23.03.2012 Speyer, Halle 101: Die Halle 101 in Speyer ist eigentlich von der Lage her perfekt für eine Konzertlocation. Gut zu erreichen, da direkt an der Autobahnausfahrt, kein Wohngebiet und ein riesiger, kostenloser Parkplatz direkt vor der Tür. RAGE hatte zur Party geladen und feierte in Speyer den Tourauftakt unter der Motto"Metalfire Storm 2012", gemeinsam mit COMMUNIC und TYR. Im Gepäck hatten die deutschen Vorzeige Power Metaller von RAGE natürlich ihr neues Album "21". Während ich COMMUNIC musikalisch noch mit RAGE in Zusammenhang bringen kann, kann ich die Wahl von TYR nicht ganz nachvollziehen, war aber gespannt auf das Package.
Als wir in der Halle 101 eintrafen, hatte COMMUNIC schon angefangen zu spielen. Die Halle war gut gefüllt und COMMUNIC hatte weiß Gott nicht den Status einer Vorband. Die Songs sind nicht gerade Dreiminüter, vom Songaufbau her aufwendig und von daher nicht gerade die „leichte Kost" zum warm werden. Das Publikum hatte aber richtig Spaß mit der Truppe aus Norwegen und ging schon gut zu der progressiven Power Metal Mucke ab. Oddleif Stensland spielt nicht erst seit gestern und das sah man deutlich, ganz lässig spielte er seine Gitarrenparts auf den Punkt genau und mit sehr viel Gefühl, ein toller Gitarrist.
Da ich etwas später eingetroffen war, dachte ich, TYR verpasst zu haben, und war entsprechend überrascht zu erfahren, dass TYR noch gar nicht gespielt hatten und dafür vor COMMUNIC angeblich eine andere Band gespielt hatte. Wenn der Veranstalter ein dickes Package schnürt, dann wäre es nett, wenn man als Besucher darüber vorher informiert ist. Drei Vorbands finde ich persönlich auch etwas zu viel, ich gehe schließlich auf ein Konzert und nicht auf ein Festival. Wenn man bedenkt, dass die Besucher am Freitag Abend eine lange Arbeitswoche hinter sich haben und dann locker bei ihrer Lieblingsband RAGE entspannen oder abgehen wollen, dann ist es schon „störend", wenn man sich vorher drei andere Bands anschauen „muss". Das hat mit der Qualität der Vorbands nichts zu tun und auch nicht mit der Bereitschaft, neue Bands und Sounds kennenzulernen.
TYR (benannt nach dem germanischen Kriegsgott TYR) kamen auf jeden Fall richtig standesgemäß mit Oberkörper frei und zogen eine gute Show ab. Die Band, musikalisch irgendwo zwischen Viking und Progressive Metal einzuordnen, verzichtet größtenteils auf Humpa Elemente und platziert dafür viele balladeske Momente. Besonders das Lied „Hail To The Hammer" war perfekt auch für den Teil des Publikums, der TYR bis dato nicht kannte. Da wurden ordentlich die Fäuste in die Luft gereckt und mitgegröhlt. Für TYR hat sich der Auftritt sicherlich gelohnt, und ich bin mir sicher, dass die Band einige neue Fans haben dürfte, da sie echt einen fetten Schuh abzogen.
Als RAGE die Halle 101 enterte, war aber deutlich klar, welche Fraktion von Metalfans größtenteils anwesend war. RAGE hat mit „21" das einundzwanzigste Album der Bandgeschichte veröffentlicht und viele der Anwesenden besaßen ganz sicher jedes Album und waren nicht zum ersten Mal auf einem RAGE Konzert. Überrascht war ich allerdings, dass RAGE auch ganz viele junge Fans hatte, die teilweise um 22 Uhr draußen von den Eltern abgeholt wurden. Metal stirbt also nicht aus und auch traditionelle Bands wie RAGE sorgen ordentlich für Nachschub.
RAGE zog alle Register und bot eine komplette Reise durch die Bandgeschichte. „Twenty One" vom aktuellen Album kam sehr gut bei der Masse an. Der RAGE Fan an sich hat jetzt nicht so das Moshpotential, wie es bei anderen Bands der Fall ist. Für deren Verhältnisse kochte die Bude aber richtig – da wurden Fäuste in die Luft gereckt, Luftgitarre gespielt und vor allem gegröhlt, was das Zeug hält. Natürlich ist die neue RAGE CD schneller und angeblich „härter" als die Alben zuvor. Aber in der Setlist fielen die Songs jetzt gar nicht als besonders hart auf, sondern fügten sich harmonisch in den RAGE Sound ein. Klasse zu sehen war, dass André, Peavy und Victor ganz normal geblieben und sympathisch bodenständig sind. Der Sänger von COMMUNIC gab sich auch nochmals die Ehre, und RAGE hatte großen Spaß an der Party.
Man hatte den Eindruck, dass hinter RAGE kaum Druck steht und die Band das „Rockerleben" noch richtig genießen kann, auch nach so langem Bandbestehen. Respekt! Keine Routine, keine einstudierten Gesten, stattdessen sehr viele echte Emotionen. RAGE haben es nicht nötig, auf dicke Hose zu machen oder gar einen auf "unnahbarer Star". Ganz locker und freundlich gingen sie mit den Fans um und hatten richtig Spaß während ihres Auftritts. Vor dem Konzert und auch nachher standen RAGE in der „ganz normalen Menge" und waren auch nicht angenervt, wenn Fans sie ansprachen. Auch am Merchandisestand wurden signierte Gegenstände verkauft, für Die Hard Fans eine nette Sache und eine sehr schöne Erinnerung.
Victor Smolski ist einfach ein verdammter Gitarrengott und schmirgelt die Riffs runter, dass es nur so eine Freude ist. Jeder, der auch nur mal versucht hat Gitarre zu spielen, wird begeistert sein von seinem Spiel. Auffällig war auch, dass Peavy und Victor eine richtige Einheit sind und extrem aufeinander eingespielt. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass RAGE lediglich mit einem Gitarristen so derbe knallen.
Richtig Stimmung in die Bude kam, als RAGE die Klassiker aus dem Hut zauberten und Songs wie „Empty Hollow", „Paint The Devil On The Wall" und „Great Old Ones" zum Besten gaben. Da wurden in der ersten Reihe und auch auf der Bühne richtige Emotionen freigesetzt. Die Show wurde mitgefilmt und der Kameramann hatte sicher einige bewegende Momente zum Einfangen. Wie ich später im Gespräch erfuhr, sorgt RAGE schon für das 30. Jubiläum vor und beginnt jetzt schon mit den Aufnahmen für eine DVD, die in zwei Jahren zu diesem Anlass veröffentlicht werden soll. Fans von RAGE sollten sich den Kauf schon mal vormerken.
Gegen 24 Uhr war das Konzert zu Ende und die Halle leerte sich langsam. Einige Anhänger bekamen noch die Gelegenheit, mit TYR oder RAGE Fotos zu schießen und zu fachsimpeln. Ein netter Abend, abgesehen davon war es das lauteste Konzert meines Lebens. Der Sound in der Halle 101 lässt echt zu wünschen übrig bzw. war viel zu laut gedreht. Viele merkten das erst später und hatten dann keine Gelegenheit mehr, sich einen Gehörschutz zu kaufen, da die entsprechende Stelle schon geschlossen war. Den Verkauf hätte man dann an den Merchandisestand oder an die Bar verlegen sollen, denn ich habe von sehr vielen Konzertbesuchern gehört, dass es ihnen einfach zu laut war. Das ist natürlich schade...
RAGE sind auf jeden Fall ein Konzert wert, eine sehr sympathische und musikalisch versierte Band. Neben BLIND GUARDIAN eine der besten aus deutschen Landen, rock on!
Fotos © BurnYourEars / Nadine Schmidt
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