Geschrieben von Mittwoch, 16 März 2011 00:00

Devin Townsend Project – Hamburg / Grünspan


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09.03.2011 – Heute macht der kanadische Sänger, Ausnahmegitarrist und Produzent DEVIN TOWNSEND im Zuge seiner Europatournee mit dem DEVIN TOWNSEND PROJECT einen Zwischenstopp im Hamburger Grünspan. Definitiv ein Konzert, das man nicht verpassen sollte.

Außer mir dachten sich das auch eine ganze Reihe anderer Musikliebhaber, sodass der Raum angenehm gefüllt ist, glücklicherweise jedoch nicht aus allen Nähten platzt. Leute, die bereits das Glück hatten, Devin live zu erleben, sind schon vor Beginn des Auftritts komplett aus dem Häuschen. Es herrscht eine Stimmung, die sich am besten mit dem "Gleich-kommt-der-Weihnachtsmann"-Gefühl vergleichen lässt, welches man als Kind hatte.

Doch bevor der Geschenkesack aufgeht, eröffnen erst einmal die porgressiven Metaller von AEON ZEN den Abend. Eigentlich ein Soloprojekt um Multitalent RICK HINKS, der sich lediglich auf der Bühne durch andere Musiker unterstützen lässt. Zwei Alben hat der 21jährige bisher im Alleingang veröffentlicht. Inklusive dem Einspielen von sämtlichem Instrumentarium. Nur mit dem Gesang hapert es, und so lässt Rick sich auch auf der Bühne von einem Hauptsänger unterstützen und greift selbst nur selten stimmlich ins Geschehen ein.
ANDI KRAVLJACA, der diesen Part übernimmt, macht durchaus einen anständigen Job. Mit großem Stimmumfang, der sowohl hohe und schrille Töne abdeckt, als auch tiefe, voluminöse Parts, kann er sich im zweistimmigen Duett mit Frontmann Rick harmonisch durchsetzen. Das Konzept ist gut durchdacht und bietet sogar einige Überraschungen. Ein Blick ins Publikum verrät aber, dass der Funke der Begeisterung es nicht so ganz geschafft hat überzuspringen, obwohl vereinzeltes Kopfnicken auf Akzeptanz und Gefallen hindeutet.

Nach einer kurzen Umbaupause erscheint auf den Leinwänden rechts und links auf der Bühne ein guter, alter Bekannter der DEVIN TOWNSEND Fangemeinde: Ziltoid the Omniscient. Die Mischung aus fiesem Muppet und Mars-Attacks-Alien ist wieder in seinem Raumschiff unterwegs und vertreibt sich die Zeit mit etwas Musik. Erstaunlicher Weise scheint sich der Trash-Pop der VENGABOYS mit „We like to Party“ bis in die Zukunft hinüber gerettet zu haben. Wenig erstaunlich allerdings, dass das Publikum sofort mit Begeisterung auf dieses Liedgut reagiert. Was auf jedem anderen Metalkonzert zu verstörten Blicken und sofortiger Leerung des Saals geführt hätte: Devin darf es! Spätestens als Ziltoid den Auftritt mit dem Wort „Penis“ einleitet, ist klar: Dies wird nicht einfach irgendein Konzert, dies wird eine grandiose Comedyshow mit einem verdammt guten Soundtrack.

Und genauso kommt es dann auch. Wann immer sich eine Gelegenheit bietet, entertaint Devin das Publikum mit Gesichtsgymnastik, spaßigen Bemerkungen und anderen Körpergeräuschen und sucht Augenkontakt und das Gespräch mit den Fans. Als direkt nach dem zweiten Song ein technisches Problem am Schlagzeug auftritt, fordert der ursympathische Gitarrenvirtuose das Publikum auf, Drummer Ryan ordentlich anzufeuern. Im Anschluss daran schnappt er sich die Krücke eines offensichtlich gerade gehandicapten Fans und verleiht ihm verbal die „Most-Metal-Trophäe“.

Musikalisch rockt Devin das Haus und lässt sich bei „ZTO“ und „By Your Command“ vom Album "Ziltoid the Omniscient" von eben diesem auf der Leinwand unterstützen. Nach dem eher ruhigen „Namaste“ von Townsends drittem Soloalbum "Physicist" geht das Project kurz von der Bühne, kündigt aber bereits vorher an, dass es völlig egal sei, ob das tanzhungrige Publikum nach Zugabe verlangt oder nicht, weil sie sowieso in ein paar Minuten wieder kommen werden. Die Pause nutzt der komödiantische Frontmann dazu, die komplette erste Reihe mit Handschlag persönlich zu begrüßen.

Nach den Zugaben „Color your World“, „The Greys“ und „Ki“ verlassen die Musiker abermals unter tosendem Applaus die Bühne. Aber Devin wäre nicht Devin, wenn er sich nicht noch ein absolutes Highlight für den Schluss aufgespart hätte: Zum Song „Bend it like Bender“ fordert Devin das Publikum auf, zu ihm auf die Bühne zu kommen. Nach anfänglicher Schüchternheit rocken kurze Zeit später 20 Leute zusammen mit ihrem Helden auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Während der Gründer von STRAPPING YOUNG LAD im wahrsten Sinne des Wortes auf Händen getragen wird, spielt er weiter Gitarre und grinst dabei so glücklich wie ein Schuljunge, der gerade erfahren hat, dass die Sommerferien um zwei Wochen verlängert werden. Noch lange, nachdem der letzte Ton verklungen ist und das Licht auf Jetzt-aber-raus-hier-Stärke gedreht wurde, lässt der Kanadier sich umarmen und fotografieren.

Fazit: Genial! DEVIN TOWNSEND ist trotz seiner Prominenz und dem exzellenten Ruf, den er als Musiker genießt, ein Star zum Anfassen geblieben. Authentisch, lustig und noch dazu mit einer mitreißenden Stimme und unglaublichem Können an der Gitarre ausgestattet. Ich wage die Vermutung, dass niemand der im Grünspan Anwesenden an diesem Abend ohne ein Lächeln auf dem Gesicht eingeschlafen ist. Mir zumindest erging es so.


Fotos © BurnYourEars / Veronika Pramor

Vero

Gastautorin mit Wacken-Expertise