Geschrieben von Freitag, 10 August 2007 13:09

Wacken Open Air 2007 - Der Festivalbericht

Wacken 2007

Link: http://www.wacken.com
Mittwoch morgen, 6 Uhr. Wir düsen leicht bänglich durch das noch halb schlafende Hamburg, um pünktlich um 8 Uhr in Wacken zu sein. Neben dem Job als BurnYourEars-Reporter haben Sylvia und ich noch zusammen mit Freundinnen die Aufgabe übernommen, die Reservierung des Wacken-Forum-Camps anzuleiten. Bereits am Dienstag schaffte die Orga des 18. WOA es, sämtliche Anreisende komplett zu verwirren: „Reist sofort an!“ „Reist auf keinen Fall vor Mittwoch an!“ „Achnein, lieber gestern schon anreisen….“
Dementsprechend finden wir eine verwirrte Freundeshorde auf dem Edeka-Parkplatz vor. Da Sylvia und ich ins Backstage-Camp wollten und die Orga die grandiose Idee hatte, schon Mittwoch anstatt Donnerstag aufzumachen, düsen wir dahin (staunen gar sehr, als wir alleine auf einer riesigen, grünen, trockenen Wiese stehen) und machen uns nach Zeltaufbau zu Fuß auf den Weg in das Dorf, um für die Ausharrenden irgendwelche Infos zu bekommen. Auf dem Wege hört man überall noch Hämmern, Bagger fahren herum, der Aufbau ist noch lange nicht abgeschlossen. Im Laufe der Tage erfährt man, was los ist bzw. war. Knapp 2 Tage vor Beginn war das Festivalgelände ein einziger See. 40 Sattelzüge voller Matsch und Erde wurden abgetragen, 5.000 Quadratmeter Vlies ausgelegt, darauf tonnenweise Häcksel und Stroh gekippt. Über die Campingflächen knatterten Helikopter, die den Boden "trockenföhnen" sollten. Die endgültige Zusage, Wacken 2007 doch stattfinden zu lassen, kam am Donnerstag um 16 Uhr. Ich frage mich zwar seitdem, wohin denn bitte die Zehntausende gesollt hätten wenn es erst dann abgesagt worden wäre, und ob Herr Hübner persönlich jedem seinen Hunni wieder bei Abfahrt in die Hand gedrückt hätte... aber mein voller Respekt für den Aufwand, den Helfer, Orga und die Einwohner betrieben haben, um es trotz des Regens der Wochen vorher stattfinden zu lassen.

Nach Stunden des Laufens, Fragens und ein bis drei Bieren sind wir bezüglich unserer Gruppe von 350 Mann genauso schlau wie morgens. Keiner, aber auch gar kein Security, Ordner oder sonst wer kann uns Auskunft geben, wohin die Reservierten denn nun fahren sollen. Allerdings verkaufen sehr viele Menschen auf Fahrrädern und auch Ordner stapelweise fleißig weiter Tickets. Nicht an der Kasse, nein, so auf dem Bürgersteig oder beim Nebeneingang.  Stückpreis 150,- €. Ahja. Ich denke, es ist ausverkauft?? Die Pressemeldung lautete auf 50.000 verkaufte Tickets. Mir schwant Böses…
So nach und nach bekommen wir von unseren Leuten zu hören, dass sie auf „U“ wie „unglaublich weit weg“ gelandet sind. Wow. Halbe Stunde Fußmarsch. Wir verzichten dankend und gehen abends nach einem sehr aufschlussreichen Gespräch mit einem Security in den Biergarten, um die W:O:A FIREFIGHTERS anzugucken. Wie immer freuen sich die alten Herren gar sehr auf die gröhlenden Horden vor Ihnen. Blöderweise kann man nichts sehen, weil bereits jetzt unglaubliche Massen die Bühne unsicher machen. So kommen wir mit Einwohnern ins Gespräch, ein Wort gibt das andere, und der eine Wackerianer möchte uns beiden Deerns nur zu gerne abfüllen. Bevor er es endgültig schafft, gehen wir lieber zu Freunden auf verschiedenen Campgrounds feiern. Donnerstag morgen bin ich tot, weil ich irgendwie vergessen habe, zu schlafen. Frau Kollegin hüpft mir frisch geduscht entgegen, und da die erste Band erst gegen 17:00 Uhr spielt, lege ich mich zufrieden grinsend bei einem Freund ins Auto, während sie sich auf die Suche nach etwas Essbarem fürs Frühstück macht.

Der Donnerstag beginnt für uns musikalisch jedenfalls um 18.15 Uhr mit den Australiern von ROSE TATTOO. Wir kämpfen uns durch eine dicht gedrängte Menschenmenge (komisch, es ist doch noch gar nicht so spät) und finden in einiger Entfernung von der Black Stage ein bisschen Platz. Alles was jetzt noch fehlt, sind die Musiker. Die kommen nämlich erst 20 Minuten später auf die Bühne. Zuvor wird nämlich dem „Trockenföhnen“ der Campgrounds in einer Dokumentation gehuldigt. Oder passt „Selbstbeweihräucherung der Veranstalter“ vielleicht besser? Jedenfalls sind die Mannen um Gary „Angry“ Anderson mit den Begebenheiten auf diesem Festival vertraut und bringen das Publikum bereits mit den ersten Akkorden in Fahrt und mit Hits wie „Rock N Roll Outlaw“ zum Kochen. ROSE TATTOO liefern eine verdammt coole Show ab und trösten so die zahlreichen Zuschauer, die sich in bester Feierlaune befinden über die Verspätung hinweg.
Jene Verspätung, die meinen Zeitplan an diesem Tag so richtig durchgewirbelt hat. Denn um 18.40 Uhr gibt sich das Münsteraner MetalCore-Gespann alias NEAERA auf der (einen dezent langen Fußmarsch entfernten) Hellfest-Stage die Ehre. (Für alle die sich jetzt wundern, was denn die Hellfest-Stage ist: das ist die gute alte Party Stage, die nach den ersten 50.000 verkauften Tickets einen Hüpfer nach rechts gemacht hat und nun auf der Wiese nebenan steht. Sie heißt auch nur am Donnerstag so).  Somit nehme ich die Beine in die Hand und kämpfe mich durch die wild feiernde Menge zum anderen Ende des Geländes. Am Ziel angekommen realisiere ich dann, dass das Gelände vor besagter Bühne bereits am späten Nachmittag einer Sardinenbüchse gleicht. Und auch wohl zurecht. NEAERA sind eine sehr gute Liveband und stehen den hohen Erwartungen, die ich an diesen Gig im Vorfeld hatte, in nichts nach. Während des Auftrittes jagt ein Brett das nächste und Tieftöner Benny ist in absoluter Topform. Durch tiefe Growls und energiegeladenes Stageacting animiert man das Publikum zu Höchstleistungen, die Pommesgabeln werden in den wolkenlosen Himmel gereckt und als Zuschauer muss man verdammt gut aufpassen, nicht den Schuh eines der zahlreichen Crowdsurfer an den Kopf zu kriegen. Wirklich ein sehr guter Gig.
Während Sylvia also bei NEAERA versucht, tieffliegenden Stahlkappen zu entkommen, gucke ich mir schon mal die Special-Show von SODOM an und werde ganz und gar nicht enttäuscht. Tom und Kollegen ballern sich durch ihren jahrzehntealten Backkatalog, dass es nur so wummst. Wunderbar. Das Höllentrio Angelripper/Bernemann/Schottkowski hat alte Recken wie Andy Brings mit dabei, und der kommt aus dem Grinsen so gar nicht mehr raus. Später rennt er wie aufgedreht durch die VIP-Area. So ein Auftritt macht natürlich Spaß. Fleissig thrashe ich mit, so von der Seite aus kann man sogar ein wenig sehen. Dreht man sich jedoch nach hinten, wird einem immer blümeranter. Hölle, hier spielen SODOM, nicht die verdammten Rolling Stones. Wo kommen denn die Leute alle her…?
Puh. Kurze Pause, kurzer Bergsteigergang über die Brücke (mein Gekreische am Mittwoch war exorbitant. Schon wieder diese Brücke zwischen Backstage und Gelände…), kurze Gespräche, zurück zu SAXON. Nein, SAXON. Hätte ich ja niemals mit gerechnet. So sehr ich Biff, Nibbs und Kollegen auch mag, ich habe sie nun schon so oft auf den Wackenwiesen abgefeiert, dass wir wieder zurück stiefeln.
Dann lernen wir den Sänger von VOLBEAT und seinen besten Kumpel kennen, und diesen beiden Herren gebührt unser allergrößter Dank. Kurz vor OVERKILL, auf die ich mich unglaublich gefreut hatte, ist es so voll, dass wir etwas ängstlich auf die Meerenge zwischen Party, ach verdammt, also Hellfest-Stage und Black-Stage glotzen. Kurze Minuten später sieht man eine niedliche Elefantenhorde sich einen Weg durch die Massen bahnen: vorweg VOLBEAT-Sänger Michael, eine Hand in dessen Arschtasche Sylvia, in deren Arschtasche ich mich kralle, hinter mir an der Hand von, nennen wir ihr Johnny Cash, so tröten und schlingern wir Richtung OVERKILL. Dort stehen geschätzte 30.000 Menschen. Mit einer Verspätung von knappen 25 Minuten röhrt Blitz in sein Mikro. Ist zwar das falsche Ende, aber er merkt es sehr schnell, dreht es grinsend um, und dann ist kein Halten mehr. Was wir bewusst mitbekommen haben, war eine unglaublich fette Show mit allem, was der OVERKILL-Fan hören will. Wir haben allerdings nur schnell was gegessen und sind dann alleine wieder zurück in die relative Sicherheit unseres kleinen Camps gegangen. Dauert auch nur eine knappe halbe Stunde für 100 Meter…
Freitag:
Um kurz vor High-Noon kommt Bewegung in unser lauschiges Camp. Die Finnen von AMORPHIS müssen wir einfach unbedingt sehen. Aber eine ungewöhnlich anmutende Rauchwolke in Höhe der True-Metal Stage stört ein wenig den Gesamteindruck an diesem Mittag. Auf dem Gelände angekommen vernehmen wir auch schon die, schlauerweise auf Deutsch verkündete, Aufforderung an die Zuschauer, das Gelände vor dieser Bühne aufgrund eines Feuers zu räumen. Dieser Aufforderung kommt man dann, wenn auch sehr zögerlich, nach, und der Gig von AMORPHIS verschiebt sich ein wenig nach hinten, genauer gesagt auf 13.15 Uhr. Stattdessen wird das sich vor den Bühnen gegenseitig zerquetschende Publikum mit nicht ganz so melodischen Klängen so richtig in Feierlaune versetzt, denn NAPALM DEATH geben sich jetzt auf der Black Stage die Ehre und blasen mit ihrem Knüppelgrind auch die letzten Kopfschmerzen hinfort. Wir machen es uns in der Sonne und dem reichlich ausgelegten Stroh gemütlich, schwingen unsere Mähnen im Takt und genießen die aufgedrehten Musiker von NAPALM DEATH, die einen, für die Mittagzeit, sehr anständigen Moshpit vor der Bühne verursachen und mit einer ausgewogenen Songauswahl, in der „Nazi Punks Fuck Off“ natürlich nicht fehlen darf, einen richtig guten Auftritt hinlegen.
Im Anschluss dürfen AMORPHIS einer breiten Masse zeigen, dass sie sich wieder auf ihre Wurzeln besonnen haben. Der melodische finnische Death-Metal steht zwar im krassen Gegensatz zu den vorhergegangenen Grindbomben, macht aber mindestens genau so viel Spaß. Die Fans, die trotz des unangenehmen Geruchs vor der True-Metal-Stage den ganzen Gig von NAPALM DEATH überdauert haben, werden für ihre unempfindliche Nase belohnt und uns bleibt, aufgrund der Menschenmassen auf dem Gelände, leider nur der Blick auf die Videoleinwand zwischen Black- und True-Stage. Auch bei AMORPHIS ist von Müdigkeit keine Spur, auf der Bühne mosht man, was die Nackenmuskulatur hergibt und animiert das Publikum mit Songs vom aktuellen Album „Silent Waters“ über „Alone“ aus der Rockphase bis hin zum Klassiker „Black Winter Day“ zu selbigen „Schandtaten“. Leider kommt die eine oder andere kompositorische Feinheit bei uns nicht an, aber laut waren AMOPHIS. Der Trip nach Schleswig-Holstein war für die Finnen jedenfalls lohnenswert.
Da das Frühstück nach dem Auftritt von AMORPHIS so langsam aber sicher verdaut war, klappern wir die unzähligen Fressbuden auf dem Gelände ab und jagen einen Happen zum Nachmittag. Naja, lecker geht anders. Die erworbene Lahmacun ist sogar so eklig, das Freundin Ninchen nur vom Schnuppern schon grünlich anläuft. Wütend hole ich mir die 10 Euro zurück. Der blöde Mensch brüllt zwar „Arschlöcher“ hinter uns her, aber wir beschließen, meinen Lieblingsstand des letzten Jahres zu suchen. Und zwar die „Agentur für Genuss“ aus Hamburg. Leider hat irgend jemand die blonde Idee gehabt, diese Labsal für Auge und Magen in die allerletzte Ecke kurz vor Helgoland zu packen, nämlich auf das Areal der Party Stage in die äusserste Ecke, aber Heureka! Ich finde sie doch. Tomaten-Sellerie-Suppe, ein 1A Labskaus, Chilli vom Feinsten. Alles frisch, alles handgemacht und äusserst zivile Preise. Und ein super leckerer Chef *grins*. Mehr von solchen Ständen und keiner müsste sich über den Fraß beschweren.
Einigermaßen gestärkt mache ich mich gegen 14.30 Uhr auf den Weg zur Party-Stage (Ja genau, jetzt heißt die Hellfest-Stage wieder richtig) um mir den Auftritt der Dänen von VOLBEAT anzusehen. Die Erfahrung des vorangegangenen Abends lehrte mich, dass ca. 20 Minuten Gedrängel zu erwarten seien. Und ich täusche mich nicht. Diverse Ellbogenknuffs und Matschstolperer später bin ich am Ziel. Und warte. Von wegen VOLBEAT spielen um 15.00 Uhr – mit 30-minütiger Verspätung gibt man sich die Ehre. Aber bereits die ersten Akkorde des explosiven, dänischen Soundgemisches aus Metal, Rock und Rockabilly lassen mich jede Verärgerung vergessen. VOLBEAT liefern einen tollen Gig ab, beziehen das Publikum mit diversen Spielereien in das Geschehen auf der Bühne mit ein und verbreiten so richtig Stimmung. Bei „Soulweeper“ werde ich auf einmal durchgewirbelt und tanze Walzer in der Menge. „Sad Man’s Tongue“, „Caroline Leaving“, “Radio Girl” und last but not least das extrem coole „The Garden’s Tale” runden das Programm ab, lassen die Zuschauer eine große Party feiern und zaubern mir ein Grinsen auf das Gesicht.
Als nächstes stehen TURBONEGRO auf unserem Zeitplan. Kichernd und jubelnd werden die Irren empfangen, die Matrosenmützendichte ist rapide angewachsen und besonders die Turbojugend erweist „ihrer“ Band alle Ehre. Natürlich haben die nicht den Rock erfunden, aber sie bringen das alles so sympathisch und arschcool rüber, dass man einfach mitjuchzt. Natürlich kommt auch die neue Scheibe „Retox“ nicht zu kurz. Sehr geile Ergänzung für das Wacken-Billing!
Nur eine Viertelstunde  später krabbeln wir eine Bühne weiter zu J.B.O., Ich konnte sie live immer vermeiden, entweder hasst man die Erlanger oder man liebt sie. Aber mit zwei Weibern zusammen und diversen leckeren Cocktails im Blut, dazu das allerschönste Sommerwetter: passt, danke! Während Sylvia und Ninchen kniend im Stroh den Dödeln da oben huldigen, komme ich aus dem Lachen nicht mehr heraus. Man muss sich auf diese Art von Spaßmetal schon einlassen, sonst wird es ärgerlich. Aber einmal im Jahr darf man das. Mir reicht es für diesen Tag, die Kollegen Sylvia und Manuel machen fleissig weiter.

Crowdsurfing und Gothic-Metal. Passt beim ersten Gedankengang genauso gut zusammen wie “Teufel und Weihwasser”. Aber alles nacheinander. Nachdem wir bei J.B.O richtiges Wacken-Feeling genossen haben und Kat mit Ninchen beschwingt sonst wo feiern geht, richte ich meinen Kopf und meine Konzentration in Richtung Black Stage um mir die Pioniere des italienischen Gothic-Metal LACUNA COIL anzugucken. Bereits während des Auftrittes der fränkischen Spaßvögel hatte man nicht so wirklich zaghaft versucht, einen Soundcheck durchzuführen, was man aber nach diversen Unmutsbekundungen von Seiten des Publikums lies. Das holt man jetzt nach, und die Pommesgabeln recken sich bereits gen Himmel. Die Band betritt die Bühne und mit dem Erscheinen von Frontröhre Cristina Scabbia wird der Boden um mich auf einmal ziemlich weich, was wohl an den sabbernden, männlichen Zeitgenossen liegt. O-Ton „sie ist halt ein lecker Mäuschen“ bekräftigt meine These. Auch die Italiener tun sich nun keinen Zwang an, richtig zu rocken und spielen fast ohne Ausnahme Up-Tempo-Nummern ihrer erschienen Alben. Hier liegt das Hauptaugenmerk eindeutig auf dem aktuellen Release „Karmacode“, aber auch Songs von „Comalies“ und „Unleashed Memories“ finden begeistertes Gehör und das durch energisches Moshen auf der Bühne angestachelte Publikum widerlegt mehrere Male die These, dass beim Gothic-Metal Crowdsurfen nicht angesagt sei. Ich jedenfalls muss diverse Male meinen Kopf einziehen, um keinen Schuh ab zu kriegen.
Manuel hingegen erlebt sein erstes Wacken und fängt gleich mit dem Headliner an: Es ist Primetime und vor der True Metal Stage kann man sich kaum noch bewegen. Der Grund sind BLIND GUARDIAN, die sogar einen Tick vor der offiziellen Zeit beginnen, aber ich bin schon weitaus länger da. Nach dem klassischen Mittelerde-Opener „War of Wrath“ mit „Into the Storm“ geht es weiter im Programm, in dem Klassiker wie „Script for my Requiem“ oder „Valhalla“ nicht fehlen dürfen. Der obligatorische „Bard`s Song“ tönt aus zig-tausend Kehlen den Krefeldern entgegen, womit deren Ausnahmestatus belegt wäre, ob man nun Hobbits mag oder nicht. Während die Jungs auch vier Stücke des neuen Albums präsentieren, unter anderem „Fly“ und „Neverland“, spielen sie eine große Bildershow mit fantasiereichen Motiven im Hintergrund ab. Die Ansagen Hansi Kürschs sind zwar nicht sehr einfallsreich, aber bei BLIND GUARDIAN feiert sich das Publikum einfach selbst zu einem tollen Konzert ohne übernatürliche Effekte. Die Stimmung ist prima und die Stimme im Eimer!
Kurze Zeit später wende ich mich der Black Stage zu, vor der sich eine riesige schwarze Masse angesammelt hat, um DIMMU BORGIR zu huldigen. Mit stimmungsvoll düsterer Lightshow geben die Norweger alles. Zwischen aktuelleren Songs wie "Cataclysm Children“, "Vredesbyrd",  "Kings of the Carnival Creation" und "Progenies of the Great Apokalypse“ schleichen sich auch alte Titel von dem just neu eingeprügelten Album „Stormblåst“ ein, wie „Sorgens Kammer - Del II“. Da Shagrath nicht viele Worte verliert, sondern sich sogar auf Deutsch für die klasse Party bedankt, gibt es an diesem Abend einen ausführlichen „lesson in violence“ (Shagrath). Die skandinavischen Corpsepainter bieten neben Klassikern, zum Beispiel  "Spellbound (by the Devil)", auch einen neuen Song von „In Sorte Diaboli“ (The Serpentine Offering) dar. DIMMU BORGIR dröhnen mit ihrem hymnischen Black Metal wunderbar in die Dunkelheit hinaus, und das Publikum beantwortet willig die animierenden kurzen Schreie von Shagrath.
Bald lenke ich dann meine Schritte wieder in die andere Richtung, wo gleich mit ICED EARTH ein sehnsüchtig erwartetes Highlight auftauchen soll. Die merklich angespannte Menge steht längst nicht so dicht wie bei den vorigen beiden großen Shows. Alle fragen sich, wie sich Ripper Owens als Nachfolger Matt Barlows schlagen wird. Grundsätzlich liefert die Band eine überzeugend choreographierte Show ab, mit einem stimmlich guten Ripper, effektvoller Pyro-Show und einem fetten Sound. Nur der zweite Gitarrist geht meistens unter neben Jons Riffs. Doch irgendwie will der Funke nicht so richtig überspringen. Herr Owens beschwört den „F…ing Heavy Metal“ und gibt sich zwar mit diversen Tanz- und Headbang-Einlagen alle Mühe, doch es wirkt nicht alles stimmig. Die Stücke der „Something Wicked Trilogy“, „Stormrider“ (mit einem singenden Jon Schaffer) oder „My own Saviour“ haben oftmals das Problem, dass Ripper andere Gesangsmelodien einbringt, die die Stücke deutlich verfremden. Somit verlassen schon während der Show einige Fans die vorderen Reihen und viele kritische Gesichter blicken auf die Bühne. Als Fazit bleibt trotz einer objektiv guten Show von ICED EARTH ein trauriger Beigeschmack, der nicht nur Melancholie ist.

Kat feiert mit vier total begeisterten Amis im Zelt, und Sylvia hat  nach einigen entspannenden Stunden dann ein Rendezvous mit den Eidgenossen von SAMAEL: Mittlerweile ist es 2 Uhr in der Nacht, stockfinster, und ich laufe Slalom durch schlafende Menschen, die ihr provisorisches Nachtlager im Stroh aufgeschlagen haben, in Richtung Party-Stage. Dort angekommen, lassen auch SAMAEL nicht lange auf sich warten und liefern eine eiskalte Show ab. Passt irgendwie perfekt zu den gerade herrschenden Temperaturen, denn es ist verdammt frisch. Da hilft nur eines: Sich warm moshen. Und das vollziehen eine ganze Menge Menschen und meine Wenigkeit auch zu dieser späten Stunde. SAMAEL präsentieren mit gutem Sound und einer futuristischen Lightshow ihr Gesamtkunstwerk von „Passage“ bis „Solar Soul“ und lassen sich von den „Durchhaltern“ ordentlich abfeiern. Sehr ordentlich für diese fortgeschrittene Zeit.
Manuels Beine halten nicht mehr viel Bewegung aus:
Ich schaue mir die APOKALYPTISCHEN REITER von der Seite der True Metal Stage an, da trotz der späten Stunde noch ein eng stehendes Publikum auf die große Party wartet. Als Frontmann Fuchs an einem Seil von der Decke schwebt, beginnt der Wahnsinn! Die REITER spielen hauptsächlich neue Stücke wie „Friede sei mit dir“, „Seemann“, „Stormrider“ oder „Die Sonne scheint“. Dazu liefern sie ein Unterhaltungsprogramm wie sonst keiner. Eine Zuschauerin muss als Seemannsbraut mit Fuchs tanzen, bevor sie zu Dr. Pest in seinen Käfig gekettet wird. Die „kleinen Wichte“ des Publikums dürfen mit riesigen blauen Luftballons spielen und die „Sehnsucht“ wird von einigen Streichern untermalt. Als es dann schließlich ein Wettrennen im Crowdsurfing mit zwei Schlauchbooten und in Bademode eingekleideten Insassen gibt, ist der Jubel groß. Selbst nachts um halb drei bringen die APOKALYPTISCHEN REITER vor noch einigen tausend Metallern die Bude in Schwung. Daraufhin kann man erschöpft noch ein Bierchen trinken und mit einem Lachen im Gesicht im Zelt verschwinden.
Samstag:
Heute ist Katja fit wie ein Turnschuh, während es Frau Bornemann zerhackt hat (böse, böse Cocktailbar - zur Flüssigkeitsaufnahme dienen bei ihr heute lediglich Wasser und Cola). Aber sie ist echt fleissig: 

Mit exorbitanten Kopfschmerzen stehe ich nun vor jener Videoleinwand, die uns an diesem Wochenende das eine oder andere Mal half, eine Band nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen.Aber jetzt haben auch wir eine ungetrübte Aussicht auf die True-Metal-Stage, um SACRED REICH zu erleben. Es dauert keine zwei Akkorde, und meine Kopfschmerzen werden von einer wahnsinnigen Thrash-Welle von dannen gefegt. Sänger und Bassist Phil Rind kann den Zuspruch zu dieser Tageszeit kaum fassen und bekommt beim Anblick der feiernden Menschenmenge in der Mittagsstunde Gänsehaut. Er kann seine Freudentränen kaum noch zurückhalten und bedankt sich nicht nur ein Mal bei den zahlreichen Fans für mehr als 20 Jahre Unterstützung. Ebenfalls gibt er seiner Begeisterung bei seinen Ansagen vollen Ausdruck. Sichtlich ergriffen feiert das Publikum zusammen mit der Band einen Thrash-Frühshoppen der Extraklasse, bei dem, von etwas matschigen Sound mal abgesehen, einfach alles stimmt. Super Stimmung, schmerzende Nackenmuskeln, kratzig werdende Stimme.
Aber die Mittagssonne ist unerbittlich, Wasser und Schatten sind jetzt dringend von Nöten. Nach einigen Stunden trete ich den für mich schwersten Gang des Wochenendes an denn:
Irgendwie habe ich es jetzt das gesamte Festival geschafft, mich von diesem überquellenden Bereich, der im Lageplan als W.E.T.-Stage bezeichnet wird, fern zu halten. Aber der Auftritt von THE VISION BLEAK treibt mich aber doch am Nachmittag in die Höhle des Löwen bzw. des von der Decke herunter tropfenden Schweißes. Der Weg zur W.E.T.-Stage führt mich an der Black Stage vorbei. Hier geben sich gerade die durchgeknallten Japaner von DIR EN GREY die Ehre. Hatte ich diese Band bis dato gar nicht so wirklich wahrgenommen, bleibe ich erst mal gebannt stehen und wundere mich, wie ein so zierlicher Mensch wie „Sänger“ Kyo so abstruse Laute von sich geben und sich so heftig verrenken kann. Die harten, abgefahrenen Sounds aus dem Fernen Osten begeistern die Menge, und auf der Bühne stimmt einfach alles. Jedes Break und jede Bridge sitzen ebenso gut wie die Abstimmung unter den Bandmitgliedern. Super! Jetzt klappe ich aber meine Kinnlade wieder hoch und mache mich auf den Weg zum Zelt.

Die Tatsache, dass sich THE VISION BLEAK eher selten auf deutschen Bühnen und noch seltener auf Metal-Festivals blicken lassen, treibt noch eine ganze Reihe Menschen in Richtung W.E.T.-Stage. Dort angekommen, vernehme ich gerade die letzten Takte von SECRETS OF THE MOON, und dann vollzieht sich ein fliegender Wechsel. Eigentlich wollte ich mir ja THE VISION BLEAK an der frischen Luft außerhalb der Zeltwände ansehen, aber ich habe keine Chance – ich werde in die Mitte, genau unter das Dach befödert und erlebe ein weiteres mal auf diesem Festival, wie eine Band gefeiert wird, ohne dass sie auf der Bühne steht. Als dann mit den Worten „Since the beginning of time there was darkness“ Schwadorf und Konstanz in der Manier eines „Untoten Graf Koks“ die Bühne betreten und Songs vom „Deathship“ uns aus „Carpathia“ zum Besten geben, ist die Menge nicht mehr zu halten. Das Make-Up sitzt, das Stageacting ist fein und man genießt sichtlich den Zuspruch der den 5 Musikern auf der Bühne in Form von gereckten Fäusten und lauten Schreien entgegen gebracht wird. Der Sound ist allerdings zum Wegrennen. Leider geht das nicht, es ist viel zu voll. Nachdem noch ein neuer Song vom Ende August erscheinenden Album präsentiert wird, verlasse ich schnaufend das Zelt, wische mir den Schweiß von der Stirn und organisiere mir erst mal Wasser.
Manuel: Am Samstagnachmittag, nachdem schon einiger Gerstensaft aufgrund spontaner Sommerhitze durch meine Kehle gelaufen ist, finde ich mich auf dem Strohfeld ein, um RAGE zuzusehen und zuzuhören. Schon beim Soundcheck ist die Stimmung riesig, Peavy heizt auf deutsche und internationale Weise die Leute an. Nach „From the Cradle to the Grave“ und dem „French Bourée” kommt das wunderschöne Medley mit Live-Orchester. Außerdem klingt die „Suite Lingua Mortis“ über Wacken, was von allen Zuhören begeistert mit Applaus quittiert wird. Als Victor Smolski zum kurzen Solo ansetzt und anschließend übergeht in ein Stück von Bach seines Solo-Albums ("Majesty and Passion"), werden alle klassisch Interessierten belohnt. Das RAGE-Konzert ist mein persönliches Highlight des Festivals, was übereinstimmt mit der überbordenden Reaktion des Publikums. Einfach super!
Ja, auch Kat schreibt noch, nachdem sie völlig unterzuckert beim Sani gelandet ist. Da trinkt man einmal nichts, vergisst aber das Essen. Mist. Nach einem knappen Liter Cola geht’s aber wieder.
Was habe ich mich auf TYPE O NEGATIVE gefreut! Voller Freude machen wir uns mit einigen Freunden auf den Weg. Natürlich schafft man es nicht bis vor die Bühne, nicht mal ansatzweise. Immerhin kann man ein wenig von der Leinwand sehen, als die Sonne langsam sinkt. Der Sound ist so lala, die Songsauswahl auch. Mit Bedacht scheinen die New Yorker die langsamsten Stücke ausgewählt zu haben. Uns fallen fast die Augen zu, vor allem weil die Herren es mal wieder schaffen, von 75 Minuten Zeit genau 40 zum Musizieren zu nutzen. Nach einem Blick in das Gesicht von Mr. Steele wendet man sich nur noch erschüttert ab. Meine Güte. Drogen Galore! Dagegen schaut Lemmy ja aus wie ein junger Gott. Hackendickenduhn gnarzen sie ihr Set zu Ende.  Wir gehen. Wir gehen sogar ganz. Nach einem Kaffee beschließen wir, das Zelt einzupacken und nach Hause zu fahren. Wir haben die Nase von Wacken und Co. dermaßen gestrichen voll…
Unser Junior ist natürlich noch voll dabei: Für die Reunion von IMMORTAL hat sich am Abend auch die Sonne verzogen. Diese wahrscheinlich einmalige Sache will sich auch eine große Masse an Zuschauern nicht entgehen lassen. Black Metal Perlen vom Feinsten wie „Tyrants“ und „One by One“ werden abgefeiert, während der Frontmann sich mit Feuerspucken die Zeit vertreibt. Unterhaltsame Ansagen im Höchsttempo und Grimassen für die Leinwand bieten Abwechslung. Es werden einige Stücke angespielt und plötzlich ab- oder unterbrochen, womit IMMORTAL einige Fans foppt. Aber alles in allem haben die nordischen Pandas und die Leute vor der Bühne eine Menge Spaß plus deftigen Black Metal. Einzig die schon anstehenden Anhänger von IN FLAMES in den hinteren Reihen fordern ein Ende der Reunion. Doch da schließe ich mich nicht an.
Als die „Unsterblichen“ sich verabschiedet haben, ist der Platz vor den beiden Hauptbühnen restlos gefüllt. IN FLAMES sind zur Zeit das Non Plus Ultra, was sie auch auf der Bühne zeigen. Anders Friden ist gut drauf, bringt einige Scherze über einen Mann im weißen T-Shirt in der ersten Reihe und befiehlt der Security mitzusingen. „Pinball Map“, „Episode 666“ und „Trigger“ sind nur ein paar von vielen „Klassikern“, auch wenn die Truppe noch nicht so furchtbar alt ist. „Graveland“ bringt die frühen Fans in Stimmung, „Come Clarity“ die neueren, währenddessen mit Handys und Feuerzeugen ein Lichtermeer entsteht. Durch seine Liebe zu Power-Balladen bringt Herr Friden die riesige Menge von bestimmt über 50.000 Menschen mit „Only for the Weak“ zum Hüpfen. Zum Abschluss des gelungenen Auftritts bringen IN FLAMES noch „My Sweet Shadow“ und feuern ein großes Feuerwerk über der Bühne ab, auch wenn sie sonst ohne große Feuerspielchen eine großartige Show abliefern. Die sympathische Energie dieser Band beschert mir und einem (in vielerlei Hinsicht) breiten Publikum einen schönen letzten Abend in Wacken auf dem Acker.
Manuels Fazit: WOW, das ist Wacken! Und das war mein erstes Mal! Meine frühe Anreise hat mir den Vorteil gebracht, nicht in dem kilometerlangen Stau am Mittwochnachmittag zu stehen. Dieses Verkehrsproblem haben die Organisatoren leider zu spät erkannt, geloben aber schon Besserung. Nur wie gesagt, bei mir lief alles glatt. Obwohl ich mit meinen drei Kumpels aufgrund der Witterung nicht neben dem Zelt parken durfte, hatte ich Glück. Fünf Minuten Fußweg vom Auto zum Zelt und vom Zelt zum Festivalgelände, da darf ich mich echt nicht beschweren. Konzertmäßig gab es meistens auch nicht viel hinsichtlich der Bands zu bemängeln, denn ab und an ein schlecht gemischter Sound lässt sich noch ertragen. Aber ein Punkt heißt: ÜBERFÜLLUNG!! Ich habe zwar keine Platzangst, aber wenn man bei einigen Bands das Zelt nur von Ferne sieht und die Kult-Firefighters nicht mal von Ferne hört, dann ist zu viel los. Und wenn ich große Bands von weitem auf der Leinwand betrachten will, könnte man auch ein Open Air Kino in Hamburg daraus machen. Insgesamt fand ich es ein schönes Festival, von gewissen organisatorischen und verkehrstechnischen Mängeln abgesehen, obwohl ich um die meisten drum herum kam. Aber kleiner ist doch feiner!
Kats und Sylvias Fazit: Tja. Wie bricht man das Herz eines treuen Wacken-Fans? Genau so wie 2007. Alles haben wir mitgemacht: das 2002er Chaos. Das Schlamm-Wacken 2005. Widrige Umstände, zu wenig Klos, ekliger Fraß. Macht uns nichts aus. Wir sind Festivalgänger, lieben campen, liebten Wacken. Als es immer größer wurde, vertrauten wir der Ansage von Holger Hübner und Thomas Jensen, dass sie limtieren würden. Vor vier Wochen kam die Ansage „Sold Out!“. Und wir freuten uns gar sehr. Und dann sehen wir von Mitwoch bis Samstag abend (!!!) wie lustig weiter Tickets für 150,- € verkauft werden. Unfassbar. Die Leute dieses Jahr: Da wird eine gute Bekannte, gekleidet in Leopardenhosen, T-Shirt, Kutte, Stiefeln, von zwei Emo-Schnitten in Tutu, Ballerinas und rosa Totenkopfschleifchen angeranzt, wie man den bitte sehr so rumlaufen kann, das sei ja unmöglich. 
Da stellen Jungschweine stolz ihre selbstgedrehten Videos bei YouSpast rein um der Welt zu zeigen, wie man sich auf gar keinen Fall benimmt: Fremdes Eigentum zerstören, in völliger Selbstverständlichkeit Zelte abfackeln, Dixies umwerfen. 
Da wird man bei NAPALM DEATH gefragt, welcher Newcomer das denn da sei, und bei IN FLAMES drehen sich Leute um, weil die Band zu "Heavy Metal" sei. Wir scheinen uns verfahren zu haben, Rock Am Ring war doch schon, oder?

Das Feeling ist weg. Futsch.  Wenn sich früher der Wacken-Schädel entzündete, dann stand man mit Tränen in den Augen und einer Gänsehaut am ganzen Körper in der Menge und wusste: Ich bin wieder zu Hause. Wenn Donnerstag um 16 Uhr das Gelände öffnete, rannten wir rauf, schrieen herum und knutschten uns gegenseitig zu Boden. Wir waren wieder zu Hause. 

Aber zu Hause ist verschwunden. Weg. Untergegangen in einem Meer aus Geldgier, Lügen, falschen Zusagen, einem irrsinnigen medialen Interesse und der Tatsache, dass Metal an sich grade bei den ganz Jungen fürchterlich angesagt ist. Als Modeerscheinung. Dafür können die Orgas nichts, auch nicht für das Wetter. Aber bei aller Liebe: bevor ihr euch um Dinge wie Poker-Zelt, Wacken-Dildos und rosa Wacken-Schnuller kümmert, sorgt doch bitte endlich wieder dafür, dass wir wiederkommen möchten. Mir wird in einem Jahr das Herz brechen. Aber Sylvia und ich werden nicht hinfahren. Gibt ja genug "Nachfolger"...
Kat