des Wintereinbruchs am selben Tag und den damit verbundenen S-Bahn-Ausfällen schaffe ich es aber gerade noch zum Beginn von ROTTING CHRIST ins K17.

Die Griechen waren mir bisher nur namentlich ein Begriff – und überraschen mich mit ihrem eingängigen, sinfonischen Dark Metal. Leider gleichen sich die Songs in weiten Teilen; Midtempo-Passagen mit Streicherunterlegung vom Computer wechseln sich ab mit Spoken-Word-Parts und Einszwodreivier-Bassdrum-Klatsch-Parts, und das in fast jedem Song. Obgleich der Sound sehr gut ist, kriege ich nicht raus, wie die Songs heißen... und frage mich, ob die Songtitel in Altgriechisch oder Latein gehalten sind. Allerdings spricht Frontmann Sakis Englisch mit starkem griechischen Akzent und ist daher eh kaum zu verstehen. (Lustigerweise wirft er ab und zu ein paar fast akzentfreie deutsche Sätze ein...)
Insgesamt liefern die Hellenen eine Dreiviertelstunde gute Show und werden vom Publikum zurecht anständig abgefeiert.

Von SAMAEL sehe ich mir die ersten zwei Songs an – und verabschiede mich zum Biertrinken und Quatschen an den in einem anderen Raum gelegenen Tresen. Bei allem Respekt für die Schweizer – ich bin kein Freund von Industrial Metal. Und Metal ohne Schlagzeug geht echt gar nicht. Viel länger hätte ich das eh nicht ausgehalten.
In besagtem Merch- und Tresenraum ist der Sound um einiges gedämpfter und damit gut zur Unterhaltung geeignet. Über eine Leinwand wird die Bühne im Konzertraum gezeigt – dadurch kriege ich doch einiges von SAMAEL mit. Dennoch komme ich nicht richtig damit zurecht, dass statt eines Schlagzeugs nur ein Keyboardgestell auf der Bühne steht... Wie auch immer, beeindruckend an SAMAEL ist vor allem die auf jeden Schlag exakt angepasste Lichtshow und wie begeistert die Band von den Anwesenden aufgenommen und bejubelt wird. Ich kann mir zwar nicht so richtig erklären, warum FINNTROLL und SAMAEL angesichts der offensichtlichen großen Unterschiede beim Musikstil gemeinsam auf Tour sind, aber gut. Sie haben ihr Publikum.

Dann endlich FINNTROLL. Um kurz vor zehn betritt die Band die Bühne, wie üblich mit Lederschürzen behängt und mit dezenter wurzelförmiger Kriegsbemalung. Fuck Corpsepaint – ein Hoch auf die Trollbemalung! Es sieht einfach geil aus und kein Stück lächerlich.
Wie immer seit dem aktuellen Album „Nifelvind“ geht’s mit „Blodmarsch“/“Solsagan“ los. Und wie immer bei FINNTROLL wird schon im Intro der Moshpit auf Touren gebracht. Das K17 ist mittlerweile gut gefüllt, sodass sich um die 300 Leute im Raum tummeln, von denen 50 freiwillig und weitere 50 unfreiwillig Teil des Moshpits werden. Vom Bühnenrand verfatze ich mich schon nach dem dritten Song „Den Frusna Munnen“, Kamera in Sicherheit bringen und die Humppaa-Attacke aus sicherer Entfernung zu Ende beobachten. Eine gute Entscheidung, kommt es doch wenig später auch zur Wall of Death.
FINNTROLL lassen sich an diesem Donnerstagabend nicht lumpen und bieten über anderthalb Stunden Best-Of ihrer fünf Alben („Visor Om Slutet“ ausgenommen), inkl. der Hits „Skogens Hämnd“, „Midnattens Widunder“, „Svartberg“, „Grottans Barn“, dem obligatorischen „Trollhammaren“ und, und, und.
Gefühlt liegt der Fokus auf „Jaktens Tid“ und „Nifelvind“... was aber auch am Irrglauben liegen kann, dass dies die besten FINNTROLL-Alben seien. Letztendlich ist das aber auch egal, denn FINNTROLL sind FINNTROLL, Schwedisch ist immer noch die trolligste Sprache und nach wie vor ist jedes einzelne FINNTROLL-Album ein Leckerbissen für sich.

Obwohl auch die sechs Finnen größtenteils starr an ihren Plätzen stehen, macht das Zusehen Spaß. Zum einen, weil man eh den Kopf nicht still halten kann und beim Headbangen eben weniger zur Bühne blickt. Zum anderen, weil Frontmann Vreth ein kerniger Kerl ist, der die urwüchsige, dreckige, tiefböse Troll-Attitüde herrlich rüberbringt.
Dem Lichtmann indes sollte man auf die Finger hauen für das hektische Geflacker, die Tonfrau für den guten Sound loben und der Band nach dem Konzert mit einem auf 105 Dezibel gebrüllten „Skål!“ zuprosten. Viel Zeit zum Trinken mit der Band bleibt leider nicht, da aufgrund des Schneechaos' auf den Autobahnen und den Berliner Straßen frühzeitig aufgebrochen werden soll. Der Eindruck des Konzerts hält auf dem Heimweg warm.

Fotos © BurnYourEars / Fabien Blackwater