29.11.2008 - Das Docks in Hamburg ist wunderbar voll mit Fans, die nicht wissen, ob sie traurig oder erfreut sind, zum letzten Mal KNORKATOR zu sehen. Auch ich frage mich, ob die Freude überwiegt, sie jetzt bestimmt mit überlanger Setlist zu erleben, oder ob mir die Tränen kullern, weil es das letzte Mal ist... Auf jeden Fall sind es so viele Zuhörer, die sich die mit 19 Euro fair ausgepreisten Karten gekauft hatten, dass das Konzert kurzerhand vom Grünspan ins Docks verlegt wurde.
Alf Ator, Stumpen, Buzz Dee und auch Nick Aragua und Tim Buktu, die mittlerweile zu echten Bandmitgliedern geworden sind, betreten unter Applaus die Bühne. Die Kostüme der drei Frontleute lassen die Mundwinkel schon mal in Richtung Ohren wandern: Alf Ator trägt eine Art Ballettröckchen aus wallendem weißen Tüllstoff, Buzz Dee hat sich in einen wunderschönen Silberanzug gekleidet, eine Mischung zwischen Siebziger Jahre Glamrock und Astronautenschick, während Stumpen lieber auf einen schwarz-orange geringelten Badeanzug setzt. Dazu trägt er einen bestimmt vier Wochen lang gewucherten Bart. Der Anblick stimmt auf einen Abend ein, der dem bitteren Ernst des Lebens die Kampfansage macht. Und der Ton? Zum Glück haben die ja einen astreinen Tonmann, der auch im Docks für wirklich guten Sound in fast allen Ecken des überfüllten Raumes sorgt.
Innerhalb der Zeit von 1994 bis zum heutigen Tag haben sich die Herren nicht nur in der Metalszene durch knüppelharte RAMMSTEIN Verhonepiepelungen einen Ruf erspielt, sondern konnten auch durch ihre krassen und gleichzeitig brillianten Texte wie "Eigentum" auch viele Leser vom Satiremagazin TITANIC für sich begeistern. "Der Werwurm" lässt das Publikum mutieren, und es ist wunderschön zu betrachten, wie die vorderen Reihen begeistert und textsicher voll mitgehen. Als dann "Wir Werden Alle Sterben"erklingt, packt mich jetzt mal ganz ehrlich der Schwermut. Zum Glück werden wir dann bald mit dem "Weg Nach Unten" getröstet, und spätestens beim Ende des Stücks, an dem auf der anderen Erdseite dann das Kanguruh ins Spiel kommt, gehen die Mundwinkel wieder starr in Richtung Ohren.
Stumpen baut in seine Ansagen und seine Mimik etwas Klaus-Kinski-Wahnsinn ein, und wenn Alf Ator mit zwei Klobürsten auf den Drums herumwütet, wirkt das schon sehr grotesk... "Konflikt" sorgt dann mit der schicken Beschreibung des Rockstarlebens fast für Krämpfe in der Lachmuskulatur von Bauch und Wangen. Schließlich fordert Stumpen zum Huckepack-Pogo auf, und das geht folgendermaßen: Er nimmt sie Huckepack, oder sie sie oder er ihn oder wie herum auch immer, dann wird im Kreis gerannt, immer schneller, und mit möglichst vielen Kollisionen. Und wer am Schluss noch jemanden auf dem Buckel hat, gewinnt.
Das alles spielt sich unter sichtlich besorgten Blicken des Ordnungspersonals ab, aber es bleibt im Graben doch sehr ruhig, denn auch das pogende Publikum ist irgendwie doch erwachsen. Dann dürfen wir uns noch über Stücke wie "Böse" und "Kurz Und Klein" freuen, bei letzterem zertrümmert Alf ein Keyboard und vorne machen wir uns dann doch ein wenig Sorgen, Teile abzubekommen. Natürlich ist unsere kurze Daseinsfrist viel schöner, wenn man böse ist, keine Frage!
Die Zeit ist um, und natürlich schreien wir uns die Kehle aus dem Hals, um die Herrschaften auf die Bühne zurück zu holen. Selbstverständlich kostet es Strafe, zu überziehen, und damit die bezahlt werden kann, werden wir aufgefordert, die Band mit Geld zu beschmeißen. Es hagelt Münzen, verdammt viel Silber fliegt durch die Luft. Hätte ich mir doch bloß einen Stahlhelm mitgenommen, aber dafür war ich zu feige, weil man ja von irgendwelchen Überkorrekt-Alternativen immer gleich ins rechte Lager abgestellt wird. Also erstmal in Deckung, Stage right ins off. Der Geldhagel nimmt immer mehr zu, und Stumpen schmeißt begeistert harte Pässe ins Publikum zurück. Passend zu diesem materialistischen Exkurs kommt nun auch "Eigentum", einfach herrlich, dieses Konzert.
Oh verdammt, irgendwann geht auch das vorbei, und ich gucke mir noch den stark frequentierten Merchandise Stand an, bis ich mich vorwage und mein Exemplar der Doppel DVD "Weg Nach Unten" sichere. Schade wie schade, aber es waren schöne fast fünfzehn Jahre, vielen Dank!
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