Link: http://www.tednugent.com
http://www.thetraceelords.com
Hamburg, Nieselregen. Als ich um kurz nach 20 Uhr zur Fabrik komme, stehen da erstaunlich viele Menschen vor geschlossenen Türen und meckern über drei Regentropfen. Angesichts der Headliner-Tour von TED NUGENT hat sich alles Altherrenrockige mobilisiert, was den Bierbauch noch hochkriegt. Das mag fies klingen, ist aber so. Immerhin war der Herr seit 27 Jahren nicht mehr in Hamburg. Nach vielen vielen Konzerten der letzten Jahre komme ich mir plötzlich extrem jung vor. Naja, hat ja auch was für sich...
Einlaß 20:15 mit leichter Verspätung. Dezentes Gehacke an der Kasse, weil ich auf keiner Liste stehe, dann doch entdeckt werde, aber ohne Fotopass. Nö, will ich nicht! Ich krieg dann doch einen, aber mit der ernsten Ermahnung „Aber nur die Vorband!! Ja nicht TED fotografieren!“ Boah, okeeee. Dann eben nicht... Die Fabrik ist bereits knappe zwei Stunden vor dem Auftritt des Motor City Man erstaunlich gut gefüllt, bedenkt man den wahrhaft irren Eintrittspreis von 37,- € an der Abendkasse. Schnell nach vorne durchgelatscht und zwei nette Herren machen mir sehr lieb Platz am Graben. Das ist natürlich eine angenehme Nebenerscheinung, die angereisten Fans sind weitaus netter als kreischende Schwarzbärchen. Ins Auge fällt ein gigantischer Star Spangled Banner als Backdrop-Logo. Ochnö. Na, war zu erwarten. Auftritt THE TRACEELORDS gegen 20:50 Uhr. Der arme Drummer Haan darf hinter einem der vielen Säulen rechts hinten versteckt spielen und irgendwo tut er mir leid. Christof (Gitarre), Slick (Bass) und Andy (Gitarre und Vocals) hoppsen unbekümmert auf die Bühne und agieren äusserst lieb. Das Publikum geht zu meinem Erstaunen richtig mit. Eine Dame in hellblö mit Rüschen kreischt nach fünf Songs „Andyyyyyyyyyyy mach mich heiiiiiiiiiiiiiiiiss!“ und die erste Reihe zereisst es fast vor Lachen. Uih, die hat´s aber nötig... Die TRACEES zeigen Spielfreude wie bei dem Gig vor einer Woche im Ballroom, allerdings ist der Sound abartig mies. Breiig, dumpf und echt übel. Das ist zwar teilweise schon immer ein Problem in der Fabrik gewesen, aber bei TED NUGENT klingt es dann später ganz anders. Jaja... Die Setlist ist natürlich etwas gekürzt, aber Spaß hat man denn doch. Andy verteilt freigiebig Plecs mit seinem Konterfei drauf, die Leute um mich herum freuen sich aufrichtig darüber. Bei „Daddy Cool“ als Abschluß brennt die Hütte dann wirklich. Die Jungs haben es geschafft, mit ihrem Glam-Punk-BubbleGum-Rock nach zwölf Songs die Halle wirklich gut anzuheizen und verabschieden sich artig. Ca. 45 Minuten später entert der Jäger, Abstinenzler und Waffennarr TED NUGENT die Bühne. Achja, Mucker ist er ja auch noch. Also für sein Alter sieht der Mann wirklich fit aus. Erstmal stellt er seine Band vor und dann rockt er los. Sehen kann ich eh nix (die vielen Säulen), vor mir steht ein Riesenbaby mit Stiernacken und nach zwei Songs, die ca. 20 Minuten dauern, wird mir langweilig. Man versucht ja, aus jedem Konzert irgendwas Gutes mitzunehmen für sich, aber das will heute abend nicht gelingen. Die Songs ziehen sich in die Länge wie ein uralter Kaugummi ohne Geschmack. Klar kann er Gitarre spielen, keine Frage. Er sagt auch schön oft „Shit“ und „Motherfucker“ und was man wohl so sagt, wenn man ein Rogger ist. Aber mit Verlaub, es zieht sich. Jeder Song wird solange gedudelt, bis einem wirklich keine Variationen mehr einfallen. Immerhin ist der Sound viel besser. Aber durch die extreme Verlängerung der einzelnen Stücke geht immer wieder die Luft aus dem eigentlich sehr enthusiastischem Publikum. Wie ein Fahrrad, das man aufpumpt - man radelt begeistert los und pffffffffffft.... Wieder aufpumpen, wieder losfahren und pffffffffft. Anstrengend und schwer nachzuvollziehen. Warum kickt er nicht einfach Popos, das Material ist ja durchaus vorhanden. Die Musik ist guter alter Südstaatenrock, gepaart mit Blueseinflüssen und durchaus tanz- und rockbar. Leider kommen immer wieder Sabbelpausen, von denen ich nicht mal ansatzweise was verstehe. Hauptsächlich scheint es dabei um seine werte Person zu gehen, was Wunder... Ich wandere umher und erfahre am Merchstand, dass NUGENT so ca. 2 einhalb Stunden spielen wird. Uff. Weiter wandern. Versuchen, mehr von der Bühne sehen zu können. Ob es auf der zweiten Etage besser ist? Zwanzig Minuten später (es ist jetzt kurz nach 23 Uhr und wir sind ca. beim sechsten Song) beschliesse ich mit brüllenden Kopfschmerzen die altehrwürdige Halle zu verlassen, fahre nach Hause und mache mir Milchreis mit Zimt und Zucker. Nee. Bei allem Respekt vor der musikalischen Leistung, die Herr Nugent früher sicherlich mal geleistet hat: Das war nix für Muddern´s Tochter. Aber da die Vorband mich eingeladen hat, hab ich auch null böses Gewissen, die Veranstaltung verfrüht verlassen zu haben.