Geschrieben von Katharina Sonntag, 05 Februar 2012 14:52
The Devil's Blood, Urfaust & Black Salvation - 7er Club / Mannheim
14.01.2012 - Bevor ich das erste Mal Musik von THE DEVIL'S BLOOD zu hören bekam, wusste ich dank der Aufklärung eines Freundes schon Bescheid, weswegen die Holländer derzeit eine der am stärksten polarisierenden Bands sind. Ich hatte leider nicht viel Zeit, um in den 2011 erschienenen, zweiten Longplayer „The Thousandfold Epicentre" hineinzuhören, als auch schon bekannt wurde, dass sie im Januar in Mannheim, quasi vor meiner Haustür, spielen würden. Fasziniert und auch ein wenig angespannt, weil ich nicht wusste, was da auf mich zukommen würde, ging es dann schließlich am 14. Januar auf gen Industriegebiet. Der 7er Club prägt schon seit gefühlten Ewigkeiten, vor allem in den Bereichen Metal, Punk und Alternative, die Mannheimer Musikszene. Der Club, dessen Konzertraum etwa 350 Zuschauern Platz bietet, war komplett ausverkauft.
THE DEVIL'S BLOOD sind eine sechsköpfige Band, welche 2007 von den Geschwistern Selim „S.L." und Farida „The Mouth of Satan" Lemouchi gegründet wurde. S.L., welcher als kreativer Kopf der Band die komplette Musik nebst Texten selbst schreibt, nennt als Einflüsse Hardrock der 70er, Psychedelic Rock der 60er und die Anfänge des Heavy Metals der 80er Jahre, u.a. IRON MAIDEN oder COVEN. Die Texte, welche von Farida mit einer kraftvollen und doch sehr weiblichen Stimme gesungen werden, stehen im Vordergrund und behandeln die spirituellen Ansichten der Band. S.L. sagt, dass der Satanismus für ihn der einzig mögliche Lebensweg sei. Seine Musik soll spirituelle Energie und Inspiration in den Hörern wecken, allerdings möchte er nicht zum Satanismus bekehren. Die Konzerte sind für sie Rituale, die sie mit aller Ernsthaftigkeit betreiben. Dazu gehört, dass sie auf der Bühne nicht sprechen, einen kleinen Altar haben und sich vor dem Konzert mit Schweineblut übergießen, um die Person auf der Bühne von ihrer normalen Persönlichkeit zu trennen.
Entsprechend befremdet war ich also zunächst, als sich pünktlich um 19 Uhr der Einlass öffnete. Bis wir im Konzertraum angekommen waren, hatte die erste Band des Abends, BLACK SALVATION aus Leipzig bereits angefangen. Dennoch bekamen wir noch gut die Hälfte des Sets mit einer Mischung aus Psychedelic Rock und Doom vom Erstling „Lunia" mit. Wer auf doomige Atmosphäre mit erdigen Riffs, unterlegt mit vielen Effekten, unterbrochen von vielfältig eingesetzten Vocals und Songs in doomtypischer Länge steht, der kommt bei diesem Dreiergespann auf seine Kosten. Mir persönlich waren die „Kreischeffekte" schon nach kurzer Zeit ein wenig zu viel des Guten. Auf jeden Fall waren die Jungs mit viel Konzentration am Werk und boten optisch eine Hommage an die 70er Jahre.
Nach einer längeren Umbaupause, in denen der Bühnenraum mit Weihrauch ordentlich zugeräuchert wurde, ging es weiter mit URFAUST, einer mit TDB befreundeten und ihnen spirituell nahe stehenden Band. Das Publikum im nun schon sehr vollen 7er feierte das holländische Duo schon vom ersten Song an. Ich selbst fand den Black Metal schwer verdaulich. Nach spätestens zwei Liedern hatte man trotz bemerkenswertem musikalischen Können das Gefühl, bereits das ganze Set zu kennen und vor allem der Gesang, welcher völlig ohne Text auskam und eher an ein gequältes Tier erinnerte, zerstörte jede aufkommende Harmonie. Der Stimmung im Publikum nach zu urteilen, gefiel die Darbietung jedoch einem Großteil der Anwesenden. Nachdem Schlagzeuger VRDRBR und IX, der Kopf der Band, die Bühne verlassen hatten, kam der Teil des Abends, auf den wir alle gewartet hatten.
Schon beim Umbau sah ich mit einer Mischung aus ungeheurer Faszination und Befremdung zu, während S.L. aus einem Koffer allerhand okkulte Gegenstände, wie z.B. Ziegenschädel herausholte, um sie auf seinem Altar in der Mitte der Bühne zu drapieren. Fast schon zu intim war es, ihm bei seinem persönlichen Ritus vor dem Altar zuzuschauen. Nachdem auch noch eine Menge Räucherstäbchen angezündet worden waren, wäre alles bereit für das Ritual gewesen. Doch schon nach kurzer Zeit kam S.L. wieder auf die Bühne, um den Zuschauern mitzuteilen, dass seine Schwester leider kurzfristig erkrankt sei und ihre Stimme verloren hätte. Der Arzt im Krankenhaus habe ihr verboten zu singen, wenn sie ihre Stimme erhalten wolle und so seien THE DEVIL'S BLOOD auf die Unterstützung des Publikums angewiesen, wenn sie ihr Ritual mit einem kompletten Instrumentalset spielen.
Die komplette Truppe bahnte sich, jetzt blutüberströmt, ihren Weg durch die Menge, um über eine kleine Treppe auf die Bühne zu steigen. Doch schon hier geschah der nächste Zwischenfall, der die Stimmung im Publikum zu Beginn ein wenig dämpfen sollte. Ein wohl etwas aufmerksamkeitsbedürftiger, junger Herr zeigte, dass er nichts davon verstanden hatte, was der Band wichtig ist und überschritt jede Grenze von Respekt und Anstand, indem er Farida an den Hintern fasste. Er hätte es wirklich besser wissen müssen, denn die Reaktion folgte auf dem Fuße, in Form einer ordentlichen Ohrfeige von S.L.. Anstatt die Sache auf sich beruhen zu lassen, drohte der „Fan" mit dem Verklagen des Veranstalters, worauf S.L. mit dem Finger auf den Ausgang zeigte, ganz ruhig stehen blieb und ihn mit einem echten Todesblick anschaute. Ich hätte mich ja sofort verzogen... Nach etwa dem dritten Song wurde der Herr schließlich von der Security herausgeholt, bevor er eine zerschlagene Flasche auf die Bühne werfen konnte.
Endlich konnten alle ungestört die Musik genießen, die perfekt abgemischt war. Farida stand trotz angeschlagener Gesundheit auf der Bühne. Ohne Stimme, nur mit Mundbewegungen und ihrer auf der Bühne üblichen, minimalistischen Gestik, abwechselnd vor dem Mikro oder mit dem Rücken zum Publikum vor dem Altar kniend, ertappte ich mich dabei, wie ich mir ihre Stimme einfach dazudachte. TDB machten wirklich das Beste aus dem Konzert und zeigten, dass sie musikalisch begnadet sind. Zu Beginn noch Pausen zwischen den Songs machend, spielten sie bald einfach durch und fanden trotz vieler kreativer Improvisationsparts immer wieder in den Song zurück. S.L. und die anderen Gitarristen suchten immer wieder die Nähe zu den Fans und spielten ihre Soli direkt über den Köpfen der ersten Reihe. Das Publikum ließ sich auf den Trip ein und so konnte man sich in der Musik verlieren und fühlen, wie man von der Musik in den Bann gezogen wird, egal ob man die spirituellen Ansichten der Band teilt oder nicht.
Das epische „On the Wings of Gloria" ist ein gelungener Opener, der mit einem flotten Tempo sofort zum Bewegen animiert. Hier vermisst man jedoch die Vocals sehr, im Vergleich zum Rest des Sets. Mit dem Titelstück des aktuellen Werks geht es souverän weiter und das Publikum zeigt sich im Chorus textsicher. Die Band rockt sich durch vielseitige Solopassagen und stellt ihr musikalisches Können unter Beweis. „The House of 10,000 Voices" ist mein persönliches Highlight. Die Gitarristen schaffen es mit einem unglaublichen Spielgefühl, ihre Gitarren zu bearbeiten und wissen mit gezielt eingesetzten Effekten ihre psychedelischen Parts zu untermalen. Mit „Come, Reap" (was für ein Riff!), "The Heavens Cry Out For The Devils Blood" und "Voodoo Dust" (brilliante Soli) werden am Stück drei Songs von der umjubelten 2008er EP gespielt. Mit „Christ or Cocaine" wird das Ende eines der besten Konzerte, das ich je erlebt habe, eingeläutet und die Band fährt noch mal alle Geschütze auf.
Als der letzte Takt mit seinem echten Höllenriff verklungen war und die Band wieder durch die Menge lief, war es, als würde man nach einem schönen Traum aufwachen. Am Merchandise Stand überraschte mich wenig später ein „blutloser" S.L., der über meine Schulter in meine Kamera schaute. Sehr sympathisch und zurückhaltend wirkte er abseits der Bühne. Den Heimweg traten wir alle irgendwie leicht schwebend an, freuten uns schon auf die Nackenschmerzen und das nächste Ritual.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass ein Konzert von THE DEVIL'S BLOOD ein absolutes Erlebnis werden kann, selbst wenn man nicht die Philosophie der Band teilt. Vielmehr unterstreicht die Ernsthaftigkeit, die die Band bei ihren Ritualen an den Tag legt, die außerordentliche Qualität ihrer Musik.
Setlist von THE DEVIL'S BLOOD
1. Intro: Unending Singularity
2. On The Wings Of Gloria
3. The Thousandfold Epicentre
4. House of 10,000 Voices
5. Rake Your Nails Across The Firmament
6. Come, Reap
7. The Heavens Cry Out For The Devil´s Blood
8. Voodoo Dust
9. The Madness of Serpents
10. Christ Or Cocaine
Alle Artikel zu