Geschrieben von Robert Donnerstag, 21 Juli 2011 00:00
Scorpions & My Inner Burning - Bielefeld / Ravensberger Park
Es war im Jahr 1990, als ich als Jungspund im Alter von zwölf Jahren mein erstes Konzert in meiner Heimatstadt Hannover besuchte. Damals waren die SCORPIONS in der Messehalle 2 zu Gast, und ich kleiner Rotzlöffel unternahm meinen ersten Liveausflug in den Bereich Metal/Hardrock. Gut 21 Jahre später ergab sich nun die Möglichkeit, die SCORPIONS tatsächlich noch einmal live zu erleben. In Bielefeld machten die Hannoveraner Station und gaben dort am 17. Juli im Ravensberger Park ein Open Air Konzert vor ca. 6000 Besuchern.
Zwar sind die Hannoveraner nicht mehr so ganz nach meinem musikalischen Geschmack , aber dennoch wollte ich mir die Band auf ihrer großen Abschiedstournee im Jahr 2011 noch einmal anschauen. So ging es nachmittags mit dem Auto nach Bielefeld. Ein Wolkenbruch sondergelichen direkt hinter Hannover ließ Schlimmes befürchten, doch das Wetter blieb im östlichen Westfalen letztlich exzellent. Die Konzertlocation war genau in der Bielefelder Innenstadt errichtet worden. Im Herzen der Stadt liegt der Ravensberger Park und dort, vergleichbar mit einem Universitätscampus, hatten sich die Fans versammelt und warteten auf Ihre Lieblinge. Deutlich war zu sehen, dass hier in erster Linie die Fans zusammen mit der Band gealtert sind. Natürlich waren auch jüngere Besucher anwesend, um vielleicht ein letztes Mal einen Blick auf die SCOROPIONS werfen zu können, aber der Altersdurchschnitt lag deutlich näher am Alter der Musiker.
Um 18.45 betraten MY INNER BURNING die große Bühne in Bielefeld. Das Quintett aus dem Harz veröffentlichte erst kürzlich mit „Eleven Scars“ seinen zweiten vielbeachteten Longplayer. Neben Bielefeld wurde auch in Freiburg für die SCORPIONS eröffnet. Die Band um die charismatische Frontfrau Becky gab auch mächtig Gas, konnte mit ihrem Modern Metal im Stil von EVANESCENCE oder entfernt auch NIGHTWISH aber erst nach und nach mehr und mehr Anwesende überzeugen. Als Vorband, wenn 6.000 Leute nur die Hauptband sehen wollen, hast du immer einen schweren Stand.
MY INNER BURNING machten das Beste daraus und spielten ihren Stiefel runter, ließen auch ordentlich Haare kreisen und hatten in „Enemy Of Mine“, der den Abschluss dieses wirklich ordentlichen Gigs bildete, sicher ihren Höhepunkt. Interessant war zu beobachten, dass Gitarrist Jörg sämtliche Ansagen machte, Sängerin Becky Gaber aber zwischen den Songs kein Wort sagte, was in der einen oder anderen Situation schon zu fast betretenem Schweigen führte. Knapp 45 Minuten zeigten MY INNER BURNING aber insgesamt ihr Können und gewannen sicher einige neue Fans hinzu, denn sie ernteten zu Recht mehr als nur Höflichkeitsapplaus.
Das Warten auf die SCORPIONS endete dann um 20 Uhr, als die Hannoveraner unter donnerndem Applaus die Bühne betraten. Das Schlagzeug, inklusive Drummer Kottak, wurde zu Beginn mehrere Meter in die Höhe gefahren, wo der Schlagzeuger dann auch die meiste Zeit in exponierter Lage verbrachte. Los ging es gleich mit „Sting In The Tail“ vom gleichnamigen, aktuellen Album. Immer wieder blitzten den ganzen Abend lang Feuerfontänen auf und Böller und Raketen gingen auf der Bühne in die Luft, während im Hintergrund allerlei visuelle Effekte auf der Leinwand gezeigt wurden, inklusive vieler Livebilder.
Die ersten gut 40 Minuten waren von Songs geprägt, die mir zum großen Teil unbekannt waren, wie „Make It Real“ oder „Coast To Coast“. In diesem Teil der Show kam dann auch „The Zoo“ oder „The Best Is Yet To Come“ vom aktuellen Werk zum Tragen, womit der Bekannteheitsgrad etwas stieg. Erst danach wurde in Richtung bekannterer Songs gewechselt, und sofort war die Stimmung im Publikum wieder da.
Es folgten Hits wie „Send Me An Angel“, „Holiday“ und „Raised To Rock“ sowie „Tease Me Please Me“ und viele mehr. Vor allem die Gitarristen Matthias Jabs und Rudolf Schenker waren dabei ständig in Bewegung und legten für ihr Alter ein ordentliches Laufpensum zurück. Ihnen war auch die Spielfreude deutlich anzusehen. Ansonsten wirkte die Show inklusive sämtlicher Abläufe ein wenig zu sehr einstudiert und auch ein bisschen gekünstelt. Später folgte das fast zehnminütige Drumsolo „Kottak Attack“ von Drummer Kottak, welches von der filmischen Geschichte zum Werdegang Kottaks auf der Leinwand begleitet wurde. Zu „Blackout“, bei dem die Stimmung weiter empor kletterte, kam Rudolf Schenker – wie auf dem Plattencover mit Sonnenickelbrille, zerissenem Hemd und Kopfverband bekleidet – auf die Bühne. Schließlich endete die reguläre Show mit „Big City Nights“, untermalt von einem grellen Stadtpanorama auf der Leinwand und viel Pyrotechnik.
Natürlich war das letzte musikalische Wort noch nicht gesprochen. Der Zugabenteil startete mit „Still Loving You“, ging dann in „Wind Of Change“ über und endete mit „Rock You Like A Hurricane“. Natürlich kochte die Stimmung hier beinahe über, und so folgten schließlich noch „When The Smoke Is Going Down“ und „Always Somewhere“. Somit waren die zwei Stunden Spielzeit voll, und unter weiteren Feuerwerk-Attacken, einem Dank an Schweinfurt (dort spielte die Band einen Tag zuvor), was schon Kopfschütteln hervorrief, und viel Applaus war das Konzert dann um 22 Uhr zuende.
Auch wenn mich die SCORPIONS 2011 musikalisch nicht mehr so berühren wie 1990, so war es dennoch interessant, die Band noch einmal live auf ihrer Abschiedstournee gesehen zu haben. Im Großen und Ganzen war es auch wirklich ein gutes Konzert, mit leichten Schwächen wie der sehr einstudiert wirkenden Show und den ebenfalls erwähnten vielen unbekannten Songs zu Beginn. Ansonsten war Bielfeld in diesem Falle mal eine Reise wert!
Setliste SCORPIONS: Bielefeld 17.07.2011
Sting In The Tail
Make It Real
Bad Boys Running Wild
The Zoo
Coast To Coast
Loving You Sunday Morning
The Best Is Yet To Come
Send Me An Angel
Holiday
Raised on Rock
Tease Me Please Me
Dynamite
Kottak Attack
Blackout
Six String Sting
Big City Nights
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Still Loving You
Wind Of Change
Rock You Like A Hurricane
When The Smoke Is Going Down
Always Somewhere
Fotos: Stephan König
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