Geschrieben von Freitag, 04 Mai 2012 20:37

Judas Priest & Thin Lizzy - Düsseldorf / Mitsubishi Electric Halle

Priest Live 01

01.05.2012 - JUDAS PRIEST bitten zum Abschiedsball, supportet von THIN LIZZY – da gibt es für mich keine Entschuldigung, nicht in die Mitsubishi Electric Halle zu pilgern. Ein kleiner Wermutstropfen ist für mich die Tatsache, dass Gitarrist K.K. Downing bei JUDAS PRIEST bekanntlich nicht mit dabei ist, denn eine Abschiedstour hätte ich gerne in der Originalbesetzung gesehen und gehört. Aber vom letzten Sweden Rock Festival weiß ich ja, dass Aushilfsgitarrero Richie Faulkner seinen Job ordentlich macht, also ist doch alles irgendwie im Grünen. Einem Abend voller Hard Rock und Metal Klassikern steht also nichts mehr im Wege.


Die etwas durch Vorhänge verkleinerte Halle ist gut gefüllt, als pünktlich um 20:00h die Lichter für THIN LIZZY ausgehen. Geht man von den T-Shirts und Kutten aus, sind die Priest Fans deutlich in der Überzahl, trotzdem werden die Iren, die mit „Are You Ready?" in ihr Set einsteigen, lautstark begrüßt. Eigentlich ist mit Drummer Brian Downey ja nur noch ein gebürtiger Ire im Line Up, aber dafür stehen mit Keyboarder Darren Wharton, Brian Downey und natürlich Scott Gorham mittlerweile wieder drei Musiker, die auch schon mit Phil Lynott zusammen spielten, auf der Bühne. Dazu kommen noch das Tier am Bass Marco Mendoza, Gitarrist Damon Johnson und natürlich Sänger / Gitarrist Ricky Warwick.

Natürlich haben THIN LIZZY den großen Nachteil, seit 26 Jahren kein neues Material mehr am Start zu haben, aber umso faszinierender ist es jedes Mal für mich zu sehen, wie diese alten Songs immer noch zünden. Offensichtlich hat die Band sich vorgenommen, in der begrenzten Zeit so viele Titel wie möglich zu spielen, denn weder hält sich Ricky Warwick mit langen Reden auf, noch wird die Zeit mit irgendwelchen Soloeinlagen verplempert. „Don't Believe A Word", „Black Rose", „Killer On The Loose", „Rosalie", „Cowboy Song", natürlich die laut gefeierten und mitgesungenen „Whiskey In The Jar" und „The Boys Are Back In Town" sorgen für gute Stimmung und zeigen die Band in Topform. Ricky Warwick gefällt mir persönlich von Konzert zu Konzert besser als Sänger, da er es schafft, den betagten Songs mit seiner rotzigen Stimme eine Frischzellenkur zu verpassen. Mir war es natürlich zu kurz, aber die „Priest, Priest, Priest" Rufe nach den letzten Klängen von THIN LIZZY zeigen deutlich, auf wen die Leute hier und heute tatsächlich warten.

Die Umbaupause ist erfreulich kurz und als das Licht runtergefahren wird, ertönen die üblichen, jetzt aber richtig lauten „Priest, Priest, Priest" Rufe. Der Vorhang fällt und JUDAS PRIEST entern mit „Rapid Fire" die Bühne, deren Mittelpunkt aus einer riesigen Videoleinwand hinter dem Drumriser besteht. Rechts und links wird dieser von zwei qualmenden Hochöfen flankiert, was perfekt zu „British Steel" passt. Rob Halfords Stimme schwächelt zu Beginn noch etwas, und die wirklich hohen Screams lässt er bei „Rapid Fire" und „Metal Gods" noch weg. Danach hat seine Stimme aber offensichtlich die Betriebstemperatur erreicht und der Metal God singt sich wie zu seinen besten Zeiten durch die Setlist.

Auch wenn ich es schade finde, dass K.K. Downing die Abschiedstour nicht mitbestreitet, muss man anerkennen, dass sein Nachfolger Richie Faulkner der Band in Sachen Stageacting wohl auch nochmal einen Tritt verpasst zu haben scheint. Die Musiker sind alle viel in Bewegung – bis auf Bassist Ian Hill, der wie gewohnt den Bewegungsradius eines Bierdeckels aufweist – und suchen den Kontakt zu den Fans. Die lassen sich auch nicht lumpen und springen auf jede Aufforderung zum Mitsingen oder Klatschen an, was der Stimmung in der Halle ausgesprochen zu Gute kommt. Der wirklich sehr gut abgemischte Sound tut sein Übriges. JUDAS PRIEST spielen sich durch fast alle Alben ihrer Karriere, die Songs werden visuell auf der Videowand und durch Lasershows untermalt.

Auch vom sehr kontrovers diskutierten Konzeptalbum „Nostradamus" wird mit „Prophecy" ein Song in die Setlist eingebaut. Wirkliche Überraschungen sind eigentlich nur „Starbreaker" und „Dawn Of Creation", ansonsten gehen JUDAS PRIEST komplett auf Nummer sicher und spielen nur die big hits der Band. Besonders geil kommen dabei „Breaking The Law", bei dem Rob Halford nicht ein Wort selber singt, sondern den Gesangspart den Fans überlässt, und „Turbo Lover", bei dem der Refrain wohl von jedem Fan in der Halle mitgegrölt wird. Das soll jetzt aber nicht heißen, dass die restlichen Songs weniger Arsch treten würden. „Painkiller", das sich wie immer direkt an das Schlagzeugsolo von Scott Travis anschließt, „Blood Red Skies", „The Sentinel", „Electric Eye", das megageniale „Victim Of Changes", „Hell Bent For Leather", bei dem Rob Halford mal wieder mit der Harley die Bühne entert  – heute Abend bleibt kein Auge und kein T-Shirt trocken.

Selbst das stimmlich sehr anspruchsvolle „Diamonds & Rust" gelingt perfekt und unterstreicht, wie geil Halford zur Zeit drauf ist. Ein Zeichen für ein gutes Konzert ist auch immer, dass man erstaunt auf die Uhr guckt, wenn die Band sich das erste Mal verabschiedet. So geht es mir auch heute, als JUDAS PRIEST nach „Hell Bent For Leather" die Bühne verlassen und schon über 1½ Stunden rum sind. Selbst die Fans auf den Sitzplätzen erheben sich jetzt und skandieren „Priest, Priest, Priest". „You've Got Another Thing Coming" und „Living After Midnight" werden dann noch mit vielen Feuer- und Rauchsäulen ins Publikum geschleudert, und dann ist Schluss. Endgültig Schluss? Der Rücktritt vom Rücktritt, den ich normalerweise immer ziemlich albern finde, würde ich mir bei JUDAS PRIEST in dieser Form fast wünschen.

Fazit: THIN LIZZY und JUDAS PRIEST haben heute nochmal allen gezeigt, wie man es richtig macht. THIN LIZZY Konzerte sind eh immer eher Riesen-Partys als Konzerte, und die Priester habe ich bei vielen Konzerten zum Glück auch noch nie wirklich schlecht gesehen. Und wenn JUDAS PRIEST ihre Ankündigung wahr machen, habe ich sie wohl heute zum letzten Mal gesehen, so ein bisschen Wehmut kommt da schon auf. Die Band ist in Topform und hat doch ganz offensichtlich noch extrem viel Spaß auf der Bühne. Aber vielleicht gehen die Briten nach dem Motto, dass man sich verabschieden soll, wenn es am schönsten ist. Den Fans bleibt da nur, den letzten Satz von Rob Halford zu beherzigen: „Goodbye Düsseldorf, keep the Heavy Metal Flame alive!"

Setlist JUDAS PRIEST:

Rapid Fire
Metal Gods
Heading Out To The Highway
Judas Rising
Starbreaker
Victim of Changes
Never Satisfied
Diamonds & Rust(Joan Baez cover)
Dawn of Creation
Prophecy
Night Crawler
Turbo Lover
Beyond the Realms Of Death
The Sentinel
Blood Red Skies
The Green Manalishi (With the Two Pronged Crown )
Breaking The Law
Drum Solo
Painkiller
The Hellion
Electric Eye
Hell Bent for Leather
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You've Got Another Thing Comin'
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Living After Midnight

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THIN LIZZY Homepage

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