Geschrieben von Mittwoch, 15 August 2012 19:44

The Crüxshadows & Goldkint - Mannheim / Alte Seilerei

The Cruexshadows

04.08.12 – Im Rahmen der „Dark Halo"-Tour zu ihrem achten Studioalbum „As The Dark Against My Halo" (VÖ: 10.08.12) machte die US-Band THE CRÜXSHADOWS mit Support von GOLDKINT unter anderem in der Alten Seilerei in Mannheim Station.


Für die Region Mannheim ist die seit 2011 bestehende Party-, Kunst- und Kulturmeile „Rhein-Neckar Park" ein echter Gewinn. Auf dem ehemaligen Fabrikgelände einer Seilfabrik befindet sich mit dem MS Connexion bereits eine Großraumdisco, welche durch ihr Partykonzept „Super Schwarzes Mannheim" jeden ersten Samstag im Monat die Massen anzieht. Dabei werden auf mehreren Floors im ganzen Haus von Industrial und Metal bis Gothic und Darkwave die verschiedensten Geschmäcker des Discopublikums der anderen Art bedient. Seit einem Jahr wird die Disco nun durch das Eventhaus im Nebengebäude „Alte Seilerei" ergänzt, die bereits bekannte Acts wie PETER HEPPNER, WELLE:ERDBALL und MONO INC. zu Gast hatte. Konzertbesucher erhalten nach dem Konzert freien Eintritt zum SSM, wobei sie dort oft noch die Musiker selbst antreffen können.

Im komplett schwarzen Konzertraum, welcher an diesem Tag im Kontrast zu einem heißen Sommertag stand, ging es trotz zunächst verhaltenem Zuschauerstrom mit der Vorband GOLDKINT aus Hannover los. Das Elektropop-Duo Jana und Lübke boten für mich zunächst eine Mischung aus GROSSSTADTGEFLÜSTER und GLASPERLENSPIEL, doch mit ihrer Vielseitigkeit und dem Spaß, den die beiden sichtlich hatten, konnten sie auch Zuschauer erreichen, die sonst eigentlich wenig mit dem Konzept einer quirligen, mädchenhaften Sängerin mit DJ-Begleitung anfangen können. Bereits der Opener „Kopfkino" mit seinem frechen Text („Ich tauch´ kilometertief durch deinen Liebesbrief") konnte so manchen zum Tanzen bewegen. Überraschend bei diesem Stück war der wirklich gut gesungene Part mit Operngesang.

Jana zeigte in ihrer Gestik und vor allem bei „Piraten der Liebe" mit roter Herzaugenklappe eine gute Bühnenpräsenz. Auch die folgenden Songs waren eingängig und strotzten vor guter Laune. In „Labyrinth" wird eine ziemlich kunterbunte und verrückte Wohnung beschrieben, „Fehlfunktion", zu welchem auch das erste Video der Band gedreht wurde, handelt von einem Flug ins All. Lübke, der Mann am Mischpult, ist wirklich begabt im Multitasking, mal mit Megaphon oder auch mal mit Bass oder Melodika in der einen, hatte er die andere Hand an den Reglern. Nach einer guten Dreiviertelstunde wurde dann der mit Krimskrams behängte Mikroständer für den Hauptact des Abends zur Seite gestellt....

Die siebenköpfige Band THE CRÜXSHADOWS wurde 1992 gegründet und zeichnet sich vor allem durch ihren Mix aus elektronischen Violin- und harten Gitarrensounds aus, welcher mit Synthesizern unterlegt ist und zusätzlich durch den melancholischen Leadgesang von Frontmann und Gründer Rouge eine besondere Note erhält. Obwohl viel Wert auf die Tanzbarkeit der Songs gelegt wird, sind die Texte mit ihrer teils mythologischen Thematik anspruchsvoll.

Bis das Intro erklingt, ist die Halle gut gefüllt und das Geheimnis, wie denn die ganze Band auf die Bühne passt, wird gelüftet: Im Hintergrund thront Pyromantic mit ihrem Soundapparat über allem, während sich abwechselnd Gitarrist Mike Perez oder die beiden Violinisten Johanna Moresco und David Wood zum Spielen rechts und links von ihr postieren. Die beiden Tänzerinnen und Backgroundsängerinnen Jessica Lackey (seit 2007 mit Rouge verheiratet) und Jenne Vermes bieten optisch ein tolles Bild.

Von Anfang an geht das Publikum voll mit, was auch an Rouges spezieller Angewohnheit liegt, bei fast jedem Lied die Bühne zu verlassen, um in Kontakt mit den Fans zu kommen, wobei er Dank seines Headsets auch vom hintersten Winkel der Halle noch optimal zu hören ist. So kommt er auch bei Beginn des Konzerts direkt aus dem Zuschauerraum auf die Bühne. „And I Believe", der Opener des Abends, ist auch der erste Song auf dem neuen Album und überzeugt mit Wechselgesang von Rouge und Pyromantic mit den Tänzerinnen. Sofort wird deutlich, dass Rouges tolle Stimme live mit jeder Platte mithalten kann. Bestens gelaunt wuselt er in ständiger Bewegung herum, wobei sein Outfit mit kleinen LEDs in den Handflächen einen genialen Effekt bietet.

„Valkyrie", der nächste Song, ist auch auf der neuen Platte zu finden und für mich einer der besten Songs des Abends, denn der treibende, zum Tanzen animierende Beat zeigt, wie facettenreich die romantisch-melancholisch und manchmal zugleich hart und elektronisch wirkende Musik der Amerikaner ist. Jessica und Jenne geben trotz bereits spürbarer Hitze in der Halle alles und haben für jeden Song eine eigene Choreographie. „Halo", der Titeltrack des Abends, präsentiert sich mit sehr eingängigem Gesangspart, den das Publikum sogleich mitsingen kann. Bei „Quicksilver", zu dem es bereits ein offizielles Musikvideo gibt, offenbart Rouge ein weiteres „Hobby", indem er wie schon bei früheren Konzerten und Festivals eine Stützsäule empor klettert, um dann, sich mit den Händen hinter dem Rücken festhaltend, fast schwebend, „Quicksilver – the future belongs to the brave" zu singen. Einfach beeindruckend!

Bevor mit „Sophia" ein absoluter Klassiker gespielt wird, hauen uns THE CRÜXSHADOWS mit „Indivisible" den fünften neuen Song um die Ohren. Dieser lädt mit seinem tollen Beat wieder zum Tanzen ein, was die Menge tut, obwohl sie die Songs gut eine Woche vor VÖ zumeist zum ersten Mal hört. „Sophia" mit den schönen Violinparts live zu hören, macht nicht nur mir Gänsehaut, vor allem weil Rouge sich nun einen Stuhl schnappt und auf ihm stehend über die Köpfe hinweg zur Bühne hin singt. „Angelus Everlasting", ein schön ambivalent elektronisch-gefühlvoller Song, bei dem Jessica und Jenne ihren Tanz mit weißen Tüchern ausschmücken, ist noch ebenso neu wie „Burning" (sehr emotional) und „Sleepless" (hier erzeugen die Musiker durch viele bunte LEDs an ihren Händen und Instrumenten tolle Effekte).

Bevor mit „Winterborn (This Sacrifice)" erneut mit einem tollen Klassiker aufgewartet wird, begrüßt Rouge, der in jüngeren Jahren einige Zeit in Deutschland gelebt hat, sein Publikum in sehr gutem Deutsch und gibt einem „special request" seiner Fans nach, indem er den Song „White Rabbit", der die Geschichte von Alice im Wunderland erzählt, a-capella singt. Seine Befürchtungen, dass er den Song vielleicht nicht mehr gut genug singen könnte, sind natürlich umsonst. Den etwas leiseren Song „Winterborn (This Sacrifice)" singt wieder fast alles aus vollen Kehlen mit - ein Gänsehautmoment. Auch der folgende Song „Birthday", Titeltrack der gleichnamigen Single von 2007, welcher einen Appell zum Carpe Diem darstellt, hält diese besondere Stimmung aufrecht. Im Rhythmusteil wird von Johanna und den Tänzerinnen noch einmal alles gegeben. Kein Wunder, dass die Zugaberufe bereits erschallen, als die Band noch nicht von der Bühne gegangen ist.

Die beiden Zugaben, die die Band gibt, sind „Deception" und „Marilyn, My Bitterness", zwei ältere Songs, letzterer der wohl bekannteste und meistgespielte. „Deception", welchen die Band auch in einer deutschen Version „Täuschung" eingespielt hat, wird von Rouge dann auch tatsächlich halb auf Englisch, halb auf Deutsch gesungen, wobei ich den Hut vor seiner Aussprache ziehe. Als „Marilyn, My Bitterness" erklingt, singt die ganze Halle mit und feiert diesen großartigen Song. Kurz vor Ende holt Rouge reihenweise Leute aus dem Publikum auf die Bühne und so nimmt ein an Fannähe einzigartiges Konzert sein Ende. Doch Rouge geht nicht etwa hinter die Bühne, sondern fast sofort in den Zuschauerraum, um mit Fans für Fotos zu posieren und Autogramme zu geben. Wer die Chance hat, diese symapthische Band live zu sehen, sollte sie sich auf keinen Fall entgehen lassen...

Setlist:

- And I Believe
- Valkyrie
- Halo
- Quicksilver
- Indivisible
- Immortal
- Sophia
- Angelus Everlasting
- Foreverlast
- Burning
- Sleepless
- (White Rabbit)
- Winter Born (This Sacrifice)
- Birthday

Zugaben:
- Deception
- Marilyn, My Bitterness

Fotos © BurnYourEars / Katharina Kaisig