Mittwoch, 16:00 Uhr. Im Bus Richtung BAB-Ausfahrt Stellingen, wo ich mit Kollege Mihailo und zwei Jungs aus dem WOA-Forumcamp verabredet bin, fahre ich an einer Tanke vorbei und sehe... die Genannten am Rumposen. Bus angehalten, rausgehoppst, eingeladen, ab nach Wacken. Dreiviertel Stunde später: BAB-Ausfahrt Wacken. Eine Stunde später ist man noch nicht viel weiter. Zwei von uns steigen aus und laufen die paar Kilometer einfach in das Metal-Dorf.
So bin ich auch noch nie angereist, zu Fuß und nur mit einer Flasche Bier und der Akkreditierung bewaffnet, plapper ich begeistert davon, wie lustig das ist, mal zu Fuß anzureisen und rede dem armen Mihailo fast eine Frikadelle ans Ohr. Am Eingang fragt man höflich nach der Akkreditierung, wir werden reingelassen (ohne Full Metal Bag oder dergleichen kaufen zu müssen) und latschen dann bis zum Forum-Camp der Wacken-Community, wo wir eine Nacht bleiben wollen, bevor wir in das Backstage-Camp umziehen wollen.
Party Galore, man trifft viele lange nicht mehr Gesehene und fühlt sich endlich wieder wie zu Hause. Gegen 20:30 Uhr erscheinen dann auch mal unsere Fahrer mehr oder weniger angesäuert. Ich bin ja nun schon sehr oft per Auto nach Wacken gefahren, aber so eine lange Anfahrtszeit von der Autobahn bis zum Camp (welches ganz vorne auf L war) habe ich noch nie erlebt. War wohl etwas chaotisch geregelt. Allerdings habe ich an einem Mittwoch auch noch niemals dermaßen viele Menschen auf den Wiesen gesehen. Uns dämmerte, dass es wohl ein wenig mehr werden würden als die übliche Zahl von 40.000 (Veranstalter-Angabe), und dass das mit dem "Sold Out" wohl etwas zu spät kam. Kollege Harm ist mittlerweile auch schon fleissig am feiern und wir verabreden uns für nächsten Mittag zu einer kleinen Redaktionssitzung. Er wohnt praktischerweise im gleichen Camp, nur 100 Meter weiter den Acker hoch.
Gegen 21:15 wandern wir zur WET-Stage, weil wir rausfinden möchten, was passiert, wenn 120 kg mit 300 Watt mit 188 bpm und Bossa Nova in Wallung gebracht werden. Keine Ahnung? Dann gehört man zu den Leuten die nie das schier unsägliche Vergnügen hatten, einen der verkanntesten und renommiertesten Alleinunterhalter dieser Republik in Aktion gesehen zu haben. Der Mann, der von CLAWFINGER auf Tour genommen wurde, der von KRAFTWERK für seine Spielweise gelobt worden ist, der Veronas musikalische Untermalung gewesen ist, der Musikstücke auf Metal DVDs anmoderiert, der unermüdlich spielt und das Publikum einpeitscht, der versucht sie zum Tanzen zu bringen, um etwas für die gebeutelte Geburtenraten in diesem Lande zu tun, mit dem alle möglichen Prominenten ein gemeinsames Foto haben wollten, der schon auf dem Wacken und With Full Force genauso wie auf kleinen Stadtfesten aufgetreten ist und trotz alldem bescheiden geblieben ist, eine Brille für eine Mark trägt und sich mit Kleidung vom Roten Kreuz begnügt ist ein wahrer Gott an der Heimorgel: MAMBO KURT!
Dabei ist es völlig egal, ob er zur Geisterstunde oder den ganzen Nachmittag lang spielt. Diesmal wurde ihm endlich ein Auftritt zur besten Festival Prime Time gegönnt und als der Opener des WOA. Massen strömten heran und in mir stieg wieder diese unsägliche, fast an Debilität grenzende Freude, mich von der Energie dieses Mannes und seinen analogen Sinustönen vor der Wet Stage durchzucken zu lassen. Die Hände schwitzig und die Kehle trocken, nur zu ertragen durch die Zufuhr von noch mehr köstlicher Hopfenkaltschale, fiebere ich dem Auftritt des Meisters und seinem ersten Lied entgegen. Endlich ist es so weit und die Menge kocht - und was für eine Mischung feuert der Mann ins rasende Publikum, das irgendwann aus dem Polonaisentaumel gar nicht mehr rauskommt.
Ob SEX PISTOLS oder SLAYER, jeder bekommt den Bossa Nova, Samba oder Walzerbeat, den er verdient. Die Setlist spare ich mir an dieser Stelle, weil es viel schöner ist, sich überraschen zu lassen, welches Lied gerade intoniert wird. Gefühlt viel zu kurz spielte der Meister, doch wieder ist festzustellen, dass er nicht umsonst Jugendsieger des Landes Nordrhein-Westfalen gewesen ist. Alle Vorschusslorbeeren waren und sind berechtigt. An der Orgel kann er alles. Er spielt virtuos mit dem Publikum. Er führt sie immer weiter zu immer höherer Ekstase und wonnigem Kreischen und zu ausgelassenem Tanzen. Unfassbar! Jawohl, Musik ist Trumpf!
Nachdem alles gegeben worden ist und der Schweiß literweise, aus Glück und Rock`n Roll entstanden, vergossen worden ist, braucht man keine Träne zu vergießen, den es war wieder ein wunderschöner und unvergesslicher Auftritt, und tief im Inneren überlegt man sich vielleicht doch, eine Heimorgel zu kaufen. Doch verwirft man den Gedanken und sehnt den nächsten Electrone-Auftritt herbei um wieder das Tanzbein zu schwingen. Vorzugweise mit der Frau, mit der man schon diesmal sich zu höchsten Höhen gewirbelt hat.
Hinterher noch einige Biere vernascht und ab in´s Doppelzelt. Am nächsten Morgen frage ich mich, wieso wir eigentlich mit dem ganzen Gepäck mühsamst umziehen sollen und beschließe, einfach im Forumcamp zu bleiben. Mein Dank geht hiermit an Ben und Britta, die uns großzügig die andere Hälfte ihres Zeltes überlassen haben. Mit sechs Leuten in einem Auto eiere ich dann zum Presse-Check In. Manchmal fragt man sich doch, wieso das immer SO lange dauert. Man steht stundenlang an, und wenn man dran ist, dauert es nur eine Minute und das Bändchen ist dran. Leider nur ein Photopass, mit dem man überall fotografieren kann (wie jeder andere Besucher auch...) aber nicht an die Bands rankommt. Von daher gibt es derzeit noch keine Bilder zum WOA 06 zu sehen. Sehr schade.
Nunja, man traf viele Bekannte und die Zeit verging dann recht schnell. Zurück im Camp wurde ein wenig getrunken, gefeiert und gelacht, bis man sich gegen 17 Uhr aufmachte, noch was von der Night To Remember zu sehen. VICTORY hatten wir alle nicht auf dem Zettel, aber immerhin konnte ich mich doch ziemlich für die MICHAEL SCHENKER GROUP erwärmen. Das war ja mal richtig geil! Man kennt die alten Gassenhauer halt noch aus der Jugend, und so fanden Altkracher wie „Doctor, Doctor“ oder „On and On“ viele Freunde.
Leider ist es immer noch so, dass viele Leute mit Australien und Metal nur AC/DC und vielleicht noch ROSE TATOO und sonst nichts mehr verbinden. Sehr schade eigentlich, da die australische Metalszene inzwischen für jeden Metallergeschmack eine reichhaltige und ansprechende Auswahl zur Verfügung hat. Urgesteine der härteren Gangart vom großen Kontinent waren MORTAL SIN. Im letzen Jahr feierte die Band ihr zwanzigjähriges Bestehen. Eine lange Karriere mit Höhen und Tiefen und einem Besetzungskarussell, das sich permanent drehte, aber dafür zur unglaublichen Bereicherung für die harte Spielweise Down Under bedeutete.
Vielleicht sollte man auch noch mal explizit erwähnen, dass MORTAL SIN ohne SLAUGHTER LORD eigentlich so nicht bestanden hätten. Ganz zu schweigen von den Wahn- und Aberwitzigen DAMAGED oder SADISTIK EXEKUTION etc. Und das SLAUGHTER LORD zweifelsohne starken Einfluss auf Bands wie AT THE GATES hatten, dürfte inzwischen auch hinlänglich bekannt sein.
Entsprechend groß waren auf meiner Seite die Erwartungen als die Wet Stage von diesen Legenden, die in den 80ern auch schon mit ANTHRAX und METALLICA auf Tour waren, geentert wurde, und ich wurde nicht enttäuscht. Das Zelt blähte sich nach außen, nicht nur wegen der Massen sondern auch wegen des unglaublichen Bretts, das die Herren auspackten. Man merkte richtig die Spielfreude, und sie lieferten eine unglaublich tighten Gig ab. Von den alten Thrash-Granaten wurden unter anderem "I Am Immortal", "Mayhemic Destruction" und "Blood, Death, Hatred" auf das Publikum abgefeuert. Thrash as Thrash can und leider viel zu kurz trotz knackender Nackenwirbel. Wollen wir hoffen, dass die Jungs Blut geleckt haben und die Thrash Fans mit einer ausgiebigen Tour belohnen.
Kollege Harm wanderte währenddessen zum Dorf (Bier trinken, Bändsel holen, Bier trinken), und zurück am Zeltplatz hatte unsere Gruppe einen Verlust zu beklagen – das finnische Tauziehen bekam den Bändern im Knie eines unserer Freunde nicht so gut – der Sani mußte sich seiner annehmen. Tja, so verpasste er die SCORPIONS. Einen Verlust hatten wir zwar nun zu beklagen, doch dafür Zuwachs u. a. von einem Metalhead aus Amerika, Seattle und einem aus Kanada, Toronto. Extra wegen Wacken und den SCORPIONS sind diese beiden hier angereist – Hammer. Na dann mal schnell los zu den Hannoveranern. Unterwegs noch schnell ein Maß Pils, und schon standen wir mit bester Sicht auf die Bühne neben dem Mischturm.
Der Sound war gut und das Kläuschen informierte uns noch kurz, dass die Setlist von uns so gevotet wurde. Ach ja, da war ja was. „Wind Of Change“ wurde glücklicherweise nicht gewünscht. Dafür aber „Rock You Like A Hurricane“ und andere, überwiegend bekannte Gassenhauer. Obwohl das Gelände bereits zu ¾ voll war und die SCORPIONS anfangs großen Applaus ernteten, kam nach den ersten drei Stücken keine rechte Stimmung mehr auf. Man muss allerdings dazu sagen, dass der erste Mann von den Skorpionen stimmlich nicht gerade gut drauf war. Auch die Ansagen, erst in deutscher, dann in englischer Sprache, waren super nervig. Kein doller Auftritt. Noch vor dem letzten Song verabschiedeten wir uns, um noch den Rausschmeißer des Metal-Blödel-Barden mit zu erleben.
Allgemeines Aufwachen, Räkeln, Schnarchen: heute ist der erste richtige Wackentag, Freitag. Die Sonne lacht, knallblauer Himmel (Kumpel Karsten meckert: gepaart mit kaum zu übertreffender Morgenmuffeligkeit verlangt er lautstark nach 15 Grad und Nieselregen). Traditionell haut man sich ja Donnerstag böse Substanzen in´s Gebälk, um dann Freitag und Sonnabend den Bands zu frönen. So auch wir. Erst ´ne schöne Dusche (dachte man, aber für zwofuffzich gab es drei lauwarme Tropfen, war wohl nix) und dann hübsch machen für LEGION OF THE DAMNED.
Leider sind LOTD die Leidtragenden der Tatsache, dass sie unter dieser Firmierung nur ein Album rausgebracht haben. Der Großteil der Musiker dürfte aber dem einen oder anderen interessierten Freund der Windmühlen, Tulpen und Holzklotschen Death/Thrash Szene bekannt sein. Nur ein Album? Ja genau, aber was für eins! „Malevolent Rapture" ist der feuchte Traum vieler Old School Fans. Die schön fiese Mischung von Deathmetal-Brachialität und KREATOR, SLAYER, VENOM, gepaart mit der Aggressivität eines langen Rechtsstreits und der Lust an der Wut und unbedingter Spielfreude würde man eher irgendwo zwischen "Dantes Inferno" und "Sin City" verorten, anstatt in das idyllische Kiffer Kurzurlaubsziel Venlo.
Meine Wenigkeit und viele andere Ohrenbluter-Musik-Liebhaber waren sehr erpicht darauf, wie die Nackenwirbel knackende, groovende Monstermaschine den Weggang von Bassist Twan Fleuren verkraften würde, und wie sich Harold Gielen, seines Zeichens eigentlich auch noch Klampfer bei MANGLED und INHUME, in das Geflecht einfügen würde. Desweiteren hoffte man auch einen schönen Vorabbissen der neuen Scheibe zu bekommen, die im Oktober, mal wieder, im Stage One Studio aufgenommen werden und unter der erneuten Regie von Andy Classen stehen soll. Die zwölf Stücke sind nach meinem Geschmack zu wenig, und die alten „Occult“-Songs sollten sie auch ruhig in der Mottenkiste lassen, vor allem nach den wilden Gerüchten der letzten Monate. Schön zu sehen, dass man mit der richtigen Einstellung auch „Old School“ in der heutigen Zeit spielen kann und trotzdem frische Songs aus dem Hut zaubert. Und sie zauberten...
Zuerst bliesen sie „Werewolf Corpse“ der ziemlich zahlreich erschienenen Meute um die Ohren, gefolgt von „Death's Head March“ das leider etwas schlecht abgemischt worden ist, gefolgt von „Demon Fist“, dann dem peitschenden „Taste Of The Whip“. Die Jungs spielten tight und munter bangend drauf los, und der neue Klampfer tat dem Ensemble ganz gut, was sie bei „In The Eye Of The Storm“ bewiesen. Das mörderische „Killing For Recreation“ fetzte auch die letzten Zweifel hinweg. „Bleed For Me“ und „Legion Of The Damned“ bildeten den krönenden Abschluss der Vorstellung. Neues gab es somit nicht zu hören. Daher freue ich mich auf zukünftige Scheiben.
Zwanzig Schritte nach links stand man dann ganz gut, um endlich mal DANKO JONES live zu erleben. Und das hat nun wirklich keiner bereut. Unglaublich, was für Live-Qualitäten der Kanadier mit sich bringt. Die jubelnde, kichernde Menge bog sich vor Lachen, wenn sie nicht grade entrückt mitrockte. Gänzlich in schwarz gekleidet und immer noch mit einer Augenklappe nach einer schweren Augenoperation, unterhielt dieser perfekte Entertainer das Publikum, fordert die volle Aufmerksamkeit und duldete keine anderen Ablenkungen, noch nicht mal den Hubschrauber, der tief über dem Gelände kreiste. „Don´t look at the heli, look at me!!!“ Die Ansagen sind eine Klasse für sich und man muss sie wirklich live erleben. Sie sind ganz und gar nicht einstudiert wie bei einigen anderen Bands, sondern gänzlich spontan auf die Situation zugeschnitten. Zwar ein bisschen machomäßig, aber hey, it´s Rock´n Roll. Die Interaktion und die Aufforderung, den „Zidanko“ zu machen oder den bösen gelben Dämon, der auf die ausgelassene Menge niederbrutzelte, zu verfluchen „And now all BOOH the sun!“ machten richtig Laune an diesem frühen Nachmittag. Musikalisch gab es auch das volle Brett. Immer schön rockig bis blusig, ohne dabei langweilig oder gar bieder und altbacken zu wirken. Sehr schöne Kost, die live heiß, frisch und laut am besten schmeckt. Probiert es mal bei Gelegenheit. Insider schwören, dass Club-Auftritte noch mal ein Sahnehäubchen oben drauf sind.
Als nächstes standen SIX FEED UNDER auf dem Programm, und schon wieder war es brechend voll vor der Bühne. Barny grunzte sich dermaßen einen ab, dass es einem Angst und Bange wurde. Geiles Stageacting und eine super Song-Auswahl aus allen bisher erschienenen Alben von SFU machten auch diesen Auftritt zu einem echten Highlight. Der Cover Song „T.N.T.“ von AC/DC durfte natürlich nicht fehlen, und keiner kann diesen Song so herrlich grunzen wie Chris Barnes. Eines meiner Lieblings Cover, seit ich SIX FEED UNDER vor ein paar Jahren das erste Mal in Wacken erlebt habe.
Seit ich NEVERMORE erstmals auf einer grasgrünen Wiese um 11:00 Uhr morgens auf einem Flugplatz in Eindhoven gesehen hatte, habe ich ein sehr positives und liebevolles Bild von dieser durchweg charismatischen und guten Band. Auch diesmal lieferten sind eine grundsolide Show ab, jedoch hab ich die Herren schon mal in besserer Form gesehen und leider auch mit einem besseren Sound. Der Ausnahme Sänger Warrel Dane scheint außerdem (egal ob „Rain or Shine“) seinen Kopfbedeckungstick auf dem Wacken Open Air Festival weiterhin auszuleben. Diesmal in Form eines blauen Baseballcaps. Alles in allem wurden hauptsächlich Songs von der „This Godless Endeavour“ dem Publikum dargeboten, aber auch andere Highlights wie „Deadheart In A Dead World“ und „Enemies Of Reality“ fehlten nicht. Chris Broderick von JAG PANZER scheint sich auch ganz gut in das Gefüge eingepasst zu haben. Ich hoffe, dass sie nach einer kurzen Pause endlich wieder zu ihrer einstigen Hochform zurückfinden, um die Massen auf ein Neues zu verzücken.
Gegen 20 Uhr versuchte man sich zur Party Stage vorzuarbeiten, um KORPIKLAANI erneut zu erleben. Auf dem Headbanger´s Open Air hatten sie die Meute unglaublich begeistert und ich wollte mal gucken, wie die so vor Tausenden von Fans ankommen. Natürlich war es dermaßen überfüllt, dass man mit einem Bein in der Pissrinne stand, um überhaupt irgendwie Platz zu haben. Aber Humppa die Waldfee! Eine unglaubliche Metalparty folgte. Teilweise sah man mehr Krautsurfer als Himmel, und die Band ließ sich auch nicht lumpen und jagte einen Song nach dem anderen in die juchzende Meute. Bei ganz gutem Sound wurden völlig neue Tanzstile entwickelt und die Secu hatte Schwerarbeit zu leisten. Mir selber haben sie allerdings auf dem kleinen, niedlichen HOA viel besser gefallen, also trollte ich mich zu CARNIVORE rüber, Pete Steele anlechzen.
Die Hardcore-Legende aus New York hat eigentlich nur zwei Scheiben rausgehauen. Das selbst betitelte Album „Carnivore“ und „Retaliation“. Dies ist auch schon gute zwanzig Jahre her. Richtig berühmt wurden sie aber erst durch Mastermind und „Playmate“ Peter Steels späte ruhmreiche Karriere mit TYPE O NEGATIVE. Wer jetzt glaubt, dass alte Herren sich zu einem kleinen Stelldichein getroffen haben und lustlos alte Kamellen runterschraddeln, hat sich gewaltig geschnitten. Wahrscheinlich auf Steels eigenem und seltsamen Humor gewachsen, verabschiedete sich die Band ein paar Sekunden nach dem Intro des „Weissen Hais“, um dann wieder zurückzukehren.
Ein großer Seitenhieb auf sich selbst und die Geldmacherei manch anderer Reunions der letzten Jahre? Dieser seltsame Humor zog sich durch die ganze Show. Weshalb ich einige Leute verstehe, die zweigeteilter Meinung über den Auftritt sind. Schließlich gänzlich in Signalfarbe rot legten die Herren los mit „Children Of Technology“. Darauf folgte das umstrittene „Race War“, um dann in das legendäre „Jack Daniels & Pizza“-Intro überzugehen. Die Abrechnung mit der Kirche folgte in Form von „Angry Neurotic Catholics“. Seltsamerweise folgte dann der Hardrock Klassiker „Smoke On The Water“ mit anschließendem, in meinen Augen überflüssigem, Drumsolo. Da fragte man sich schon, ob die Herren nicht genug Songs einstudiert hatten, Spaß hatten oder einfach nur sich der Verarschung hingegeben haben.
Die eine oder andere Dame dürfte bei dem folgenden Lied "Male Supremacy“ das Weite gesucht haben. Dazu sollte man aber sagen, dass CARNIVORE und PETE STEEL schon immer gerne mit allen Klischees gespielt und jedem und allem gerne auf die Füße getreten haben, also das, was Punk mal ausgemacht haben soll. In wie weit das heute noch notwendig ist, mag jedem selbst überlassen sein. Dies führt natürlich zu „Inner Conflict“, gefolgt von einem Gedenken an JOHNNY CASH, der bestimmt nicht der „Thermonuclear Warrior“ gewesen ist, der daraufhin besungen wurde. Es folgte ein weiterer Einschub eines Rock Klassikers, diesmal „Helter Skelter“ der Pilzköpfe, die in dem nicht weit entfernten Star Club in Hamburg ihre ersten zaghaften Schritte zum Weltruhm wagten. Sicher ist aber, dass sie nicht jeden mit folgendem Spruch aufforderten: „S.M.D. (Suck My Dick)“.
Dann läutete man „World War III & IV“ ein, nur um sicherzugehen. Petes großer Hit „Black No.1“ schien auch nicht fehlen zu dürfen und wurde intoniert. Zum Schluss banden sich die Herren blutige Schürzen um und füllten die Bühne mit leicht beschürzten Damen, um das Ganze mit „Sex & Violence“ musikalisch zu begleiten. Wer sich auf den seltsamen Humor einlassen kann und alles von der eher witzig bis kuriosen Seite gesehen hat, ist sicher auf seine Kosten gekommen. Alle anderen dürften eher nicht so den Spaß gehabt haben. Musikalisch war nichts Großartiges zu erwarten. Bühnentechnisch hätte es schon etwas mehr sein dürfen. Enttäuschend war es nicht, und die Herren haben schon ihre Spielfreude gezeigt. Eigentlich gilt hier der Spruch: Love it or leave it! Dazwischen gibt es eigentlich nix, aber das hat für mich auch immer den Reiz von CARNIVORE ausgemacht.
Nach dem unglücklichen Krankheitsfall von Tom G. Warrior auf dem Rock Hard Festival freute man sich vorsichtig auf CELTIC FROST. Ob diesmal alle gesund bleiben? Man hielt seine Erwartungen extra niedrig, um nicht wieder enttäuscht zu werden. Um so mehr freute es mich, dass die Eidgenossen wirklich spielten, und das zu einer Zeit, wo es schon wirklich dunkel war und nicht knackiger Sonnenschein, der schon bei der einen oder anderen Band die Stimmung vermiest hatte. Zur Belohnung lieferten die alten Herren fast ausschließlich einen Band-Klassiker nach dem anderen ab. „Circle Of The Tyrants”, “Into The Crypts Of Rays”, “Dethroned Emperor” und “Visions Of Mortalit”.
Wurde früher bemängelt, dass die Herren ihre Instrumente nicht richtig bedienen könnten, war diesmal überhaupt kein Anlass zur Kritik gegeben. Was auch sehr nett war, ist die Tatsache, dass sie nicht versucht haben, ihre Stücke schneller zu spielen als früher, sondern eher den Fuß vom Gas nahmen und das Ganze eher doomig rüberkam, und den Gesang fand ich auch richtig schön fies! Sehr gelungen, und dass nicht mehr Pyros und Show zum Einsatz kam, fand ich überhaupt nicht schlimm, wenigstens konnte man dann ohne Reue seine Nackenmuskeln trainieren.
Gegen Mitternacht war definitiv Aufbruch angesagt, denn MINISTRY wird es schließlich nicht mehr so häufig zu sehen geben. Al Jourgenson hatte schließlich angekündigt, dass es nach „Rio Grande Blood“ noch maximal eine weitere Scheibe geben wird, bevor er wieder als Lehrer durchstarten wird – oder vielleicht doch lieber als Produzent ... egal. Als die Live-Combo des gebürtigen Kubaners die Bretter der True Metal Stage enterte, war auf dem gesamten Festivalgelände wieder mal die Hölle los. Mit einem brachialen und glasklaren Sound feuerten die Amis ihre Songs ins Publikum. Die Lautstärke haute einen fast aus den Schuhen. Für jemanden, der MINISTRY nicht kennt, muss es sich angehört haben wie die strukturierte Vergewaltigung verschiedenster Instrumente.
Meine Herren, Songs wie „Psalm 69“ zogen uns quasi die Ohrenstopfen aus den selbigen und ließen sie in der Luft zu Staub zerfallen. Die Lichtshow sah aus, als würde die Bühne bei jeder weiteren Attacke immer wieder aufs Neue explodieren. Ein großes Kreuz diente dem kleinen Mann als Mikroständer und machte das visuelle Inferno perfekt. Das Publikum feierte jeden Song frenetisch ab und stand zwischen den Stücken wie hypnotisiert vor der Schlachtbank. Ein Wahnsinnsauftritt, der Seinesgleichen sucht. Mit so einer Setlist „Fear Is Big Business”, “Señor Peligro”, “No W”, “Rio Grande Blood”, Great Satan”, “Waiting”, “Worthless”, “Lies, Lies, Lies”, “Wrong”, “N.W.O.”, “Just One Fix”, “Thieves”, “Khyber Pass” und “Psalm 69” konnten sie auch nicht viel falsch machen!
Zu recht fortgeschrittener Stunde enterten die Wikinger-Schluckspechte von AMON AMARTH die Black Stage. Auch hier waren, für diese Zeit normalerweise eher ungewöhnlich, viele Fans unterwegs. Nach dem grandiosen Auftritt von MINISTRY, wo wirklich alles 200% stimmte, freute man sich auf einen guten Sound. Doch weit gefehlt! Der Sound war unterirdisch schlecht. Trotzdem lieferten die Wikinger routiniert ihren Auftritt ab. Viele Kracher haben die Schweden ja im Gepäck, die sie dann auch großzügig verteilten. "Death In Fire", "With Odin On Our Side", "For The Stabwounds In Our Backs", "The Pursuit Of Viking" und "The Fate Of Norns" um nur einige zu nennen. Als Highlight wurde eine Wikingershow angepriesen, die sich aber in meinen Augen wie eine schlechte fünf Minuten "Wir sind voll wie tausend Russen und nehmen ein paar Holzschwerter und kloppen ein wenig unkontrolliert herum"-Spaßveranstaltung der Roadies aussah. Die Idee ist toll, aber die Umsetzung fand ich persönlich wenig gelungen.
Bevor es dann zurück Richtung Camp ging, spendierte ich mir beim Suppenstand eine mit frischem Basilikum aufgepeppte leckere Tomatensuppe. Wieso ich das hier erwähne? Weil ich für mich hier das beste Preis-Leistungs-Verhältnis auf dem Wacken Gelände gefunden hatte. Frisch zubereitet, freundlich und relativ preiswert im Gegensatz zu den anderen Anbietern, die dieses Jahr nur teuerer waren und noch schlechtere Ware anboten. Einzig noch der Biergarten konnte ob der Qualität noch mithalten. Aber dieser war leider total überlaufen! Ansonsten? Nada! Vielleicht sollte man sich hier kleinere Festivals wie das Dong Open Air zum Vorbild machen, was den Food Bereich und Preise angeht. 2,50 € für eine dünne Brühe, die nicht mal den Ausdruck "Bodensee-Kaffee" verdient? Nein danke und so nicht, liebe Veranstalter!
Samstag. Letzter Tag. Im Forumcamp schnattert alles begeistert durcheinander ob der fantastischen Leistung von MINISTRY am vorherigen Abend, besonders Freund Ben enthusiasmiert ob der höllischen Soundstruktur, welche sich anscheinend besonders bei einem Gang auf Klo herauskristallisierte. Mehr und mehr sieht man allerdings höchst nervöse Campmitglieder durch die Gegend huschen, weil die Forumband VICTIMS OF MADNESS um 12 Uhr auf der WET-Stage spielen soll. Aus einer lustigen Idee entstanden, haben die Jungs (und eine Dame) niemals zusammen geprobt, man einigt sich vorher auf Songs und zockt die dann halt. Das kann daneben gehen, kann aber auch Spaß machen.
Mit Wonne erlebte man dann einen VOM-Gig, der so noch nie da gewesen ist. Tight gezockt, mit feinem Sound und einer sehr leckeren Songauswahl, die das stinkende WET-Zelt zum Hüpfen brachte. Man genoss altbekannte Klassiker und grinste freundlich bei niedlichen Verspielerchen. Sehr symphatische Erscheinung. Sogar „Bill“ von TOKYO HOTEL traute sich auf die Bühne, bis er in einem Blutbad davon gejagt wurde. BHs flogen, Secus guckten sehr verdattert und das Forum jubelte. Toller Auftritt!
Mit Belgien verbindet man häufig Pralinen, Bier mit fiesen Geschmacksrichtungen und einen durchgeknallten Monarchen. Leider seltener mit Death Metal bzw. Grindcore, und dies, obwohl der mit AGHATOCLES (eine der ältesten noch aktiven Grindcombos) hier seine Heimat hat. Doch der Boden ist fruchtbar und hat mit ABORTED und LENG TCHE eine neue Generation von Grindmuckern gedeihen lassen, die sich rankenartig daran machen, Tour und Musikerfreunde zu verbinden.
Auf der „Archaic Abatoir“ gaben sich viele Musiker anderer Bands (u.a. ILLDISPOSED) im Studio die Klinke in die Hand, und das absolut nicht zum Nachteil. Hoffnung macht sich der eine oder andere auch für die neue Scheibe, die bisher den Arbeitstitel „Slaughter & Apparatus: A Methodical Overture“ trägt. Angekündigt ist ein Potpourri aus den letzten beiden Alben mit mehr Abwechslung und gesteigerter Aggressivität. Lecker! Und als Sahnehäubchen werden wohl Jeff Walker (CARCASS) und Barney Greenway (NAPALM DEATH) mit von der Partie sein. Streuselchen obendrauf sind auch noch versprochen worden. Das macht Appetit auf mehr.
ABORTED haben im Laufe der Jahre unglaublich getourt und durch harte Arbeit sich zurecht einen guten Namen erspielt. Um herauszufinden, ob dieser an dem heutige Tag verspielt werden sollte, zu dieser völlig unmöglichen Zeit um high-noon herum, machte ich mich mit verquollenen Augen auf dem Weg. Seb und Olivia, die erst Mitte Januar ihren ersten Auftritt mit der Band hatten, machten schon auf der Tour einen guten Eindruck. Und sie gaben auch mächtig Gas, die Belgier! Spieltechnisch scheinen sie immer besser zu werden und brachten die Fans zu so früher Stunde mächtig in Wallung. Groovend, frickelnd und voll auf die zwölf (passend zur Stunde) kamen die Songs an. Auch die neuen Stücke im Gepäck wussten mehr als nur zu überzeugen. I-Tüpfelchen war dann der CARCASS-Klassiker „Heartwork“. Schön ist es, seinen Festival-Tag so beginnen zu können.
CALIBAN konnten sich im Anschluss über noch mehr Support freuen und ließen mit ihrem Metalcore nichts anbrennen. Eine Stunde lang keiften und quälten sie die Instrumente und ernteten große Anerkennung und viel Applaus. Eine Stunde lang dampfte ich bei der Pressekonferenz von GAMMA RAY zusammen mit vielen anderen Fischbrötchen mümmelnden Schreiberkollegen im Pressezelt vor mich hin, bevor es wieder aufs Gelände ging. Äußerst erfolgreiche Präsentation der neuen DVD der netten Hamburger, muss man mal sagen. Da kommt noch was auf den Fan zu.
Auf ARCH ENEMY hatte ich mich richtig gefreut und war gespannt, ob die junge blonde Lady wieder nach drei Stücken die Stimme verlieren würde, oder ob sie die kompletten 45 Minuten durchstehen würde. Mit „Nemesis“ wurde das Set eröffnet und zu keiner Sekunde ließ ihre Stimme sie im Stich. Mit kraftvolle Shouts und metertiefem Growln verwies die hübsche Frontdame ihre Kritiker in die Schranken. Die Setlist beinhaltete alle wichtigen Stücke der Band und ließ keine Wünsche offen. Gut gelaunt präsentierte sich die Combo und bewies einmal mehr, dass ARCH ENEMY zu den Großen des Death-Metal-Bereichs zählen.
Als die „Soul Of A New Machine“ 1992 raus kam, schlug sie ein wie eine Bombe und blockierte sämtliche Tapedecks aller Kumpels. So roh, kalt und brachial hat es noch nie jemand gemacht. Seitdem ist viel Wasser den Rhein heruntergeflossen, und die Herren von FEAR FACTORY sind gesetzter geworden. So sah man Burton C. Bell auch an, dass er in die Jahre gekommen ist und auch Wohlstandsspeck unter'm putzigen Ringelpulli angesetzt hat. Nichts desto trotz konnten sie in der Mittagsglut überzeugen. Sie packten ein breites Repertoire an alten Songs aus, die zwar anfangs stimmlich nicht hundertprozentig zu überzeugen wussten, aber mit der Zeit spielten sie sich warm und wurden immer besser und besser, zu meiner Freude. Die neueren Songs waren dann zum Ende richtig gut und wurden durch den etwas breiigen Sound leider schlechter gemacht, als es eigentlich der Fall sein dürfte. Als sie zum Schluss noch „Walk“ von PANTERA anspielten, schienen sie erst richtig in Fahrt gekommen zu sein. Schade eigentlich.
Die Death Metal Legende MORBID ANGEL hat sich ihren alten Shouter und selber schon Legende Dave Vincent zurück ins Boot geholt. Von seiner Frau, die bei den GENITORTURES umtriebig ist, schien auch das Lackleibchen geborgt gewesen zu sein. Sei es drum. Wenn man wie eine pralle Schwarzwurst aussehen will: Bitteschön! Ich war schon gespannt, da ich Dave Vincent mit MORBID ANGEL lange nicht mehr gesehen hatte. Mit "Rapture" legten sie dann auch in gewohnt tighter und technisch gewohnter Art los. Was folgte, war eine Sammlung an Hits der ersten vier Alben wo Dave noch mit dabei war. Anscheinend hielt der Meister es nicht für notwendig, sich die neuen Sachen anzueignen was ich sehr schade finde, da auf den neueren Scheiben einige Knaller vertreten sind.
Positiv überrascht war ich dass, wenn ich mich nicht irre, Eric Rutan als zweiter Klampfer mit von der Partie gewesen ist. Das letzte mal dürfte dieses Lineup während der "Domination" bestanden haben. Eine weitere persönliche Überraschung war das Dave Vincent der alte Bärbeisser anscheinend riesigen Spaß hatte und munter mit dem Publikum plauderte. Gelungener Auftritt! Abzuwarten ist ob MORBID ANGEL je wieder Songs spielen bei denen Vincent nicht beteiligt gewesen ist.
Zu GAMMA RAY auf der True Metal Stage war ich pünktlich, und obwohl ich an und für sich kein Anhänger dieser Form des Metals bin, muss ich sagen, dass die Jungs mich absolut überzeugen konnten. Ein gut gelaunter Kai Hansen poste und rannte über die Bühne wie ein Bulle auf Koks. Schöne lang gestreckte Soli gaben den Fans das auf die Ohren, was sie brauchten. Der Sound war wieder fulminant und die Fans fraßen der Band aus der Hand. „Heavy Metal Universe“ stellte einen Höhepunkt des Sets dar, wobei dieser etwas zu sehr von der Band ausgekostet wurde. Missfallen hat mir ebenfalls, dass GAMMA RAY bei ein zwei Songs einfach kein Ende finden konnten und immer wieder aufs neue den Song begannen und enden ließen. Das ist bei vielen, die vor der Bühne standen, nicht gut angekommen. Für diese Zeitverschwendung hätte sicher noch ein Song mehr gespielt werden können.
Mittlerweile war es schon 18:45 Uhr und die Brasilianer von SOULFLY sollten die Black Stage in Schutt und Asche legen, was sie auch mit Bravour meisterten. Max schien direkt nach dem Aufstehen erstmal einen halben Liter Blut gesoffen zu haben - der Mann hatte eine Wut und Aggression versprüht – sehr krass. Die Songs brachen wie ein Gewitter über die riesige Fan-Meute herein. SOULFLY konnten sich über eine mit der größten Hörerschaften erfreuen, bis in die hintersten Reihen reckten die Fans die zwei abgespreizten Finger in die Höhe. Unter anderem bekamen wir „Beneath The Remains“, „ Policia“ und andere grandiose Stücke aus der SEPULTURA-Ära zu hören. Max und Band haben einmal mehr klar gemacht, welches die größte brasilianische Band ist. Ein wahnsinnig geiler Auftritt. Schön, dass ich dabei war.
Wieso hab ich eigentlich seit Jahren ständig das Pech, WHITESNAKE machen zu müssen? Auf dem BYH haben die werten Kollegen mich schon dazu verdonnert, und auf dem Wacken muss ich auch ran. Äußerst schweren Herzens verzichtete ich auf LAKE OF TEARS, um mir David Coverdale und Mannen anzugucken. Auf dem BYH hat er mich schwer enttäuscht, mal schauen ob er heuer besser ist? Nee, ist er nicht. Es tut mir leid, Coverdale-Lover mögen mir meinethalben den Kopf abreissen, aber er kann wirklich nicht mehr singen. Die Stimmung ist zwar gut bis prima, aber vielleicht ist das Publikum auch einfach grösstenteils zu jung, um zu wissen, wie magisch die Weiße Schlange früher war. Die superben bluesigen Songs kommen viel zu hart rüber, und auch Hits wie „Here I Go Again“ retten es nicht wirklich. Sorry, David. Also dann doch lieber in die WET Stage zu LAKE OF TEARS ...
…die von vielen sehnsüchtig erwartet wurden. Das Zelt war auch dementsprechend gut besucht. Sehr spartanisch waren die Jungs, was das Stageacting und Show anging, jedoch wussten sie musikalisch zu überzeugen. Dies taten sie unter anderem mit Liedern wie „The Greymen“, „Netherworld“ und „Sweetwater“. Witzig war, dass einige Leute im Publikum sich Fliegenpilzhüte gebastelt hatten. Alles in allem ganz nett und ordentlich.
Mein letztes Konzert für dieses Wacken Festival sollte MOTÖRHEAD sein. Auf meiner Top 10 der Lieblingsbands stehen Lemmy und Co. unangefochten auf Platz eins. Dementsprechend rechtzeitig war ich vor Ort. Obligatorisch bedankten sich die Veranstalter bei einigen Freunden und Helfern, die für die Organisation des Festivals einiges geleistet haben. Den größten Applaus erhielt jedoch Bauer Uwe, der direkt heraus meinte, dass wir auf jeden Fall wieder kommen sollen, denn das Dorf braucht unser Geld – gerne Uwe, das machen wir. Zu guter Letzt baten die Veranstalter für den im vergangenen Jahr umgekommenen Metalhead um eine Minute des Schweigens. Das Gelände war proppenvoll, und es war diese eine Minute lang nichts zu hören. „Rest In Peace“, das war wohl der einzige Gedanke, der in diesem Moment durch die Köpfe der Anwesenden zu gehen schien. Ein großartiges Gemeinschaftsgefühl hat sich dadurch manifestiert.
Nun war auch die Zeit für den Hauptact gekommen, und ohne Intro und Schnörkel wankten die Tommies auf die Bühne. Los ging es mit „Doctor Rock“. Nach dem Lemmy auf seine obligatorische Frage nach der Lautstärke „Is it loud enough?“ ein 70.000 Kehlen lautes „NO“ als Antwort bekam, wurde dieser Faux-Pas zwar beseitigt, aber so richtig laut war es immer noch nicht. Zu Beginn des Sets war die Stimmung noch recht gut, doch ließ sie beim Publikum immer mehr nach. Bei Vielen war es sicher die Anstrengung der letzten drei heißen Tage, bei anderen die Enttäuschung darüber, dass es sich bei diesem Auftritt um die selbe Setlist handelte, wie schon vor zwei Jahren und wie auf der DVD „Stage Fright“. Im Klartext: „Killers“, „In The Name Of Tragedy“, „Metropolis“, „Dance On Your Grave” usw. Alle Songs spielten MOTÖRHEAD zwar wie gewohnt mit viel Engagement und gutem Stageacting, dennoch war auch ich darüber sehr enttäuscht, schließlich habe ich die Setlist bereits das dritte Mal in Folge gehört. Natürlich fehlten ein paar Stücke, da ja nur eine Stunde Spielzeit angesetzt war, aber es fehlte definitiv die Abwechslung.
Drei Schreiber, drei Eindrücke zum Abschluss:
Als Resümee bleibt fest zu halten, dass in diesem Jahr der Sound häufiger mal etwas daneben lag, was sehr schade ist. Dennoch kann ich nach meinem Empfinden mit Fug und Recht von einem super organisierten Festival berichten. Die sanitären Einrichtungen waren zufrieden stellend, das Essen war hin und wieder qualitativ nicht das Beste, aber im Großen und Ganzen o.k.. Die Security war auch in Ordnung, lediglich die Frühstücks-Preise auf dem Campground waren unverschämt. Doch die von den Veranstaltern direkt und unmittelbar beeinflussbaren Größen waren einwandfrei. Nächstes Jahr auf jeden Fall wieder, wenn es heißt: RAIN OR SHINE – SEE YA IN WACKEN (harm)
WOA 2006 war für mich eines der schönsten Wacken. Mein einziger Wermutstropfen war, dass ich mir gerne viel, viel mehr Bands angeguckt hätte, dieses aber an meiner großen Abneigung gegen gefährlich-große Menschenmassen scheiterte. Seit neun Jahren fahre ich hin, liebe es und fühle mich dort zu Hause und bei Freunden. Aber das, was da an Leuten reingelassen wurde, ging einfach nicht. Die Preise für Essen waren ok, wenn man gewisse Stände einfach ignoriert, besonders positiv hervorheben möchte ich die „Agentur für Geschmack“, die einen erstklassigen Labskaus mit Heringssalat und Spiegelei für 4,50 € anboten. Mehr davon bitte! Bier ist immer noch das eklige Hassenichgesehn, also lieber selber versorgt. Klosituation war ausgezeichnet, saubere Dixies mit Scheiße-Schieber, da hatte wer mal 'ne richtig gute Idee. Merchandise weiß ich nicht, da ich kein Fan dergleichen bin. Duschen waren indiskutabel schwach, aber immerhin möglich. Welcher Bergsteiger hat sich die Brücke zum Backstage bitte ausgedacht?? Stewards waren freundlich bis lieb, Secus nett bis teilweise dezent überfordert, aber wenn man nett fragte, bekam man auch nette Antworten. Alles in Allem: gut gemacht! Aber sucht schon mal das „Sold Out“-Schild für nächstes Jahr raus, liebe Orga! (kat)
Ein lachendes und ein weinendes Auge mal wieder für das diesjährige Wacken. Fangen wir mit den schlechten Sachen an. ZU VOLL! Wenn man eine Band schon nicht mehr genießen kann, weil ein permanenter Mahlstrom an Menschenmassen unterwegs ist, hat das nichts mehr mit "Von Fans für Fans" zu tun. Der Spruch sollte auch eh mal überdacht werden. Klar gönnt man den Veranstaltern auch die Ernte für jahrelange Arbeit. Aber muss man wirklich so gierig sein? Dass wir Metalheads inzwischen eine ungeheuere Geldmenge in die Region pumpen, haben ja auch die Letzten mitbekommen. Wenn schon Baumärkte Aussenposten in Wackener Vorgärten errichten, ist auch das letzte Nichtkommerzielle verschwunden! Ich hoffe und appelliere inständig, sich nicht selber das Grab zu schaufeln, so wie es einst mit dem DYNAMO passiert ist. Das kann schneller gehen, als man denkt. Nicht zuletzt wegen der offensichtlich mangelnden Kommunikation aller Orts. Normalerweise eine Sache, die man nicht gerne hört in dieser Republik, da es Firmen viel zu häufig exerziert haben, aber bitte: Schrumpft Euch gesund und werft die schlechten Äpfel raus! Hier sind insbesondere die Stände gemeint, die immer unverschämter werden, was Preise und Qualität angeht. Viele mögen zwar betrunken und glücklich sein, aber blöd sind wir allemal nicht. Schlechte Publicity spricht sich schneller herum als Gute. (mihailo)