Geschrieben von Matthias R Freitag, 05 Dezember 2008 13:30
Slipknot, Machine Head & Children Of Bodom - Stuttgart / Schleyerhalle
26.11.2008 – Kaum waren wir auf die Autobahn gefahren, schon standen wir im Stau. Und das noch ganze eineinhalb Stunden lang. Und nicht mal in dem für Stuttgart typischen innerstädtischen, denn der sollte am heutigen Abend auch noch auf uns warten. Die Stimmung fiel ins Bodenlose. Der Abend fing ja gut an!
19:15 Uhr Ortszeit. Ankunft am Ort des Geschehens, endlich! Der Auftritt von CHILDREN OF BODOM war bereits voll im Gange (offizieller Startschuss: 19 Uhr), wir kriegen die letzte knappe viertel Stunde leider nur noch aus der Ferne "audiell" mit. Wirklich schade, da ich die Truppe gern mal live gesehen hätte, aber zu verschmerzen. Hauptsache zu MACHINE HEAD, unserem Favourite des heutigen Abends, sind wir pünktlich genug. Rein in den Innenraum, die Freundin geschwind an einem sicheren Ort zwischengeparkt, an dem man sie nachher auch wieder findet, und ab nach vorne! Die Stimmung stieg bereits wieder.
Um kurz nach dreiviertel 8 Uhr gingen die Lichter im Saal auch schon wieder aus. Die Bühne war mit einem schwarzen Vorhang verdunkelt. Die "Machine (Fucking) Head"-Rufe wurden immer lauter. Das Intro ihres grandiosen aktuellen Longplayers "The Blackening" wurde angespielt. Die Bezeichnung "Longplayer" trifft den Nagel hier übrigens angesichts einer durchschnittlichen Songdauer von über acht Minuten voll auf den Kopf!
Der Vorhang ging auf, und die Band betrat nach und nach unter tosendem Beifall die Bühne. Man merkte, hier handelte es sich um richtige Hochkaräter, nicht einfach nur um irgendeine Vorband. Wie das Intro bereits vermuten ließ, ging es mit "Clenching The Fists Of Dissent" als erstes Stück des heutigen Abends gleich mächtig fett zur Sache. Erste Circle Pits wurden gebildet. Die Doublebass von Drummer Dave McClain hämmerte, was das Zeug hielt. Meine Stimmung stieg nochmals um ein gehöriges Maß und hatte das Normalniveau bereits längst wieder überschritten. Weiter ging’s mit "Imperium", dem Opener des nicht minder grandiosen Vorgängeralbums "Through The Ashes Of Empires". Das sollte allerdings leider auch dessen einziger Song für den heutigen Abend bleiben. "Days Turn Blue To Gray", "Bite The Bullet" oder "All Fall Down" wurden leider nicht gespielt.
Bei den Ansagen zeigte sich Sänger und Gitarrist Robb Flynn äußerst gut gelaunt und scherzte mit dem Publikum. Vor allem der hohe Frauenanteil am heutigen Abend hatte es ihm scheinbar angetan. Vergangene Deutschland-Gigs kamen ihm damit verglichen eher wie ein (O-Ton) "German Sausagefest" vor. Darauf gab’s erstmal einen Schluck undefinierbares rotes Etwas zu trinken: "Prost Motherfuckers, Prost!". Zum Wohlsein und auf Ihre Gesundheit, Herr Flynn! Denn um die war es noch knapp zwei Wochen zuvor nicht allzu gut bestellt, als MACHINE HEAD ihren Auftritt in Kopenhagen aufgrund einer schweren Erkältung des Frontmanns absagen mussten. Vermutlich handelte es sich daher bei dem undefinierbaren roten Gebräu um Hustensaft, um wenigstens die verbleibenden Tourdaten nicht zu gefährden. Vorbildlich, das musste man ihm lassen.
Musikalisch ging es dann mit "Aesthetics Of Hate" und "Halo" weiter, erneut zwei Songs ihres aktuellen Albums. Aber auch von ihrem Debutalbum "Burn My Eyes" gab es noch Musik auf die Ohren. Auf das meiner Meinung nach eher mittelmäßige "Old" hätte ich zwar zugunsten eines "The Blood, The Sweat, The Tears" oder einen der besagten anderen Songs verzichten können, aber man will ja nicht zu anspruchsvoll sein. Als letztes Stück des Abends fehlte natürlich noch "Davidian", ebenfalls von ihrem Debutalbum. Hier ging es nochmals richtig rund im Publikum. Nach einer knappen Stunde Spielzeit neigte sich der Auftritt von MACHINE HEAD dann dem Ende zu. Beachtlich, wenn man bedenkt, dass ihr Headliner-Gig im letzten Dezember in der Stuttgarter Messe eine viertel Stunde kürzer ausfiel. Wobei damals mit SHADOWS FALL, DRAGONFORCE, ARCH ENEMY und TRIVIUM insgesamt sage und schreibe vier weitere Bands um die Gunst des Publikums warben. Dennoch, ihr heutiger Auftritt als - nennen wir’s mal - "Co-Headliner" war um einiges engagierter und zeugte von mehr Spielfreude als noch vor einem Jahr. Nachdem der Rest der Band bereits die Bühne verlassen hatte, verweilte Flynn noch ein wenig und warf zum Dank ein paar Becher Hustensaft in die durstige Menge, ehe auch er verschwand.
Nun folgte eine etwas längere Umbaupause. Angesichts des für einen SLIPKNOT-Auftritt notwendigen Technik-Schnickschnacks auch verständlich. Diese Band lebt einfach von ihrer Show. Was ihren Songs vielleicht an Tiefgang fehlen mag, machen sie durch ihren Look und ihre Performance doppelt wett. Insofern ist ein SLIPKNOT-Konzert immer etwas Besonderes, auch wenn man wie ich nicht unbedingt ein riesen Fan ihrer Musik ist. Wobei ich ihr Machwerk "Vol. 3 – The Subliminal Verses" wirklich gelungen finde. Mit ihrem aktuellen Longplayer "All Hope Is Gone", unter dessen Motto auch die aktuelle Tour steht, konnte ich mich hingegen noch nicht so recht anfreunden.
Es war mittlerweile 21:15 Uhr, die Bühne war unmittelbar nach dem Auftritt von MACHINE HEAD wieder verdunkelt worden. Das Licht im Saal ging aus, ein typisches SLIPKNOT-Intro, das bisher noch jedes ihrer Alben eingeleitet hat, wurde angespielt. Das allseits bekannte verschnörkelte SLIPKNOT-"S" wurde mit Scheinwerfern an die Hallenwände projiziert.
Der Vorhang ging auf und ein mit Dornenkranz und Fingernagel-Attrappen vom Typ "Struwwelpeter" geschmückter Joey Jordison begrüßte das Publikum von seinem Schlagzeug-Podest, wie immer natürlich ohne dabei ein Wort zu verlieren. Das ganze hatte einen enormen Schrägheitsfaktor, das Publikum nahm es entsprechend auf. Nach und nach kamen die restlichen acht Bandmitglieder auf die Bühne, zuletzt Sänger und Frontmann Corey Taylor, neuerdings ja mit modischer Kurzhaarfrisur. Jeweils auf der linken und rechten Seite waren die beiden Trommel-Sets der Perkussionisten Chris Fehn (Pinocchio-Maske) und Shawn Crahan (Clown-Maske) aufgebaut. Letzterer ließ sich nicht lange bitten, sondern fuhr sein Podest gleich mal ein paar Meter in die Höhe und rotierte dort fröhlich headbangend um die eigene Achse.
Los ging es mit "Surfacing", einem Stück ihres selbstbetitelten Roadrunner-Debuts. Seine Fingernagelattrappen hatte Drummer Joey Jordison mittlerweile wieder abgelegt, mit denen wäre ein richtiges Bearbeiten seiner zahlreichen Kessel nämlich absolut unmöglich gewesen, wenn auch mit Sicherheit äußerst unterhaltsam . Sänger Corey Taylor war wie immer weder um ausgestreckte Mittelfinger gen Publikum verlegen, noch um ein paar Brocken Deutsch, mit denen er demselbigen die folgenden Stücke ansagte. Diese hatten ihren Schwerpunkt eindeutig auf der frühen SLIPKNOT-Schaffensperiode. Songs der beiden neuesten, insbesondere des allerneusten Machwerks blieben eher eine Seltenheit. Von "All Hope Is Gone" wurden lediglich die beiden Singleauskopplungen "Psychosocial" und "Dead Memories" gespielt, sehr erstaunlich wie ich finde. Vom Vorgängeralbum "Vol. 3 – The Subliminal Verses" kamen natürlich "Duality" und "Before I Forget", auf "Vermilion" wurde komischerweise verzichtet. Die alteingesessenen Fans, die mit den neueren, teils sanfteren Klängen weniger anfangen können, wird es gefreut haben. Zu "The Blister Exists" durften sich die beiden Perkussionisten die Marching-Drums umschnallen und über die Bühne tollen, ehe sie wieder an ihre angestammten Plätze zurückkehrten. Warum man aber die beiden Klassiker "Wait And Bleed" und "Left Behind" von der Setliste gestrichen hat, bleibt mir ein Rätsel. Ich persönlich hätte die Songs sehr gern gehört. "The Heretic Anthem" durfte aber natürlich nicht fehlen, genauso wenig wie "Spit It Out", bei dem Corey Taylor das Publikum wie immer dazu aufrief, sich auf den Boden zu setzen, um dadurch mit der Band in die "Fucking History" einzugehen. Ach, so einfach ist das also, Geschichte zu schreiben, hätte ich mal vorher wissen sollen...
Auf Kommando ging’s dann wieder nach oben, und die Hölle brach los. Oder sagen wir die Vorhölle. Bzw. eher die Vorhölle zur Vorhölle zur Vorvorhölle, zumindest dort wo ich stand. Denn so heftig, wie ich es erwartet hätte, kam es beim besten Willen nicht. Überhaupt hätte ich bei einem SLIPKNOT-Konzert mit viel mehr Bewegung im Publikum gerechnet, mit mehr Crowdsurfern, mit größeren Moshpits. Kam aber irgendwie alles anders. Vielleicht lag es ja einfach nur an der vorher bereits erwähnten hohen Mädels-Quote, die sich aus diesen tumben Männer-Sitten ganz gern mal raushalten. Nach einer guten Stunde war der offizielle Teil des Abends auch schon wieder vorbei und die Band verschwand von der Bühne um nach einiger Zeit und etlichen "Zugabe"-Rufen für zwei letzte Stücke wiederzukommen. "People = Shit" fehlte ja noch, als letzter Song wurde "(sic)" gespielt, bei dem Drummer Joey Jordison endlich einmal Gebrauch von seiner berühmten kipp- und drehbaren Tribüne machte. So konnte das Publikum wenigstens einen kurzen Blick auf seine Drumkünste erhaschen, ehe er sich wieder in die horizontale Ebene zurückbegab. Nach insgesamt knapp eineinhalb Stunden war das Spektakel dann aber endgültig vorbei. Es wurden noch einige Plektren und Drumsticks in die Menge befördert und das Licht in der Halle ging wieder an.
FAZIT: Auch wenn der Abend leider etwas ernüchternd begonnen hatte, so wurde ich wirklich reichlich dafür entschädigt. Allein für den Auftritt von MACHINE HEAD hatte sich die stressige Anfahrt bereits gelohnt. Sie waren unheimlich gut drauf, kein Vergleich zu ihrem Auftritt vor einem Jahr als Headliner. Sowohl was die Länge des Auftritts anbelangt, als auch ihre Performance. SLIPKNOT haben dem ganzen dann noch die Krone aufgesetzt. Die Songs hätte ich zwar ein klein wenig anders ausgewählt, aber sei es drum. Man kann es schließlich nicht jedem Recht machen. Was das Publikum angeht, so hätte ich den Abend jedoch deutlich heftiger eingeschätzt. Da hatten es die Auftritte von weniger harten Bands schon sehr viel mehr intus. Aber ok, man muss ja nicht immer schweißgebadet aus der Halle kriechen. Wir sind auf unsere Kosten gekommen, das ist alles was zählt.
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