Geschrieben von Samstag, 28 April 2012 16:32

Powerwolf - Speyer Halle 101

powerwolf

27.04.2012 - Speyer, Halle 101: Im Rahmen der "Wolfsnächte Tour 2012" hatten POWERWOLF geladen, um zusammen mit LONEWOLF, STORMWARRIOR und MYSTIC PROPHECY die heilige Metalmesse zu halten. Alle Bands tendieren Richtung Power Metal, von daher war das Package ganz gut gewählt. Im BurnYourEars Jahresrückblick habe ich das aktuelle Album "Blood Of The Saints" von POWERWOLF zur Enttäuschung des Jahres gewählt mit der Begründung "Ist doch albern". Ich entschuldige mich hiermit offiziell und öffentlich bei der Band und korrigiere wie folgt: "Ja, es ist albern, aber dies war dennoch die geilste, fetteste Liveshow, die ich seit langem (...oder sogar überhaupt) gesehen habe!" Lest selbst, was sich in Speyer zugetragen hat.

Schon beim Eintritt in die Halle 101 fiel mir auf, dass wahnsinnig viele Fans mit POWERWOLF Fanshirts ausgestattet waren. "Metal Is Religion", "In The Name Of Metal" oder "Metal In The Night" sind nur einige der Aufschriften, die auf den ersten Blick vollkommen sinnfrei wirken, nach dem Konzert aber eine andere Bedeutung für mich haben. Kaum eine Band im Metal Genre wird momentan derart mit Lob überschüttet und schlägt so große Wellen, wie POWERWOLF. Das Konzept ist so einfach wie genial: Schon alleine die Namen sind ein Aufhorchen wert.

Attila Dorn heißt der charismatische Sänger mit dem tollen Stimmvolumen, dem man die klassische Gesangsausbildung auf jeden Fall anhört. Noch dazu ist der Typ wahnsinnig symphatisch und authentisch, seine Geschichten und Interaktionen mit dem Publikum sind wirklich beeindruckend. Dann hätten wir noch die beiden Brüder Charles und Matthew Greywolf, die sich beide an der Gitarre auskennen, sich permanent von Ventilatoren anblasen lassen und auf der Bühne eine unfassbare Energie versprühen. Der Organist Falk Maria Schlegel, auch wieder ein Hammername, steht den beiden in nichts nach. POWERWOLF sind extrem agil und reißen auf jeden Fall ihre Kilometer auf der Bühne ab. Das gilt sogar für den Schlagzeuger, Roel van Helden, der sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit vom Hocker erhebt, sich bewegt oder das Publikum anheizt. POWERWOLF spielen sich, wie man so schön sagt, richtig den Arsch ab und geben wirklich ALLES für eine gute Show. Wie ihr merkt, bin ich bereits im höchsten Lobesrausch, also zurück auf Anfang. 

Die Bühne bei POWERWOLF ist stimmungsvoll aufgebaut, alles passt zum Konzept, hier wird auf jedes Detail geachtet. Nicht nur in der ersten Reihe waren viele geschminkte Fans in den erwähnten POWERWOLF Shirts zu sehen. Schon ungefähr 15 Minuten vor Konzertbeginn setzten die POWERWOLF-Rufe ein. Selten war sich ein Publikum so einig und es war eindeutig klar: Jeder hier will jetzt und hier POWERWOLF sehen, jeder hier hat richtig Bock drauf und uns erwartet eine richtig fette Party!

Als die Band ungefähr 10 Minuten vor 22 Uhr die Bühne enterte, war wirklich kein Halten mehr. Die Fans flogen beinahe über die Absperrung vor Ektase (einige sprangen auch über die Absperrung, was die Security eher nicht so gut fand...), bei den ersten Tönen von "Sanctified With Dynamite". Das war von Seiten POWERWOLF nicht anders, die Band entfesselte eine so unglaubliche Energie, wie ich es wirklich bei ganz großen Bands teilweise vermisse. Zwischen Band und Publikum war sofort, aber wirklich SOFORT, eine Verbindung da und das Konzert war eigentlich von Ton eins an auf dem absoluten Höhepunkt und hielt sich dort. Selbst ich konnte im Fotograben beim folgenden Song "Prayer In The Dark" nicht mehr an mich halten und stimmte sofort in Mitgröhl- und Bangparts mit ein. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass auch nur eine Person in der Halle 101 keinen Spaß hatte.

Schön zu sehen war, dass die Band ebenso Spaß hatte. Attila Dorn war sichtlich gerührt von den Reaktion des Publikums und auch, als im weiteren Verlauf ein Fan kurz die Bühne stürmte. Sobald sich die Möglichkeit dazu ergab, wurden frenetische POWERWOLF- Jubelchöre angestimmt und die Worte von Attila "vielen Dankeschön..." mit "vielen Bitteschön..."-Gesängen beantwortet. Die Nachfrage, ob denn jeder Bock auf die "heilige Metalmesse" hat, war eigentlich rethorisch. 



Man hat den Eindruck, das Reportoire von POWERWOLF besteht eigentlich nur aus Hits, und selten habe ich so viele textsichere Fans erlebt. Natürlich gibt es bei POWERWOLF immer eine Zeile, die man mitgröhlen kann, auch wenn man den Song jetzt nicht kennt. Aber dass erwachsene Männer auf dem Boden knien (!), die Hände gen Himmel strecken und die teilweise lateinischen Texte mitzelebrieren, war selbst mir neu. Wie eine richtige Gemeinde gab jeder seinem persönlichen Gefühl Ausdruck und wir feierten gemeinsam und doch irgendwie jeder für sich. Extrem friedlich ging es zu, obwohl einem pausenlos die Haare von anderen ins Gesicht peitschten und sich in regelmäßigen Abständen der ein oder andere Schwall Bier über einen ergoß.

Die Band knallte uns einen Hit nach dem anderen vor den Latz, veranstaltete Mitsingspielchen und animierte mit Publikumseinsätzen wie bei "Werewolves Of Armenia" die Menge. Wer mit einem Drumsolo von "Painkiller" von JUDAS PRIEST auffährt, der kann nur Geschmack haben. Hoffentlich genießt die Band wirklich die aktuelle Situation, zumindest hat es so gewirkt. 

Ich habe schon viel über POWERWOLF gelesen und schon von einigen gehört, dass die Band live gut sein soll. Aber DAS war wirklich unfassbar. Ich entschuldige mich hiermit offiziell für meine Unfähigkeit, die Macht von POWERWOLF nicht sofort erkannt zu haben und bin dankbar, dass ich trotzdem gestern mitheulen konnte. Es ist nicht so, dass ich die Musik nicht gehört hätte, aber ich dachte trotzdem, dass da lange nicht soviel dahintersteckt wie von allen propagiert. Heute sehe ich das anders und denke auch, dass POWERWOLF keine geschminkte Eintagsfliege ist und die Jungs sicherlich eine große Zukunft vor sich haben. In so kleinem Rahmen wie gestern, wobei da auch um die 1.000 Leute reinpassen, wird man POWERWOLF wohl nicht mehr so schnell sehen. 



POWERWOLF haben sichtlich alles gegeben und waren am Ende ganz offensichtlich richtig im Eimer. Aber die Fans dankten es ihnen von der ersten Minute an und außer mir wurden sicher gestern auch noch andere Jünger rekrutiert. Ganz groß, und ich kann nur raten: Schaut euch das an! Eine Karte für das Wolfsnächte Package kostet um die 20 Euro und außer POWERWOLF sind auch noch LONEWOLF, STORMWARRIOR und MYSTIC PROPHECY am Start. Das Publikum gestern war extrem breit gefächert. Kurzhaarig, langhaarig, alt, jung, männlich, weiblich... selten so ein bunt gemischtes Publikum gesehen, POWERWOLF sind definitiv keine Spartenband.

Der Sound in der Halle 101 in Speyer war übrigens dieses Mal hervorragend. Zwischen den Songs merkte man gelegentlich, dass alles etwas dumpfer ankam, aber grundsätzlich konnte man es ohne Ohrenstöpsel auch ganz vorne sehr gut aushalten und die Songs klar und differenziert genießen. Und eines ist auch klar, keiner feiert so genial ab, wie die Metalheads und deshalb ist wahr: METAL IS RELIGION

© Alle Fotos BurnYourEars/Nadine Schmidt