13.10.08 - ANATHEMA haben ihren Fans viel abverlangt. Nicht jeder wollte den Weg vom Metal zum melancholischen Alternative Rock mitgehen. Trotzdem haben sie sich eine sehr gemischte, treue Fangemeinde aufgebaut, der sie kürzlich ein Album voller halbakustischer Bearbeitungen bereits bekannter Songs vorlegten. Außerdem ist gegen Jahreswechsel die Veröffentlichung von „Horizons“, dem neuen regulären Album, geplant. Genug Gründe also, sich in der Matrix in Bochum ein Bild von der aktuellen Live-Form zu machen.
Wir treffen mitten im Set der jungen französischen Prog-Band DEMIANS ein. So ist es gar nicht so leicht, Zugang zu den verschachtelten und häufig überlangen Stücken zu finden. Aber schon bald hat sich die französische Band Respekt für ihr Können verdient und rechtfertigt das für eine Vorband große Interesse des Publikums. Offenbar hat das Debütalbum „Building An Empire“ nicht nur bei Musikkritikern großen Eindruck gemacht. Definitiv eine Band, deren Musik ich mir demnächst intensiv reinziehen werde. Allerdings haben die Jungs um Nicolas Chapel in Sachen Bühnenpräsenz noch viel Luft nach oben.
Nach längerer Umbaupause betreten dann endlich ANATHEMA die fast den ganzen Auftritt hindurch in blaues Licht getauchte Bühne. Mit „Deep“ und „Closer“ ziehen sie das Publikum sehr schnell in den Sog des melancholischen Rock. Das verschnörkelte Hawaii-Hemd von Gitarrist Danny Cavanagh bietet dazu einen lustigen Kontrast. Aber das ist ja auch gar nicht so völlig unpassend, denn die drei Cavanagh-Brüder und ihre Mitstreiter sind ja keine Schwarzmaler, sondern finden auch in den traurigsten Songs immer noch Hoffnung und Freude. Beispielsweise sind „Angels Walk Among Us“, „Flying“ und das alleine von Danny mit Akustikgitarre vorgetragene „Are You There“ sicherlich keine Party-Lieder, aber auch live absolut faszinierend und hinterlassen lächelnde Gesichter.
Aber auch die Fans der schnelleren Stücke kommen auf ihre Kosten. Beim sagenhaften und gebührend abgefeierten Doppelpack „Judgement“ / „Panic“ bricht erstmals die Spielfreude richtig aus den Engländern heraus. Vor allem Frontmann Vincent Cavanagh geht ab, zuckt, schreit und schrammelt wild auf seiner Gitarre herum, die allerdings viel zu leise zu hören ist. Wie gut, dass er sich dann auch mal am Keyboard ausruhen kann – vielleicht sind die kurzen Ansagen deshalb so locker und witzig?
Mehrmals wechselt das Set zwischen rockigen Abgehnummern und ausgedehnten atmosphärischen Passagen, immer im Wechsel zwischen älteren und neueren Stücken. Für das Publikum bringt das einige Probleme mit sich: Soll man nun tanzen wie in der Alternative-Disse? Oder moshen? Oder doch ergriffen und weitgehend bewegungslos lauschen? Die meisten entscheiden sich für letzteres und genießen einfach. So richtig zeigt sich die Begeisterung des Publikums nur zwischen den Stücken. Zwischendurch glänzt Gitarrist Danny mit einem Solostück und sampelt sich mit Hilfe seines Effektgerätes mehrere Gitarrenlinien zusammen.
Nach 17 Stücken legen ANATHEMA noch eine Zugabe mit vier Songs nach, bis sie sich mit „One Last Goodbye“ verabschieden. Trotz sehr hartnäckiger Zugabe-Rufe war’s das dann aber endgültig – ein kleiner Wermutstropfen am Ende eines ansonsten tollen Auftritts mit feiner Mischung und viel Gefühl.
Wir verlassen das stimmungsvolle Backsteingewölbe in der Matrix und fahren – wie passend – durch Regen zurück.
Setlist:
01. Deep 02. Closer 03. Far Away 04. Angels 05. A Simple Mistake 06. Anyone Anywhere 07. Empty 08. Judgement / Panic 09. Shroud Of False 10. Lost Control 11. Regret 12. Hope 13. Temporary Peace 14. Flying 15. Are You There 16. One Last Goodbye --------------------------------- 17. Angelica 18. Sleepless 19. Hindsight 20. Fragile
Link: www.anathema.ws
Anathema & Demians - Bochum / Matrix, 13.10.08
(c) Kirsten Große Gehling
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