Dieses Jahr düste ich mit Freunden aus Hamburg bereits am Donnerstag gen Gelsenkirchen, Kollegin Sylvia musste noch arbeiten, und da am ersten Abend der Festivalsaison 2007 die Sonne vom Himmel schien und die Leute allesamt so richtig viel Lust auf drei Tage Metalspaß hatten, war die Stimmung dementsprechend ausgezeichnet. Wir durften im Camp des Rockhard-Stammposter-Forums wohnen (nochmal 1000 Dank für die exzellente Gastfreundschaft), und so verbrachte man den ersten Abend in der lauen Luft am Kanal mit dem ein oder anderen Kaltgetränk.
Am nächsten Tag war immer noch schönes Wetter, die letzten Kumpane reisten auch nach und nach an, und man bereitete sich langsam vor, gen Amphitheater zu wandern, um BULLET anzugucken. Im Fotograben angekommen, zuckte ich angesichts der fiesen Scheitel der Herren zwar belustigt zusammen, aber rocken konnten sie. AC/DC-lastiger Mitwipp-Rock, genau das Richtige zum Einstimmen. Wieder die Treppen hochgestiefelt, einmal um den Markt gewandert, Bekannte und Freunde getroffen. Wieder runter die Treppen (diese Treppen im Amphitheater sollten mir leider am letzten Tag das Festival verderben, aber später dazu mehr), und ab zu CRUCIFIED BARBARA. Die Damen machen melodischen, old-school angehauchten Rock, sind ansprechend gekleidet, bewegten sich aber nicht so viel. Mal so einen Schritt nach links, Bein auf den Monitor und dann wieder zurück. Die anwesenden Herren fanden es gut (O-Ton: „Boah, die beste Band des Jahres, keine Männer auf der Bühne!!“), die Stimmung war aber noch ein wenig verhalten. Kann auch an der Bullenhitze gelegen haben.
Die Biermännlein dieses Jahr waren fleißig unterwegs, leider schmeckte das Bier wie schon dreimal durchgenudelt, es war schal und nicht wirklich genießbar. Dafür wurde man allerdings sehr nett bedient. Die Getränke an den Ständen waren durchweg ok, eine etwas depperte Pfandsituation am Freitag Abend wurde schnell aufgeklärt, und ab Samstag konnte man seinen Pfand überall wieder einholen. Respekt für das schnelle Reagieren.
CATARACT hat keiner von uns gesehen, wir hatten da so ein Treffen der besonderen Art. Der Sound klang eher so lala, und man hörte hier und da was von "Bewegungslegastenikern".
Sylvia ging dann zu HEAVEN SHALL BURN, die sich wohlerzogen für den netten Empfang bedankten und dann losmoshten, dass man schon vom Zuhören blaue Flecken bekam. Der Sound war ein wenig lasch, obwohl die Akustik in einem Amphitheater ja eigentlich sehr gut sein müsste. Vor der Bühne und dann mehr und mehr auch auf den Tribünen wurde sich merklich mehr bewegt, vereinzelt gab es sogar auf den Rängen Stagediving. Marcus Bischoff meinte : “Bewegt Euch da oben nicht zu viel“. Woraufhin ein Zuschauer sagte: “Nee, ich muss mein Übergewicht halten...“ Nach einer Stunde war der Metalcore dann gegessen und man konnte sich bei GRAVE DIGGER den traditionellen Klängen widmen.
Mit dem Intro von „Scotland The Brave“ begann eine ausgewogene Show der „Ruhrpott- Based Band“. Das Publikum wollte einfach nur feiern und das tat es auch. Unten vor der Bühne war kaum noch Platz, Fans aller Stilrichtungen tobten fröhlich zusammen umher. GRAVE DIGGER spielten die erwarteten Hits, man war aber gespannt, ob die „Tunes Of War“ auch noch kommen würden. Und sie kamen. Plötzlich stand wirklich jeder auf seinen Füßen und feierte mit diesem Song ab. Die Vocals hätte Chris Boltendahl sich sparen können, wirklich jeder sang aus vollem Halse mit und klatschte, gröhlte und rockte, als wenn es kein Morgen gäbe. Zum krönenden Abschluß kamen sie dann mit „Heavy Metal Breakdown“ daher. Es war knapp, aber das Theater blieb stehen. Unglaubliche Feier-Atmosphäre um einen herum, einfach nur toll.
Hm, HAMMERFALL. Mal sehen, wie die Herren sich heute schlagen. Im Fotograben wurde man irgendwie erstmal blind, weil die Bühnendeko arg nach Glücksrad aussah, die beleuchteten Bassdrums und rosa Bühnenlicht machten einen Eindruck wie frisch aus Disneyland importiert. In schicken Lackmäntelchen und anderen Klamotten stolzierten die Kerle auf die Bühne. Nunja. Das war eher ein plumpsender Hammer. Irgendwie war das alles ziemlich lustlos und stoisch. Die neuen Songs kamen nicht so toll an, und man hatte den Eindruck, die Schweden hätten Klebstoff unter den Füßen. Wir haben es nicht bis zum Ende ausgehalten. Das Publikum ging zwar gut mit, aber mitreissend ist wirklich was anderes. Aber HAMMERFALL werden einem in dieser Saison noch des öfteren über den Weg laufen, also besteht die Möglichkeit, dass die Jungs sich noch warmspielen.
Am Samstag begannen um 12.45 die Recken von METAL INQUISITOR, und nach einer sehr netten Ansage von Götz Kühnemund donnerten die Jungs los. Die Inquisitoren spielen traditionellen Metal, aber das mit so einem Druck, dass man sehr schnell sehr wach wurde. Sehr gelungener Auftritt, auch weil man den Männern anmerkt, wieviel Spaß sie am Metal an sich haben.
Auf MAROON hatten wir beide irgendwie keine so große Lust und wanderten zum Parkplatz, alte Freunde besuchen. Auf dem Rückweg überholten uns vier Orks. Ich wusste anfangs nicht, ob ich erblinden, scheißen oder wegrennen sollte, weil ich mich so dermaßen erschrocken hatte, als mir plötzlich ein grünes Gesicht mit Wildschweinhauern ins Ohr grunzte „Fleiiiischhhh, guuutt, grunz“. Was wiederum einige Jungmetaller äußerst erheiternd fanden, weil wir beiden Weiber laut zeternd hinter den Orks herschimpften. Wobei die Kerle uns dann daran erinnerten, dass wir ja TURISAS gucken wollten. Und hei, haben die aber Spaß gemacht. (Das war jetzt die Überleitung des Jahres...)
Ob man sich so derbe mit Kunstblut, Dreck und Fellhöschen verkleiden muss, sei mal dahingestellt, aber das war Humppa vom feinsten. Auf den Rängen tanzte man Ringelreihen und unten kringelten sich die Fans umeinander und versuchten sich an gewagten Polkaschritten. Ein Geigensolo folgte und die Leute standen da und schauten sich an. So eine verzerrte Geige hat man noch selten gehört, das war mal ganz und gar nicht falsch, was der Kerl da von sich gab. Die Secus hatten auch gut zu tun und wuchteten die Feierwütigen über den Zaun. Direkt im Anschluß kamen dann KORPIKLAANI. Ich weiß ja nicht, ob das so eine gute Idee war, die beiden Folkmetal-Bands direkt nacheinander auftreten zu lassen. Irgendwie kamen die zweiten nicht so gut an, oder ich hab sie einfach schon mal besser erlebt. Aber auch hier flog das Rentier und die Leute tanzten freudig mit. Der leichte Fieselregen, der einsetzte, machte einem nichts aus, das war eher eine willkommene Abkühlung. Bruder Clé kam im roten Teletubbie-Kostüm auf die Bühne gerollt und hat sich dafür später bei ROSS THE BOSS arge Schelte eingefangen, aber ich finde ja, der Clé darf das. KORPIKLAANI hatten eine ausgewogene Setlist am Start und lieferten alles in allem eine gute Show ab.
„Das ist die erste Show, wo dieses Scheiß-Motorrad anspringt“ - so begann ROSS THE BOSS. Es gab Fans im Publikum, die den Mann verehren, und so wurde er frenetisch gefeiert, einige hatten fast Pipi in den Augen ob der dargebotenen Songs. Nun ist der Herr kein zweiter Eric Adams, aber immerhin war das mal eine Show ohne Gesabbel und überflüssiges Getue. Wir Mädels hatten beide den gleichen Gedanken: Männerorientierter Power-Metal. Aber wem es gefällt und wer halt auf Motorräder, Feuer, Drachen und Schweineeisen steht, der hatte mit ROSS THE BOSS eine wirklich gute Show bekommen. Man konnte posen, was die Lederhose aushielt. Hat Spaß gemacht.
VADER mussten wir zugunsten einer wirklich dringend benötigten heißen Dusche abgeben, aber die Kritiken waren durchweg gut, wenn man auf Death Metal steht. Die Polen sollen sich wacker geschlagen haben.
Bei ARMORED SAINT war man dann wohlduftend und erholt wieder fleissig dabei. Und es war brilliant. Einfach nur toll, was die Mannen um Bush da abzogen. Da stimmte so ziemlich alles, obwohl einige eine Art von Turnschuh-Metal befürchteten. Aber weit gefehlt. Bereits nach dem Intro zogen sie mit „Can U Deliver“ los und hörten nicht auf bis zur Zugabe mit „Lesson Well Learned“. Super Auftritt.
Ich hatte mich ja besonders auf DEATH ANGEL gefreut, weil die auf dem BYH schon so toll waren. Und man wurde nicht entäuscht. Die Jungs sind schon so lange dabei, aber sehen immer noch aus wie philippinische Kleinganoven. Und sind dabei mit das Netteste und Fanfreundlichste, was man sich vorstellen kann. Und fahren ein leckeres Brett feinsten Bay Area Thrashs. Irgendwie fand Petrus das aber wohl nicht so gut. Vielleicht fand der Wettermensch da oben Songs wie „Disturbance The Peace“ grad passend und ließ ein böses Unwetter über dem Theater nieder. Daraufhin entschlossen wir uns, mal ganz zackig gen Zelt zu flüchten. Natürlich in der Hoffnung, AMON AMARTH doch noch sehen zu können, aber leider wollte es nicht aufhören, wie aus Badewannen zu regnen. Demnach kroch man murrend in die klamme Kajüte und tröstete sich mit dem Gedanken, dass AMON AMARTH dieses Jahr auf ungefähr jedem Festival spielen.
Am nächsten Morgen war es grau und irgendwie eklig, man schnatterte sich durch seinen Kaffee und bekam beim Gedanken an die Jungs von SABATON dann doch wieder gute Laune. Nach einer niedlichen Security-Crowdsurf-Einlage, die von begeistertem Gegröhle des Publikums begleitet wurde, erschienen die Wachmacher von SABATON in schicken Corporate Identity-Look (alle mit den gleichen unschicken Tarnhosen). Aber diese Band hat wirklich Hummeln im Arsch. Perfekter PowerMetal zum aufwärmen, mitsingen und huldigen. Sänger Joakim Broden forderte die recht zahlreich erschienenen Fans mehrfach auf, sich den Kater aus dem Kopf zu schädeln, und so mancher meinte, er sei selber schon gut dabei gewesen. Klasse Start!
Noch geiler wurde es dann bei HARDCORE SUPERSTAR. Exzellenter Schwanzrock, der unglaublich Spaß machte. Die Jungs sehen zwar so ein bisserl krank aus, aber das gehört halt dazu. Diese Musik schien auch dem Wettergott wieder besser zu gefallen, und so kam ganz allmählich die Sonne durch. Sehr feiner Auftritt.
NAGLFAR waren durch einen Streik der Scandinavian Airline am Kommen gehindert worden, und so verpflichtete man flugs DEW-SCENTED. Und sie füllten die Lücke sehr gut aus. Mit aggressivem Einsatz knüppelten sich die Jungs um Shouter Leif durch ein eindrucksvolles Set. Fein gemacht. Die Menge feierte die Norddeutschen ab, und sie selber fühlten sich im Herzen des Ruhrpotts richtig wohl.
Bruder Clé kündigte dann die düsterste Band des Festivals an, und plötzlich erstrahlte die Sonne grell am Himmel. Was zu einigen Heiterkeitsanfällen führte. Vor allem, weil DARK FUNERAL ja nun mal aussehen wie arg böse Pandas und auch dementsprechend garstig auftreten. Da half auch der Jägermeister von Caligula nichts. Der Sound war nicht so toll, etwas zu viel Bass. Und mit den zahlreichen Blastbeats kamen sie in ihren lustigen Rüstungen arg ins Schwitzen. Es war ein solider Auftritt, aber nichts Berauschendes. Black Metal ist zwar Krieg und keine Tanzstunde, aber so richtig viel los war bei den Herren nicht.
TANKARD konnte ich bisher immer irgendwie umgehen, wurde aber zu meinem Erstaunen eines Besseren belehrt. Die waren lustig, man staunte doch sehr. Mitsamt fliegenden Gummipuppen und schwellenden Bäuchen feierte man die Mannen um Gerre fröhlich ab. Die Sonne schien, das Bier floß in Strömen und 125 Kilo geballte Erotik bot alles, was ging. Äußerst spaßig. Vor allem so Ansagen wie „Oooh, da sind Braunschweiger....oder ist das ´ne schwedische Flagge?“ (es war eine Schwedische...) ließen die Massen jubeln.
PAUL DI ANNO spaltete dann die Geister. Ich hatte ihn schon letztes Jahr gesehen und fand ihn damals müde und lustlos. Aber diesmal war er eigentlich gar nicht so schlecht. Aus irgendeinem Grund hatten die Fans aber den DiANNO von Anno Dunnemals erwartet und nicht den von heute. Er spielte zwar MAIDEN-Klassiker, aber das in einer rauhen harten Punkversion. Ich fand das überhaupt nicht schlecht, und er bekam sehr wohl Applaus. Immerhin ist er trotz seiner Beinverletzung später noch umher gewandert und hat fleißig Autogramme gegeben, was man von Kollegen wie HAMMERFALL nun gar nicht behaupten konnte. Allerdings konnte Götz Kühnemund beweisen, dass er „Running Free“ doch um einiges besser drauf hat.
SPOCK´S BEARD hatten das erste Mal in ihrer Karriere die Gelegenheit, auf einem puren Metalfestival zu spielen, und leider ging das in die Hose. Der frickelige, anspruchsvolle ProgRock war wie Perlen vor die Säue geworfen. Qualität und Reaktionen des Publikums standen in keinem Verhältnis zueinander, was wirklich sehr schade war. Ein Versuch war es wert, aber mir taten die Musiker eigentlich Leid. Die Stimmung ging gen Keller und die Ränge leerten sich zusehend. Dabei lieferten die durchweg guten Musiker ein tolles Set ab.
Mit AXEL RUDI PELL war dann wieder ein Klassiker am Start, der die Meute wieder heranlockte. Mir persönlich ging das Drumsolo von Mike Terrana mal wieder ganz furchtbar auf die Nerven. Die Band hat so großartige Songs wie „Casbah“ im Gepäck, und Johnny Goeli hat mit seiner schönen Stimme alle Register gezogen. Keyboarder Ferdy Doernberg bot ebenfalls einen exzellenten Eindruck, und dann kommt das Terrana-Tier und kloppt alles zu Brei. Mei...
Und dann endlich THIN LIZZY. Nach einer letzten Ansage von Götz und dem Hinweis, dass es noch fünf Minuten dauern würde, stand man so da und wartete. Und wartete. Und schaute beunruhigt auf die Uhr. Immerhin ist die Curfew für 1 Uhr festgelegt, und es war schon kurz vor Mitternacht. Es gab keinerlei Ansagen oder Erklärungen, als die Herren um Sykes dann doch mal auf die Bühne kamen. Die RockHard-Crew trifft da keine Schuld, der Zeitplan wurde während aller drei Tage perfekt eingehalten. Noch gibt es keine offizielle Erklärung, aber die wird sicher noch kommen. Aber als die Iren dann endlich anfingen, gab es kein Halten mehr. Mit „Jailbreak“ rockten sie los, und die Menge war begeistert. Mit „Waiting For An Alibi“ und anderen Klassikern wie „Suicide“ und dem „Cowboy Song“ beherrschten sie das Rund durchweg. Nach bereits 45 Minuten verließen sie die Bühne, um dann mit „Rosalie“ und dem zum Heulen schönen „Black Rose“ das Set zu beenden. Das war nun wirklich ein wenig wie coitus interruptus. Sehr schade. Aber das ändert trotzdem nichts an der Gewissheit, dass die Jungs es noch können. Auch wenn das Drumsolo von Aldritch wegen der knappen Spielzeit dann doch eher überflüssig war. Immerhin hatte man sich wieder sehr warm getanzt und viel gesungen, und so zog man von dannen, den letzten Abend noch im Kreis neuer Freunde zu beenden.
Fazit Kat: Hammer. Das war trotz des zeitweilig unschönen Wetters mal wieder ein superschönes, flauschiges Rock Hard. Dank der Mädels am Pressestand konnte Kollegin Sylvia meinen Fotopass für die letzten drei Bands haben, weil ich mir eine nette Bänderdehnung zugezogen hatte (jaja, die bösen Treppen). Und Dank der durchweg fantastischen Security hatte man ständig ein Grinsen im Fotograben dabei. Wiederum Dank der sehr guten Organisation musste man kaum lange warten, und wo gibt es bitte knallheiße Duschen für umsonst? Essen war gut, Bier war günstig, Leute extrem friedlich. Toller Start in eine lange Festivalsaison!
Sylvia: Für mich war es das erste Rock Hard Festival, bei dem ich full time dabei war, und ich kann mich Kat in puncto Securiy, Organisation, Equipment und Catering nur anschließen. Die Location ist einfach einzigartig. Auch für mich war es ein äußerst gelungener Start in eine lange Festivalsaison.