Die berechtigte Kritik im Vorfeld der AC/DC-Konzerte in Deutschland schlug hohe Wellen: hohe Ticketpreise und das indiskutable Verkaufsmanagement vor allem seitens Eventim ließen es erst gar nicht zu, dass all diejenigen, die schon lange auf eine neue AC/DC-Tour warteten, die Band auch live sehen konnten. Auch ich musste erstmal schlucken, als ich den Ticketpreis sah, aber weil es mein erstes AC/DC-Konzert sein sollte und ich das Glück hatte, rechtzeitig an Karten zu kommen, habe ich zugeschlagen. Und wenn die Karten noch 30 Euro teurer gewesen wären: Jeder verdammte Cent hätte sich mehr als gelohnt!
Zwei Stunden vor dem geplanten Einlass war die Schlange vor dem Düsseldorfer ISS Dome noch sehr überschaubar, nur wenige Hundert Fans hatten sich bis dahin eingefunden. Auch die Parksituation war zu diesem Zeitpunkt sehr entspannt. Für eine Überraschung sorgte das Tour-Merchandise: Sehr ansehnliche Tourshirts ab 25 Euro - für eine Band dieser Größenordnung ein sehr fairer Preis.
Als der Einlass schließlich um eine gute halbe Stunde vorgezogen wurde, ging es in die Halle, um sich einen sehr guten Platz im vorderen Bereich zu sichern. Überpünktlich starteten THE ANSWER hauptsächlich mit „Everyday Demons"-Songs ihr Anheizer-Programm und wurden sehr gut aufgenommen. Die von den Young-Brüdern persönlich ausgesuchte Supportband zeigte sich spielfreudig und genoss es sichtlich, vor AC/DC eröffnen zu dürfen. Leider trübten die besoffenen Vollidioten genau vor uns den Genuss, so dass zu befürchten war, dass die Knallchargen auch während des AC/DC-Auftrittes durch abgehackte Grobmotorik, wildes Herumfuchteln und bescheuerte Gebärden die Wut einiger Fans auf sich ziehen würden. Dieser Verdacht bestätigte sich glücklicherweise nicht, denn die übelst vollen Kerle entfernten sich mit der Zeit von unserem Standpunkt, was das Konzert viel entspannter machte.
Nach 35 Minuten verabschiedeten sich THE ANSWER, und nach einer überraschend kurzen Umbaupause wurde das AC/DC-Eröffnungsvideo auf die große Leinwand über der Bühne gespielt. Als der Zug aus dem Video direkt auf die Zuschauer zukam, Pyros gezündet wurden und die Leinwand geteilt wurde, um für ein großes Modell eines entgleisten Zuges Platz zu machen, gab es für den ausverkauften ISS Dome kein Halten mehr. Der Start mit dem äußerst eingängigen „Rock N Roll Train" hätte besser nicht sein können, mit „Hell Ain't A Bad Place To Be", „Back In Black" und dem unglaublich geilen „Shot Down In Flames" reihte sich danach Hit an Hit aus der Johnson- und Scott-Phase.
Brian Johnson war sehr gut aufgelegt, von der Grippe, die AC/DC noch vor wenigen Tagen dazu zwang, ein Konzert ausfallen zu lassen, war nichts zu merken. Im Gegenteil, Brian sang verdammt gut und traf auch hohe Töne. Dass seine Stimme es nicht mehr hergibt, „Thunderstruck" durchgängig so wie auf CD zu singen, sollte klar sein, immerhin ist der Mann nicht mehr der Jüngste, aber ich war doch beeindruckt, was der der über 60-jährige noch aus seinen Stimmbändern holte. „Thunderstruck" wie auch „The Jack" wurden frenetisch abgefeiert, bei letzterem gab es den obligatorischen Angus-Striptease. Das Entkleiden war bitter nötig, denn dem ständig in Bewegung bleibenden Energiebündel floss der Schweiß aus allen Poren. Bei „Hell's Bells" schwang sich Brian an die Glocke, und vom aktuellen Album „Black Ice" wurden gleich fünf Songs gespielt. Vor allem „Rock N Roll Train" und das mächtige „War Machine" kamen live sehr geil rüber, während „Anything Goes" einen entspannten und sehr melodisch rockenden Verschnaufmoment bot.
Das heftig mitgesungene „Dirty Deeds Done Dirt Cheap" fehlte genau so wenig wie „Shoot To Thrill", „You Shook Me All Night Long", „TNT" (bei dem die Lok Flammen spuckte) und „Whole Lotta Rosie" (natürlich mit der überdimensionalen Rosie-Puppe, die im Takt mit wippte). „Let There Be Rock" wurde so ausgedehnt, dass Angus über den Steg hetzte, der von der Bühne in die Mitte der Halle führte und den auch Brian ausgiebig nutzte, sich auf die Plattform begab, in luftiger Höhe weiter spielte, wieder zur Bühne sprintete und dort auf einem Podest über dem Drumkit beeindruckend zeigte, warum er zu einem der besten Gitarristen mit Feeling gehört. Es machte einfach unglaublichen Spaß, Angus beim Gitarrespielen zuzusehen und natürlich zuzuhören. Mit „Highway To Hell" und „For Those About To Rock", das standesgemäß mit donnernden Kanonen das Konzert abschloss, ging das zweite Konzert der „Black Ice"-Tour durch Deutschland nach zwei Stunden viel zu schnell zu Ende.
Glücklicherweise bin ich im Sommer auch in Köln dabei, aber ich hoffe, dass es auch nach dieser Tour nochmal die Möglichkeit geben wird, den schweißtreibenden Rock erneut live zu erleben. Die Produktion mit toller Lightshow, der verschiebbaren Leinwand und allerlei Extras sowie der gute Sound waren da nur Tüpfelchen auf dem i.
Ein starker Brian Johnson, ein wie kaum jemand sonst den Rock lebender Angus Young und die Rhythmus-Abteilung mit Malcolm Young, Cliff Williams (beide wie immer auch zuständig für die Backing Vocals) und Phil Rudd zeigten eindrucksvoll, dass man auch jenseits der 50 noch eine solche Spielfreude an den Tag legen kann, wie man es sich von vielen jüngeren Bands nur wünschen kann. Danke, dass ich das erleben durfte!
Setlist:
Rock n Roll Train
Hell Ain't a Bad Place To be
Back In Black
Big Jack
Dirty deeds done dirt cheap
Shot Down in Flames
Thunderstruck
Black Ice
The Jack
Hells Bells
Shoot to thrill
War Machine
Anything Goes
You Shook Me all night long
TNT
Whole lotta Rosie
Let There Be Rock
Zugaben:
Highway To Hell
For Those About To Rock
Chrischi
Stile: Metal und (Hard) Rock in fast allen Facetten
Bands: Metallica, Pearl Jam, Dream Theater, Iron Maiden, Nightwish ...