14.09.2012 - Garage, Saarbrücken: Die neue Scheibe "Unsung Heroes" ist gerade veröffentlicht, schon machen die Finnen ENSIFERUM sich auf, um die Hallen zu rocken. Diesmal nicht im Rahmen irgendeiner Humpa-Vereinigung wie Paganfest oder Heidefest, sondern im Rahmen einer normalen Tour mit PROFANE OMEN und AMORAL. Eine gute, mutige Entscheidung, um sich weiter aus der Partyecke freizuspielen und noch stärker als eigenständige Band wahrgenommen zu werden. Die Meinungen zu "Unsung Heroes" waren sehr kontrovers und schwankten zwischen "ENSIFERUMs bestes Album" und "Das ist nicht mehr ENSIFERUM". Wir waren vor Ort, um uns selbst einen Eindruck vom aktuellen Stand bei den Viking Battle Metallern zu machen.
Die erste Band PROFANE OMEN haben wir leider verpasst – sehr ärgerlich, da die Videos im Internet vielversprechend sind. Die Band kommt aus einer ganz anderen Ecke als ENSIFERUM und hat sicherlich für einen guten Kontrast gesorgt. Wegen diverser Baustellen unterwegs trafen wir erst zur Umbaupause in der Garage in Saarbrücken ein. Die Location war schon gut gefüllt und hat einen netten Charme. Sicherlich war das früher mal ein Kino, die Bauweise sieht danach aus. Man passiert diverse schiefe Gänge und gelangt dann in einen großen Raum, der rundum bestückt ist mit Getränketheken, Sitzgelegenheiten jeglicher Art, Toiletten und einer Theke zum Verkauf von Merchandise. Durch diese Aufteilung kommt keine Hektik auf und man kann sich sogar während der Umbaupausen gut dort aufhalten. Die Getränkepreise müssen auf jeden Fall erwähnt werden, denn 1 Liter Bier für 5,50 € ist unschlagbar. Auch Sekt und andere alkoholische Getränke bekam man zu ungewöhnlich niedrigen Preisen, sicherlich wurde das aber nicht bei den Servicekräften eingespart. Vom Eingang über die Theke, von der Security bis hin zur Klofrau – wir trafen in der Garage Saarbrücken auf sehr motivierte, freundliche und fähige Leute. Das trägt schließlich nicht unwesentlich zum Verlauf des Konzertbesuches bei.
Wir hatten kaum Zeit, den Merchandisestand (Tourshirt kostete 20 Euro) zu stürmen, da legten AMORAL schon los. Die Halle war gut gefüllt und viel mehr Leute waren später bei ENSIFERUM auch nicht anwesend. Dass wir es plötzlich mit AMORAL zu tun hatten, war überraschend, da wir eigentlich mit METSATÖLL gerechnet haben. Doch AMORAL aus Helsinki Finnland, erwiesen sich als gute Alternative. Ziemlich voll sah es aus auf der Bühne, und die Band überzeugte sofort mit ihrem melodischen Heavy Metal Sound, gekrönt von einigen Überbleibseln aus alten Death Metal Tagen, die teilweise mit beeindruckenden Instrumentalparts aufgewertet wurden. Besonders der Sänger polarisierte, allerdings nicht unbedingt wegen cooler Rockerposen, sondern wegen seines hervorragenden Gesangs und seiner ungewöhnlich schmächtigen Erscheinung. Gesanglich fühlte man sich teilweise an Klaus Meine (SCORPIONS) und stellenweise auch an Jonathan Davis (KORN) erinnert.
Man hatte den Eindruck, eine talentierte junge Newcomerband vor sich zu haben, was allerdings nicht ganz richtig ist. AMORAL haben sich gerade mal zwei Jahre nach ENSIFERUM gegründet, 1997, und sind somit schon richtig alte Hasen im Geschäft. Sänger Ari Koivunen gewann in Finnland eine Castingshow (so kann es also auch laufen, von der Castingshow ins Vorprogramm zu ENSIFERUM), hatte zwei Nummer eins Alben in Finnland und singt seit 2008 bei AMORAL (sein Vorgänger ist der neue Growler bei TRACEDAWN). Die Band rannte in Saarbrücken offene Türen ein und wurde für eine Vorband überdurchschnittlich positiv aufgenommen und abgefeiert. Auch wenn die Songs sehr schnell zündeten, agierte die Band auf hohem Niveau. Die Band nahm ständig Kontakt mit dem Publikum auf und war sehr aktiv auf der Bühne, trotzdem saß jeder Griff und mal davon abgesehen, dass die Stimme des Sängers manchmal nicht zu hören war, kam auch die musikalische Leistung gut im Saal an.
Nachdem AMORAL sich verabschiedet hatten, kehrte dieses typische "Ruhe vor dem Sturm"-Gefühl ein, denn es war klar, wer nun gleich die Bühne stürmen sollte. ENSIFERUM ließen sich auch nicht lange bitten, die Umbaupause war glücklicherweise kurz. Mit dem Intro der neuen Platte "Unsung Heroes" kamen die Bandmitglieder von ENSIFERUM um 20:55 Uhr nacheinander auf die Bühne. Den Anfang machte Schlagzeuger Janne Parviainen (ehemals WALTARI), den ich hier mal lobend erwähnen will. Was für ein abgebrühter Typ, kommt ganz locker auf die Bühne, verschanzt sich hinter dem Schlagzeug (man sieht ihn dann eigentlich nicht mehr) und trommelt sich wie ein junger Gott praktisch fehlerfrei durch das Set. Dabei hat der Mann eine Gelassenheit im Gesicht und in seinen Bewegungen, dass man denkt, er würde entspannt ein Buch lesen. Spitzenbesetzung für den Posten!
Der erste "richtige" Song war dann, wie zu erwarten, "In My Sword I Trust". Wer schon mal ENSIFERUM gehört hat, der wird wissen: um Stimmung brauchen sich die Finnen sicher keine Gedanken zu machen. Der neue Song ist ein typischer ENSIFERUM Titel, der innerhalb kürzester Zeit von 0 auf 100 geht. Mit dem folgenden "Guardians Of Fate" hatten ENSIFERUM ebenfalls eine gute Wahl getroffen. Das sind genau die Songs, die die Fans hören und feiern wollen. Besonders Gitarrist und Gründungsmitglied Markus Toivonen war anzusehen, dass er sehr erfreut darüber war, wie die deutschen Fans ENSIFERUM huldigten. Über sein "stilles Kriegerimage"-Gesicht huschte des öfteren ein Lächeln. Kein Wunder, denn die Fans rannten schon kräftig im Kreis und starteten diverse Moshpits. Etwas epischer, aber nicht langsamer, wurde es bei dem folgenden "From Afar" vom gleichnamigen Album. Nachdem die Matten in Form geschwungen und die Nacken geschmiert worden waren, war es nun an der Zeit, diverse Arme auszubreiten und aus voller Inbrust die heroischen Parts mitzusingen.
Die Ansagen von Petri Lindroos waren eher spärlich und kurz gehalten. Fragen wie "Gefällt es euch?" oder ähnliches wären auch rhetorisch gewesen, also konzentrierte sich die Band auf das Spielen der Songs. Aus dem neuen Album wurde noch "Burning Leaves", der Titelsong "Unsung Heroes" und auch einer meiner Lieblingssongs "Pohjola" gespielt. Das verwunderte mich, hätte ich doch gedacht, dass ENSIFERUM eher auf die sichere Nummer setzen und den Song "Retribution Shall Be Mine" spielen würden. Dass sie das eben nicht getan haben, fand anscheinend nicht nur ich gut. Besonders der Sprechteil ist ergreifend und kam live noch besser rüber. Ich hätte auch nicht mit einer so guten Lichtshow gerechnet, ENSIFERUM zauberten eine gelungene Atmosphäre in die Halle. Wenn zwischen den Songs die Instrumente gewechselt wurden, spielte die Keyboarderin Emmi Silvennoinen kleine Stellen aus den Songs der Bands, so dass das Konzert in sich rund und stimmig war.
All denen, die sich bei der neuen Platte über "zu lange, zu ausschweifend Parts" beschweren, setzten ENSIFERUM an diesem Abend das Elf-Minuten-Stück "Heathen Throne" vom Album "From Afar" entgegen. Das zeigt deutlich, dass ENSIFERUM schon immer in die Richtung tendierten. Von da an gab es lediglich altes Material. ENSIFERUM hauten uns auch alte Klassiker wie "Hero In A Dream" und "One Magic Potion" um die Ohren. Sicherlich tat nicht nur mir am nächsten Tag der Nacken weh... Die schnellen Riffwechsel, mitreißenden Melodien und heroischen Momente von ENSIFERUM ließen nur wenige kalt an diesem Abend. Erschreckte Gesichter gab es, als "Iron" schon relativ früh gespielt wurde. Einige setzten den Song mit dem Endes des Konzertes gleich. Glücklicherweise war dem nicht so!
Ohne Zugabe kamen ENSIFERUM also nicht aus der Nummer raus. Allerdings ließen sie sich auch nicht lumpen und gaben Nachschlag in Form von "Twilligth Taverne", "Blood Is The Price Of Glory" und "La La Hei". Den tatsächlichen Rausschmeißer machte dann aber "Battle Song", bei dem Band und Publikum nochmals alle restlichen Energien freisetzten. Es passiert mir selten, aber es war tatsächlich so, dass ich bereit gewesen wäre, mir das komplette Set gleich im Anschluss nochmals reinzuziehen. Auch ENSIFERUM schienen nicht von der Bühne gehen zu wollen und schlossen mit diversen kleinen Rufspielchen ab. Kurzzeitig wurde sogar mal BLACK SABBATH angetäuscht. Für mich ein gelungener, wenn auch zu kurzer Abend. Eines der besten Konzerte in 2012!
Ich hoffe, dass sich der Abend und die Tour für ENSIFERUM lohnen werden und es zukünftig noch mehr Headlinerabende der Band gibt. Musikalisch ist die Band schon lange bereit dazu und das Publikum scheint auch da zu sein, auch wenn die Garage Saarbrücken noch Kapazität gehabt hätte... ausverkauft war leider nicht. Wäre doch schade, wenn Bands wie FINNTROLL, KORPIKLAANI, ELUVEITIE und Co. bald nicht mehr zu uns kommen, da keiner mehr Bock hat auf Paganfest und Konsorten hat und die Bands, trotz guter CD Verkäufe, keine Touren alleine stemmen können.
Als Outromusik gab es wieder ein finnisches Volkslied, ich denke, ENSIFERUM haben mal aktualisiert. Es handelte sich definitiv um die finnische Version von "No Limit" (in den Neunzigern gesungen von 2UNLIMITED).
Setlist:
Symbols
In My Sword I Trust
Guardians of Fate
From Afar
Burning Leaves
Pohjola
Heathen Throne
Blood is the Price of Glory
One More Magic Potion
Hero in a Dream
Unsung Heroes
Iron
Twilight Tavern
Lai Lai Hei
Battle Song
Fotos © BurnYourEars / Nadine Schmidt
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