Geschrieben von Sonntag, 23 November 2008 11:29

Dark Tranquillity, Poisonblack & Fear My Thoughts - Köln / Underground


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11.11.2008 – Es ist schon fast ein Ritual, eine Tradition. Einmal im Jahr besuche ich ein Konzert im Underground zu Köln / Ehrenfeld. Es ist immer November, immer kalt, immer voller Baustellen auf der Autobahn, und immer habe ich ein Problem, einen Parkplatz zu finden. Warum sollte es dieses Jahr auch anders sein? Immerhin komme ich pünktlich zu meinem Interview mit DARK-TRANQUILLITY-Fronter Mikael Stanne an. Hinterher setze ich mich in die noch spärlich besetzte Kneipe des Underground und beobachte die langsam aber sicher anwachsende Menschenmenge im Biergarten. Ein Papierschild an der Eingangtüre lässt mich die Augenbraue hochziehen: „DARK TRANQUILLITY – SOLD OUT“ steht dort. Somit ist der Fall klar. Das Underground wird an diesem Abend aus allen Nähten platzen. Auch wenn der 11.11. in Köln den Beginn der 5. Jahreszeit markiert – der Pappnasenandrang ist minimal. Außer eines Cowboys und einem Kätzchen sind die Anwesenden dezent metallisch gekleidet. Der Einlass beginnt etwa gegen 19.15 Uhr. Ziemlich zügig begebe ich mich in die Konzerthalle, denn wer hier einen guten Platz vor der Bühne haben will, muss schnell sein. Der Raum füllt sich dann nach und nach, bis sich die Menschenmasse bis zur Eingangstüre erstreckt.
Gegen 20.00 Uhr beginnt der Abend mit den ersten Klängen der Freiburger von FEAR MY THOUGHTS. Für sie ist dieser Abend der letzte auf der Tour. Das Konzert in Kopenhaben werden sie nicht mehr bestreiten. Vor zwei Jahren sah ich die Jungs zum ersten Mal auf dieser Bühne und stelle fest, dass sie seitdem eine beachtliche Entwicklung in Sachen Songwriting hingelegt haben. Mittlerweile hat sich die Band vom reinen Core-Geprügel der ersten Tage zu einer vielseitigen und beachtenswerten Band gemausert – aggressive Riffs sind nach wie vor vorherrschend bei den Breisgauern, aber der eigene Stil scheint definitiv gefunden. Ruhige, fast melancholische Parts im nahezu perfekten Einklang mit heftigen Metalcoreanteilen – melodischer, tieftönender Gesang im Wechsel mit aggressiven Shouts und tiefen Growls. So vielseitig die Musik, so vielseitig die Bühnenpräsenz. Mit einer intensiven, etwa 40-minütigen und hoch motivierten Bühnenshow heizen FEAR MY THOGHTS das zahlreich anwesende Publikum für die nachfolgenden Bands an , verlassen zufrieden die Bühne und empfehlen sich für größere Aufgaben.
Im Jahre 2005 fiel der letzte Vorhang für SENTENCED. Der damalige Fronter Ville setzte sich allerdings nicht lange auf die faule Haut und startete mit POISONBLACK eine neue Band. Ein billiges SENTENCED-Plagiat ist dabei nicht heraus gekommen. Auch wenn POISONBLACK die ehemalige Band ihres Fronters beim Songwriting nicht verleugnen können, sind sie doch eine gehörige Spur rockiger als meine Jugendliebe. Mittlerweile haben die Finnen drei Alben heraus gebracht und betreten jetzt cool und voller Tatendrang die kleine Bühne. Der Bewegungsfreiraum ist ohnehin schon beschränkt, minimalisiert wird er aber noch durch das Keyboard von Marco Sneck. Dieser Zeitgenosse genießt den ca. 60-minütigen Gig in vollen Zügen – ebenso wie seine vier Bandkollegen. Die Haare fliegen in einer Tour, und Fronter Ville lässt es sich nicht nehmen, das Publikum mit netten Ansagen zu erheitern. Aüßerst sympatisch und gelöst erscheint die Band, die sich auch durch kleine Patzer am Rande – Ville verpasst beim Schlusssong „Bare The Cross“ den Einsatz – nicht aus dem Konzept bringen lässt. Souverän und doch voller Spielfreude führen sie die angenehme Atmosphäre des Abends fort.
Alles in Allem haben POISONBLACK einen wirklich guten Gig abgeliefert und auch mich ein wenig über den Abgang von SENTENCED hinweg gebracht.
Eine kurze Umbaupause folgt. Und diese Pause wird von jeder Person auf dem Gelände des Underground zu einem Zweck genutzt: Nur schnell in den „Tanzsaal“. Während man sich bei den Gigs von FEAR MY THOUGHTS und POISONBLACK noch einigermaßen oder eingeschränkt bewegen konnte, wird jetzt jeder Quadratzentimeter des Liveclubs von Fans ausgefüllt. Jeder, der DARK TRANQUILLITY bereits live erleben durfte, erwartet nichts anderes als ein actiongeladenes Set voller Höhepunkte. Und die Göteborger um Fronter Mikael Stanne lassen sich keinesfalls lumpen. Bassist Michael Nicklasson verließ vor einigen Monaten die Band. Der neue Mann am 4-Saiter ist Daniel Antonsson und bereits jetzt kein bloßer Ersatz mehr. Jahrelange gegenseitige Unterstützung bescherte den Schweden einen nahtlosen Übergang an diesem wichtigen Instrument. Es ist der letzte Gig auf der letzten Tour zum aktuellen Album „Fiction“, und für diesen Anlass haben DARK TRANQUILLITY für die Fans die Setlist um besondere Schmankerl aus der frühen Schaffensperiode erweitert.
So spartanisch das Bühnenbild, so energiegeladen die Bühnenshow. Mikael Stanne präsentiert sich gewohnt als charismatischer Frontmann ohne Berührungsängste. Eifrig schüttelt er bereits während der ersten Songs die sich ihm eifrig entgegenstreckenden Hände der Fans. Jeder Song, jede Ansage wird enthusiastisch beklatscht und mit einem sympatischen Lächeln von Seiten der gesamten Band quittiert. Die Chemie stimmt an diesem Abend, das steht außer Frage, und somit dauert es auch nicht lange, bis sich der erste Zeitgenosse über die dicht gedrängte Menge vom Mischpult zur Bühne tragen lässt. Aller Widrigkeiten der Lokalität, dem kleinen Saal und der noch kleineren Bühne, zum Troz:
bei gutem Sound und abwechslungsreicher Setlist bringen DARK TRANQUILLITY ziemlich genau 90 Minuten die Zuschauer zum Kochen. Meister großer Worte oder Zugaben waren sie nie, sind sie nicht und werden sie auch wohl nie werden. Stattdessen weist Stanne die Zuschauer mit humorvollen Ansagen auf die Inhalte des nächsten Songs hin und man bindet die drei letzten, Zugabe-mäßigen Songs nahtlos in das Set mit ein. Bei „The Mundane And The Magic“ agiert Stanne interaktiv und hält das Mikro zu den Ladies in der ersten Reihe. Im hinteren Bereich des Clubs hört man davon allerdings nichts – die Stimme ist einwandfrei die von Nell (THEATRE OF TRAGEDY). Nichts desto trotz, eine nette Geste.
Man erwartete ein actiongeladenes, abwechslungsreiches Set. Und man wurde nicht enttäuscht. Es ist schon fast ein Ritual, eine Tradition. Bis jetzt habe ich im November in dieser Location niemals ein schlechtes Konzert erlebt und auch dieser Abend hatte, auch wenn es unangenehm voll war, einen unglaublichen Charme.

Setlist:

POISONBLACK:
Rush Soul In Flames A Dead Heavy Day Left Behind Love Infernal The Kiss Of Death Lowlife The Darkest Lie Raivotar The Living Dead Nothing Else Remains Bear The Cross

DARK TRANQUILLITY: The Treason Wall (Damage Done) The New Build (Haven) Focus Shift (Fiction) The Lesser Faith (Fiction) Wonders At Your Feet (Haven) Lost To Apathy (Singleauskopplung Character) Inside The Particle Storm (Fiction) Nothing To No One (Fiction) Edenspring (The Gallery) Insanity’s Crescendo (The Mind’s I) Dreamlore Degenerate (The Mind’s I) Misery’s Crown (Fiction) Freecard (Projector) Yesterworld (Exposures: In Retrospect and Denial) Punish My Heaven (The Gallery) The Mundane And The Magic (Fiction) Final Resistance (Damage Done) Terminus (Fiction)

Link:

http://www.darktranquillity.com
http://www.poisonblack.com
http://www.fearmythoughts.com